Titel: Ueber die Anwendung des Runkelrübenmarkes zur Papierfabrication.
Fundstelle: Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LXXXIX., S. 457
Download: XML
LXXXIX. Ueber die Anwendung des Runkelruͤbenmarkes zur Papierfabrication. Ueber die Anwendung des Runkelruͤbenmarkes zur Papierfabrication. Da die Lumpen aus Flachs, Hanf und Baumwolle immer theurer und seltener werden, so hat man in der neuesten Zeit viele andere Pflanzenstoffe theils ohne allen theils mit einem geringen Zusaz von Lumpen zur Papierfabrication zu benuzen versucht. Unter diejenigen, welche wirklich im Großen angewendet worden sind und genuͤgende Resultate gaben, gehoͤren vorzuͤglich Heu und StrohKoop im Polyt. Journal Bd. LVI. S. 153., Moos und TorfPolyt. Journal Bd. XX. S. 285 und Bd. LIX. S. 228., die Agen oder Abfaͤlle des Hanfes und Flachses beim BrechenGarde, ebend. Bd. XXX. S. 299., Maisstaͤngel und Blaͤtter, die bei der Bereitung des Suͤßholzsaftes bleibenden Ruͤkstaͤnde etc.Poisson, ebend. Bd. LI. S. 263. Von der groͤßten Wichtigkeit, sowohl fuͤr die Industrie als fuͤr die Landwirthschaft, scheint aber in dieser Beziehung das Runkelruͤbenmark zu werden, auf dessen Anwendung zur Papierfabrication sich Young schon im Jahre 1832 in England ein Patent ertheilen ließ (Polyt. Journal Bd. XLVII. S. 140). Nach seiner Angabe soll man den faserigen Ruͤkstand, welcher nach dem Auspressen der Ruͤben in der Presse zuruͤkbleibt, zuerst mit einem Bade behandeln, welches auf 450 Pfd. Wasser 1 Pfd. concentrirte Schwefelsaͤure enthaͤlt und dann den Faserstoff auf die gewoͤhnliche Weise mit Chlor bleichen, um hierauf den so erhaltenen Zeug je nach der Qualitaͤt des zu verfertigenden Papieres mit 10 bis 50 Proc. Lumpen oder Hanfzeug zu vermengen. Vor Kurzem berichteten deutsche Blaͤtter, daß man in Wuͤrtemberg angefangen hat, das Ruͤbenmark zur Papierfabrication zu benuzen; dieses geschah aber erst gegen das Ende der Zukererzeugung und wahrscheinlich ohne daß man von Young's Patent daselbst Kenntniß hatte. Schon bei den ersten Proben erhielt man aus den zerriebenen und ausgepreßten Ruͤben, wie sie die Zukerfabriken abgaben, indem man ⅔ des Markes mit ⅓ Wollenlumpen vermengte, ein sehr festes und brauchbares Pakpapier, und es ist kein Zweifel, daß man bei fortgesezten Versuchen mit einem besser verarbeiteten und gebleichten Ruͤbenmark und durch Vermengung desselben mit Leinenzeug sehr schoͤne Resultate erzielen wird. Ein großer Vortheil besteht fuͤr die Papierfabrikanten darin, daß sie das Ruͤbenmark aus den Zukerfabriken schon in einem sehr zertheilten Zustande erhalten; sie bezahlen auch gegenwartig schon fuͤr den Centner Ruͤbenruͤkstand denselben Preis, fuͤr welchen die Zukerfabriken ein gleiches Gewicht Ruͤben ankauften. Es ist somit hoͤchst wahrscheinlich, daß die Zukerfabriken durch diese Verwendung des Ruͤbenmarkes bald den groͤßten Theil der Kosten ihres Rohstoffes bezahlt erhalten duͤrften, waͤhrend zugleich den Papierfabriken ein sehr schaͤzbares Surrogat der Lumpen in Masse geliefert wird. Dazu kommt noch, daß die Ruͤbenzukerfabriken in nicht mehr ferner Zeit auch ihre Melassen besser verwerthen duͤrften, indem dieselben in geistige Gaͤhrung versezt, nach dem Abdestilliren des Alkohols noch einen Ruͤkstand liefern, woraus sich nach Dubrunfaut eine Quantitaͤt Potasche gewinnen laͤßt, deren Quantitaͤt den sechsten Theil des ausgezogenen Ruͤbenzukers betraͤgt.Man vergleiche S. 157 in diesem Bande des Polytechn. Journals. Wer muß nun nicht wuͤnschen, daß sich im deutschen Vaterlande die Ruͤbenzukerfabriken recht bald eben so vermehren moͤchten, als es in Frankreich bereits geschehen ist, — in Deutschland, welches keine Colonien hat, an deren Mark es durch diesen der Landwirthschaft so foͤrderlichen Industriezweig zehren muͤßte! Wir behalten uns vor, spaͤter unsere eigenen Versuche uͤber das Bleichen des Ruͤbenmarkes zur Erzeugung von Schreib- und Drukpapier in dieser Zeitschrift mitzutheilen.