Titel: Ueber die Verdichtung des Dampfes durch Einsprizung. Von Hrn. Will. Symington.
Fundstelle: Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LXI., S. 358
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LXI. Ueber die Verdichtung des Dampfes durch Einsprizung. Von Hrn. Will. Symington. Aus dem Mechanics' Magazine, No. 677. Symington, uͤber Verdichtung des Dampfes. Die Incrustationen, welche sich in den Kesseln der fuͤr die Seeschiffahrt bestimmten Dampfboote erzeugen, sind bekanntlich der Anwendung des Dampfes auf die Schiffahrt hoͤchst nachtheilig. Ein großer Verlust an Kraft wegen des haͤufig noͤthigen Ausblasens der Kessel; ein großer Verlust an Brennmaterial, der daraus erwaͤchst, daß das Wasser neuerdings wieder erhizt werden muß; Verlust an Raum wegen des groͤßeren Kohlenvorrathes, der deßhalb erforderlich ist, und endlich eine selbst bei der groͤßten Sorgfalt in Kuͤrze eintretende Abnuͤzung der Kessel: dieß sind die Hauptuͤbel, womit die fuͤr Kuͤstenfahrten und auswaͤrtige Stationen bestimmten Dampfboote zu kaͤmpfen haben. Ersparniß an Raum und Brennmaterial bei groͤßerer Dauerhaftigkeit der Kessel sind daher von hoͤchster Wichtigkeit; wer diese Zweke durch einfache und wirksame Mittel erreicht, ohne dafuͤr andere Nachtheile zu schaffen, wird sich die Verdienste eines großen Foͤrderers der Dampfschiffahrt erwerben. Ich selbst glaube nun ein einfaches und in seiner Anwendung wohlfeiles Mittel, welches keinen Raum einnimmt und die Ladung des Fahrzeuges nicht erhoͤht, gegen die oben beruͤhrten Nachtheile aufgefunden zu haben. Es kam mir sehr sonderbar vor, daß so viele Versuche daruͤber angestellt wurden, den Dampf an Bord und innerhalb der Schiffe mit Huͤlfe schwerfaͤlliger Wasserbehaͤlter, die doch immer nur schlechte Kuͤhlapparate sind, zu verdichten, waͤhrend man doch außer dem Schiffe den einfachsten und vollkommensten Kuͤhlapparat, naͤmlich die offene See hat. Ich dachte mir daher, daß, wenn das in dem Heißwasserbehaͤlter befindliche Wasser mittelst einer Roͤhre, die außerhalb des Fahrzeuges so angebracht waͤre, daß sie der direkten Einwirkung des Wassers ausgesezt ist, bis auf die Temperatur des aͤußeren Wassers abgekuͤhlt wuͤrde, und wenn die Verdichtung durch wiederholte Einsprizung eines Theiles einer und derselben Wassermenge vollbracht wuͤrde, waͤhrend das uͤbrige Wasser wieder in den Kessel zuruͤkkehrte, daß, sage ich, auf diese Weise die Bildung der Inkrustationen sicher und einfach verhuͤtet werden koͤnnte, und zwar ohne daß diese an allen Fahrzeugen hoͤchst leicht anwende bare Methode eine Aenderung im Principe oder eine Abaͤnderung der Maschine erheischte. Das Einsprizwasser muͤßte hiebst, nachdem es den Dampf verdichtet, auf die gewoͤhnliche Welse mit der Luftpumpe in den Heißwasserbehaͤlter geschafft werden, und aus diesem zum Theil und bei einer Temperatur von beilaͤufig 96° F. in die Kuͤhlroͤhre treten, in der es bei der Geschwindigkeit, womit die aͤußeren, kalten, mit der Roͤhre in Beruͤhrung kommenden Wassertheilchen wechseln, schnell alle seine Waͤrme abgeben muͤßte, so daß das Wasser die Temperatur des aͤußeren Wassers erlangen wuͤrde, bevor es noch seinen Lauf zuruͤkgelegt haͤtte. Der zuruͤkbleibende Theil des Wassers wuͤrde mit Huͤlfe eines in dem Heißwasserbehaͤlter angebrachten Schwimmers (der sich vorne an der zur Speisungspumpe fuͤhrenden Oeffnung auf Reibungsrollen bewegt, und der mit dem Steigen des Wassers im Heißwasserbehaͤlter gleichfalls frei steigt oder faͤllt) in den Kessel entweichen. Nach diesem Plane wuͤrde die Circulation des Wassers in den Kuͤhlroͤhren offenbar mit groͤßter Regelmaͤßigkeit unterhalten werden; denn es wuͤrde nur genau so viel Wasser, als vorher zur Einsprizung verwendet wurde, in die Kuͤhlroͤhre gelangen, um den momentan entstandenen leeren Raum zum Behufe einer neuen Einsprizung wieder zu ersezen; waͤhrend andererseits der uͤbrige Theil des verdichteten Dampfes, der an Quantitaͤt genau dem unterdessen verdampften Wasser gleichkommen wuͤrde, den Schwimmer im Heißwasserbehaͤlter so hoch steigen machen wuͤrde, daß das Wasser in den Kessel entweichen koͤnnte. Es wuͤrde hienach immer wieder dasselbe Wasser zur Dampfentwikelung verwendet werden; die Bildung von Inkrustationen waͤre unmoͤglich gemacht, und die Speisung wuͤrde immer mit der verdampften Quantitaͤt in genauem Verhaͤltnisse stehen, ohne daß bei der Einfachheit der Vorrichtung zu befuͤrchten waͤre, daß sie leicht in Unordnung gerathen koͤnnte. Der bei dem Sicherheitsventil austretende Daͤmpf muͤßte zum Behufe der Verdichtung in die aͤußere Kuͤhlroͤhre geleitet werden; durch einen kleinen Hahn, der sich in der Naͤhe des Eintrittes in den Kuͤhlapparat an der Roͤhre anbringen ließe, koͤnnte sich der Maschinist jederzeit von der Temperatur des Einsprizwassers uͤberzeugen, waͤhrend die Circulation und die Reinheit des Wassers daruͤber Aufschluß gaͤbe, ob die Roͤhren unbeschaͤdigt sind. Die Kuͤhlroͤhren muͤßten, um ihnen die gehoͤrige Dauerhaftigkeit zu geben, aus dem besten Kupfer verfertigt werden, und wuͤrden gewiß seltener einer Ausbesserung beduͤrfen, als das kupferne Beschlaͤge der Schiffe, da sie schon wegen ihrer Stellung nur dann eine Beschaͤdigung erleiden koͤnnten, wenn das Schiff selbst bedeutend Schaden nehmen wuͤrde. Allein selbst im Falle eines solchen ungluͤklichen Ereignisses waͤre noch Huͤlfe, denn da der aͤltere zur Einsprizung benuzte Canal und die aus dem Heißwasserbehaͤlter entspringende Ausfuͤhrroͤhre fortwaͤhrend bestehen koͤnnten, so brauchte der Maschinist nur das Einsprizwasser in die aͤltere Vorrichtung gelangen zu lassen. Es scheint mir demnach, daß meine Methode der Entstehung der Incrustationen vorzubeugen die Beruͤksichtigung aller, die bei der Dampfschifffahrt betheiligt sind, verdienen duͤrfte, und zwar sowohl wegen ihrer Einfachheit, als wegen ihrer Dauerhaftigkeit, wegen der geringen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, wegen der geringen Neigung in Unordnung zu gerathen, und endlich wegen der Moͤglichkeit, bei eintretenden Unfaͤllen sogleich zur alten Methode zuruͤkzukehren. Man hat bereits viele Versuche gemacht, um den Incrustationen durch Verdichtung ohne die gewoͤhnliche Einsprizung vorzubeugen; allein obschon die in dieser Hinsicht empfohlenen Apparate allerdings die Incrustationen vollkommen verhuͤteten, so waren sie andererseits doch so kostspielig, so complicirt, so sehr geneigt in Unordnung zu gerathen, so viel Raum erfordernd und so schwer, daß man in den meisten Faͤllen die Incrustationen noch weniger als die dagegen empfohlenen Mittel scheute. Die Erzengung eines guten Vacuums kann keinen Pruͤfstein fuͤr die Wirkung der Maschine geben, ausgenommen die zu dieser Erzeugung angewendeten Mittel werden gleichfalls in Betracht gezogen, wie dieß Dr. Lardner in seinem neuesten Werke uͤber Dampfmaschinen gezeigt hat. Es ist nicht schwer ein vollkommenes Vacuum zu erzeugen, wenn man eine viel groͤßere Luftpumpe in Anwendung bringt, als man sich ihrer an den Einsprizmaschinen gewoͤhnlich bedient; allein da an den nicht einsprizenden Maschinen sowohl eine solche, als auch uͤberdieß eine kraͤftige Drukpumpe, womit ein Strom kaltes Wasser in den Behaͤltern unterhalten wird, erforderlich ist, so haben diese Maschinen eine Leistung zu vollbringen, welche an den Injectionsmaschinen wegfaͤllt, weßhalb also die auf Erzeugung des Vacuums und die zum Betriebe der Pumpe verwendete Kraft dem Nuzeffecte der Maschine entzogen wird. Es ist nicht moͤgliche welche Mittel man auch anwenden mag, und welche Ausdehnung die Metalloberflaͤche auch bekommen mag, ohne den gewoͤhnlichen Verdichtungsstrahl mit einer Luftpumpe von gleichem Rauminhalte eine ebenso schnelle Verdichtung zu bewirken. Alle Gelehrten und Praktiker sind daruͤber einig, daß es unmoͤglich ist, den Dampf so unmittelbar mit einer kalten Oberflaͤche in Beruͤhrung zu bringen, wie dieß geschieht, wenn der Dampf mit einem Strahle kalten Wassers zusammen gebracht wird; denn hier verbindet sich jedes einzelne Wassertheilchen mit einem Dampftheilchen. Watt versuchte laͤngst die Verdichtung ohne Einsprizstrahl, gab sie aber endlich auf, weil er sie nicht vortheilhaft fand; erst in neuester Zeit suchte man diese Methode abermals in's Leben zu fuͤhren. In einem Schreiben Watt's an Smeaton vom 24. April 1776 druͤkt sich dieser große Mann mit folgenden Worten uͤber die Entdekung der Verdichtung durch Einsprizung aus: „Ich habe neuerlich bedeutende Veraͤnderungen an unserer Maschine vorgenommen, besonders in Hinsicht auf den Verdichter, an dessen Stelle ich nunmehr einen anwende, der durch Einsprizung arbeitet. Ich habe verschiedene Methoden versucht und bin zulezt auf eine gekommen, welche in Hinsicht auf Geschwindigkeit und Vollkommenheit alle meine Erwartungen uͤbertraf.“ Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daß der Nachtheil, den einige nunmehr erst nach 60 jaͤhriger Erfahrung an den Injectionsmaschinen beobachtet haben wollen, und der darin bestehen soll, daß der Verdichter und die Luftpumpe durch Wasser in ihren Verrichtungen gehemmt werden koͤnnen, in der Theorie leichter denkbar, als in der Praxis nachweisbar ist. Abgesehen davon, daß an den Dampfmaschinen fuͤr Dampfboote eine Vorrichtung besteht, womit der Zufluß des Injectionswassers mit groͤßter Genauigkeit regulirt werden kann, ereignet es sich selten, daß eine derlei Maschine fuͤr laͤnger als ein Paar Secunden in Stoken geraͤth, und kaum ist dieß der Fall, so wird sich der Verdichter zum Theil fuͤllen, waͤhrend durch Verkleinerung des Vacuums der Zufluß vermindert wird, so daß nach einem oder zwei Huben Alles wieder ausgeglichen ist. Die Dampfmaschinen ohne Einsprizung haben also nur einen eingebildeten Vorzug vor jenen mit Einsprizung, besonders aber im Vergleiche mit meiner Methode, bei welcher keine Luft mit dem Einsprizwasser eingefuͤhrt wird; denn nach einigen Huben der Luftpumpe wird alle Luft durch ein Ventil, welches sich nach aufwaͤrts in den Heißwasserbehaͤlter oͤffnet, ausgetrieben, ohne wieder eintreten zu koͤnnen.Hr. Thomas Howard erklaͤrt in der Nr. 678 des Mech. Magazine S. 310, daß die von Hrn. Symington vorgeschlagene Methode ganz dieselbe sey, wie jene, auf die er vor einigen Jahren ein Patent erhielt. Das Princip Howard's ist naͤmlich der Beschreibung seines Patentes gemaͤß: „das warme Wasser aus den Behaͤltern, in denen der Dampf verdichtet wurde, zu entnehmen, und abermal in den Dampf einzusprizen, nachdem ihm mittler Weile die Waͤrme entzogen wurde.“ Der ganze Unterschied, sagt Howard, besteht darin, daß er die Kuͤhlroͤhre in Schlangenwindungen um den Verdickter fuͤhrt und mit einem Kaltwasserbehaͤlter umgibt, waͤhrend Symington diese Roͤhre laͤngs des Bodens des Fahrzeuges gefuͤhrt wissen will. Hr. H. versichert, daß sein Verfahren nicht bloß auf dem Dampfboote Vesta, sondern auch an den sogenannten Queen Irenworks in Rotherhithe mit Vortheil befolgt wird. A. d. R.