Titel: Ueber den lithographischen Kalkstein von Jaisalmir in Ostindien. Von Hrn. Robert Smith Esq. zu Calcutta.
Fundstelle: Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LIX., S. 282
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LIX. Ueber den lithographischen Kalkstein von Jaisalmir in Ostindien. Von Hrn. Robert Smith Esq. zu Calcutta. Aus den Transactions of the Society for the Encouragement of Arts Manufactures and Commerce. Vol. L. P. I. S. 16. Smith, uͤber den lithographischen Kalkstein Ostindiens. Der Kalkstein von Jaisalmir, aus welchem man in Ostindien Steine fuͤr die Lithographie verfertigt, und welcher in abgeloͤsten Massen die Gipfel einer auf Sandstein ruhenden Huͤgelreihe bildet, hat eine okergelbe, und wenn er polirt ist, eine roͤthlichbraune Farbe; sein Bruch ist im Großen beinahe muschelig mit duͤnnen unebenen Kanten, im Kleinen hingegen uneben. Sein Gefuͤge ist feinkoͤrnig, wie jenes des feinsten Sandsteines; doch sind kleine glaͤnzende Punkte darin bemerkbar, die ihm beinahe ein krystallinisches Ansehen geben. Er enthaͤlt haͤufig organische Ueberreste, und ist haͤrter, klingender und bruͤchiger, als der gewoͤhnliche Kalkstein, obschon er der Analyse nach nichts weiter, als ein solcher zu seyn scheint. Bei dem gewoͤhnlichen Zustande der Atmosphaͤre betraͤgt sein specifisches Gewicht 2,61; mit Wasser gesaͤttigt hingegen 2,66. Seine Bestandtheile sind nach Hrn. James Prinsep Esq. in 100 Theilen 97,5 kohlensaure Kalkerde und 2,5 einer gelben, okerartigen, dem Bolus nicht unaͤhnlichen Erde; sein Wassergehalt betraͤgt 2 Proc. Von Bittererde war auch nicht eine Spur zu entdeken. Aus dieser Analyse ergibt sich, daß unser indischer Stein, obschon er eigentlich kein thonhaltiger Kalkstein ist, und also nicht zur Classe der besten lithographischen Steine gehoͤrt, wegen der gaͤnzlichen Abwesenheit von Bittererde alle Beruͤksichtigung verdient, und theils deßwegen, theils wegen seines eigenthuͤmlichen Kornes zu allen gewoͤhnlichen lithographischen Arbeiten vollkommen geeignet ist. Die Behandlungsweise der indischen Steine ist ganz dieselbe, wie jene der gewoͤhnlichen deutschen (d.h. bayer'schen) lithographischen Steine; auch bedient man sich derselben Kreide, Schwaͤrze etc., wie bei diesen. Doch darf ein abweichender Umstand nicht uͤbersehen werden, indem von diesem das Gelingen des ganzen Verfahrens abhaͤngt. Der Glaͤtt- und Bimsstein, dessen man sich zum Poliren der deutschen Steine bedient, gibt naͤmlich den indischen nicht jenen hohen Grad von Politur, den sie haben muͤssen, wenn der Steindruk mit ihnen gelingen soll. Da nun dieser Theil des Verfahrens, welches man in Indien befolgt, von dem gewoͤhnlichen bedeutend abweicht, so erlaube ich mir die indische Methode genau zu beschreiben. Man gibt den zu polirenden Steinplatten, nachdem alle Unebenheiten an denselben mit dem Meißel entfernt worden sind, eine vollkommen ebene und gleiche Oberflaͤche, indem man in einer mit ihren Seiten parallel laufenden Richtung, und in Entfernungen von 1 1/2 Zoll von einander Furchen ausmeißelt, so daß die Oberflaͤche der Steine in diesem Zustande wuͤrfelig abgetheilt erscheint. Diese Wuͤrfel ebnet man dann bis auf die Hoͤhe der gemeißelten Furchen ab, worauf dann das Schleifen beginnt, welches in das rohe Schleifen, in das Glatten und in das Poliren zerfaͤllt. Das rohe oder grobe Schleifen geschieht mit einem Schleifsteine, wobei die Oberflaͤche des zu polirenden Steines bestaͤndig naß erhalten wird. Diese Operation, welche um so besser gelingt, je groͤßer die Oberflaͤche des Schleifsteines ist, wird so lange fortgesezt, bis alle Spuren der ausgemeißelten Stellen gaͤnzlich verschwunden sind, wo man dann zum Glaͤtten schreiten kann. Dieß geschieht mit den Glaͤttsteinen, welche man auf die weiter unten zu beschreibende Methode aus gewoͤhnlichem Gummilak und Corund bereitet, und von denen man je nach dem Grade ihrer Feinheit drei verschiedene Sorten unterscheidet. Diese Glattsteine werden auf dieselbe Weise angewendet, wie die Schleifsteine, und eben so werden die zu glaͤttenden Steine hiebei fortwaͤhrend naß erhalten. Zu bemerken ist jedoch, daß nie ein groͤberer fruͤher fuͤr einen feineren Glaͤttstein ausgetauscht werden darf, als bis die Rizer, welche der unmittelbar vorher angewendete Stein hervorbrachte, gaͤnzlich verschwunden sind, und bis die Oberflaͤche der Steinplatte ein vollkommen gleichmaͤßiges Aussehen darbietet. Die Behandlung der Steinplatten mit dem feinsten Glattsteine muß so lange fortgesezt werden, bis deren Oberflaͤche glaͤnzend und perlmutterartig aussieht, wo dann das Poliren beginnen kann. Sollte man noch einige Krazer bemerken, so muͤßten diese durch abermalige Anwendung eines groͤberen Corundglaͤttsteines beseitigt werden, indem sich sonst nie ein vollkommener Grad von Politur erreichen ließe. Das Poliren selbst geschieht mit Zinnasche, wovon man eine kleine Quantitaͤt mit ein Paar Tropfen Wasser auf die Oberflaͤche des Steines bringt, und welche man mit einem aus Baumwollzeug zusammengelegten Pfropfe, unter oͤfterer Erneuerung der Asche und des Wassers, gehoͤrig einreibt. Das angegebene Schleifen ist bloß dann erforderlich, wenn man es mit einem ganz rohen Steine zu thun hat; sonst kann man auch zwei Steine gegenseitig an einander abreiben, wo dann schließlich und vor dem Poliren nur noch das Abreiben der Oberflaͤche mit dem feinen Corundglaͤttsteine erforderlich ist. Beim Ziehen der Furchen zum Behufe des Abebnens der Oberflaͤche uͤberzieht man den Stein gewoͤhnlich zuerst mit einer Farbe: naͤmlich mit rothem Oker, damit man jenen Theil, der der Einwirkung des Meißels ausgesezt wurde, von jenen Stellen, auf welche der Meißel nicht wirkte, unterscheiden kann. An weißem Marmor ist dieß unumgaͤnglich nothwendig, weil man sonst die uͤbergangenen Stellen unmoͤglich genau erkennen wuͤrde, und weil sich ohne diese Vorsicht an einem licht gefaͤrbten Marmor nie eine gehoͤrig ebene Oberflaͤche erreichen ließe. Was nun die Glaͤttsteine betrifft, so nimmt man zu den groͤberen auf einen Gewichtstheil Corund 8 Theile Lak, und zu den mittleren auf einen Theil Corund 12 bis 16 Theile Lak. Die feinen Glaͤttsteine hingegen verfertigt man durch Vermengung der Schleifabfaͤlle von Achaten, Carneolen und dergleichen mit Lak; denn diese Abfaͤlle enthalten, da die Schleifsteine, deren man sich zum Schleifen dieser Steine bedient, gleichfalls aus Corund und Lak bestehen, ebenfalls einen Antheil Corund. Man nimmt auf 6 Theile Lak gewoͤhnlich 1 Theil dieser Schleifabfaͤlle. Die Vermengung geschieht, indem man den Lak zuerst schmilzt und den Corund dann, nachdem er in ein geeignetes Pulver verwandelt worden ist, innig damit vermengt. Das Gemeng formt man in Modeln in ziegelartige Massen von 6 Zoll Laͤnge auf 4 Zoll Breite und 1 1/2 Zoll Dike, an deren einem Ende man einen hoͤlzernen, unter einem Winkel von 30 Grad aufgebogenen Griff von beilaͤufig 6 Zoll Laͤnge anbringt. Die Entdekung des lithographischen Steines von Jaisalmir ist das Verdienst des Hrn. Lieut. J. T. Boileau, der denselben mit vielen anderen Mustern nach Calcutta einsandte. Mein Verdienst erstrekt sich lediglich darauf denselben statt der deutschen Steine in Anwendung gebracht zu haben, was um so mehr Beruͤksichtigung verdienen duͤrfte, als man sich gegenwaͤrtig in England vielfach mit Erfindung eines Verfahrens zur Verfertigung kuͤnstlicher lithographischer Steine beschaͤftigt. Nach den vielen Mustern, die mir nach und nach von dem indischen Steine eingesandt wurden, zu urtheilen, hege ich keinen Zweifel, daß man endlich auch solche Steine finden wird, die den deutschen in Nichts nachstehen; die Liasformation von Bundelkhund an der Graͤnze von Sylhet duͤrfte ihrer gewiß liefern, und vielleicht auch Tenasserim.Die Society of arts bemerkt hiezu, daß die von Hrn. Smith eingesendeten Muster zu klein sind, als daß sich ein vollkommenes Urtheil darauf gruͤnden ließe; es scheint ihr jedoch, daß sich die indischen Steine nicht zu feineren Kunstwerken, wohl aber zum Lithographiren arabischer, persischer und anderer orientalischer Werke sehr gut eignen duͤrften. A. d. R.