Titel: Ueber die Anwendung der in den Zukerraffinerien benuzten thierischen Kohle als Dünger, und über die Mittel zur Entdekung ihrer Verfälschung. Von Hrn. A. Chevalier.
Fundstelle: Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXI., S. 288
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LXI. Ueber die Anwendung der in den Zukerraffinerien benuzten thierischen Kohle als Duͤnger, und uͤber die Mittel zur Entdekung ihrer Verfaͤlschung. Von Hrn. A. Chevalier. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Mai 1825, S. 238. Chevalier, uͤber Anwendung der thierischen Kohle als Duͤnger etc. Auf mehrere Anfragen, die sowohl von Seite der Kaufleute, welche in den Raffinerien benuzte thierische Kohle als Duͤnger gekauft hatten, als von Seite verschiedener Apotheker, die bei den uͤber deren Qualitaͤt entstandenen Streitigkeiten als Sachverstaͤndige Gutachten zu geben hatten, an mich gerichtet worden waren, sah ich mich veranlaßt, mehrere Versuche hieruͤber anzustellen. Die Resultate dieser Versuche sind es, die ich hier oͤffentlich bekannt mache. Die zum Entfaͤrben der Syrupe und Zuker benuzte thierische Kohle wurde, wie eine Menge anderer verschiedener Fabrikationsproducte lange Zeit als ein unnuͤzer, werthloser Artikel betrachtet; sie fiel den Fabriken zur Last, und ihr Wegschaffen war mit mehr oder weniger Unkosten fuͤr sie verbunden. Unter diesen Umstaͤnden kam man auf die Idee, die bereits zur Entfaͤrbung benuzte Kohle auch noch als Duͤnger zu verwenden; man stellte mehrere Versuche in dieser Absicht an, und die Resultate derselben waren so guͤnstig, daß bald viele Landwirthe diese Art von Duͤnger suchten. Wir waren nicht im Stande mit Sicherheit zu erforschen, wer zuerst die gluͤkliche Idee hatte, die verbrauchte Kohle als Duͤnger zu benuzen; wahrscheinlich gab auch hier der Zufall den ersten Anstoß. Besondere Erwaͤhnung unter den eifrigeren Verbreitern dieses neuen Duͤngmittels verdient jedoch Hr. Payen, der durch seine zahlreichen Versuche den Werth desselben als Duͤnger besonders hervorhob. Die Anwendung der in den Raffinerien benuzten thierischen Kohle war, wie es bei allen Substanzen, die zum ersten Male den Menschen in die Haͤnde gegeben werden, gewoͤhnlich zu gehen pflegt, der Gegenstand mannigfacher Controversen. Die einen lobten deren Eigenschaften, die anderen suchten sie herabzusezen; die Erfahrung hat endlich dahin entschieden, daß sie auf magerem Boden, der wenig vegetabilische Erde enthaͤlt, und auf einer kiesigen Unterlage ruht, nicht als Duͤnger geeignet ist, waͤhrend sie auf schwerem kalten Boden eine große duͤngende Kraft aͤußert. Mit besonderem Vortheile kann man sie bei der Cultur jener Gewaͤchse verwenden, die eine groͤßere Menge Stikstoff enthalten, wie z.B. des Kohles, der Ruͤben, des Repses. Man beobachtete naͤmlich, daß die thierische Kohle, die in den Zukersiedereien gebraucht worden, und welche abgesehen von dem Phosphor- und kohlensauren Kalke, so wie von dem Kohlenstoffe auch noch 12 bis 15 Proc. des gewonnenen, zum Klaͤren der Syrupe verwendeten Blutes, so wie auch fremdartige, aus dem Syrupe abgeschiedene Stoffe enthaͤlt, der ersten Entwikelung dieser Pflanzen eine so außerordentliche Thaͤtigkeit mittheilt, daß dieselben mehr gegen die großen Verheerungen der Insecten sicher gestellt sind, und daß der Landwirth daher nicht so oft gezwungen ist, in Folge dieser Verheerungen nachzupflanzen oder nachzusaͤen. Diese groͤßere Belebung der Vegetation ist sogar noch waͤhrend ihres weiteren Verlaufes so bemerkbar, daß man bei diesem Duͤnger reichere Ernten schoͤnerer Producte erzielt. Da die in den Zukerraffinerien benuzte thierische Kohle in den Departements Maine und Loire, Mayenne und besonders in der Vendee nunmehr in außerordentlicher Menge als Duͤnger verbraucht wird, so war zu ermitteln, welche Quantitaͤten davon jaͤhrlich benuzt werden. Aus den angestellten Nachforschungen ergab sich, daß die angefuͤhrten Departements jaͤhrlich 20 bis 25 Mill. Kilogr. dieses Artikels beziehen, und den Hectoliter zu 5 bis 7 Fr. bezahlen. Diese Quantitaͤt liefern die Raffinerien von Paris, Orleans, Havre, Rouen, Marseille, und selbst jene des Auslandes; das Departement de la Seine allein liefert jaͤhrlich 5 bis 6 Mill. Kilogr. davon. Die ausgedehnte Benuzung dieser Substanz fuͤhrte, wie es bei allen Handelsartikeln zu gehen pflegt, bald zu Verfaͤlschungen aller Art; man vermengte die in den Raffinerien gekaufte thierische Kohle mit verschiedenen, unwirksamen Stoffen, und verkaufte diese verfaͤlschte Kohle nicht nur an die Landwirthe, sondern an Zwischenhaͤndler, die um noch mehr Gewinn daraus zu ziehen, die bereits verfaͤlschte Waare abermals verfaͤlschten, so daß der Landwirth, der dieselbe benuzte, nothwendig einen doppelten Verlust dabei erleiden mußte. Aus den Untersuchungen, die ich anstellte um zu ermitteln, womit man die thierische, zum Duͤnger bestimmte Kohle verfaͤlscht, ergab sich, daß man sich hiezu mannigfacher Substanzen bediene, und namentlich kleiner Torfstuͤkchen, wie sie am Boden der Fahrzeuge, in denen der Torf transportirt wird, zuruͤkbleiben, eines Gemisches von Holzkohlenstaub mit erdigen Substanzen, der Ruͤkstaͤnde, die man bei der Berlinerblau-Fabrikation erhaͤlt, der feinen Schieferkohle, deren man sich nicht zum Raffiniren der Zuker bedienen kann, und endlich der ausgesogenen Duͤngererde. Da diese Verfaͤlschungen zu Klagen und zu Processen Anlaß gaben, so befragte man auch mich um die Mittel zur Entdekung dieser Betruͤgereien, und aus den Versuchen, die ich in dieser Hinsicht anstellte, ergab sich mir denn auch, daß man allerdings durch einige sehr einfache Operationen, und namentlich durch die Untersuchungen der Quantitaͤt und Qualitaͤt der Asche, die eine bestimmte Menge der Kohle gibt, diese Verfaͤlschungen wirklich zu erkennen im Stande sey. Schon aus dem aͤußeren Ansehen kann man in einigen Faͤllen erkennen, daß man es mit einer verfaͤlschten Waare zu thun habe, obschon dieses Kennzeichen nicht genug Sicherheit gewaͤhrt, um allgemein beruͤksichtigt werden zu koͤnnen. Mit Huͤlfe der Luppe kann man beigemengte Holzkohle durch ihren Glanz, der der thierischen Kohle durchaus nicht zukommt, leicht erkennen. Die Kohle der Berlinerblaufabriken zeigt roͤthlichgelbe, eisenschuͤssige Punkte, wie sie die thierische Kohle durchaus nie darbietet. Thierische Kohle, die ich zu verschiedenen Malen in verschiedenen Zukerraffinerien nahm, gab mir bei einer auf gleiche Weise vorgenommenen Einaͤscherung folgende Quantitaͤten Asche. 1. 72,50 2. 78 3. 79 4. 79,20 5. 80 6. 81 7. 85 Hieraus ergibt sich ein mittlerer Durchschnitt von 79,24 Proc. Asche, welche die in den Zukerraffinerien benuzte Kohle bei der Einaͤscherung geben soll. In Hinsicht auf die Farbe wechselt diese Asche wenig; sie ist weiß oder weiß mit einem Strich ins Gelbliche, und hoͤchst selten mit einem Striche ins Rosenfarbige. Bei der vergleichsweise vorgenommenen Untersuchung des Ruͤckstandes, den die Substanzen, welche man unter die thierische Kohle zu mengen pflegt, geben, zeigte sich hingegen: 1) daß 100 Theile Torfkohle einen Ruͤkstand geben, der im mittleren Durchschnitte 45,20 Proc. betraͤgt, und daß die Asche grau, gelb und zuweilen roͤthlich ist. 2) daß 100 Theile Schieferkohle bei der Einaͤscherung im Durchschnitte einen Ruͤckstand von 65,90 geben. 3) daß 100 Theile des Berliners blauruͤkstandes im Durchschnitte 40 Proc. braͤunlichrothe Asche geben. Der Unterschied, welcher demnach im Gewichte und in der Farbe der Asche zwischen der in den Raffinerien benuzten thierischen Kohle und den damit vermengten Substanzen besteht, deutet auf die Statt gefundene Verfaͤlschung. Um sich hierauf noch sicherer von dieser zu uͤberzeugen, muß man zur Analyse der Asche schreiten, die, wenn die thierische Kohle rein war, groͤßten Theils aus phosphorsaurer und einer geringen Menge kohlensaurer Kalkerde bestehen muß, waͤhrend keine der uͤbrigen Aschen eine gleiche Menge phosphorsaurer Kalkerde gibt. Man behandelt zu diesem Behufe die Asche mit uͤberschuͤssiger Salzsaͤure, filtrirt die Aufloͤsung, waͤscht das Filtrum aus, und fuͤllt die phosphorsaure Kalkerde mit Ammoniak, um sie zu sammeln, auszuwaschen, zu troknen und endlich zu gluͤhen. Man kann dieses Salz dann mit basischkohlensaurem Alkali zersezen, den kohlensauren Niederschlag sammeln, auswaschen, troknen und hierauf untersuchen, ob die Quantitaͤt der phosphorsauren Kalkerde mit jener uͤbereinstimmt, die man durch Zersezung der Knochenasche erhaͤlt.