Titel: Heuser, Sprengmethode mit Sandbesezung.
Autor: Heuser
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. XIII., S. 40
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XIII. Heuser, Sprengmethode mit Sandbesezung. Heuser, uͤber eine Sprengmethode. Beim Abteufen der ersten Schaͤchte auf den Oberkircher Steinkohlenbergwerken im Schaumburgischen, hatte man fruͤher immer mit großen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen, selbst das Ableiten des Wassers durch Bohrloͤcher nach Unten fuͤhrte nicht immer zum Zweke. Wo dieß nicht moͤglich war, half man sich durch Trokenlegung der Gesteinoberflaͤche mit einem durch Latten aufgesezten Faͤßchen ohne Boden, und wendete zulezt bei zu starkem Wasserzugange wasserdichte Patronen aus Weißblech an, welche in ihrem oberen Dekel mit einem aus demselben Bleche verfertigten Zuͤndrohre, etwa 3/16 Zoll weil, verbunden waren. Diese wurden sammt dem Zuͤndrohre mit Pulver angefuͤllt, in die Bohrloͤcher hineingeschoben, und nachdem das Wasser 1 1/2 bis 2' aufgetreten war, ohne Anwendung eines anderen Besazes hinweggethan. Einige Loͤcher hoben hiebei recht gut, die meisten mißgluͤkten dadurch, daß das blecherne Zuͤndrohr plazte, bevor das Pulver in der Patrone entzuͤndet war. Selbst bei Patronen, welche uͤber Tage nur zum Versuche abgebrannt wurden, zeigte sich, daß das Zuͤndrohr meist 1 1/2' unter dem Schwefelwaͤnnchen abgesprengt wurde. Die Menge des im Zuͤndrohr enthaltenen Pulvers schien daher noch zu groß zu seyn; man gab daher den Roͤhren eine konische Gestalt, machte sie uͤber der Patrone gerade nur so weit, um einen mit Pulver gefuͤllten Strohhalm aufzunehmen, und gab ihnen oben an dem aus dem Wasser vorragenden Ende 3/8 Zoll Weite. In die Zuͤndroͤhren wurde hierauf ein mit Pulver gefuͤllter Strohhalm eingefuͤhrt, wodurch die fruͤhere Unsicherheit gaͤnzlich gehoben wurde. Bei spaͤteren Versuchen, wo der Wasserstand uͤber den Bohrloͤchern fehlte, zeigte sich, daß es bei solchen Patronen nicht hinreichend sey, nur das Bohrloch voll Wasser laufen zu lassen. Da es nun aber doch wuͤnschenswerth war, bei nassen Arbeiten wasserdichte Patronen anwenden zu koͤnnen, ohne das zeitraubende, kostspielige und immer unsichere Anstellen der Bohrloͤcher noͤthig zu haben, so versuchte man eine Fuͤllung des uͤber der eingeschobenen Patrone leer gelassenen Raumes mit Sand. Schuͤttete man in das Wasser uͤber der Patrone Sand und ruͤhrte mit der Raumnadel darin herum, so konnte man die Patronen genuͤgend fest einschlaͤmmen. Die so besezten Loͤcher hoben so gut, als die mit festem Propf. Freilich ist diese Methode bei Bohrloͤchern mit geringem Falle nicht anwendbar, oder bei solchen, aus denen Quellen mit einiger Staͤrke vordringen, und außerdem fordert sie einen reinen Quarzsand und kostspielige Blechpatronen. Nach den angestellten Versuchen erst wurde der Plan gefaßt, wasserdichte Patronen anzuwenden, welche nicht allein Pulver, sondern auch den Sandbesaz und Zuͤndhalm enthielten, welche oben offen und einige Zoll laͤnger als das Bohrloch seyen, in welchem sie angewendet werden sollen. Zunaͤchst wurden Blechpatronen construirt, moͤglichst mit der Form der Bohrloͤcher uͤbereinstimmend, jedoch so groß, daß sie sich ohne Anwendung zu großer Kraft einschieben ließen; unten hinein kam die erforderliche Pulvermenge, dann der Strohhalm, darauf reiner quarziger Sand bis zur Muͤndung. Der Zwischenraum zwischen Patrone und Loch wurde mit Wasser ausgefuͤllt; die Wirkung war durchaus vortrefflich. Nachdem die gute Wirkung der Patronen erprobt war, wurden dieselben uͤber eine nach der Form der Loͤcher gebildete Chablone aus Olifantpapier mit gutem gekochtem Tischlerleim (erst einfach, dann doppelt uͤbereinander liegend) gefertigt, das untere Ende durch Zusammenfalzen geschlossen und die Patronen dann aͤußerlich mit Leinoͤhlfirniß uͤberstrichen, wodurch sie so wasserdicht wurden, daß sie stundenlang gefahrlos im Wasser stehen konnten. Zugleich verbanden sie so mit der gehoͤrigen Haltbarkeit und Steifigkeit die zum Einschieben erforderliche Nachgiebigkeit. Der eingefuͤllte Sand war grauer Wesersand, welcher getroknet und gesiebt wurde. Außer trokenem Sande probirte man auch etwas angefeuchtete, feinere Kohksstuͤbbe, ja sogar Steinkohlenasche, und schuͤttete namentlich bei feuchtem Sande unmittelbar auf das Pulver erst etwas trokenen Sand. Alle so verschieden zubereitete Schuͤsse hoben auf gleiche Art gut. Noch gleichguͤltiger als die Art der Sandbesezung war der Feuchtigkeitszustand der Bohrloͤcher; es wurden ohne alle Schwierigkeit sogar Bohrloͤcher weggethan, in welche Anfangs die Patronen von Quellen in die Hoͤhe geworfen wurden. Waren Zwischenraͤume zwischen Patrone und Bohrloch vorhanden, so genuͤgte es, dieselben in der Muͤndung des Bohrloches mit Letten zu verstreichen. Die beschriebene Besezung zeigte sich in Sandstein und bei etwas weiten Loͤchern im festen Schieferthon als vollkommen genuͤgend, ja sogar anscheinend vorzuͤglicher als die gewoͤhnliche Sprengmethode, wodurch eine Pulverersparniß erzielt werden wuͤrde. Man hat mit der Patrone mehr und weniger stark fallende, sogar vollkommen senkrechte Loͤcher mit vollkommen befriedigendem Effecte weggethan. Man hat sogar 18 bis 24'' hoch First in festem Sandstein nachgeschossen; dabei mußte man, um das Herausfallen des Sandes zu verhindern, eine Fuge hoch Letten auf den Sand streichen. Endlich haben die Erfahrungen gezeigt, daß man Sandpatronen mit Vortheil bei Loͤchern von 18 bis 30'' Tiefe und auch bei 8 bis 12'' Tiefe anwenden kann, sie wirken uͤberall so gut, wie fester Besaz. Daß die beschriebenen Patronen bei der Arbeit in Feuer reißender Gesteine sich ganz besonders empfehlen, bedarf kaum der Erwaͤhnung, indem dadurch alle Gefahr einer zu fruͤhen Entzuͤndung beseitigt ist. Bei Anwendung der Sandpatronen wird bei sehr nasser Arbeit wesentlich an Zeit erspart; ferner wird durch Kluͤfte und Schaͤchtungsabsonderungen nicht so leicht die Wirkung verhindert, als bei der gewoͤhnlichen Besezung, und es ist außerdem bei der Besezung selbst weniger Geschiklichkeit erforderlich. Unter den Umstaͤnden, von welchen die gute Wirkung der Sandpatronen abhaͤngt, sind folgende zu beachten: 1) die Wirkung ist desto besser, je genauer die Patrone anschließt, folglich muͤssen die Bohrer mit besonderer Genauigkeit nach gleichen Dimensionen gefertigt werden; 2) es wird vortheilhaft seyn, die Patronen besonders fertigen und an die Bergleute vertheilen zu lassen, wodurch die Anfertigung oͤkonomischer und genauer wird; 3) die Chablone muß die wahrscheinlichste Form der Loͤcher haben; 4) starkes etwas dichtes Pakpapier zeigt sich vollkommen zwekgemaͤß; 5) vor dem Fuͤllen muß die Patrone durch Einblasen mit dem Munds gepruͤft werden, ob sie keine Fehlstelle hat. (Studien des goͤtting. Vereins bergmaͤnnischer Freunde, Bd. IV.)