Titel: Bericht des Hrn. Bussy über ein von Hrn. Danger erfundenes und Pneumatometer genanntes physikalisches Instrument.
Fundstelle: Band 57, Jahrgang 1835, Nr. VI., S. 41
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VI. Bericht des Hrn. Bussy uͤber ein von Hrn. Danger erfundenes und Pneumatometer genanntes physikalisches Instrument. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Februar 1835, S. 68. Bericht uͤber Danger's Pneumatometer. Vermittelst des Pneumatometers soll man die Veraͤnderungen, welche die Luft in ihrem Volumen nach den Verschiedenheiten der Temperatur und des Druks der Atmosphaͤre erleidet, ohne daß es noͤthig waͤre, eine Berechnung anzustellen, durch bloße Besichtigung dieses Instrumentes erfahren koͤnnen. Um diese Volumveraͤnderungen zu bestimmen, verfaͤhrt man gewoͤhnlich so, daß man zuerst das Volumen der Gasart genau mißt und zugleich den Druk und die Temperatur, denen sie ausgesezt ist, ausmittelt; mit diesen Daten und durch die Anwendung des Mariotte'schen Gesezes, nach welchem das Volumen der Gasarten immer in umgekehrtem Verhaͤltniß mit dem Druk steht, ferner des Gay-Lussac'schen Gesezes, nach welchem die Gasarten sich fuͤr jeden Temperaturgrad um 0,00375 ihres Volumens ausdehnen, kann man dann immer durch eine sehr einfache Rechnung das Volumen einer Gasart bei jedem Druk und jeder Temperatur finden, wenn man das einem gegebenen Druk und einer gegebenen Temperatur entsprechende Volumen kennt. Außer der Berechnung sind also bei diesem Verfahren noch zwei Beobachtungen mit genauen Instrumenten noͤthig, eine mit dem Thermometer und eine mit dem Barometer. Bei dem Instrument des Hrn. Danger werden leztere entbehrlich, und dasselbe gibt das Volumen der Gasarten bei dem Druk und der Temperatur der Atmosphaͤre an, ohne daß man dieselben erst auszumitteln braucht; man kann durch dasselbe noͤthigenfalls sogar die Temperatur erfahren, wenn man den Druk kennt, und umgekehrt den Druk, wenn man die Temperatur der Luft kennt, also im ersten Falle das Thermometer, und im zweiten das Barometer ersezen. Dieses Instrument besteht aus zwei engen cylindrischen Roͤhren, die parallel und in sehr geringer Entfernung von einander gerade so wie gewoͤhnliche Thermometer auf einem Brettchen befestigt sind. Von diesen beiden Roͤhren communicirt die eine an ihrem oberen Ende frei mit der Luft, waͤhrend die andere sich oben in eine cylindrische Ausbauchung endigt, so daß sie einem Thermometer gleicht, dessen Kugel oder Behaͤlter nach Oben gekehrt ist. Diese beiden Roͤhren communiciren mit einander durch den unteren Theil, sie endigen sich in einen gemeinschaftlichen Queksilberbehaͤlter; lezterer besteht aus einer ledernen Tasche, die sich in einem metallenen Gehaͤuse befindet, dessen Boden mittelst einer Stellschraube beliebig hinauf- und herabgelassen werden kann. Eine dieser Roͤhren, naͤmlich diejenige, welche sich in einen cylindrischen Behaͤlter endigt, ist in Theile von gleicher Capacitaͤt eingetheilt; jeder Abtheilung gegenuͤber befindet sich eine Ziffer, welche die Anzahl von Abtheilungen anzeigt, die im oberen Theil der Roͤhre mit Inbegriff des Cylinders enthalten sind. Der untere Behaͤlter, so wie ein Theil der beiden senkrechten Roͤhren ist mit Queksilber gefuͤllt; die cylindrische Ausbauchung und der obere Theil der Roͤhre enthalten trokene Luft, deren Quantitaͤt von der Art ist, daß bei 0° Temperatur und 0,76 M. Druk das Queksilber genau an der Zahl 1000 steht. Will man nun die Volumveraͤnderungen erfahren, welche diese Luft in Folge der Veraͤnderungen des Druks und der Temperatur der Atmosphaͤre erlitt, so braucht man nur die am unteren Theile des Queksilberbehaͤlters befestigte Stellschraube zu bewegen, und die Fluͤssigkeit in den beiden Schenkeln des Instrumentes dadurch so lange steigen oder fallen zu lassen, bis sie in beiden genau auf dasselbe Niveau kommt. Dann wird die im Apparate eingeschlossene Luft genau in demselben Zustande wie die atmosphaͤrische Luft seyn, und die auf dem Queksilberniveau verzeichnete Zahl derjenigen des gesuchten Luftvolumens entsprechen. Unter den verschiedenen Anwendungen, welche man von diesem Instrument machen kann, ist die bemerkenswertheste die zur Correction des Gasvolumens bei chemischen Versuchen; man erfaͤhrt vermittelst desselben sehr leicht das Volumen einer Gasart bei 0° Temperatur und 0,76 M. Druk, wenn man das Volumen derselben Gasart bei dem Druk und der Temperatur der Luft, die gerade Statt finden, kennt. Bei chemischen Analysen werden oft einige Stoffe im gasfoͤrmigen Zustande ausgeschieden; wenn man dann das Volumen des erhaltenen Gases in Gewichtstheile verwandeln will, so muß man die Werke nachschlagen, welche die Dichtigkeit der Gasarten oder das Gewicht eines bestimmten Volumens derselben angeben; diese Zahlen sind aber immer in der Voraussezung berechnet, daß das Gas bei 0° Temperatur und 0,76 M. Druk gemessen ist; man muß folglich das Barometer und Thermometer beobachten, und hienach die beiden Correctionen berechnen. Bei Anwendung des Pneumatometers hat man hingegen nur eine einzige Beobachtung zu machen: wenn man naͤmlich in dem Augenblike, wo die erhaltenen Gasarten gemessen worden sind, das Instrument mit den oben angegebenen Vorsichtsmaßregeln befragt, so zeigt es die Volumveraͤnderung an, welche die in ihm eingeschlossenen 1000 Theile Luft erlitten, indem sie von 0° Temperatur und 0,76 M. Druk auf die Temperatur und den Druk, welche gerade Statt finden, uͤbergingen. Es bezeichne also V das Volumen, welches das Instrument angibt, M dasjenige der erhaltenen Gasart, X dasselbe Volumen auf 0° Temperatur und 0,76 M. Druk reducirt, so hat man V : 1000 = M : X, nach welcher Formel die Correction zu berechnen ist.Das Pneumatometer des Hrn. Danger laͤßt sich auch, wie es sich von selbst versteht, durch eine genau graduirte, etwa in 120 gleiche Raumtheile abgetheilte Glasroͤhre ersezen, welche mit ausgekochtem Queksilber und so viel ganz trokener Luft gefuͤllt ist, daß die Menge derselben beim normalen Stande des Thermometers und des Barometers genau 100 Raumtheile der Roͤhre einnimmt, wenn die Saͤule des Queksilbers in- und außerhalb derselben gleich hoch steht. Man hat dann bloß nach obiger Formel mit dem waͤhrend des Versuches oder der Beobachtung Statt findenden Stande des Instrumentes den Normalstand desselben = 100 zu dividiren, und den Quotient mit der Zahl der Raumtheile des Gases, dessen Volumen berichtigt werden soll, zu multipliciren. Wenn z.B. bei einem Stande von 104 Theilen des Instrumentes irgend eine elastische Fluͤssigkeit den Raum von 7 Kubikzoll einnimmt, so wird beim Normalstande desselben das Volumen des Gases nur 100/104 × 7 = 6,73 Kubikzoll betragen. (Man vergl. uͤber die Instrumente (Manometer) zur Correction der Gasvolume Doͤbereiner's pneumatische Chemie Th. I. S. 62) A. d. R. Wir haben oben gesagt, daß das Pneumatometer noͤthigenfalls auch das Thermometer oder das Barometer ersezen kann; will man naͤmlich den Luftdruk erfahren, so braucht man nur das Pneumatometer zu beobachten, und von dem Volumen, welches es anzeigt, denjenigen Theil abzuziehen, welcher auf Rechnung des Einflusses der Temperatur kommt, die wir als bekannt voraussezen. Das Volumen, welches die Berechnung ergibt, wird sich zu 1000 verhalten, wie 0,76 M. Druk zum gesuchten Druk. Will man, wenn der Luftdruk bekannt ist, die Temperatur finden, so braucht man nur von dem Volumen, welches das Pneumatometer anzeigt, denjenigen Theil abzuziehen, welcher vom Einfluß des Drukes herruͤhrt; der Rest, mit 1000 verglichen, wird die von der Temperatur herruͤhrende Volumveraͤnderung ergeben, woraus sich die Temperatur selbst wieder berechnen laͤßt. Das Pneumatometer zeigt endlich geradezu die Dichtigkeit der Luft an, welche von der Temperatur und dem Druk abhaͤngt; daß man den Einfluß der Dichtigkeit der Luft bisher nicht so sehr beruͤksichtigt hat, als es gewiß zu wuͤnschen waͤre, duͤrfte wohl dem Umstande zuzuschreiben seyn, daß, um ihn zu erfahren, zwei Beobachtungen und eine Berechnung erforderlich waren; es gibt jedoch viele physische und physiologische Erscheinungen, welche mit der Dichtigkeit der Luft zusammenzuhaͤngen scheinen. So hat z.B. die Dichtigkeit der Luft auf die Respiration einen großen Einfluß; viele sonderbare Beobachtungen bei Behandlung von Brustkrankheiten koͤnnten vielleicht eine rationelle Erklaͤrung finden, wenn man den Einfluß der Luft genauer studiren wuͤrde. Ein Instrument, welches der Wissenschaft neue Beobachtungsmittel liefert, ist also immer eine nuͤzliche Sache. Hinsichtlich der Ausfuͤhrung laͤßt das Instrument des Herrn Danger Einiges zu wuͤnschen uͤbrig. Die Haut, welche als Queksilberbehaͤlter dient, schien uns nicht elastisch genug zu bleiben, und der Bewegung der Stellschraube nicht schnell genug nachzugeben. Der Apparat, welchen wir untersuchten, hielt jedoch die Luft unter den verschiedenen Pressionen, denen wir ihn aussezten, vollkommen zuruͤk. Natuͤrlich haͤngt die Genauigkeit dieses Instrumentes ganz von der Geschiklichkeit und Geduld des Kuͤnstlers ab, der es verfertigt; da man sich von derselben aber leicht uͤberzeugen kann, indem man seinen Gang mit demjenigen des Barometers und des Thermometers vergleicht, so kann man sich in dieser Hinsicht auch vollkommen sicher stellen.