Titel: Eine Goldlegirungswaage; erfunden von Ferd. Oechsle, Mechanicus und Goldcontroleur in Pforzheim.
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LXXIV., S. 263
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LXXIV. Eine Goldlegirungswaage; erfunden von Ferd. Oechsle, Mechanicus und Goldcontroleur in Pforzheim. Mit einer Abbildung auf Tab. V. Oechsle's Goldlegirungswaage. Schon seit geraumer Zeit legte ich mir die Frage vor, ob nicht eine mechanische Vorrichtung moͤglich sey, vermittelst welcher man die Legirungen des Goldes und des Silbers, ohne Rechnung, richtig vollziehen koͤnnte. Eine dunkle Idee von einer besonders eingerichteten Waage, deren Arme nach Belieben verlaͤngert und verkuͤrzt werden koͤnnen, sagte mir wohl, daß eine derartige Waage muͤßte verfertigt werden koͤnnen. Es ist mir jezt vollkommen gelungen, eine Waage herzustellen, mit welcher man, ohne Rechnung, Gold oder Silber nach jedem Feingehalte, sowohl aufwaͤrts als abwaͤrts, legiren kann; der Feingehalt des zu legirenden Goldes, so wie dessen absolutes Gewicht koͤnnen dabei in beliebige Bruchtheile ausgehen. Die Genauigkeit der Scalen am Waagebalken entspricht 1/16 Karat, was im praktischen Leben oder in Bijouteriefabriken genuͤgen wird. Wollte man die Genauigkeit der Legirung bis auf 1/32 Karat treiben, so laͤßt sich der Schieber an der Scale noch leicht auf 1/2 Sechzehntel Karat stellen. Wenn man bedenkt, welche Menge von Zahlen manche Legirungsrechnung erfordert, und wie leicht ein Rechnungsfehler begangen werden kann, so sollte man glauben, eine solche Waage sollte jeder Bijoureriefabrik und jedem Goldarbeiter ein willkommenes Werkzeug seyn, indem man nur 2 Abwaͤgungen zu machen hat, um eine Legirung zu vollziehen, die Menge des zu legirenden Goldes sey groß oder klein. Diese auf Tab. V abgebildete Waage hat folgende Einrichtung. Der Waagbalken ist 16 Zoll lang, von gleicher Dike, und stark genug, um 2 Pfd. zu tragen, ohne sich zu biegen oder Schaden zu leiden. An beiden Armen sind Schieber angebracht, die sich leicht hin- und herschieben lassen; an jedem Schieber haͤngt eine Waagschale. Eine dritte kleine Waagschale haͤngt an dem aͤußersten Ende des einen Armes, und dient bloß dazu, die leere Waage ins Gleichgewicht zu bringen. Beide Arme des Waagbalkens sind in 24 Karate, und jeder Karat in 16 Theile getheilt, so daß man auf 1/16 Karat genau legiren kann. Der 0 Punkt beider Scalen befindet sich unter der Mittelachse des Balkens, der 24ste Karat an den Enden des Balkens. Jeder Karat ist mit seiner Ziffer bezeichnet. Die Scale, welche vom Mittelpunkte des Balkens nach Außen zaͤhlt, dient zum Abwaͤrtslegiren, oder wenn man einen hoͤheren Feingehalt auf einen niedrigeren bringen will. Damit man aber auch aufwaͤrts legiren, oder dem geringhaltigen Golde einen hoͤheren Gehalt geben kann, war es noͤthig, beide Scalen auch umgekehrt zu bezeichnen, so daß der 0 Punkt an den Enden des Waagbalkens und der 24ste Karat unter die Mittelachse zu stehen kam. Die eine dieser Bezeichnungen ist mit abwaͤrts, die andere mit aufwaͤrts uͤberschrieben. Den Gebrauch dieser Waage werde ich in zwei Beispielen, naͤmlich bei einer Legirung abwaͤrts und einer anderen aufwaͤrts zeigen. Erstes Beispiel: Legirung abwaͤrts. Gesezt man haͤtte 17 3/16 karaͤtiges Gold und wollte es zu 13 5/16 karaͤtigem legiren, so bringe man den Schieber zur linken Hand auf 17 3/16 Karat, und den zur Rechten auf 13 5/16 Karat. Durch diese Stellung der Schieber wird das Gleichgewicht der Waage gestoͤrt und muß deßhalb wieder hergestellt werden, zu welchem Zweke die die dritte kleine Waagschale am Ende des Balkens vorhanden ist, in welche man so viele Gewichte oder Schrote legt, bis das Gleichgewicht erfolgt und die Zunge im Mittel steht. Nun legt man das 17 3/16 karaͤtige Gold in die Schale zur linken Hand, welche auf 17 3/16 Karat steht, in die andere Schale aber lege man so viel Kupfer, bis das Gleichgewicht erfolgt; ferner nehme man das Gold aus der linken Schale und lege es in die zur rechten Hand. Von dem Kupfer in lezterer Schale lege man in die Schale linker Hand, bis das Gleichgewicht wieder erfolgt; somit wird gerade so viel Kupfer bei dem Golde liegen bleiben, als noͤthig ist, um es auf 13 5/16 Karate zu bringen. Zweites Beispiel: Legirung aufwaͤrts. Gesezt man haͤtte 11 3/4 karaͤtiges Gold und wollte es auf 13 1/16 Karat bringen, wie viel feines Gold ist hiezu erforderlich? Man bringe den Schieber linker Hand auf 11 3/4 Karat, nach der unteren Zahlenreihe, die mit aufwaͤrts bezeichnet ist, und den Schieber rechter Hand auf 13 1/16 Karat. Ferner bringe man die Waage ins Gleichgewicht durch Zulegung von Schroten in die kleine Waagschale. Nun lege man das Gold in die Schale linker Hand, deren Schieber auf 11 3/4 Karat steht, und in die andere Schale so viel Kupfer oder Gewichte, bis das Gleichgewicht eintritt. Ferner nehme man das Gold aus der Schale linker Hand und lege es in die zur rechten. Von dem Kupfer oder Gewichten aber lege man so viel in die andere Schale, bis das Gleichgewicht hergestellt ist, so wird genau so viel Kupfer oder Gewicht bei dem Golde liegen bleiben, als feines Gold noͤthig ist, um das 11 3/4 karaͤtige Gold auf 13 1/16 Karat zu bringen. Man hat also nur noch das bei dem Golde liegende Kupfer oder Gewicht mit feinem Golde auszutauschen, indem man das Kupfer herausnimmt und das ihm entsprechende Gewicht feines Gold hinzulegt. Somit wird man genau so viel feines Gold erhalten haben, als erforderlich ist, das 11 3/4 karaͤtige zu 13 1/16 karaͤtigem Golde zu machen. Alles in diesen zwei Beispielen Gesagte laͤßt sich auf folgende Regeln zuruͤkfuͤhren: 1) Man stelle den Schieber linker Hand auf den Karat, den das zu legirende Gold hat; 2) den anderen Schieber rechter Hand stelle man auf den Karat, den man dem Golde geben will; 3) bringe man die Waage ins Gleichgewicht mit Schroten auf der kleinen Waagschale; 4) lege man das Gold in die linke und das Kupfer in die rechte Schale, und bringe die Waage ins Gleichgewicht; 5) man wechsle Gold und Kupfer gegenseitig in ihren Schalen, bis das Gleichgewicht hergestellt ist, so wird bei dem Golde so viel Kupfer liegen bleiben, als die verlangte Karatirung erfordert. Dieses Verfahren wird auch bei der Legirung aufwaͤrts befolgt, nur mit dem Unterschiede, daß man sich an die umgekehrte Scale haͤlt, und die Schieber nach dieser stellt.Der Preis einer solchen Legirwaage sammt Stativ und Etui ist 28 fl. im 24 fl. Fuß.

Tafeln

Tafel Tab. V
Tab. V