Titel: Ueber Pouillet's Pyrometer.
Fundstelle: Band 63, Jahrgang 1837, Nr. XLII., S. 219
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XLII. Ueber Pouillet's Pyrometer. Aus dem Echo du monde savant, 1837, No. 1. Ueber Pouillet's Pyrometer. Hr. Pouillet hat der franzoͤsischen Akademie der Wissenschaften drei neue Mittel zur Bestimmung hoher Temperaturen mitgetheilt: 1) einen Luftpyrometer; 2) einen magnetischen Pyrometer und 3) ein Verfahren, welches auf die Bestimmung der specifischen Waͤrme des Platins bei verschiedenen Temperaturen gegruͤndet ist. Leztere Methode, welche beinahe nur in den Laboratorien anwendbar ist und eine sehr große Genauigkeit erheischt, besteht darin, eine 178 Gramme wiegende Platinkugel in einem Tiegel zu erhizen und sie dann in ein Gefaͤß zu werfen, welches mit Wasser von so niedriger Temperatur gefuͤllt ist, daß es durch Aufnahme des Waͤrmestoffs der Kugel beilaͤufig auf die gewoͤhnliche Temperatur gebracht wird. Hr. Pouillet fand, indem er die Waͤrmemengen beruͤksichtigte, welche das Gefaͤß durch die Beruͤhrung mit der Luft oder durch die Ausstrahlung gewinnen oder verlieren konnte, daß die Platinkugel, auf 100° C. erhizt, die Temperatur von 1072 Grammen eiskaltem Wasser um 0°,54 erhoͤht; daß die Kugel bei 200° das Wasser um 1°,09; bei 300°um 1°,66; bei 400° um 2°,25 etc. erwaͤrmt, so daß die mittlere Capacitaͤt der Kugel, indem sie beilaͤufig um 335 bis 398 Zehutausendtheile zwischen 100° und 1600° zunimmt, dieselbe Masse Wasser bei 1000° um 6°,03 und um 10°,30 bei 1600° erwaͤrmt; leztere Temperatur ist so ziemlich die des Stabeisens in dem Augenblik, wo es in Fluß kommt. Der Luftpyrometer besteht: 1) aus einem eifoͤrmigen Platingefaͤß, welches die Hize aufnimmt; 2) aus einer Verbindungsroͤhre mit einem Loch von 1 bis 2 Millimeter Durchmesser, welche auf eine Laͤnge von wenigstens 20–25 Centimeter ebenfalls aus Platin bestehen muß: der Rest derselben, von gleicher Laͤnge, kann aus Silber verfertigt werden; 3) aus einer eingetheilten Glasroͤhre, welche an ihrem oberen Ende die Luft aufnehmen muß, die in Folge ihrer Ausdehnung aus dem Platinbehaͤlter getrieben wird. Leztere Roͤhre, welche einer Barometerroͤhre aͤhnlich ist, wird senkrecht neben eine aͤhnliche, oben offene Roͤhre gestellt; an ihrem unteren Ende sind sie bestaͤndig mit einander in Verbindung; beim Beginne des Versuchs sind sie beide bis gegen ihr oberes Ende mit Queksilber gefuͤllt; indem man dann durch ein eigenthuͤmliches Verfahren die Queksilbermenge, welche sie enthalten, variiren laͤßt, kann man ihre Saͤulen auf dasselbe Niveau bringen und jeden Augenblik den Druk der im Apparate hermetisch eingeschlossenen Luft oder Gasart erfahren. Wenn man nun von einer bekannten Temperatur und Pression ausgeht und das Platingefaͤß erhizt, so wird in Folge der Ausdehnung in die eingetheilte Roͤhre eine gewisse Anzahl von Kubikcentimetern Luft uͤbergehen, woraus sich die unbekannte Temperatur des Platinbehaͤlters berechnen laͤßt. Eine genaue Beobachtung der den Angaben des Luftpyrometers entsprechenden Farbennuͤancen zeigte, daß man ohne einen großen Fehler zu begehen, fuͤr jedes Hundert von Graden eine bestimmte Nuͤance aufstellen kann, naͤmlich fuͤr die angehende Rothgluͤhhize  525° C. dunkle Rothgluͤhhize  700° angehende Kirschrothgluͤhhize  800° Kirschrothgluͤhhize  900° helle Kirschrothgluͤhhize 1000° dunkle Orangegluͤhhize 1100° helle Orangegluͤhhize 1200° Weißgluͤhhize 1300° glaͤnzende Weißgluͤhhize 1400° blendende Weißgluͤhhize 1500 bis 1600° Magnetischer Pyrometer. Der Luftpyrometer und die Waͤrmecapacitaͤt des Platins geben uns zwei Mittel an die Hand, um hohe Temperaturen zu messen; diese erheischen aber so genaue Apparate und eine so große Geschiklichkeit im Experimentiren, daß sie nur in Laboratorien angewandt werden koͤnnen; Hr. Pouillet bemuͤhte sich also einen Apparat auszumitteln, dessen Benuzung mit weniger Schwierigkeiten verbunden ist, und ein solcher ist der magnetische Pyrometer. Um einen solchen zu erhalten, schneidet man den unteren Theil eines Flintenlaufs ab, bohrt in denselben einen Schraubengang von 2 Millimeter Tiefe und 1 Millim. Breite, und wikelt dann in den ganz scharfen und reinen Schraubengang einen Platindraht von einem Millimeter Durchmesser; hierauf schlaͤgt man den Schraubengang mit einem Hammer zu, so daß der Platindraht, welcher drei oder vier Umgaͤnge macht, allenthalben vom Eisen bedekt wird. Nun fuͤhrt man den Platindraht im Innern des Flintenlaufs in der Richtung seiner Achse fort und schweißt dann das Untertheil so an denselben, daß es auf das genaueste damit verbunden ist. Der Flintenlauf wird sodann mit Bittererde oder Amianth vollgefuͤllt, damit der Platindraht in seiner Lage bleibt und dessen Seiten nicht beruͤhren kann; dasselbe geschieht nun am anderen Ende des Flintenlaufs mit einem zweiten Draht, nur wird dieses in seiner Laͤnge durchbohrt, um den ersten Platindraht, welcher es nicht beruͤhren darf, hindurchzulassen. Auf diese Art erhaͤlt man also eine geschlossene Kette, welche aus dem Flintenlauf und den zwei Platindraͤhten besteht, indem die beiden Enden des Flintenlaufs die zwei Loͤthungen dieser Kette repraͤsentiren; wenn man nun die erste Loͤthung, welche allein in das Feuer kommt und mit einer Composition aus feuerbestaͤndiger Erde lutirt wird, erhizt, so entsteht ein thermoelektrischer Strom, dessen Intensitaͤt nach einem gewissen Geseze von der Temperatur abhaͤngt, welcher das Flintenlaufende ausgesezt wird. Dieser Strom geht in einen Multiplicator, welcher aus 25 bis 30 Umgaͤngen eines Kupferstreifens von 9–10 Millim. Breite und ½ Millim. Dike gebildet wird; eine gewoͤhnliche Magnetnadel, welche auf ihrem Zapfen im Multiplicator steht, empfaͤngt die Wirkung des Stroms und erleidet eine mit seiner Intensitaͤt im Verhaͤltniß stehende Ablenkung. Um diesen Apparat mittelst des Luftpyrometers zu gradiren, lutirt man in die eiserne Muffel und gegen das Platingefaͤß das zu erhizende Flintenlaufende, worauf man gleichzeitig die vom Luftpyrometer angegebene Temperatur und die entsprechende Ablenkung beobachtet, welche der durch sie erzeugte thermoelektrische Strom auf die Magnetnadel hervorbringt. Man erhaͤlt so eine Reihe von Ablenkungen und entsprechenden Temperaturen. Der magnetische Pyrometer ist ein wahrhaft praktisches Instrument, und seine Empfindlichkeit wird mit der Erhoͤhung der Temperatur immer groͤßer.Hr. Prof. v. Steinheil in Muͤnchen ist schon seit einiger Zeit mit der Ausfuͤhrung eines magnetischen Pyrometers beschaͤftigt, und hat dabei besonders eine bequeme und vollkommen genaue Bestimmung der Abweichung der Radel moͤglich zu machen gesucht.A. d. R. Wenn er nach dem Luftpyrometer gradirt worden ist, kann man damit die Temperatur jedes Feuerraums sehr genau erfahren, vorausgesezt, daß sie etwas unter dem Schmelzpunkte des Stabeisens ist. Vermittelst desselben wurde der Schmelzpunkt verschiedener Metalle folgender Maßen bestimmt: Silber 1000 Gold 1200 Weißes Roheisen, sehr leichtfluͤssig 1050 Weißes Roheisen, strengfluͤssig 1100 Graues Roheisen, sehr leichtfluͤssig 1100 Graues Roheisen, strengfluͤssig, ungefaͤhr 1200 Stahl, der leichtfluͤssigste, ungefaͤhr 1300 Stahl, der strengfluͤssigste, ungefaͤhr 1400 Stabeisen 1500 bis 1600. Die HH. Cagniard-Latour und Montferrand haben ebenfalls einen sehr sinnreichen Apparat zum Messen hoher Temperaturen angegeben; sie nennen ihn akustischen Pyrometer, und er beruht auf dem Geseze der Ausdehnung der Gase, so wie zugleich auf dem der Ausdehnung fester Koͤrper. Bekanntlich bringt eine an einem Ende verschlossene Roͤhre einen gewissen Ton hervor, welcher von der Anzahl der Schwingungen im Verhaͤltniß zu ihrer Laͤnge abhaͤngt; wenn folglich eine eiserne oder Platinroͤhre ein solches Caliber hat, daß sie bei der Temperatur des schmelzenden Eises einen gewissen Ton gibt, so wird bei Erhoͤhung der Temperatur die Anzahl der Schwingungen groͤßer werden, und man kann nun aus dem Ton, welchen sie hervorbringt, vermittelst einer Formel die absolute Temperatur bis auf 800º C. ableiten, ohne um mehr als 16º zu fehlen und bis auf 4000º C., ohne sich um mehr als 110º zu irren. Bei diesen Berechnungen ist die Ausdehnung der Roͤhre zu beruͤksichtigen und die Unsicherheit der Resultate bei den Messungen mit diesem Pyrometer kann nur dem Umstande zugeschrieben werden, daß wir die absolute Ausdehnung der festen Koͤrper nicht genau genug bestimmen koͤnnen.