Titel: Ueber eine neue, die Perrotine benannte Maschine zum Indiennendruke.
Fundstelle: Band 58, Jahrgang 1835, Nr. VIII., S. 71
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VIII. Ueber eine neue, die Perrotine benannte Maschine zum Indiennendruke. Aus dem Recueil industriel. Mai 1835, S. 82. Ueber eine neue Maschine zum Indiennendruke. Der Indiennenfabrikant, dessen Geschaͤft sowohl die Huͤlfe der Chemie als jene der Mechanik erfordert, macht unter allen Fabrikanten die haͤufigste Anwendung der diesen beiden Wissenschaften zum Grunde liegenden Principien, und der in ihnen vorkommenden Erfindungen. Die Entwikelung seiner Kunst ist innig mit dem Fortschreiten dieser beiden Wissenschaften verbunden; und da diese gerade in unseren Tagen wegen ihres hohen praktischen Nuzens unstreitig außerordentlich cultivirt werden, so hat auch die Kunst die Zeuge zu faͤrben oder zu druken die reißendsten und außerordentlichsten Fortschritte gemacht. Lange Zeit auf rohe und unzureichende Mittel beschraͤnkt, verdankt der heutige Indiennenfabrikant der Vervollkommnung des Gravirens und der mechanischen Vorrichtungen den offenbaren Vorzug, der ihm in Hinsicht auf guten Geschmak, Eleganz der Zeichnungen, Reinheit und Schnelligkeit des Drukes vor seinen ehemaligen Lehrmeistern, den Indiern, zukommt. Bis gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts drukte man entweder bloß mit hoͤlzernen Formen, auf denen die Zeichnungen erhaben gravirt waren, und die man mit den Armen handhabte, oder mit Kupferplatten, auf welche nach Art der Kupferstiche mit dem Grabstichel Muster gestochen waren, und die man mittelst Maschinen mit fortwaͤhrender rotirender Bewegung in Thaͤtigkeit sezte. Erst gegen das Jahr 1801 versuchte der beruͤhmte Oberkampf von Jouy in seiner schoͤnen und lange Zeit ohne Nebenbuhler gebliebenen Fabrik den Druk mit gravirten Cylindern; und diese neue Methode, welche die Fabrikanten von Manchester schnell zu vervollkommnen wußten, um sie eben so einfach, als schnell von Statten gehend zu machen, erzeugte eine Umwaͤlzung, deren Wirkungen auf das Emporbluͤhen der Drukerkunst unberechenbar waren. Man konnte naͤmlich mit diesen Cylindern oder Walzen nicht nur in sehr kurzer Zeit und mit großer Ersparniß große Massen gedrukter Zeuge erzeugen, sondern es kam dadurch auch eine fruͤhere unbekannte Genauigkeit und Correctheit in die Fabrikation. Der Druk mit einer Farbe, welcher fruͤher wenigstens drei Stunden lang einen Mann und ein Kind beschaͤftigte; jener mit zwei Farben, wozu wenigstens 6 Stunden erforderlich waren, laͤßt sich nunmehr in einigen Minuten und mit einer Vollkommenheit, die beim Druke mit der Hand unerreichbar war, bewerkstelligen. Man blieb jedoch nicht hiebei stehen, sondern man erfand, um dieses mechanische Verfahren so ergiebig als moͤglich zu machen, Maschinen mit zwei und drei Cylindern oder Walzen, womit man auf ein Mal zwei und drei Farben auf einen und denselben Zeug zu druken im Stande ist. Die Erfindung dieses Apparates, mit dessen Anwendung so große Ersparnisse verbunden sind, verdanken wir Hrn. Adam Parkinson von Manchester. Dessen ungeachtet hat aber der Walzendruk den Druk mit Handmodeln noch immer nicht entbehrlich gemacht; denn die Ergaͤnzungsfarben koͤnnen nur mit Modeln, deren Zeichnungen mit den auf die Cylinder gravirten correspondiren, und welche man Eindruͤke zu nennen pflegt, gedrukt werden. Ueberdieß gibt es auch noch immer eine Menge von Artikeln, welche lediglich mit der Hand gedrukt werden koͤnnen; so wie denn auch nicht vergessen werden darf, daß die kupfernen und messingenen Walzen ein bedeutendes Capital erfordern; und daß die Maschinen, in welchen mit zwei oder gar mit drei Farben gedrukt wird, sowohl bei ihrem Baue, als bei ihrer Handhabung große Schwierigkeiten darbieten: so daß man nur mit großer Muͤhe und Aufmerksamkeit immer einen regelmaͤßigen Druk damit zu erzeugen im Stande ist. Dieß ist denn auch der Grund, warum sich der Handdruk, obwohl sich die Anwendung der Walzen immer mehr und mehr verbreitet, dennoch fortwaͤhrend in der Mehrzahl der Fabriken erhalten hat. Neuerlich hat nun aber ein Civilingenieur und bereits beruͤhmter Mechaniker von Rouen, Hr. Perrot, eine Maschine erfunden, welche die immer noch langsame und kostspielige Handarbeit beim Kattundruke auf eine sehr vortheilhafte Weise ersezen wird. In dieser Maschine werden drei hoͤlzerne Tafeln, welche nach Art der gewoͤhnlichen Formen (Moͤdel) erhaben gravirt sind, und bei einer Laͤnge von 32 Zoll eine Breite von 2 bis 4 Zoll haben, wie durch Zauber mit Farbe versehen, und dann nach und nach auf das zu drukende Zeugstuͤk abgedrukt, indem dieser Zeug wie in den Walzendrukmaschinen von selbst vor jeder dieser Tafeln oder Formen, voruͤbergeht. Zwei Arbeiter, von denen der eine den Dienst der Maschine beaufsichtigt, waͤhrend der andere dieselbe in Bewegung sezt, und drei Kinder, welche das Geschaͤft der Streichknaben verrichten, reichen hin, um taͤglich gegen 24 Stuͤk Calico mit drei Farben zu bedruken. Diese 5 Personen leisten also mit Huͤlfe der Maschine eben so viel als 24 Druker mit ihren 24 Streichknaben; indem man im Durchschnitte annehmen kann, daß ein Druker mit seinem Streichknaben des Tages nur ein Stuͤk Calico mit drei Farben oder mit drei Haͤnden drukt. Wenn man den neuen mechanischen Druk sowohl in Hinsicht auf Wohlfeilheit, als in Hinsicht auf Vollkommenheit der Arbeit mit dem gewoͤhnlichen Handdruke vergleicht, so wird man von der außerordentlichen Superioritaͤt des ersteren ganz uͤberrascht werden. Die Maschine Perrot's realisirt bei jeder Farbe wenigstens eine Ersparnis von 30 Franken, d.h. von taͤglich 90 Fr., wobei noch nicht in Anschlag gebracht ist, daß man bei ihr im Durchschnitte nur halb so viel Farbe verbraucht, als bei dem Handdruke. Man wird sich dieß leicht erklaͤren koͤnnen, wenn man bedenkt, daß anstatt der 24 Formen, welche sonst zum Druke von 24 Stuͤken noͤthig sind, hier ihrer drei hinreichen. Die Model der Maschine erfordern nicht dieselbe Sorgfalt, welche die Druker auf das Zurichten der gewoͤhnlichen Model verwenden muͤssen; auch dauern sie drei Mal laͤnger, als diese. Die Maschine, zu deren Handhabung nur ein sehr geringer Raum erforderlich ist, kann Tag und Nacht in Gang erhalten werden; die zum Wechseln des Musters und der Farbe noͤthige Zeit betraͤgt keine halbe Stunde. In Hinsicht auf Vollkommenheit des Drukes arbeitet die Maschine mit mehr Regelmaͤßigkeit und Genauigkeit, als es beim Handdruke moͤglich ist; namentlich macht sie die Rapporte viel vollkommener. Wir sahen viele mit der neuen Maschine gedrukte Muster, und mußten deren Reinheit und Correctheit bewundern; viele von ihnen haͤtten mit der Hand gewiß nicht eben so gedrukt werden koͤnnen. Die Beizen, Aezfarben, Reservagen und Drukfarben werden mit unglaublicher Leichtigkeit gedrukt, wenn diese Farben von solcher Natur sind, daß sie unmittelbar angewendet werden koͤnnen. Der gehoͤrige Grad des Drukes der Model auf die Zeuge wird mittelst eines sehr einfachen Mechanismus, womit man den Druk nach Belieben vermehren oder vermindern kann, hervorgebracht. Zu allen diesen materiellen Vortheilen kommt noch ein anderer, der fuͤr die Fabrikanten von nicht minderem Belange ist; die Maschine macht den Fabrikanten naͤmlich von dem Eigensinne und den Launen der Arbeiter unabhaͤngig. Man wird freilich sagen, daß hiedurch wieder eine große Anzahl von Menschen ihre Beschaͤftigung und Nahrung verlieren; dagegen wollen wir aber, ohne in eine Eroͤrterung der viel besprochenen Gefahren der Anwendung der Maschinen einzugehen, nur das bemerken, daß man gehorchen muß, wenn die Notwendigkeit ihre Stimme erhebt. Man beseitige die Rivalitaͤt und Concurrenz unter den Producenten, und man wird von den Maschinen auf die Handarbeit zuruͤkkommen; dagegen wird es sich aber fragen, wie lange der Consument hiemit zufrieden seyn wird. Wir haben die von Hrn. Perrot erfundene Maschine, der von den Bruͤdern Hazard der Name Perrotine beigelegt wurde, sorgfaͤltig studirt, und uns von deren eben so einfachem, als sinnreichem Mechanismus uͤberzeugt. Wir haben sie in den Haͤnden einiger unserer ersten Fabrikanten, die sich dieselbe aneigneten, und die die schoͤnsten Resultate damit erzielen, arbeiten sehen, und muͤssen ihr, als einer der gluͤklichsten Erfindungen, die die Mechanik in neuerer Zeit gemacht hat, unseren Beifall zollen. Wir schaͤzen uns gluͤklich, daß deren Erfinder ein Franzose ist. Der beste Beweis fuͤr die Trefflichkeit der Perrotine ist die Raschheit, mit welcher sich deren Anwendung verbreitet. Hr. Perrot hat in weniger dann 2 Jahren schon 45 Maschinen gebaut, die in Rouen, Paris, im Elsaß, und auch in der Schweiz, in Belgien und Preußen arbeiten; keine einzige derselben wurde ihm bisher noch zuruͤkgeschikt. Vergleicht man hiemit die Langsamkeit der Einfuͤhrung der Walzendrukmaschinen, die doch so große Vortheile gewaͤhren, so wird vollends aller Zweifel uͤber die Nuͤzlichkeit der neuen Maschine schwinden, und diese schnelle Verbreitung der neuen Maschine ist um so merkwuͤrdiger und sprechender, als Hr. Perrot seinerseits gar nichts fuͤr die Bekanntmachung derselben that. Wir bemerken schließlich nur noch, daß man in der Perrotine keine Maschine sehen darf, die den Walzendruk aus den Drukereien verbannt; denn wenn sie auch alles das, was mit der Hand gedrukt zu werden pflegt, vollkommen leistet, so kann sie doch nicht alle jene Artiel liefern, die man am besten mit den Walzendrukmaschinen erzeugt. Die Perrotine eignet sich uͤbrigens bei ihrer Wohlfeilheit selbst fuͤr die kleinsten Fabriken.Obgleich diese Maschine schon seit einigen Jahren erfunden und in Gebrauch ist, so haben wir doch von mehreren Fabrikanten die widersprechendsten Urtheile daruͤber vernommen.A. d. R.