Titel: Beschreibung einer Schraubenkluppe zum Schneiden vollkommen flacher Gewinde.
Fundstelle: Band 66, Jahrgang 1837, Nr. XXXV., S. 183
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XXXV. Beschreibung einer Schraubenkluppe zum Schneiden vollkommen flacher Gewinde. Mit Abbildungen auf Tab. III. Beschreibung einer Schraubenkluppe. Es ist eine jedem Mechaniker bekannte Erscheinung, daß Schrauben mit flachem Gewinde sich in einer Kluppe durch gewoͤhnliche Baken gar nicht in genuͤgender Vollkommenheit verfertigen lassen; zumal wenn das Gewinde ziemlich tief ist. Die Ursache laͤßt sich durch folgende Betrachtung deutlich machen. Wenn das Schneiden mit der Kluppe seinen Anfang nimmt, so erzeugen die scharfen Kanten der Baken ein Gewinde von bestimmter Steigung oder Gangweite. Allmaͤhlich dringen die Baken tiefer in die Spindel ein, und wirken folglich nun auf eine Cylinderflaͤche von kleinerem Halbmesser als anfangs. Dadurch aber aͤndert das Verhaͤltniß sich wesentlich: der Neigungswinkel der Gaͤnge in den Baken ist unveraͤnderlich, und mit diesem naͤmlichen Neigungswinkel streben sie, auf der durch das Schneiden schon duͤnner gewordenen Spindel ein feineres Gewinde zu erzeugen, als vorher – bei noch unvermindertem Durchmesser des Cylinders – der Fall war. Die Folge hievon ist, daß die Baken, um so zu sagen, ihre eigene Arbeit wieder zerstoͤren, naͤmlich die hohen Gaͤnge des angefangenen Gewindes zum Theil wieder wegschneiden und ihre Gestalt verderben. Der naͤmliche Vorgang findet in gewissem Grade auch beim Schneiden dreiekiger Gewinde in Kluppen Statt; allein der nachtheilige Erfolg ist hier viel weniger merklich, weil diese Gewinde meist nicht sehr tief sind und durch ihre Gestalt selbst einen Fehler der erwaͤhnten Art leicht verbergen. Da gleichwohl flache Schrauben ein haͤufiges Beduͤrfniß sind, das Feilen derselben eine unvollkommene und bei einiger Sorgfalt sehr zeitraubende Verfertigungsart ist, eine Schraubenschneidmaschine aber oft gar nicht zu Gebote steht oder aus anderen Gruͤnden nicht anwendbar ist, so muß eine Einrichtung der Schneidkluppe, wodurch flache Gewinde, selbst mehrfache, mit Leichtigkeit und bedeutender Vollkommenheit hervorgebracht werden koͤnnen, jedem Mechaniker willkommen seyn. Die sehr zwekmaͤßige und sinnreich erdachte Construction, welche durch die Abbildungen auf Taf. III. erlaͤutert wird, ist von dem Mechaniker Hrn. L. Tidow mitgetheilt worden, welcher ein Exemplar der Kluppe und der dazu gehoͤrigen Nebengeraͤthe fuͤr die Werkzeugsammlung der hoͤheren Gewerbschule in Hannover verfertigt hat. Fig. 57 zeigt die Kluppe von Oben gesehen, zur Ersparung an Raum mit fehlenden Griffen; die ganze Laͤnge, zwischen den aͤußersten Endpunkten der Griffe gemessen, betraͤgt 32''. Fig. 61 ist die Seitenansicht. Die Kluppe besteht aus zwei Haupttheilen: a und b. An dem groͤßeren Theile a befinden sich die Griffe; b ist hiemit durch das Charnier c verbunden. Fig. 59 ist eine Ansicht der Innenseite von a, wie man sie erhalten wuͤrde, wenn in Fig. 61 der Theil b weggenommen waͤre. Fig. 60 zeigt den Theil b von jener Seite, auf welcher in Fig. 57 der Buchstabe q steht. d und e sind die beiden Baken, welche aber hier eine von der gewoͤhnlichen abweichende Bestimmung haben, indem sie nur die Schraubengaͤnge beim erstmaligen Schneiden mit der Kluppe vorzeichnen oder leicht einschneiden, alsdann aber bloß dem entstehenden Gewinde zur Fuͤhrung dienen sollen, um das Fortschreiten der Kluppe zu reguliren. Dem gemaͤß enthalten die Baken nicht das ausgebildete Gewinde, sondern bloß eine Andeutung desselben durch wenig hervorspringende, gleichsam nur grathartige Linien, und ihre Kanten 1 2 3 sind nicht scharf, sondern vielmehr gaͤnzlich durch schmale Facetten abgestumpft. Uebrigens ist der Ausschnitt des Bakens d ein Halbkreis von derjenigen Groͤße, welche dem Durchmesser der Schraube sammt den hohen Gaͤngen entspricht; e enthaͤlt nur den vierten Theil des naͤmlichen Kreises. Die Art, wie der Baken d in a und der Baken e in b eingelegt ist, ergibt sich aus Fig. 57, wo f eine Kerbe zum leichteren Losmachen von d bedeutet. Fig. 59 zeigt bei v, v zwei runde Loͤcher des Bakens d, womit derselbe auf zwei Stifte des Theiles a aufgepaßt ist; aͤhnlich ist die Befestigung des anderen Bakens in dem Theile b (Fig. 57). Die erst fluͤchtig erwaͤhnte Gestalt, welche das in den Baken angebrachte Schraubengewinde besizt, wird am leichtesten zu erklaͤren seyn, wenn man die Beschaffenheit des Bohrers untersucht, mit welchem die Baken geschnitten sind. Fig. 58 ist dieser Bohrer, der entweder aus freier Hand gefeilt oder auf der Drehbank geschnitten werden muß. Mit einem gewoͤhnlichen Bakenbohrer stimmt der gegenwaͤrtige darin uͤberein, daß er cylindrisch ist, und seine Schaͤrfe durch drei oder vier Einkerbungen (wie x, x, Fig. 56) erhaͤlt; das Eigenthuͤmliche liegt in der Gestalt der Schraubengaͤnge, von welchen die hohen, y, y, flach, die vertieften, z, z, aber dergestalt convex sind, daß der hoͤchste Punkt ihrer Rundung eben so weit vortritt, als die Flaͤche der Gaͤnge y. Dadurch entsteht also unter und uͤber jedem flachen Gange y eine spizwinkelige Furche, welche sich in den mit dem Bohrer geschnittenen Baken durch eine scharfkantige hervorragende Linie (gleichsam einen starken Grath) ausdruͤkt. Diejenigen Theile der Kluppe, welche das Einschneiden des vertieften Ganges auf der in Arbeit befindlichen Spindel verrichten, sind zwei flachschneidige Geisfuͤße oder Zaͤhne, deren Breite natuͤrlich eben so groß ist, als die Breite des vertieften Schraubenganges, welchen sie ausarbeiten sollen.Man erhaͤlt die richtige Breite der Zaͤhne ganz genau, indem man leztere, noch ungehaͤrtet, einlegt, und dann auf dieselbe Weise, als wenn man Baken schneiden wollte, die Kluppe einige Mal auf- und absteigen laͤßt; wobei die Breite der Zaͤhne sich in den Schraubengaͤngen des Bohrers ausbildet. In Fig. 57 bezeichnet m, n den einen der Zaͤhne, welchen man allein hier sehen kann. In Fig. 61 sind beide (in der Endansicht) durch die kleinen schraffirten Quadrate oberhalb des Buchstabens l angedeutet; auch in Fig. 60 sind beide bei n, n zu sehen. Die Zaͤhne liegen auf der senkrechten Flaͤche des kleineren Hauptheiles b der Kluppe, und werden von einer Platte l bedekt, in welche sie mit einem Theile ihrer Dike versenkt sind. Eine Scheibe o liegt vor der Platte und bildet den Kopf eines vierekigen Bolzens, welcher durch einen genau passenden Schliz in l, so wie durch ein vierekiges Loch des Theiles b hindurchgeht, und hinterhalb des lezteren mittelst der Schraubenmutter p scharf angezogen wird. Auf diese Weise geschieht die Befestigung der Zaͤhne. – Die Lage der beiden Zaͤhne in der Kluppe ist eine solche, daß ihre Schneiden zweien von denjenigen Schraubengaͤngen entsprechen, welche durch die runden Gaͤnge z, z des Bohrers erzeugt sind. Wenn z.B. die Baken drei solche Gaͤnge erhalten, so legt man die Zaͤhne in den obersten und in den untersten Gang, nicht aber in zwei auf einander folgende Gaͤnge; damit die zwei Stuͤzpunkte, welche der Kluppe durch die Zaͤhne dargeboten werden, weit auseinander liegen und um so mehr das Wanken beim Schneiden verhindern. Den oberen Zahn, welcher spaͤter als der untere zum Angriff kommt, laͤßt man ein wenig weiter vorragen, so daß er in demselben Schraubengange, der vom unteren Zahne vorgeschnitten ist, einen zweiten Span nimmt. Ist das Gewinde, welches man schneidet, ein doppeltes, so muß jeder Zahn in einen Gang eines anderen Gewindes gelegt werden, und auf dieselbe Weise wuͤrden fuͤr ein dreifaches Gewinde drei Zaͤhne erfordert werden, wobei es sich oft trifft, daß der eine Zahn gerade durch den vierekigen Bolzen der Scheibe o hindurchgehen muß. Auch wird es bei mehrfachen Gewinden nothwendig, die Baken und uͤberhaupt die ganze Kluppe diker zu machen, damit die Zaͤhne ihren gehoͤrigen Plaz finden und die Baken eine hinreichende Anzahl Gaͤnge enthalten koͤnnen. Wenn man mit der fest angezogenen Kluppe das erste Mal die Spindel entlang geschnitten und so mittelst der Baken die Gaͤnge vorgezeichnet hat, treibt man durch leise Hammerschlaͤge die Zaͤhne ein wenig vor, damit sie angreifen. Dieses Verfahren, welches hier die naͤmlichen Dienste leistet, wie bei anderen Kluppen die Naͤherung der Baken durch Anziehen der Stellschrauben, wird so lange wiederholt, bis die Schraube vollendet ist. Um allem Zittern des Theiles b waͤhrend des Schneidens zu begegnen, wird derselbe auf eine doppelte Weise fest gegen den Theil a hingezogen, und folglich an die in Arbeit befindliche Schraube angedruͤkt. Zuerst dient hiezu die Studel oder der Kloben g, h (Fig. 57, 61), der mit seiner Gabel die Theile a und b umfaßt und sich mittelst des quer durchgeschobenen Riegels i in einer runden Auskerbung von b anlehnt, waͤhrend gegenuͤber die Schraube k auf den Theil a druͤkt. Die zweite Verbindung wird durch den doppelten Haken r hergestellt, der einerseits in den Ring q auf der schon erwaͤhnten Scheibe o, andererseits in einen Ring s eingehangen ist. Dieser leztere befindet sich am Ende eines durch a gehenden Bolzens s, t, dessen Fluͤgelmutter u immer scharf angezogen wird. Die Art, wie die Muttern zu diesen Schrauben geschnitten werden, ist ziemlich bekannt, und von der Art, wie Schraubenmuttern fuͤr große Spindeln geschnitten werden, nur unwesentlich verschieden. (Hannoͤver'sche Mitchell. Nr. 11.)

Tafeln

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Tab. III