Titel: Technische Notizen, auf einer Reise durch Belgien und Westphalen gesammelt von Dr. Adolph Poppe.
Autor: Dr. Adolph Poppe [GND]
Fundstelle: Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XXXV., S. 180
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XXXV. Technische Notizen, auf einer Reise durch Belgien und Westphalen gesammelt von Dr. Adolph Poppe. Mit Abbildungen auf Tab. II und V. (Fortsezung und Beschluß von Bd. LXIX. H. 2, S. 126.) Adolph Poppe's Notizen aus dem Gebiete der Mechanik. I. John Kockerill's Etablissement in Seraing bei Luͤttich. Auf dem linken Ufer der Maas, eine Stunde oberhalb Luͤttich, breitet sich das beinahe ausschließlich von Fabriksarbeitern bevoͤlkerte Dorf Seraing aus. Diesem gegenuͤber liegt am jenseitigen Ufer, durch einen Wald riesiger Schornsteine und durch ein unaufhoͤrliches Getoͤse die Aufmerksamkeit des voruͤberpassirenden Fremden auf sich lenkend, das Etablissement John Kockerill's, ein Werk, welches in kolossaler Groͤße und Ausdehnung und ungeheurem Aufwande mechanischer Kraͤfte in ganz Europa schwerlich seines Gleichen finden duͤrfte. John Kockerill eroͤffnete seine Laufbahn in der Werkstaͤtte seines Vaters, des William Kockerill, eines geschikten engl. Mechanikers, welcher sich seit 40 Jahren in Belgien angesiedelt hatte. Sein vom Vater ererbtes mechanisches Talent, seine scharfe Auffassungsgabe, sein speculativer Blik und eine unermuͤdliche Thaͤtigkeit ließen in dem einfachen Arbeiter damals schon Großes ahnen. Der erste Plan zur Gruͤndung des Etablissements in Seraing datirt sich vom Jahre 1816, wo die ehemalige Residenz der Fuͤrstbischoͤfe von Luͤttich Kockerill als Eigenthum abgetreten wurde. Unter seiner thaͤtigen und eine sichtsvollen Leitung wuchs die urspruͤnglich in gewoͤhnlichem Maaßstabe angelegte Fabrik nach und nach zu ihrer jezigen Groͤße heran, welche alle industriellen Unternehmungen aͤhnlicher Art weit uͤberragt. Koͤnig Wilhelm selbst war zur Haͤlfte bei der Fabrik betheiligt, nach der Revolution von 1830 jedoch kaufte ihm Kockerill seinen Theil ab, und nun ist er alleiniger Gebieter uͤber das großartige Werk. Um von diesem Etablissement eine bis in die Details der Industrie und Technik gehende Darstellung zu geben, wuͤrde, wie man mir versicherte, ein sechsmonatlicher Aufenthalt an Ort und Stelle kaum ausreichen, und die Beschreibung duͤrfte wenigstens einen starken Band fuͤllen. Was ich bei einem eintaͤgigen Aufenthalte in der Fabrik, durch die gefaͤlligen Erlaͤuterungen meines Fuͤhrers unterstuͤzt, aufzufassen und in mein Tagebuch einzutragen vermochte, gebe ich hier wieder. John Kockerill's Etablissement in Seraing umfaßt: eine große Maschinenfabrik, beinahe ausschließlich fuͤr Dampfmaschinen, eine Dampfkesselfabrik, eine Dampfwagenfabrik, große Stab- und Blechwalzwerke, ein Eisenbahnschienenwalzwerk, einen Hohofen, 16 Puddlings- und viele Flammenoͤfen, eine Schmiedewerkstaͤtte mit 80 Feueressen, eine Modellirwerkstaͤtte, ein Atelier fuͤr die Zeichner, eine besondere große Werkstaͤtte zur Ausbesserung der Werkzeuge und Geraͤthe, zwei Steinkohlengruben, eine Erzgrube, und endlich eine Krazen- oder Krempelfabrik. Die Anzahl der in dem ganzen Etablissement unmittelbar beschaͤftigten Arbeiter belauft sich auf 2400. Zweiundzwanzig Dampfmaschinen von 12 bis zu 250 Pferdekraͤften sind zum Betriebe der Maschinerie auf dem ganzen Werke in Thaͤtigkeit, und repraͤsentiren zusammengenommen die Kraft von beinahe tausend Pferden. Die Dampfmaschine, welche auf einer der Kohlengruben das in der Tiefe sich sammelnde Wasser zu Tage foͤrdert, wird wohl an Groͤße von keiner anderen in der Welt uͤbertreffen; sie hat 400 Pferdekraͤfte, arbeitet aber in der Regel nur mit der Haͤlfte dieser Kraft. Die ganze Anlage, aus vielen einzelnen massiven Gebaͤuden mit zwischenliegenden Hofraͤumen bestehend, ist, die Kohlengruben ausgenommen, von einer hohen Mauer in Form eines Viereks eingeschlossen, und macht durch die Unzahl ihrer riesigen Schornsteine, durch die aus denselben herausschlagenden Flammen, durch die diken, unaufhoͤrlich emporwirbelnden Rauch- und Dampfwolken, welche in einiger Hoͤhe uͤber dem Etablissement zu einer einzigen schwarzen Wolke sich vereinigen, und durch das ungeheure Getoͤse, welches Tag und Nacht aus diesen Mauern hervordringt, einen unvergeßlichen Eindruk. Die Entfernung des Werkes von den Ufern der Maas betraͤgt etwa 1000 Schritte. Um nun fuͤr den Waarentransport eine bequeme Verbindung mit der Maas herzustellen, hat Kockerill einen Canal angelegt, welcher sich in einem der Hofraͤume der Fabrik in ein weites Bassin endigt. So werden die Waaren unmittelbar in der Fabrik selbst eingeschifft. Man kann sich von der ungeheuren Consumtion an Brennmaterial einen Begriff machen, und von dieser wieder auf die enorme Production schließen, wenn man bedenkt, daß die zwei großen, mit dem Etablissement in Verbindung stehenden Steinkohlengruben den Bedarf der Kohlen fuͤr dieses einzige Werk nicht erschwingen koͤnnen, sondern daß Kockerill genoͤthigt ist, denselben noch uͤberall aus der Umgegend zu beziehen. Deßgleichen liefert ihm sein Huͤttenwerk in Charleroi nur einen, allerdings großen Theil des Roheisens. Jeder der 16 Puddlingsoͤfen producirt woͤchentlich 300 Cntr. Bei Nacht sieht man in Luͤttich in der Richtung nach Seraing den Himmel bestaͤndig wie von einer fernen Feuersbrunst geroͤthet. Der erste Saal, in welchen ich gefuͤhrt wurde, ist fuͤr die Fabrication kleinerer Dampfmaschinen von 6 bis zu 40 Pferdekraͤften, von Pumpwerken und hydraulischen Pressen bestimmt. Hier sind eine Menge von Maschinen zum Abdrehen und Ausbohren der Cylinder in Thaͤtigkeit; besonders faͤllt eine ganze Reihe eben so einfach als zierlich gebauter senkrechter Bohrmaschinen zum Bohren von Loͤchern bis zu einem Zoll Durchmesser in die Augen. Am meisten uͤberraschte mich die Bemerkung, daß von diesen vielen Bohrapparaten, deren Zwek einer und derselbe ist, dennoch keiner dem anderen der Construction nach gleicht, obwohl ihnen einerlei Princip zu Grunde liegt. Mein gefaͤlliger Begleiter gab mir hieruͤber folgenden Aufschluß. Jeder Arbeiter hat hier Gelegenheit und Freiheit, sein mechanisches Talent auszubilden; diese Fabrik ist fuͤr ihn eine Schule, worin er sich zum kuͤnftigen Mechaniker heranbildet; macht er eine Erfindung, oder leitet ihn sein Nachdenken auf eine Verbesserung an der zu seiner Unterstuͤzung ihm angewiesenen Maschine, so steht ihm nichts im Wege, diese Erfindung praktisch auszufuͤhren, und Kockerill selbst beguͤnstigt den Arbeiter in seinem Vorhaben. So kommt es, daß jene Bohrmaschinen in ihrer Einrichtung variiren, indem jeder Arbeiter den unentbehrlichen Apparat, welcher ihm seine Loͤcher bohrt, als sein Eigenthum betrachtet, mit welchem er nach seiner Bequemlichkeit jede Veraͤnderung vornehmen kann, welche ihm gutduͤnkt. Die Bohrapparate, wohl 20 an der Zahl, sind an einer Reihe schlanker Pfeiler angebracht, und nehmen kaum den Raum von einem Quadratfuß in Anspruch. Sie erhalten so wie die Drehebaͤnke ihre Bewegung von der Dampfmaschine. Braucht der Arbeiter an dem Metalle, welches er gerade bearbeitet, ein Loch, so begibt er sich an seine Bohrmaschine, sucht die passende Bohrspize aus und befestigt sie an das Ende der umzudrehenden Spindel. Diese Bohrspindel geht durch die eigentliche Bewegungsachse, welche zu dem Ende hohl ist, so hindurch, daß sie zwar mit dieser Achse rotiren muß, ohne jedoch der Freiheit, sich senkrecht auf- und nieder zu bewegen, beraubt zu seyn. Nachdem der Arbeiter die Maschine ins Geschirr geruͤkt hat, legt er das zu durchbohrende Metall auf ein kleines Tischchen unter die Spize des mit großer Schnelligkeit umlaufenden Bohrers. Er hat die Wirkung des Bohrers ganz in seiner Gewalt; indem er naͤmlich den Fuß auf eine Art Tretschaͤmel sezt, senkt sich der Bohrer vermoͤge eines einfachen, mit dem lezteren verbundenen Mechanismus herab und greift in das Metall ein, und dieß um so kraͤftiger, je nachdem der Arbeiter den Druk seines Fußes auf den Tretschaͤmel verstaͤrkt. Ich das Loch fertig, so zieht er seinen Fuß zuruͤk, stellt die Maschine, und der Bohrer steigt, durch ein Gegengewicht gehoben, von selbst in die Hoͤhe. Ein Loch von 6 Linien Durchmesser ist innerhalb drei Minuten durch eine einen Zoll dike Metallplatte gebohrt. In den folgenden Saͤlen, welche ich durchwanderte, erregt die Fabrikation der Dampfmaschinen vom groͤßten Caliber und der englischen Cylindergeblaͤse besonderes Interesse. In diesen Raͤumen werden jene furchtbar kraͤftigen Kolosse erbaut, welche man in den Steinkohlenbergwerken aus den tiefsten Gruben die eindringenden Gewaͤsser saugen und oben in Stroͤmen von sich geben sieht. Ein ungeheurer Aufwand mechanischer Kraͤfte concentrirt sich in diesen Saͤlen; man ist uͤberrascht, verhaͤltnißmaͤßig nur wenige Arbeiter zu erbliken, und doch gehen aus diesen Raͤumen riesenmaͤßige Werke hervor, welche auf die Anstrengung von tausend Menschen schließen lassen. Eine Maschine erzeugt die andere. Auf einer großen Drehebank wurde eben die 5 Zoll im Durchmesser haltende Kolbenstange zu einer Dampfmaschine von 150 Pferdekraͤften abgedreht. Der Koͤrper laͤuft um seine Achse, waͤhrend das Schneidewerkzeug an einer langen Schraube mittelst einer Schraubenmutter, der Laͤnge der Maschine nach, langsam, aber sicher sich fortbewegt. Man kann die Geschwindigkeit dieser Seitenbewegung durch Versezung des Raͤderwerks bis auf einen gewissen Grad erhoͤhen, waͤhrend die Geschwindigkeit des rotirenden Cylinders unveraͤndert bleibt; in diesem Falle schneidet der Stahl Schraubengewinde in die cylindrische Stange, anstatt sie glatt zu drehen, und die Drehebankverwandelt sich in ein Schraubenschneidzeug. Ich zahlte fuͤnf Metallhobelmaschinen; vier derselben sind bestimmt, um ebene Flaͤchen bis zu 6 Fuß Laͤnge, und eine fuͤnfte, um Flaͤchen bis zu 16 Fuß Laͤnge zu bilden. Diese Maschinen weichen in ihrer Einrichtung von dem bei Gelegenheit meines Besuchs auf der Gutenhoffnungshuͤtte in Starkrade erwaͤhnten Apparate nicht ab. Mit unverminderter Bewunderung betrachtete ich indessen das ruhige und sichere Spiel der Maschine, welche kaum eines Aufsehers zu beduͤrfen schien, den langsamen, aber unaufhaltsamen Gang des Schlittens, die praͤcisen und subtilen Seitenbewegungen des Schneidestahles; mit dem Gefuͤhle der Achtung vor der Groͤße des mechanischen Genies erkannte ich die Kunstgriffe und den Scharfsinn, womit der geniale Erfinder jene mannichfaltigen und heterogenen Bewegungen zu erzeugen wußte. Man zeigte mir den Krummzapfen einer Dampfmaschine, welcher so eben die Hobelmaschine verlassen hatte; ich bemerkte wohl auf beiden bearbeiteten Grundflaͤchen die parallelen Streifen, Spuren des Schneidzeuges; ein nach allen Richtungen an die Flaͤche gelegtes Lineal ließ aber nicht die geringste Unebenheit wahrnehmen. Unter den Maschinen zum Ausbohren der großen gußeisernen Dampf- und Geblaͤsecylinder machte mich mein Begleiter auf einen ganz neuen, in seiner Construction von der gewoͤhnlichen Art abweichenden Apparat aufmerksam. Es ist eine der schoͤnsten Maschinen im ganzen Etablissement, und die einzige dieser Gattung auf dem Continent. Mit Huͤlfe der im Aufrisse dargestellten Skizze, Fig. 72 auf Taf. II, will ich sie ihren Hauptheilen nach beschreiben. C, C stellt den Durchschnitt des in horizontaler Lage befestigten Cylinders vor; A, A ist die durch die imaginaͤre Achse des Cylinders gehende Hauptwelle, welche sich bei D, D in Lagern dreht. Auf dieser Welle stekt das Rad B, auf dessen Peripherie zur Bearbeitung der Cylinderwand 4 oder 5 schmale Meißel vom feinsten Stahle vertheilt sind. Das Rad B besizt eine doppelte Bewegung; es dreht sich naͤmlich mit der Welle A, A um, gleichzeitig aber schreitet es auch laͤngs derselben nach der Richtung der Pfeile langsam vorwaͤrts, woraus folgt, daß die Schneiden, in engen Schraubenlinien sich bewegend, alle Theile der Cylinderwand bearbeiten koͤnnen. Bei der gewoͤhnlichen Bohrmaschine nun sizt das Rad B fest auf der Welle A, A, welche außerhalb des Cylinders in eine lange Schraubenspindel sich endigt. Diese dreht sich in einer Schraubenmutter, woraus die Bewegung der Schneidinstrumente in Schraubenwindungen auf eine einfache Weise hervorgeht. Damit aber diese Windungen recht eng bei einander zu liegen kommen, laͤßt man die Schraubenmutter selbst nach einer den Umdrehungen der Schraubenspindel entgegengesezten Richtung sich drehen, jedoch mit etwas geringerer Geschwindigkeit, so daß von der Differenz dieser Geschwindigkeiten die Laͤngenbewegung der Welle A, A, welche auf diese Weise im Verhaͤltnisse zu ihrer Rotation sehr langsam ausfaͤllt, abhaͤngt. Bei der vorliegenden Maschine jedoch hat die Welle A, A nur einerlei Bewegung, naͤmlich die um ihre Achse. Die Welle sowohl als auch die Buͤchse, mittelst welcher das Rad B darauf stekt, ist vierekig, so daß dem Rade, waͤhrend es von der Welle herumgefuͤhrt wird, dennoch die Freiheit bleibt, laͤngs derselben sich zu verschieben. Diese fortschreitende Bewegung wird dem Rade B zunaͤchst durch die beiden Schraubenspindeln E, E, F, F ertheilt, welche außer der mit dem Rade gemeinschaftlichen Bewegung um die Centralachse noch eine besondere Bewegung um ihre eigene Achse haben; sie laufen bei a,a b,b in Lagern, die auf der Hauptwelle A, A fest sind. Da jede der Spindeln durch eine bei c am Rade B befindliche Schraubenmutter geht, so erhaͤlt, wenn die Umdrehung der Welle A, A zugleich eine langsam drehende Bewegung der Schraubenspindeln zur Folge hat, das Rad mit den Schneiden außer seiner Rotation noch eine langsam fortschreitende Bewegung. Die Drehung der Schrauben um ihre eigene Achse wird durch folgenden scharfsinnigen Mechanismus erreicht. Jede der Schrauben enthaͤlt an ihrem einen Ende außerhalb des Cylinders ein kleines Stirnrad d; dieses steht mit dem Getriebe e im Eingriffe, dessen Achse das Stirnrad f traͤgt. Wie diese drei Raͤder um die gemeinschaftliche Centralachse A, A laufen muͤssen, ist aus der Zeichnung deutlich. Nun greifen aber die Raͤder f, f in ein Rad g, g, welches, concentrisch zur Hauptachse, unbewegbar an das Gestell D befestigt ist, und in der Mitte eine weite, fuͤr den Durchgang des Hauptwellzapfens bestimmte Oeffnung besizt. Aus dieser Anordnung folgt, daß, wenn die Maschine in Gang gesezt wird, die Raͤder f, f das fixe Rad g, g planetarisch umkreisend, durch den Eingriff mit lezterem, selbst in Umdrehung gerathen, und mittelst der Raͤder e und d auch die verlangte Umdrehung der beiden Schraubenspindeln veranlassen muͤssen. Daß von den Dimensionen des eben angefuͤhrten Raͤdersystemes das langsamere oder schnellere Fortschreiten des Rades B laͤngs der Achse abhaͤngt, bedarf keiner weiteren Eroͤrterung. Der zunaͤchst in die Augen fallende Vortheil dieser Cylinderbohrmaschine vor der oben angefuͤhrten sonst im Gebrauche befindlichen ist der, daß sie einen drei Mal geringeren Raum in der Laͤnge einnimmt; weil aber auf diese Weise der ganze Mechanismus naͤher beisammen liegt, duͤrfte man auch auf einen sichereren Gang und groͤßere Dauer schließen, woruͤber jedoch nur die Erfahrung entscheiden kann. Schon glaubte ich durch die Dreh- und Cylinderbohrwerke durch die Loͤcherbohr- und Hobelmaschinen alle moͤglichen Faͤlle der Bearbeitung, deren das Metall auf mechanischem Wege faͤhig ist, erschoͤpft, als man mir noch eine andere Maschine zeigte, welche prismatische Loͤcher, Schlize, Rinnen und sonstige Durchbrechungen in das Metall arbeitet. Ich sah sie leider nicht im Gange. Das Princip dieser Maschine ist einfach, und sie hat hinsichtlich ihrer Bewegung einige Analogie mit einer gewoͤhnlichen Sagmuͤhle. Ein staͤhlerner Meißel, welchem mittelst eines Krummzapfens eine auf- und niedersteigende Bewegung mitgetheilt wird, sticht die verlangten Vertiefungen aus. Nach jedem Niedergange des Meißels ruͤkt das Metallstuͤk, welches auf einem beweglichen, mit einer gezahnten Stange versehenen Gestelle befestigt ist, um ein Minimum vor, auf aͤhnliche Weise, wie bei der Sagmuͤhle der Baumstamm nach jedem Schnitte einen Impuls erhaͤlt. Der ausnehmend schoͤne, solide und exacte Bau der Maschine, die nach den richtigsten mechanischen Grundsaͤzen angeordnete Stellung der einzelnen Organe, die mit mathematischer Scharfe nach der Epicykloide gekruͤmmten Daͤumlinge lassen den aufmerksamen Betrachter, auch wenn die Maschine ruht, auf einen eben so sanften als sichern und wirksamen Gang schließen. In das Atelier der Dampfwagen kam ich eben zu rechter Zeit, um Augenzeuge zu seyn, wie der aͤußere schmiedeiserne Reif um das große gußeiserne Treibrad gelegt wurde. Die geschmiedete prismatische Stange wurde rund gebogen, an ihren Enden zusammengeschweißt und sodann in gluͤhendem Zustande auf die Peripherie des gußeisernen Rades getrieben. Dieses wurde nun mit seinem noch gluͤhenden Reife mittelst eines Krahnes emporgewunden und, in horizontaler Lage schwebend, alsbald in ein rundes, mit Wasser gefuͤlltes Bassin herabgesenkt. Durch die ploͤzliche Zusammenziehung befestigte sich der Reif aufs Innigste an das Rad. Diese Werkstaͤtte bildet nicht ein durchaus abgeschlossenes, fuͤr sich bestehendes Ganze, woraus der Dampfwagen mir allen seinen Details vollendet hervorgeht, sondern sie begreift hauptsaͤchlich die Zusammensezung und Adjustirung der Locomotive, Munitions- und Transportwagen, so wie die Fabrication der minder wichtigen Theile, z.B. der Gestelle, Rauchfaͤnge, Tragfedern, Roͤhrensysteme u.s.w. in sich. Der Dampfkessel kommt aus der allgemeinen Dampfkesselwerkstaͤtte, und die feineren, wesentlicheren Theile, wie Cylinder, Steurung, Kolbenstange, Excentrica u.s.w. aus der Maschinenfabrik. Kockerill lieferte fuͤr die russische Eisenbahn einen Dampfwagen nebst Munitionswagen fuͤr 40,000 Fr. frei nach Petersburg. Er mußte ihn am 28. Aug. 1836, bei 100 Fr. Strafe fuͤr jeden Tag Verzug, zu Antwerpen einschiffen. Er lieferte ferner fuͤr dieselbe Eisenbahn 16 Untergestelle fuͤr Transportwagen, wozu Pawels in Bruͤssel die Obertheile anfertigte. Auf den belgischen Eisenbahnen selbst gehen bereits viele in Kockerill's Fabrik gefertigte Dampfwagen, welche nicht hinter den besten englischen zuruͤkbleiben. Jenes ansehnliche Gebaͤude, aus dessen Innerem ein betaͤubendes Getoͤse hervordringt, umschließt das Departement der Dampfkessel. „In diesen Raͤumen,“ aͤußert sich der bekannte Reisende Nisard bei Gelegenheit eines Besuchs in derselben Fabrik, „muß man den Annehmlichkeiten einer Belehrung und Explication an Ort und Stelle entsagen. Es ist ein Helles durchdringendes Getoͤse, welches das Trommelfell zu zerreißen droht. Unter den unaufhoͤrlichen Schlaͤgen des Hammers seufzen diese hohlen schmiedeisernen Kolosse, und ihre Seiten hallen wider gleich denen des trojanischen Rosses.“ Man sieht hier in der That Dampfkessel von solcher Groͤße, daß 24 Personen bequem darin Mittagstafel halten koͤnnten. Die verschiedenen mechanischen Acte, welche das Zusammennieten des Dampfkessels in sich begreift, weichen von dem bei einer fruͤheren Gelegenheit erwaͤhnten Verfahren nicht wesentlich ab. Zum Ausschlagen der Nietloͤcher bedient man sich hier eines Durchschnittes, welcher einfacher als der in Fig. 53 auf Taf. II abgebildete ist. In einem massiven gußeisernen Gestelle bewegt sich naͤmlich eine starke senkrechte Schraubenspindel, deren unteres Ende mit dem auf und nieder beweglichen, zum Durchschneiden bestimmten Stempel in Verbindung steht, waͤhrend das obere Ende ein horizontales eisernes Schwungrad von 5 Fuß Durchmesser traͤgt. Zwei Maͤnner arbeiten an der Maschine. Nachdem der eine die Platte, da wo das Loch durchgeschlagen werden soll, unter den Stempel gebracht hat, geben beide mit vereinten Kraͤften dem Schwungrad einen heftigen Impuls, indem sie sich an einen um dasselbe geschlungenen Riemen haͤngen, worauf der niedergehende Stempel mit unwiderstehlicher Kraft aus der untergehaltenen Platte ein kreisrundes Stuͤk von 5 Linien Durchmesser ausschneidet. Die Loͤcher werden reihenweise in gleichen Distanzen und so nahe beieinander ausgeschlagen, daß die Nagelkoͤpfe des fertigen Kessels nur einen geringen Raum zwischen sich lassen. Das Zusammennieten des Dampfkessels selbst nimmt drei geuͤbte Maͤnner und einen Knaben als Handlanger in Anspruch. Nachdem die beiden außerhalb des Kessels stehenden Arbeiter das hervorragende Ende des Nietnagels zu einem Kopfe von der Form eines stumpfen Kegels breit gehaͤmmert haben, so vertauscht der eine dieser Maͤnner seinen Hammer mit einem anderen hammeraͤhnlichen Werkzeuge, dessen Basis eine halbkugelfoͤrmige Vertiefung von ungefaͤhr 8 Linien Durchmesser enthaͤlt. Diese Vertiefung sezt er auf den Nagelkopf, und zugleich thut der andere, welcher indessen seinen Hammer mit einem schwereren vertauscht hat, mehrere kraͤftige Schlaͤge auf den Ruͤken des Instruments. So wird ein halbkugelfoͤrmiger Kopf auf der aͤußeren Seite des Dampfkessels gebildet, waͤhrend der Kopf auf der inneren Seite cylindrisch bleibt. Von der Dampfkesselwerkstaͤtte fuͤhrte mich mein Begleiter in das Local der Walzwerke, zu deren Betreibung zwei Dampfmaschinen, jede zu 50 Pferdekraͤften, aufgestellt sind. Das Walzen der Eisenbahnschienen gehoͤrt zu den interessantesten Operationen im Etablissement. Hier vereinigt sich die furchtbarste Maschinenkraft mit der bewundernswerthesten Geschiklichkeit der Arbeiter zur Darstellung eines Fabricates, welchem die Resultate der neuesten Zeit eine nationale Wichtigkeit gegeben haben. Das Eisenbahnschienenwalzwerk wurde von Pastor eingerichtet; es ist fuͤr die belgischen Eisenbahnen in bestaͤndiger Thaͤtigkeit, und seine Producte haben sich an der Bruͤssel-Antwerpener-Eisenbahn bereits bewahrt. Der besseren Erlaͤuterung wegen habe ich versucht, dieses Walzwerk, Fig. 73, Taf. V, in der vorderen Ansicht darzustellen. Die Schiene hat bis zu ihrer Vollendung 8 Einschnitte, 1, 2, 3, ... 8, welche durch eben so viele Paare Walzen an ihrer Beruͤhrungslinie gebildet werden, zu passiren. Die ersten drei Einschnitte haben quadratische Form, die folgenden naͤhern sich immer mehr der eigenthuͤmlichen zwiebelaͤhnlichen Gestalt des Schienenquerschnittes. Ein prismatisches Eisenstuͤk von etwa 3 Fuß Laͤnge und 5 Zoll im Gevierte kommt in weißgluͤhendem Zustande vom Puddlingshammer unter das Walzwerk und geht nach zwei Minuten als vollendete, 15 Fuß lange Schiene aus demselben hervor. Die erste Haͤlfte der Einschnitte dient mehr zum Streken des Metalles, die zweite Haͤlfte gibt ihm die dem Zwek entsprechende Form. Der Einschnitt, Nr. 7, bildet vermoͤge der Excentricitaͤt der unteren Walze, die 5 Boͤgen, welche der Schiene ein wellenfoͤrmiges Ansehen geben. Im lezten Einschnitte geht die Bildung der kaum 2 Linien tiefen und 8 Linien breiten Rinnen vor sich, welche auf beiden Seiten laͤngs der Schiene sich hinziehen und bei der Anlage der Eisenbahn zur Aufnahme der eisernen Befestigungskeile dienen. Auf jeder Seite des Walzwerkes haͤngt ein großer Haken an einer Kette herab. Die Kette endigt sich oben in eine eiserne Rolle, welche auf einer Art Eisenbahn laͤuft. Zwei Arbeiter stehen auf jeder Seite des Walzensystems; so wie die gluͤhende Schiene hervorkommt, paken sie dieselbe mit ihren Zangen, legen sie auf den Haken a und bringen sie auf diese Weise leicht und schnell vor den Einschnitt eines anderen Walzenpaares. Wollen die Walzen nicht gut paken, so wird etwas Kohlenstaub zwischen dieselben gestreut. Die Arbeiten am Walzwerke gehoͤren zu den anstrengendsten und gefahrvollsten; kurz vor meiner Ankunft war ein Arbeiter, der den umlaufenden Walzen zu nahe kam, ein Opfer seiner Unvorsichtigkeit geworden. Wenige Schritte von den Walzwerken sind mehrere kolossale Scheeren von seltsamer Gestalt in furchtbarer Thaͤtigkeit. Sie sehen aus wie Koͤpfe mit ungeheuren Rachen, welche unaufhoͤrlich nach Nahrung schnappen. Der lange Hebelarm, auf welchen die bewegende Kraft wirkt, ist naͤmlich rechtwinklich von dem schneidenden Kopfe abgebogen und ragt durch einen Schliz in ein Souterrain hinab, so daß man nur den Kopf der Scheere in Bewegung sieht, was beim ersten Anblik einen an das Komische glaͤnzenden Eindruk macht. Dieser Eindruk verwandelt sich jedoch in einen beinahe uns heimlichen, wenn man eine solche Scheere zolldike, kalte Eisenstangen und Platten wie Papier zerschneiden sieht. Meine Ueberraschung wurde noch durch den Umstand erhoͤht, daß dieselbe Scheere, welche so eben vor meinen Augen eine 1 1/2 Zoll dike Eisenstange in Stufe zertheilt hatte, ein von mir hingehaltenes Blatt Papier beinahe eben so scharf, wie die feinste Papierscheere durchschnitt. Mitten unter den großen Fabrikgebaͤuden steht abgesondert ein von Außen unansehnliches Gebaͤude. Ohne zu ahnen, welche ungeheure Kraͤfte in diesem Raume thaͤtig sind. Vier Cylindergeblaͤse durch eben so viele maͤchtige Dampfmaschinen, von denen zwei 150 Pferdekraͤfte besizen, bewegt, fallen sogleich ins Auge. Diese Blasmaschinen versehen den Hohofen, viele Flammenoͤfen, so wie auch 80 Schmiedefeuer durch unterirdische, nach allen Richtungen hin divergirende Roͤhrenleitungen mit Wind. Es ist gewiß ein seltenes und merkwuͤrdiges Schauspiel, 4 Dampfmaschinen von dieser Groͤße dicht neben einander in Thaͤtigkeit zu sehen, so daß man nicht ohne alle Gefahr zwischen ihnen durchpassiren kann. Bemerkenswerth ist die Vorrichtung, welche Erz und Kohlen auf die Gicht des Hohofens hinaufschafft. Es fuͤhrt naͤmlich eine schiefe Flaͤche von 45° Neigung, worauf eine Eisenbahn angelegt ist, auf die Hoͤhe des Hohofens. Auf dieser Eisenbahn steigt ein auf vier Raͤdern ruhendes Gestelle, dessen Hintere Raͤder, um eine horizontale Plattform herstellen zu koͤnnen, bedeutend hoͤher sind, als die vorderen, auf und nieder. Erz und Kohlen werden in den Magazinen von Weibern in große Weidenkoͤrbe gefuͤllt, auf kleine Karren geladen und auf schmalen Eisenbahnen, welche den Hofraum nach verschiedenen Richtungen durchkreuzen, an den Fuß der geneigten Ebene geschoben. Auf der erwaͤhnten Plattform haben ungefaͤhr 12 Koͤrbe Plaz. Ein auf der Hoͤhe der Gicht angebrachter, durch Dampf bewegter Mechanismus, dessen Haupttheil eine eiserne Aufzugswelle mit Aus- und Einruͤkvorrichtung, Bremsung u.s.w. ist, windet den Plattformwagen mittelst einer Kette empor; so bald dieser oben angekommen ist, wird die Maschine gestellt, und nachdem die 12 vollen Koͤrbe mit eben so viel leeren vertauscht worden sind, steigt der Apparat wieder die schiefe Flaͤche hinab, an deren Fuß unterdessen eine neue Ladung in Bereitschaft steht. Die Modellirwerkstaͤtte bildet einen geraͤumigen Saal, worin wohl 60 Schreiner mit der Anfertigung hoͤlzerner Modelle beschaͤftigt sind. Auch sie finden in der Kraft des Dampfes maͤchtigen Unterstuͤzung. Ich bemerkte in dem Saale eine Menge kleiner Zirkularsaͤgen von kaum 3 Fuß Durchmesser, welche mit rasender Geschwindigkeit umlaufen. Gegen diese Saͤge druͤkt der Arbeiter aus freier Hand das Stuͤk Holz oder das Brett, welches er durchsagt haben will, an, und hat es in zehn Mal kuͤrzerer Zeit durchschnitten, als wenn er die gewoͤhnliche Handsaͤge angewandt haͤtte. In einem besonderen Locale sind die geschiktesten Techniker und Architekten mit der Entwerfung von Maschinenplanen und deren Details beschaͤftigt. Die einzelnen Maschinentheile werden mit rothem Stifte, und zwar, so weit es moͤglich ist, in natuͤrlicher Groͤße und mit mathematischer Genauigkeit auf glattgehobelte Bretter aufgezeichnet und so den Arbeitern in der Maschinenfabrik uͤbergeben. Ohne einer naͤheren Anleitung zu beduͤrfen, ohne uͤber den Zusammenhang des Ganzen nachzudenken, fuͤhrt der Arbeiter den ihm zugewiesenen Maschinentheil getreu nach dem Plane aus, indem er die Dimensionen mit Zirkel und Maaßstab abmißt. So trifft es sich, daß eine Dampfmaschine gleichzeitig vielleicht in hundert Haͤnden ist; der eine bohrt den Cylinder aus, der zweite dreht die Kolbenstange ab, der dritte verfertigt den Krummzapfen, der vierte die Schiebventile, der fuͤnfte das Parallelogramm, der sechste das Excentricum, der siebente die Steurungsstange und so fort; keiner bekuͤmmert sich um den andern. Und alle diese Stuͤke, aus so vielerlei Haͤnden hervorgehend, passen bei ihrer Zusammensezung eben so gut wie von einer einzigen maͤchtigen Hand geformt, zusammen, und bilden ein in allen Theilen vollkommen harmonirendes Ganze. Diese bis auf die Details ausgedehnte Arbeitstheilung kann nur einen guͤnstigen Einfluß auf die Guͤte des Fabricates haben; denn ein Fabrikarbeiter, welchem die Ausfuͤhrung einer der genannten Maschinentheile zukommt, ist Jahr aus Jahr ein nur mit diesem speciellen Zweige beschaͤftigt, weßwegen er auch dieß Geschaͤft mit bewundernswuͤrdiger Geschiklichkeit und Puͤnktlichkeit handhabt; und da Kockerill uͤber eine große Anzahl der geuͤbtesten Arbeiter, deren Intelligenz unter dieser Welt von Maschinen unwillkuͤrlich sich schaͤrft, verfuͤgen kann, da es Niemand besser versteht, als er, Talent und Geschik herauszufinden, Eifer und Thaͤtigkeit nach Verdienst zu wuͤrdigen und zu belohnen, und einen edlen Wetteifer unter seinen Arbeitern zu weken, so ist nicht zu verwundern, wenn die aus seinem Etablissement hervorgehenden Maschinen mit den besten englischen die Concurrenz bestehen. Den Beschluß meiner Wanderung in diesem Labyrinthe von Maschinensaͤlen, Magazinen und Werstaͤtten machte die Besichtigung des fuͤr die Zusammensezung und Adjustirung der Maschinen bestimmten Locals. Hier sieht man fertige Maschinen in Reih und Glied aufgestellt, ihrer Versendung nach allen vier Himmelsgegenden wartend; andere werden von dem eigens hiezu aufgestellten Personal in Anwesenheit erfahrener Techniker zusammengesezt, untersucht und adjustirt. Wer den Einfluß kennt, welchen der geringste Fehler in der Construction, eine fuͤr das Auge kaum bemerkbare Abweichung von der berechneten und vorgezeichneten Form, auf den Gang der Dampfmaschine ausuͤbt; wer bedenkt, wie der leiseste Makel in der Guͤte und Soliditaͤt der Producte den Kredit einer Fabrik zu schwaͤchen und ihre Concurrenz niederzudruͤken im Stande ist, wird die Genauigkeit und Schaͤrfe, mit welcher man hier bei der Zusammensezung der Maschinen zu Werke geht, und die scheinbar unbedeutendsten Abnormitaͤten ruͤgt, nicht fuͤr uͤbertrieben halten. Bei meinem Eintritt in dieses Departement der Technik fand ich eben eine fuͤr ein Steinkohlenbergwerk bestimmte Wasserfoͤrderungs-Dampfmaschine von 150 Pferdekraͤften mit 76zoͤlligem Cylinder und Katarakt unter den Haͤnden der Adjusteurs. Das kuͤnftige Tagewerk dieser Maschine war, 100,000 Kubikfuß Wasser innerhalb 24 Stunden auf eine Hoͤhe von 322 Meter zu heben. Seitwaͤrts lag der 30 Fuß lange Balancier noch auf der Erde. Nach einem 6stuͤndigen Aufenthalte verließ ich Seraing mit dem Bewußtseyn, das großartigste, uͤber alle Concurrenz erhabene Etablissement dieser Art gesehen zu haben, und mit dem Gefuͤhle der innigsten Achtung vor dem Genie, welches dieses Riesenwerk gegruͤndet hat und in seinen Fugen zusammenhaͤlt. Kockerill's industrieller Unternehmungsgeist hat sich indessen nicht auf die Gruͤndung eines einzigen Etablissements beschraͤnkt. Außer der Fabrik, uͤber welche ich in der vorliegenden Beschreibung einen Ueberblik zu geben versucht habe, besizt Kockerill in Luͤttich dicht neben der École du commerce eine große Baumwollenspinnerei in einem maͤchtigen Gebaͤude von 8 Stokwerken, eine mechanische Weberei, Kammgarnspinnerei und noch eine zweite kleinere Maschinenfabrik, woraus alle diejenigen Maschinen hervorgehen, welche er zu dem mechanischen Betrieb seiner Fabriken noͤthig hat; in Charleroi ein Eisenhuͤttenwerk, in Verviers und Aachen eine Spinnerei und Merinoweberei, in Ardennes bei Namur eine Kattundrukerei, und eine Fabrik zur Verfertigung des endlosen Papiers, in Kottbus in Preußen eine Streichgarnspinnerei, in Stollberg bei Aachen eine Zinkhuͤtte nebst Zinkwalzwerk, in Przedborz in Polen eine Tuchfabrik, in Barcelona eine Baumwollspinnerei, in Surinam ein Depot von Zukermuͤhlen und Dampfmaschinen. Er ging damals damit um, in Koͤln eine Maschinenwerkstatt von bedeutendem Umfange zu gruͤnden, in Seraing noch zwei Hohoͤfen zu bauen und die dortige Maschinenfabrik noch mehr zu erweitern. Er war ferner beschaͤftigt, in Algier mehrere Dampfmahlmuͤhlen einzurichten, und in Belgien Flachsspinnereien und Webereien zu etabliren. Daß Kockerill außerdem bei bedeutenden Eisenbahnunternehmungen gegenwaͤrtig betheiligt ist, wissen wir aus verschiedenen Zeitungsberichten. Neueren Nachrichten zufolge steht er gegenwaͤrtig im Begriff, in Stollberg ein ausgedehntes Etablissement fuͤr Maschinenbau und Schienenlieferung nach dem Muster seines Werkes in Seraing zu gruͤnden, wozu ein Flaͤchenraum von 80 Morgen Landes angekauft werden soll. Das Unternehmen beruht auf Actien zu einem Capital von 3 Millionen Thlr. K. Technische Notizen uͤber die belgischen Eisenbahnen. Eisenbahnbauten bei Tirlemont. Die Eisenbahn zwischen Bruͤssel und Antwerpen und ihre mechanischen Apparate. Eisenbahnbauten bei Tirlemont. Die Bahnlinie, welche, die Staͤdte Bruͤgge, Gent, Termonde, Mecheln, Loͤwen, Tirlemont, Luͤttich, Verviers verbindend, von Ostende bis an die preußische Graͤnze gefuͤhrt und dann bis Koͤln verlaͤngert werden soll, gewaͤhrt durch die bedeutenden Schwierigkeiten, welche das Terrain laͤngs eines großen Theils dieser Route darbietet, und durch die großartigsten Bauten, welche theils schon ausgefuͤhrt sind, theils ihrer Vollendung nahen, ein ganz besonderes Interesse. Die Streke zwischen Gent und Tirlemont, welche bereits seit dem 1. Octbr. 1837 eroͤffnet ist, war zur Zeit meiner Reise noch in voller Arbeit. Was die unguͤnstigen Terrainverhaͤltnisse betrifft, so beginnen diese bei Loͤwen, und von diesem Punkte an bis zur preußischen Graͤnze ist eine Reihe localer Schwierigleiten, wie sie sich gewiß bei wenigen Eisenbahnen in den Weg stellen, theils schon siegreich uͤberwaͤltigt worden, theils noch zu uͤberwaͤltigen. Von Mecheln bis Loͤwen zeigte sich die Route im Allgemeinen noch guͤnstig; denn bis Wespelaer, in der Mitte zwischen beiden Staͤdten, steigt die Bahn nur mit 1/3300 Gefaͤlle, von Wespelaer bis in die Naͤhe von Loͤwen mit 1/1100, die uͤbrige geringe Streke bis Loͤwen mit 1/600. Ehe die Bahn aber Loͤwen erreicht, passirt sie einen beinahe 3/4 Stunden lagen 30 Fuß hohen Damm, welcher rechts vom Loͤwener Canal uͤber eine tief liegende Wiese fuͤhrt. Von Loͤwen laͤuft die Bahn mit 1/300 und 1/330 Gefaͤlle bis Vertrick und von da mit 1/1000 Gefaͤlle bis Tirlemont. Auf dieser Linie geht die Bahn zuerst in einem 25 Fuß tiefen 1/2 Stunde langen Einschnitt fort, in dessen Mitte sie die nach Preußen fuͤhrende Hauptstraße durchkreuzt, in einem kleinen Tunnel unter derselben durchpassirend. Sie durchschneidet darauf bei der Abtei Park einen großen Fischteich auf einem 25 Fuß hohen Damm; von hier an geht sie bald auf Daͤmmen, bald in Einschnitten bis nach dem 1/2 Stunde vor Tirlemont gelegenen Dorfe Cumptich fort. Der Zwek eines leider auf kurze Zeit beschraͤnkten Aufenthaltes in Tirlemont war, die in der Naͤhe mit großem Eifer betriebenen Eisenbahnarbeiten zu besichtigen. Auf einem 30–40 Fuß hohen Damm laͤuft die Bahn dicht an der Stadt vorbei und beruͤhrt gerade noch die aͤußersten Haͤuser, uͤber welche sie auf einem Viaduct mit hohen Arkaden hinwegsezt. An diesem ungeheuren Damme wurde immer noch aufgeschuͤttet. Das von den Bergeinschnitten benuͤzte Erdreich schien hiezu nicht auszureichen, denn die Erde wurde ohne Weiteres aus der naͤchsten Umgebung zur Seite des Dammes ausgegraben. Ein System von Huͤlfseisenbahnen, sowohl auf dem Damm selbst angelegt, als auch zur Seite des Dammes nach der Stelle hinlaufend, wo die Erde ausgegraben wurde, erleichterte den Erdtransport ungemein. Hiezu wurden diejenigen Schienen benuͤzt, welche spaͤter die eigentliche Eisenbahn bilden sollten. Das aufzuschuͤttende Erdreich wird durch Pferde auf aͤußerst zwekmaͤßig eingerichteten Karren transportirt, welche so gebaut sind, daß sie ohne Muͤhe und Aufenthalt umgestuͤrzt und entleert werden koͤnnen. Dabei ist die Anordnung getroffen, daß ein Theil der Karren nach Vornen, ein anderer Theil zur Seite sich entleert. Sie werden auf der Huͤlfseisenbahn nach der Stelle hin, bis auf welche der Damm vorgeruͤkt ist, vorgeschoben und dort umgestuͤrzt. In dem Maaße, als der Damm waͤchst, werden auch an die Eisenbahn neue Schienen angestoßen. Fig. 74, 75 und 76 auf Taf. V enthalten die Abbildungen der beim Eisenbahnbau in Belgien zum Uebertragen des Erdreichs angewendeten Transportkarren, welche ich nach der Natur aufgenommen habe. Fig. 74 und 75 zeigt einen seitwaͤrts aufschuͤttenden Karren, von Bornen und von der Seite betrachtet, und zwar gibt erstere Figur die hintere Ansicht, leztere das Profil des Kastens. Die Laͤnge, so wie auch die Breite des Kastens A, A mißt etwas uͤber 6 Fuß, die Hoͤhe 1 Fuß; seine vordere Seite, nach welcher hin er sich entleert, ist offen. Zum Behuf des bequemen Umstuͤrzens laͤßt sich der ganze Kasten um eine Art Achse a, a drehen, welche nichts anders als ein duͤnner, der Breite nach unter ihm befestigter unten abgerundeter Balken ist, der auf zwei hoͤlzernen Lagern b, b ruht. Diese Umdrehungsachse liegt in der Naͤhe des Schwerpunktes, doch so, daß der volle Kasten nicht von selbst nach Vorn uͤberschlagen kann, sondern daß immer noch einige, wiewohl geringe Kraft dazu gehoͤrt, ihn durch Umstuͤrzen seines Inhalts zu entledigen. Hinten stuͤzt sich der Kasten auf zwei vom Untergestell emporstehende Pfosten c, c; vor etwaigen Schwankungen ist er durch einen langen eisernen Haken d geschuͤzt, welcher, in einen seitwaͤrts aus dem Gestell hervorragenden Pflok e gehaͤngt, vermoͤge seiner schraͤgen Lage sich nicht von selbst ausloͤsen kann. Der Gestellrahmen B, B mißt in der Laͤnge 8 Fuß, in der Breite 5 Fuß und in der Hoͤhe 8 Zoll. Die im Innern desselben laufenden gußeisernen Wagenraͤder sind, wie bei allen Eisenbahnfuhrwerken, auf die Achse festgekeilt, besizen 1 1/2 Fuß Durchmesser und laufen, der Abhaltung des Staubes und Schmuzes wegen, in verdekten Pfannen; die Achsenentfernung der vordem von den hintern Raͤdern betraͤgt 2 1/2 Fuß. Fig. 76 gibt die Seitenansicht eines Erdtransportkarrens, welcher das Erdreich vorwaͤrts schuͤttet. Außer der Richtung, nach welcher sein Kasten sich entleert, unterscheidet er sich von dem eben beschriebenen nur durch einen kuͤrzeren, 6 Fuß in der Laͤnge messenden Rahmen. Ich verfolgte die Bahnlinie bis in die Naͤhe des Dorfes Cumptich, wo sich derselben ein nicht unbedeutender Huͤgel entgegenstellt. Hier beginnt ein Einschnitt, welcher bald die Tiefe von 55 bis 60 Fuß erreicht. An der tiefsten Stelle dieses Einschnittes liegt der Eingang des eine Viertelstunde langen Tunnels, eines uͤberaus schoͤnen Werkes, an welchem schon seit mehr als einem Jahre mit unermuͤdlichem Eifer gearbeitet wurde, dessen Vollendung aber zur Zeit meines Besuchs nicht mehr ferne stand. Von beiden Seiten arbeiteten die Mineurs, deren taͤglicher Lohn 4 Franken betrug, einander entgegen. Der Tunnel ist 3000 Fuß lang, 22 Fuß hoch und 14 Fuß breit; seine mittlere Tiefe unter dem Huͤgel betraͤgt 80 Fuß. Er ist durchaus mit Baksteinen gemauert, inwendig mit wasserdichtem Moͤrtel uͤberzogen, und nur die Eingaͤnge sind mit tuͤchtigen Quadern eingefaßt. Besondere seitwaͤrts eingemauerte Nischen und Vertiefungen sind fuͤr die Aufnahme von Gaslampen und als Station fuͤr die Bahnwaͤrter bestimmt; zur Ableitung des sich sammelnden Wassers dient eine zur Seite der Bahn fortlaufende 2 Fuß tiefe Rinne. Mehrere rund gemauerte Ventilirschachte von 6 Fuß Durchmesser, worunter einer von 14 Fuß Durchmesser, gehen senkrecht vom Tunnel aus zu Tage. Eine transportable Dampfmaschine von 12 Pferdekraͤften mit liegendem Cylinder, foͤrderte durch einen der genannten Schachte nicht nur die ausgegrabene Erde, sondern auch das eindringende Wasser zu Tage. Da mir die Anordnung des hiezu aufgestellten Foͤrderungsmechanismus gefiel, so skizzirte ich sie, und gebe sie nun in den Figuren 77 und 78 auf Taf. V wieder. A in Fig. 77 stellt den liegenden Dampfcylinder vor. Dieser wirkt zunaͤchst mittelst der Lenkstange a auf die Umdrehung des Getriebes B, an dessen Achse das Schwungrad und das Steurungs-Excentricum festsizt. Die Achse des mit dem genannten Getriebe im Eingriff stehenden Stirnrades C, C traͤgt eine schmale Trommel, an welcher sich das bandfoͤrmige Foͤrderungstau auf- und abwindet. Das Tau steigt in schraͤger Richtung nach einer besondern Rolle hinauf, und von da durch den Schacht in den Tunnel hinab. Mit diesem Mechanismus hat man das Pumpwerk auf eine hoͤchst einfache Weise in Verbindung gesezt. Von einer Speiche des Stirnrades C, C geht naͤmlich eine Stange e, c nach dem glatten Rade D, D, zu dessen beiden Seiten die Pumpenstangen an Gelenkketten f, f herabhaͤngen. Weil nun die Stange e, c zwei Halbmesser verbindet, von denen der eine b, e viel kuͤrzer als der andere d, c ist, so muß das Rad D, D in Folge der Umdrehungen des Stirnrades eine oscillirende, zum Betrieb des Pumpwerks geeignete Bewegung annehmen. Besonders bemerkenswerth und nachahmungswuͤrdig finde ich die Art, wie hier der mit Schutt beladene, aus dem Schacht kommende Karren schnell und leicht von dem Zugtau befreit und durch einen leeren ersezt wurde. Man uͤberzeugt sich auf den ersten Blik, daß diese Methode auf die Schachtfoͤrderung beim Bergbau uͤberhaupt mit großem Vortheile auszudehnen waͤre, und ich wuͤnsche, daß sie namentlich bei Steinkohlengruben, wo in der Regel Zeitersparniß in der Foͤrderung ein großer Gewinn ist, mit der Zeit allgemein in Anwendung kommen moͤge. Fig. 78 stellt diese Anordnung in der Seitenansicht, mit dem Durchschnitt des gemauerten Schachtes dar. Der Foͤrderungskarren A, in seiner Bauart den sonst gebraͤuchlichen Steinkohlenkarren gleichend, wird nicht wie gewoͤhnlich mittelst Haken an das Zugtau gehaͤngt, sondern er liegt frei in einem eisernen, an das Tau befestigten Rahmen oder Gestell a, b, c, d, und zwar so, daß die Wagenraͤder selbst das Ausgleiten unmoͤglich machen. B, B ist eine Bruͤke oder Plattform, welche, auf Rollen e, e laufend, mit geringer Muͤhe uͤber den Schacht hin- und zuruͤkgeschoben werden kann. Sie enthaͤlt auf ihrer Oberflaͤche ein Stuͤk Eisenbahn, welches auf der einen Seite an die Eisenbahn C, auf der andern Seite an ihre Fortsezung D paßt, und besizt eine fuͤr die Aufnahme von zwei Karren eingerichtete Laͤnge. Beide Schienen des auf der Plattform vorgerichteten Eisenbahnstuͤks haben an genau gegenuͤberliegenden Stellen zwei Einschnitte f, f in einer von der Laͤnge b, c des Gestelles abhaͤngenden Distanz, jeder 2 1/2 Zoll in der Weite messend, deren Zwek sogleich in die Augen springen wird. Wenn der mit Schutt gefuͤllte Karren oben angekommen ist, so schiebt ein bereitstehender Arbeiter die Plattform mit einem leeren Karren E uͤber den Schacht, bis sie an die Eisenbahn D stoͤßt; an diese haͤngt sie sich mit Huͤlfe eines beweglichen Hakens g, der in einen zwischen den Bahngeleisen D befindlichen nasenartigen Vorsprung greift, von selbst fest. Sobald dieß geschehen ist, so laͤßt der Maschinenwaͤrter den Karren A auf die Plattform herabsinken, wobei die unteren Querschienen des Gestelles, auf denen der Wagen ruht, in die erwaͤhnten Einschnitte f, f treten. Jezt kann der Karren A ungehindert aus dem Rahmen a, b, c, d heraus nach der Eisenbahn D hinuͤberrollen, was von jenem Arbeiter bewerkstelligt wird, indem er den leeren Karren E vorwaͤrts gegen den vollen stoͤßt, diesen sofort nach der Eisenbahn D hinschiebt, den leeren Karren aber an der Stelle des verdraͤngten stehen laͤßt. Auf ein gegebenes Zeichen laͤßt der Maschinenwaͤrter das Tau eine geringe Streke in die Hoͤhe gehen, wobei natuͤrlich der Rahmen a, b, c, d en leeren Transportkarren fassen und mit sich nehmen muß; gleichzeitig wird der Haken g ausgeloͤst und die Plattform so weit zuruͤkgezogen, bis sie an die Bahn C anstoͤßt, worauf der Karren in den Schacht hinabsinkt. Bis er mit Schutt gefuͤllt wieder erscheint, hat der Arbeiter von der Bahn C aus bereits wieder einen leeren Wagen auf die Plattform heruͤbergeschoben. Haͤtte die hoͤchst unguͤnstige Witterung mich nicht zum baldigen Ruͤkzug genoͤthigt, so wuͤrde ich wahrscheinlich noch weitere Notizen uͤber die interessanten Eisenbahnarbeiten bei Tirlemont erhoben haben; so aber mußte ich mich mit dem hier vorliegenden begnuͤgen. Von Tirlemont geht die Bahn voͤllig eben bis Esemael, wo sie das Geetethal auf einem großen Damme uͤberschreitet; von hier an erhebt sie sich mit 1/300 Gefaͤlle bis in die Naͤhe von Waremme, von wo aus sie abwechselnd mit 1/300, 1/400 und 1/600 Gefaͤlle bis auf die Hoͤhe von Aus und Montegnée steigt. Hier stellt sich der Route eine nicht unbedeutende physische Schwierigkeit, welche nur durch besondere mechanische Huͤlfsmittel zu uͤberwinden ist, entgegen; es gilt naͤmlich, die Eisenbahn uͤber eine steile Anhoͤhe von 350 Fuß Erhebung uͤber die Maas bei Luͤttich in das Maasthal hinabzufuͤhren. Man theilte zu dem Ende die Hoͤhe in zwei mit 1/36 geneigte Ebenen, jede 6300 Fuß lang, mit einer zwischenliegenden vollkommen horizontalen Plattform. Jede dieser schiefen Ebenen soll durch eine Dampfmaschine von 80 Pferdekraͤften, deren Aufgabe es ist, einen Train von 12 Wagen in 7 Minuten, also mit 15 Fuß Geschwindigkeit hinaufzuwinden oder hinabzulassen, bedient werden, wobei als Maximum der taͤglichen Frequenz 500 Tonnen oder 11,200 Centner aufwaͤrts und 300 Tonnen oder 6700 Centner abwaͤrts angenommen worden sind. Bei Luͤttich tritt die Bahn in das Vesdrethal, welches sie aufwaͤrts bis Verviers verfolgt. Auf dieser Streke passirt sie nicht weniger als 18 Mal den Vesdrefluß, durchkreuzt 8 Mal die Chaussée und laͤuft durch 3 in Felsen gesprengte Galerien. Die Bahnsteigung dieser Section betraͤgt der Reihe nach 1/320, 1/250, 1/300, 1/200, 1/250. Von Verviers bis an die nahe preußische Graͤnze sind noch zwei schiefe Flaͤchen, die eine von 1/36, die andere von 1/25 Gefaͤlle, anzulegen. Die Eisenbahn zwischen Bruͤssel und Antwerpen und ihre mechanischen Apparate. In Bruͤssel angekommen, war meine erste Sorge, mir von der Direktion der Eisenbahn eine Carte personelle d'Entrée aux Stations, et de permission pour circuler sur le Chemin de fer zu verschaffen, welche mir durch Vermittlung eines angesehenen Bekannten ohne Anstand verabreicht wurde. Ich konnte daher mit Muse die Bahn untersuchen und die mit ihr in Verbindung stehenden Mechanismen, welche mir bemerkenswerth schienen, abmessen und aufzeichnen. Da mir die allgemeineren Verhaͤltnisse dieser Eisenbahn aus verschiedenen Beschreibungen bekannt war, so ging mein Augenmerk mehr auf specielle technische Gegenstaͤnde, wie z.B. die Bahnausweichungen, die Bremsvorrichtungen und Stoßapparate der Transportwagen u.s.w. Die belgischen Schienen sind bekanntlich mit Ausbauchungen gewalzt, 15 Fuß lang, wiegen 170 Pfd. und ruhen von 3 Fuß zu 3 Fuß auf querliegenden tannenen, halbcylindrisch gestalteten Holzbloͤken, welche 9 Fuß in der Laͤnge und an ihrer Basis 1 Fuß in der Breite messen. Wie fuͤr das ganze belgische Eisenbahnsystem uͤberhaupt, so ist auch hier fuͤr die Spurweite 1 Meter 40 Centimeter oder 4 Fuß 8 Zoll angenommen. Hinsichtlich der Abnuͤzung der Schienen und der Veraͤnderung der Schienenleitung, namentlich an ihren Fugen in Folge frequenter Benuͤzung, des Einflusses der Witterung und sonstiger Umstaͤnde machte ich folgende Bemerkungen. Die Oberflaͤche der Schienen war nach derjenigen Seite zu, wo die Wagenraͤder laufen, hoͤchstens 1/4 Linie tief abgeschliffen, wie Ich durch das Gefuͤhl mich uͤberzeugte, indem ich mit den Fingern daruͤber hinwegstreifte. Die Distanzen, welche man an denjenigen Stellen, wo zwei Schienen zusammengraͤnzen, als Spielraum fuͤr die Ausdehnung durch die Waͤrme zu lassen pflegt, fand ich sehr unregelmaͤßig, von 0 bis zu 6 Linien und an einigen, jedoch wenigen Stellen sogar bis zu 8 Linien variirend. Die sonstigen Abnormitaͤten in der Zusammenfuͤgung der Bahnschienen habe ich durch Fig. 79, wo man die zusammenstoßenden Enden verschiedener Schienen, und zwar A, B und C im Grundriß, D von der Seite dargestellt sieht, zu veranschaulichen gesucht. 1) Alle Schienen sind da, wo sie aneinander graͤnzen, unter einem Winkel von 45° abgeschnitten. Da nun in Folge dieser Zubereitung das eine Schienenende immer einen spizigen, das andere einen stumpfen Winkel den heranrollenden Wagenraͤdern darbietet, so ist es leicht zu erklaͤren, warum man bei vielen Schienen die schaͤrfere Eke theils, wie A zeigt, foͤrmlich abgebrochen, theils mehr oder weniger abgerundet findet. Dieser Uebelstand duͤrfte wohl ein Hauptgrund seyn, warum es besser waͤre, die Schienen an ihren Enden rechtwinklich abzuschneiden, zumal, da durch den schiefen Schnitt durchaus kein erheblicher Vortheil erreicht werden kann. 2) Der in B dargestellte Fehler liegt in der Vorbereitung der Schienen; man hatte naͤmlich an der einen Schiene beim Schiefschneiden nicht den richtigen Winkel getroffen, deßwegen klafft auf der einen Seite ein weiterer Zwischenraum, als auf der andern Seite. 3) Oft findet man die Schienenenden, wie bei C, seitwaͤrts verschoben, was seinen Grund eneweder in einem ungleichen Antreiben der beiden eisernen Schlußkeile hat, oder auch die Folge eines heftigen, durch irgend ein Hinderniß verursachten Seitenstoßes der Wagenraͤder ist. Die hervorstehenden Eken veranlassen beim Voruͤberfahren einen merklichen Stoß. 4) Nicht selten kommt endlich der in der Seitenansicht D dargestellte Fehler vor, welcher darin besteht, daß das eine Schienenende etwas hoͤher liegt, als das andere. Dieser Fehler gleicht sich jedoch, wenn ihm nicht von Bahnwaͤrtern durch Ajustirung im Entstehen abgeholfen wird, durch ein allmaͤhliges Abschleifen des hoͤher stehenden Endes mit der Zeit von selbst aus. Das Resultat der hier angefuͤhrten Abnormitaͤten in der Zusammenfuͤgung der Schienenleitung sind, außer einer partiellen Abnuͤzung der Schienen, mehr oder minder fuͤhlbare Stoͤße, und regelmaͤßige, aus dem uͤbrigen Geraͤusch des Wagenzugs leicht zu unterscheidende, mehr oder weniger markirte Schalle, welche sich ungefaͤhr wie das Geklapper einer Mahlmuͤhle anhoͤren. Je zwei Schalle oder Stoͤße folgen in kuͤrzeren Zeitraͤumen auf einander, was von nichts anderem, als davon herruͤhrt, daß die Entfernung der Raͤderachsen von einander geringer ist, als die Haͤlfte der Schienenlaͤnge. Ich fand, daß dieses gleichfoͤrmige Geklapper ein ziemlich sicheres Mittel ist, die Geschwindigkeit der Fahrt zu jeder Zeit und an jeder Stelle zu berechnen. Da die Laͤnge einer Schiene von 15 Fuß hinreicht, um die zwischen zwei Schallen liegende Pause, selbst bei dem Maximum der Geschwindigkeit, noch von einander unterscheiden zu koͤnnen, so zaͤhlte ich bei einer Fahrt zwischen Bruͤssel und Mecheln, die Uhr in der Hand haltend, die binnen 4 Minuten erfolgten Schallpaare, welche 320 betrugen. Mithin waren in 4 Minuten 320 fuͤnfzehnfuͤßige Schienen, einer Streke von 8400 Fuß entsprechend, zuruͤkgelegt, woraus sich eine Geschwindigkeit von 20 Fuß in der Sekunde ergibt. Diese Versuche wiederholte ich auf mehreren Fahrten an verschiedenen Stellen, wenn der Wagenzug eine gleichfoͤrmige Geschwindigkeit angenommen hatte, und fand diese alsdann immer zwischen 20 und 25 Fuß; nur ein Mal, bei einer Ruͤkfahrt von Antwerpen nach Bruͤssel, wo der mit wenigstens 400 Passagieren befrachtete Train gegen Sturm und Regen anzukaͤmpfen hatte, uͤberstieg die Geschwindigkeit selten 14 Fuß. Fig. 8082 auf Taf. V enthaͤlt die Abbildung eines gußeisernen Schienenstuhls, Traͤgers oder Chairs, in der vorderen Ansicht (Fig. 80), in der oberen Ansicht (Fig. 81), und in der Perspective (Fig. 82). Er ist an der Basis 9 Zoll lang und 4 1/2 Zoll breit; die Tiefe des Einschnittes A, in welchen die Bahnschienen zu liegen kommen, betraͤgt 2 Zoll. Seitwaͤrts befindet sich in diesem Einschnitt eine 6 Linien breite und 3 Linien tiefe Rinne a, Fig. 80 und 82, zur Aufnahme des 8 Zoll langen, Fig. 83, im vierten Theil seiner wahren Groͤße dargestellten schmiedeeisernen Schlußkeiles, und auf der entgegengesezten Seite ist eine tiefer liegende, hoͤchstens 1 1/4 Linien tiefe Rinne b bemerkbar, in welche sich eine an die Bahnschiene gewalzte Rippe dergestalt legt, daß dadurch eine Erhebung der Schiene unmoͤglich wird. Bei demjenigen Traͤger, in dessen Einschnitt die schief geschnittenen Enden zweier Schienen zusammentreffen, befindet sich der Rinne a gegenuͤber eine vollkommen gleiche Rinne zur Aufnahme eines zweiten Schlußkeils. Jeder Traͤger enthaͤlt zwei Loͤcher c, c (Fig. 81 und 82) mit aufgeworfenem Rande; durch diese werden die flachkoͤpfigen Naͤgel getrieben, welche den Traͤger an die Holzunterlage befestigen. Fig. 84 gibt die Seitenansicht eines Stuͤkes der Eisenbahn mit dem Unterbau, Fig. 85 den Querschnitt nach der Linie x, x, wo zwei Schienen zusammenstoßen, beide Zeichnungen auf 1/16 der wirklichen Groͤße reducirt. A ist der als Bahnunterlage dienende Tannenblok; a, a sind die gußeisernen Traͤger mit den durchgestekten, in Fig. 85 im Durchschnitt sichtbaren Keilen, b, b die Bahnschienen. Die punktirte Linie zeigt das Niveau des Sandes an, aus welchem die Schienen hervorragen; wegen der Spurkraͤnze der Wagenraͤder steht es im Innern der Bahn etwas niedriger, als außerhalb derselben. Ich gehe nun zu der Construction der Ausweichungen uͤber. Da die Abfahrten von beiden Endpunkten der Linie so regulirt sind, daß die Wagenzuͤge zu gleicher Zeit im Stationshof bei Mecheln eintreffen, so war zwischen Bruͤssel und Antwerpen nur an diesem Orte eine Ausweichung noͤthig. Dagegen befinden sich an beiden Hauptstationen, naͤmlich in Bruͤssel und Antwerpen, noch besondere Ausweichungsplaͤze, um den ankommenden Train an dem der Abfahrt harrenden voruͤberleiten und den Dampfwagen von der Remise aus an die Spize des leztern stellen zu koͤnnen. Es duͤrfte wohl nicht ohne Interesse seyn, wenn ich hier die naͤhere Beschreibung einer im Bahnhof bei Bruͤssel befindlichen doppelten Ausweichung, welche ich mit dem Maaßstabe an Ort und Stelle aufnahm, folgen lasse. Um einen Ueberblik uͤber die Anordnung des Ganzen zu gewinnen, betrachte man Fig. 86, wo a, a die Hauptbahn, a', a' ihre Fortsezung, b, b die eine und c, c die andere Seitenbahn vorstellt. Man bemerkt im Ganzen drei Durchkreuzungsstellen, naͤmlich bei x, y und z; in x kreuzen sich zwei Seitenbahnschienen, in y und z je eine Schiene der Seitenbahn mit einer Schiene der Hauptbahn. Die drei Bahnen a',a', b,b, c,c naͤhern sich einander bei A, A. unter einem spizigen Winkel bis auf wenige Zoll Entfernung, und es kommt nur darauf an, den Wagentrain von der Hauptbahn a, a nach Erforderniß in eine der Seitenbahnen einlenken oder auch in der Fortsezung der Hauptbahn fortgehen zu lassen. Hiezu dient die in Fig. 87 in der horizontalen Projection aufgenommene Ausweichvorrichtung. A, A ist das Geleispaar der Hauptbahn, B, B seine Fortsezung, C, C die eine und D, D die andere Ausweichbahn. Die Hauptbahn endigt sich in ein Paar beweglicher Leitschienen a,b, a,b, welche um den Punkt a sich drehen lassen und durch eine Verbindungsstange c, d in bestaͤndigem Parallelismus erhalten werden; sie sind prismatisch gestaltet und besizen, der sicherern Bewegung wegen, eine 4 1/2 Zoll breite Basis e, e, womit sie ihrer ganzen Laͤnge nach auf dem 12 Fuß langen eichenen Blok E aufliegen. Diesen Blok umgeben 12 eiserne Baͤnder f, f, f...., welche auf eine solche Weise in das Holz eingelassen und mittelst versenkter Naͤgel daran befestigt sind, daß sie mit der Oberflaͤche des Blokes einerlei Ebene bilden; sie dienen nicht sowohl dazu, die Haltbarkeit des Blokes zu vermehren, als besonders auch die durch das Hin- und Hergleiten der Leitschiene a, b an seiner Oberflaͤche hervorgerufene Reibung und Abnuͤzung zu vermindern und zu verzoͤgern. Zur Aufnahme der Verbindungsschiene c, d, welche, um die Zapfen c und d beweglich, unter den Leitschienen durchgeht, ist quer uͤber den Blok E, E eine rinnenartige Vertiefung gearbeitet. Den gußeisernen Traͤger h, h, auf welchem sich die drei Schienen B, C, D vereinigen, sieht man in Fig. 88 in der vordern Ansicht und im Grundriß nach einem groͤßeren Maaßstabe dargestellt. Es ist zu bemerken, daß die eine Haͤlfte dieses Traͤgers eine glatte Flaͤche b, b bildet, auf welcher das Ende der beweglichen Leitschiene hin- und hergleiten kann, waͤhrend die andere Haͤlfte, um die Enden der Ausweichungsschienen B, C, D, in Fig. 87, aufzunehmen, drei Einschnitte a, a, a mit Seitenrinnen fuͤr die Schließkeile enthaͤlt. Vier durchloͤcherte Lappen c, c, c, c dienen zur Befestigung des Traͤgers auf die untergelegte Holzschwelle. Der ganze Traͤger hat eine der Winkelbewegung der Parallelschienen a, b angemessene bogenfoͤrmige Gestalt. Fig. 89 zeigt den Traͤger, welcher das Ende der festen Geleisschiene A, Fig. 87, und die Umdrehungsachse a der beweglichen Leitschiene aufnimmt; das vierekige Loch a dient zur Befestigung des cylindrischen Zapfens, um welchen die Drehung der Leitschiene erfolgt; In den Einschnitt b kommt das Schienenende der Hauptbahn zu liegen; c, c sind die durchloͤcherten Befestigungslappen. Es eruͤbrigt nun noch die Beschreibung desjenigen Mechanismus, womit es moͤglich ist, die beweglichen Schienen a, b, Fig. 87, schnell und sicher bald mit der Hauptbahn B, B, bald mit einer oder der andern Ausweichschiene C, C oder D, D in Verbindung zu bringen. Dazu dient das sogenannte Excentrique, eine einfache, zur Seite der Bahn angebrachte Vorrichtung, deren Haupttheil in der Regel in einer excentrischen Kreisscheibe besteht. Leztere wird indessen bei manchen Ausweichungen, wie z.B. auch bei der vorliegenden, durch einen Krummzapfen vertreten. Der Deutlichkeit wegen habe ich in Fig. 87 diesen Apparat mit Hinweglassung des Gestelles dargestellt, wogegen derselbe nach einem groͤßeren Maaßstabe Fig. 90 in der Seitenansicht und Fig. 91 im Grundriß gegeben ist. Zwischen dem pyramidalen gußeisernen Gestell A, A, Fig. 90 und 91, befindet sich eine senkrechte Welle k, l, welche in der Naͤhe ihres unteren Endes in einen Krummzapfen m von 4 1/2 Zoll Halbmesser abgebogen ist, an ihrem oberen Ende aber einen 2 1/2 Fuß langen, zur Kurbel rechtwinklich gestellten Hebel l, n traͤgt. Die Kurbel m sowohl, als auch der Hebel l, n sind in Fig. 87 sichtbar. Erstere steht durch die Zugstange p, q, welche bei q an die Verbindungsschiene c, d geschraubt, und wegen der Winkelbewegung bei r gegliedert ist, mit den Leitschienen a, b in Verbindung; von ihrer Umdrehung haͤngt die hin- und hergehende Bewegung der leztern ab; die Graͤnze aber, in der diese Bewegung erfolgen soll, naͤmlich die Entfernung der Schienenenden C und D von einander, bestimmt den Kurbelhalbmesser. Fig. 92 stellt das Ende der Zugstange mit ihrem Gelenke in groͤßerem Verhaͤltniß dar. In der Zeichnung Fig. 87 sieht man durch die beweglichen Leitschienen den Uebergang der Hauptbahn in die Seitenbahn C, C vermittelt. Soll nun aber der von A, A herrollende Wagenzug in der Hauptbahn bleiben, so dreht das bei dem Ausweichplaz angestellte Individuum den Hebel l, n um einen rechten Winkel. In Folge dieser einfachen Manipulation schließt sich das Leitschienenpaar dem Verlangen gemaͤß genau an die Bahn B, B an. Wird der Hebel noch um einen Quadranten gedreht, so kann der Wagenzug von der Hauptbahn auf die Seitenbahn D, D uͤbergehen. Um die Art zu zeigen, wie der Hebel in jeder der drei bezeichneten Lagen fixirt wird, verweisen wir auf die Fig. 91. Die Scheibe B, B, uͤber welche die senkrechte Kurbelwelle hervorragt, besizt naͤmlich einen etwas erhoͤhten glatten Rand, worauf der Hebel waͤhrend seiner Bewegung gleitet. Auf diesem Rande befindet sich an jeder der drei Stellen, welche den drei so eben bezeichneten Lagen des Hebels entsprechen, ein Loch r. Der Hebel selbst ist in gleichem Abstande vom Mittelpunkt der Scheibe durchbrochen. Wenn nun der Uebergang eines Wagenzugs in eine der Ausweichbahnen erfolgen soll, so hat der bei dem Apparate Angestellte weiter nichts zu thun, als den Hebel uͤber ein dem fraglichen Standpunkte der Leitschienen entsprechendes Loch r zu drehen, einen vom Hebel an einer Kette herabhaͤngenden Stift s durch beide jezt uͤber einander liegenden Loͤcher zu steken, und das Ganze noͤthigen Falles durch ein Vorlegeschloß zu verwahren. Daß das mit diesen Manipulationen beauftragte Individuum auf die Bahnen selbst gar kein Augenmerk zu richten noͤthig hat, sondern nur ganz mechanisch den Hebel l, n je nach Erforderniß bald in diese bald in jene Lage zu drehen braucht, erhellt aus dem Vorhergehenden. Wo eine einfache Ausweichung genuͤgt, da findet man bei den Mechanismen zur Bewegung der drehbaren Leitschienen immer die eigentliche excentrische Scheibe in Anwendung. Einen solchen Apparat, welchen ich auf der Station bei Mecheln aufnahm, sieht man in Fig. 93 in der Seitenansicht und in Fig. 94 im Grundriß nach der Linie x, x dargestellt; seine Beschreibung werde ich mit wenigen Worten geben koͤnnen, wobei ich beide Figuren im Auge zu behalten bitte. Auf das untere Ende der senkrechten Welle a, b, welche eben so wie die Welle k, l, Fig. 90, zwischen einem leichten gußeisernen Gestelle ruht, ist die gußeiserne, 10 Zoll im Durchmesser haltende Kreisscheibe A, A excentrisch aufgestekt. Der kleinste Radius der Scheibe betraͤgt 3 Zoll, der groͤßte 7 Zoll, mithin die Excentritaͤt oder Groͤße der Verschiebung 4 Zoll. B, B ist ein schmiedeeisernes Oval von der Gestalt eines Schluͤsselgriffes, zwischen welchem die Scheibe sich bewegt. An dieses Oval ist auf der einen Seite die nach den zu bewegenden Leitschienen hingehende Zugstange d, d, auf der andern Seite eine kuͤrzere Stange c, c befestigt, welche bei e in einer Leitung laͤuft und als die Verlaͤngerung der Zugstange zu betrachten ist. Der kleinste Durchmesser des Ovals kommt demjenigen der Scheibe A, A gleich, der groͤßte betraͤgt 15 Zoll. Daraus folgt, daß die excentrische Scheibe, frei zwischen dem Oval sich bewegend und in steter Beruͤhrung mit den Punkten c und d verharrend, vermoͤge der Lage ihrer Drehungsachse, dem Ovale und somit auch der Zugstange d, d eine geradlinige hin- und hergehende Bewegung ertheilen muß. Um den Apparat in Gang zu sezen, enthaͤlt das obere Ende der Welle a, b einen 5 Fuß langen zweiarmigen Hebel. Bei einfachen Ausweichungen, wo die Verschiebung der Leitschienen in engen Graͤnzen sich bewegt, hat man die excentrische Kreisscheibe der Kurbel vorgezogen, bei der doppelten Ausweichung dagegen hielt man ihre Anwendung mit Recht fuͤr unpraktisch, weil dazu eine doppelt so große Excentritaͤt erforderlich waͤre, und deßwegen der Scheibe, so wie uͤberhaupt dem ganzen Apparate eine unvortheilhafte Groͤße gegeben werden muͤßte. Man gab daher in dem lezteren Fall der Kurbel den Vorzug. Ich habe schon oben, auf Fig. 86 hinweisend, bemerkt, daß die Bahnen bei der doppelten Ausweichung sich nothwendig an drei Stellen in der Naͤhe des Uebergangspunktes durchkreuzen muͤssen. An jeder dieser Stellen ist eine einfache, aus sonstigen Beschreibungen im Allgemeinen bekannte Einrichtung getroffen, vermoͤge welcher der Transportzug, die Bahn, in die er eingelenkt hat, verfolgend, ohne Hinderniß den Durchkreuzungspunkt passiren kann. Fig. 95 und 96 gibt eine genaue Darstellung dieser Anordnung im Grundrisse und in der Seitenansicht. Der Haupttheil besteht in einer 5 Fuß 3 Zoll langen, 12 Zoll breiten gußeisernen Platte F, F, an deren Unterflaͤche, um eine an allen Punkten moͤglichst gleichfoͤrmige Tragfaͤhigkeit zu erhalten, zwei rechtwinklich sich durchkreuzende und gegenseitig sich halbirende Bogen gegossen sind. Auf ihrer Oberflaͤche enthaͤlt die Platte, aus einem Stuͤk mit ihr, zwei schwach gekruͤmmte Schienen a,b, a,b und ein in eine Spize ausgehendes 3 Fuß langes Eisenstuͤk c, d, auch sonst Herz genannt, welches bei c 4 Zoll breit ist. In Fig. 95 sieht man die Enden nur zweier sich durchkreuzender Schienengeleise, waͤhrend die andern mit diesen parallelen Geleise wegen Mangels an Raum nicht dargestellt werden konnten. A ist das eine Geleise, B seine Fortsezung, C das andere Geleise und D dessen Fortsezung. Durch punktirte Linien ist eines der Wagenraͤder angedeutet, welches, eben die Durchkreuzungsstelle passirend, auf der Bahn C, D fortrollt; damit sein Spurkranz sich nicht an der Spize d des Herzens stoßen koͤnne, befindet sich neben dem mit C, D parallelen hier nicht sichtbaren Geleise eine feste Leitschiene, welche den Spurkranz von selbst in den Einschnitt oder die Rinne e lenkt. Die Seitenansicht, Fig. 96, zeigt den Blok F, F ohne die angestoßenen Bahnschienen auf seinen Unterlagen ruhend. Ich gehe nun zur naͤheren Beschreibung der bei dem belgischen Transportwagensystem durchgaͤngig eingefuͤhrten Stoßapparate, in England buffers genannt, uͤber. Mit dieser technischen Benennung werden jene sinnreichen Vorrichtungen bezeichnet, deren Zwek es ist, die unangenehmen, durch die ganze Wagenlinie sich fortpflanzenden Stoͤße und Erschuͤtterungen, welche sowohl beim Abfahren als auch beim Anhalten erfolgen, aufzufangen und zu mildern. Zu diesem Ende hat man sich nicht mit einfachen, vorn und hinten an jedem Wagen befestigten Lederpolstern, welche die Haͤrte der Stoͤße an und fuͤr sich schon bedeutend maͤßigen wuͤrden, begnuͤgt, sondern das Bestreben, die Annehmlichkeiten einer Eisenbahnfahrt zu Gunsten des Publicums moͤglichst zu erhoͤhen, erstrekte sich noch auf besondere Mechanismen, wodurch selbst das heftigste Zusammenstoßen der Wagen in eine sanfte Schwingung sich aufloͤst. Um Weitlaͤuftigkeiten in der Erklaͤrung zu vermeiden, will ich die Erschuͤtterung, welche jedesmal beim Abfahren erfolgt, und die Wagen von einander zu trennen strebt, Zugstoß nennen, diejenige Erschuͤtterung dagegen, womit die Wagen beim Anhalten aneinander prallen, mit dem Ausdruk Prallstoß bezeichnen. Beide Stoͤße sind bei dem belgischen Transportsystem beruͤksichtigt worden, und zwar auf mannichfache Weise, wahrscheinlich um durch praktische Erfahrung die beste Methode zu erproben und sie nachher allgemein einzufuͤhren. Ueberall jedoch bildet ein System bogenfoͤrmig uͤbereinander gelegter Federn, welche mittelst sinnreicher Zwischenvorrichtungen alle Stoͤße auffangen, die Grundlage. Die einfachste Federung ist an den unmittelbar auf den Dampfwagen folgenden Munitionswagen angebracht; ihre Einrichtung beabsichtigt nur die Milderung des Zugstoßes, indem der Prallstoß durch besondere, vorn und hinten an das Gestell befestigte Lederpolster aufgefangen wird. Fig. 97 auf Taf. V zeigt die Anordnung in der oberen Ansicht, Fig. 98 im Profil nach der Linie x, x. Sie befindet sich ganz frei, sowohl vorn als auch hinten am Gestellrahmen A, in der Mitte zwischen den hier nicht angegebenen Lederpolstern. Ihr Haupttheil ist die bogenfoͤrmige, aus 9 einzelnen Stuͤken zusammengesezte 2 1/2 Fuß lange, 5 Zoll breite Fangfeder F, F, welche mit ihren beiden Enden an die Gelenke a, b und c, d befestigt ist, sonst aber frei zwischen zwei flachen, mit dem Gestell A festverbundenen Baken f, f wie in einer Leitung spielt. Mittelst der Kette e wirkt der Zug auf den Mittelpunkt der Feder. Da nun die Feder an ihren Enden b und d zuruͤkgehalten wird, in der Mitte aber frei ist, so aͤußert sie bei erfolgendem Zuge das Bestreben, sich gerade zu streken, welches auch im ersten Moment wirklich bis auf einen gewissen Grad realisirt wird; zugleich weichen die Enden b und d der um die Punkte a und c beweglichen Gelenke etwas zur Seite, weil die Feder durch die ploͤzliche Annaͤherung an die gerade Linie um weniges sich verlaͤngert. Das Eigenthuͤmliche aller fuͤr den Zug- und Prallstoß zugleich eingerichteter Federungsapparate, deren Beschreibung und Abbildung ich hier folgen lasse, beruht auf der sinnreichen Anordnung, beide einander entgegengesezte Stoͤße durch eine und dieselbe elastische Feder auffangen zu lassen; diese Anordnung selbst aber ist nichts anderes, als eine zwekmaͤßige Combination des mechanischen Principes, wornach dieselbe elastische Wirkung, nur nach entgegengesezter Richtung, erfolgt, ob eine bogenfoͤrmige Feder in der Mitte befestigt ist, und ihre beiden freien Enden durch einen Prallstoß gleichzeitig zuruͤkgebogen werden, oder ob ihre Enden festgehalten werden und ihre freie Mitte durch einen Zugstoß eine Biegung einwaͤrts erleidet. In diesem Sinne stellt Fig. 99 einen Stoßapparat in der oberen Ansicht dar, wie ich ihn bei den meisten Waggons angeordnet fand. Die vier Fuß lange Fangfeder A, A liegt freibeweglich auf dem Wagengestelle und wird in ihrer Mitte von einem eisernen Band a, an welches eine runde Stange b geschraubt ist, umfaßt. Diese Stange geht, wie die punktirten Linien deutlich zeigen, durch die vordere Seite des Gestellrahmens und durch eine metallne Buͤchse c und endigt sich in einen Ring d, in welchen die Zugkette eingehaͤngt wird. Denkt man sich die Enden e und f der Feder festgehalten und am Ring d eine Kraft auswaͤrts ziehend, so zeigt die nach der Richtung des Zuges einwaͤrts erfolgende Biegung der Feder bereits das Mittel an, den Zugstoß aufzufangen. Der mit dem Grade der Biegung wachsende Widerstand der Feder stekt indessen diesem Herausziehen des Ringes eine Graͤnze. Zum Auffangen des Prallstoßes dienen die beiden Lederpolster B, B, welche aus Gruͤnden des Beharrungsvermoͤgens jedesmal beim Anhalten des Wagenzuges oder auch bei schneller Verminderung der Geschwindigkeit mit zwei correspondirenden Polstern des naͤchstfolgenden oder vorangehenden Wagens in Beruͤhrung kommen. Sie sind an vierekige eiserne Stangen h, h befestigt, welche in vierekigen Buͤchsen verschiebbar durchs Wagengestell gehen, die Leitungen g, g passiren und sich bei e und f in einen Knopf endigen. Gegen diese Knoͤpfe lehnen sich beide Enden der Feder an. Der vorliegenden Beschreibung gemaͤß ist jezt die Wirkung des Apparates leicht zu uͤbersehen. Was den Zugstoß anbelangt, so wirkt dieser zunaͤchst auf den Ring d und vermittelst der Zugstange b auf den Mittelpunkt der Feder. Weil nun die Enden der Feder durch die gegen die Leitungen g, g anstoßenden Knoͤpfe der Stangen h, h zuruͤkgehalten werden, waͤhrend die Mitte a frei dem Zuge folgen kann, so kann auch die verlangte federnde Wirkung nicht ausbleiben. Durch den auf die Polster B, B gleichzeitig wirkenden Prallstoß schieben sich die Stangen h, h einwaͤrts und druͤken mit ihren Knoͤpfen e und f auf beide Enden der Feder. Da nun ein am Zugringe d befindlicher Ansaz, welcher gegen die Buͤchse c stoͤßt, dem Einwaͤrtsschieben der Stange b ein Ziel sezt, so wird der Mittelpunkt a der Feder zuruͤkgehalten, waͤhrend ihre den Wirkungen des Prallstoßes ausgesezten Enden die Erschuͤtterung nach Wunsch maͤßigen. Durch die bei i angebrachte Schraube kann die Feder, wenn ihre Elasticitaͤt durch den Gebrauch etwas nachgelassen hat, straffer angespannt werden. Ganz dieselbe Vorrichtung, wie die eben beschriebene, befindet sich auf der entgegengesezten Seite desselben Waggons symmetrisch angeordnet. Complicirter erscheint der in Fig. 100 im Grundriß mit dem ganzen Wagenrahmen dargestellte Stoßapparat, obwohl er eigentlich eine Vereinfachung des vorhergehenden erzielt. Ich fand ihn an mehreren Chars à Bancs applicirt. Die Vereinfachung bezieht sich auf den Versuch, jene zwei bei der zulezt erwaͤhnten Construction erforderlichen Fangfedern durch eine einzige etwas staͤrkere Feder zu ersezen, auf welche die Zug- und Prallstoͤße von beiden Seiten des Transportwagens gerichtet sind. B, B und C, C sind die Polster, welche die Prallstoͤße an beiden Enden des Wagens auffangen sollen; dieselben Buchstaben moͤgen auch zur Bezeichnung der vorderen und hintern Wagenseite dienen; a und b sind die Zugringe und A, A die in der Mitte quer uͤber dem Wagenrahmen liegende Fangfeder. In der von der Seite B, B aus erfolgenden Uebertragung der Erschuͤtterungen auf die Feder erkennt man den in Fig. 99 Taf. V dargestellten Fall, mit dem unwesentlichen Unterschied, daß hier die Feder etwas entfernter von den Polstern und dem Zugring liegt. Es genuͤgt daher bei dem vorliegenden Apparate, die technischen Mittel naͤher anzugeben, zu denen man die Zuflucht nahm, um die von der Seite C, C her erfolgenden Erschuͤtterungen von der Feder A, A auffangen zu lassen. Jedes der Polster C, C ist an eine vierekige Eisenstange n, n befestigt, welche sich hin- und herschieben laͤßt, und der sicherern Bewegung wegen in einer Leitung c laͤuft. Soll der Stoß gegen das Polster nach dem Endpunkte h der Feder sich fortpflanzen und an diesem Punkte eine geeignete elastische Wirkung erzeugen, so kann dieses nur durch Zuruͤkbiegung des Federendes, also durch eine Umwandlung der Stoßrichtung in die entgegengesezte erreicht werden. Das einfachste Mittel, den Prallstoß in diesem Sinne auf die Fangfeder uͤberzutragen, ist der um die Achse f bewegliche Winkelhebel c, f, g. Dieser ist auf der einen Seite durch die Stange g, h mit dem Endpunkte der Feder verbunden, waͤhrend auf der andern Seite eine in Charnieren e und d bewegliche Zwischenstange e, d die Stange n, n, woran das Polster sizt, mit dem Hebelarm f, e in Verbindung sezt. Nach dieser Erklaͤrung lassen sich nun die Wirkungen des Prallstoßes auf die Feder leicht verfolgen. Durch das Zusammenstoßen der Wagen schieben sich naͤmlich die Polsterstangen n, n einwaͤrts, und die schraͤgen Verbindungsstangen d, e tragen diese geradliniges Bewegung auf die Winkelhebel e, f, g uͤber, welche, um einen entsprechenden Winkel sich drehend, die Endpunkte h der Fangfeder ruͤkwaͤrts ziehen, wobei die Mitte der Feder durch die Zugstange i zuruͤkgehalten wird, und im Sinne der gegenwaͤrtigen Bewegung als fest anzusehen ist. Auf weit einfacherem Wege konnte die Uebertragung des Zugstoßes von dieser Seite des Char à Bancs auf die Fangfeder bewerkstelligt werden. Die verschiebbare Zugstange k, k, welche den Zugring b traͤgt, und durch eine Leitung l in den Graͤnzen einer geradlinigten Bewegung gehalten wird, steht naͤmlich durch die schraͤgen Gelenkstanzen m, h mit den Enden der Feder in directer Verbindung, so daß ein Zug am Ringe b das Zuruͤkbiegen der Feder unmittelbar zur Folge hat. Wenn es bei diesem Apparat nicht um die Ersparung einer Fangfeder zu thun waͤre, so duͤrfte jedenfalls die vorhergehende, in Fig. 99 dargestellte Methode der zulezt erwaͤhnten vorzuziehen seyn, indem dort die Stoͤße unmittelbar auf die Feder selbst uͤbergehen, wogegen hier durch allerlei bewegliche Zwischenvorrichtungen die Elasticitaͤt der Schwingung und die Dauerhaftigkeit des Ganzen vermindert wird. Bei einigen andern Transportwagen hat man den Fangfedern unter Beibehaltung ihrer Dike und Brette eine geringere Laͤnge gegeben, und die zur Maͤßigung der Erschuͤtterungen erforderliche elastische Nachgiebigkeit durch Potencirung der Stoßkraft mittelst besonderer Hebel zu erlangen gesucht. Fig. 101 zeigt die Skizze einer solchen Vorrichtung auf der einen Wagenhaͤlfte; denselben Mechanismus denke man sich symmetrisch auf der andern Wagenhaͤlfte angeordnet. Die beweglichen Stangen d, d, woran die Polster A festsizen, wirken zunaͤchst auf die Endpunkte der Hebel a, b, deren gemeinschaftliche Umdrehungsachse in a liegt. Durch die Gelenke e, f stehen die Enden der Fangfeder mit der Mitte dieser Hebel in Verbindung. Die Feder selbst ist an die Zugstange c, c befestigt, und ruht, wie bei den vorherbeschriebenen Apparaten, frei auf dem Gestelle. Welche Wirkung nun der Prallstoß auf die Fangfeder aͤußert, duͤrfte wohl aus der vorliegenden Skizze hinreichend erhellen. Aus den einfachsten mechanischen Principien folgt, daß der gegen die Polster gerichtete Druk oder Stoß auf das Doppelte verstaͤrkt der Fangfeder mitgetheilt wird, und daher mit der erforderlichen Intensitaͤt auf die Biegung derselben wirken kann. Der nach Außen gehende Zugstoß ist unmittelbar auf die Mitte der Feder gerichtet. Dieser Richtung der Erschuͤtterung koͤnnen die Punkte f nicht folgen, denn der Punkt a ist fest, und die Endpunkte b der Hebel lehnen sich im Momente des Zugstoßes gegen die Leitungen g; mithin werden die Enden der Feder zuruͤkgehalten, waͤhrend ihre Mitte dem Zug der Stange c, c elastisch nachgeben kann. An einem der Waggons fand ich die in technischen Werken mehrfach besprochene Anwendung von Frictionsrollen, wahrscheinlich nur versuchsweise, realisirt. Fig. 102 gibt die Seitenansicht dieser Anordnung bei einem der Wagenraͤder. A, A ist ein Theil des Gestellrahmens. Die Wagenlast ruht zunaͤchst auf der 3 Fuß langen Feder B, B, welche zwischen den mit dem Rahmen verbundenen 10 Zoll langen Gelenken e, f haͤngt. In der Mitte liegt die Feder fest zwischen zwei aufwaͤrtsgehenden parallelen Stangen a, b, von denen hier jedoch nur die eine sichtbar seyn kann; diese Stangen fassen oben das Frictionsrad c, c von 6 Zoll Durchmesser zwischen sich, welches hier nur durch punktirte Linien angedeutet worden ist, weil es hinter den zwei eisernen Baken C, C laͤuft; es liegt unmittelbar auf der Radachse 6. Die senkrechte, zwischen beiden Baken C befindliche Spalte, zwischen welcher sowohl die Achse des Wagenrades, als auch diejenige der Frictionsrolle in auf- und niederschiebbaren Buͤchsen spielt, haͤlt die leztere immer in senkrechter Lage uͤber der ersteren. Es liegt bei dieser Construction auf der Hand, daß der Lastdruk nur mittelst der Frictionsrolle auf die Radachse d uͤbergehen kann. Dabei ist die Mitte a der Feder als fixer Punkt zu betrachten, indem sie vermittelst der Stange a, b und der Frictionsrolle sich selbst gleichsam auf die Radachse stuͤzt. Daher werden die beiden Enden der Feder durch die Wagenlast abwaͤrts gebogen, waͤhrend ihre Mitte unbeweglich bleibt. Unter den an den Transportwagen applicirten Mechanismen, verdienen noch die Bremsvorrichtungen, mit denen die Conducteurs die Maͤßigung der Geschwindigkeit an Bahnkruͤmmungen oder geneigten Stellen oder das gaͤnzliche Anhalten des Wagenzugs in ihrer Gewalt haben, erwaͤhnt zu werden. Auch diese Apparate sind an verschiedenen Wagen verschiedenartig construirt, kommen jedoch alle in dem Principe mit einander uͤberein, wornach das Hemmen des Trains durch zwei Bremskloͤze, welche gegen den Umfang zweier hinter einander liegenden Wagenraͤder sich andruͤken und dadurch ihre Umdrehung erschweren, bewerkstelligt wird. Dieses Verfahren verwandelt die rollende Bewegung der Raͤder in eine auf den Bahnschienen schleifende, woraus eine hinlaͤngliche Reibung hervorgeht, um den Lauf der Wagen zu maͤßigen oder auch, nach Absperrung des Dampfes, schnell anzuhalten. Die einfachste Bremsung befindet sich am Munitionswagen; sie ist in Fig. 103 in der Seitenansicht dargestellt. Die hoͤlzernen Bremskloͤze A, A sind an die eisernen Hebel a, b, die sich pendelartig um die Achsen a drehen, befestigt, und lassen sich durch folgenden einfachen Mechanismus gegen den Umfang eines vordem und hintern Wagenrades gleichzeitig anpressen. B ist ein flaches, 8 Zoll hohes Eisenstuͤk mit zwei schiefen Seitenflaͤchen, von der Gestalt eines Keils. Die Aufgabe des auf dem Munitionswagen befindlichen Heizers ist, diesen Keil je nach Erforderniß in die Hoͤhe zu ziehen oder niederzulassen. Im ersteren Falle wirken die schiefen Seitenflaͤchen des Keils auf die an die Bremshebel a, b befestigten Baken c, c und draͤngen die Bremskloͤze A gewaltsam gegen die Radkraͤnze; im lezteren Falle entfernen sich die Kloͤze, ihrer Schwere folgend, von selbst aus dem Bereich der Radkraͤnze. Diese Bewegungen werden vom Heizer mittelst Umdrehung der Kurbel e, f eingeleitet. Es steigt naͤmlich vom Keil B eine lange Stange d, e in die Hoͤhe, deren oberer Theil frei durch einen am Wasserkasten des Munitionswagens angebrachten Steg g, g hindurchgeht und sich in eine Schraube endigt. Auf dieses Ende wird die Kurbel e, f geschraubt, welche zu dem Zweke eine entsprechende Schraubenmutter besizt. Es ist nun einleuchtend, daß durch fortgesezte Umdrehung der Kurbel die Stange d, e mit dem Keile in die Hoͤhe geschraubt werden muß, und daß sie sich durch ihr eigenes Gewicht senkt, wenn die Umdrehung der Kurbel nach der entgegengesezten Richtung erfolgt. Diese Art der Bremsung ist nur bei dem Munitionswagen, wo die Raͤderachsen nicht weiter als 4 Fuß von einander abstehen, mit Vortheil zugaͤnglich; bei den eigentlichen Transportwagen kann sie wegen der groͤßeren Entfernung der vordern Raͤder von den hinteren, nicht wohl in Anwendung kommen. Von der Bremsvorrichtung, welche man an den Chars à Bancs applicirt findet, wird die in Fig. 104 dargestellte Skizze einen Begriff geben. Die Stange a, b traͤgt an ihrem oberen Ende eine Kurbel und reicht bis ins Innere des Wagens an den Plaz, wo der Conducteur sizt. Sobald in der Naͤhe einer Station der Dampf abgesperrt wird, was man an dem Nachlassen des heftigen Geraͤusches wahrnehmen kann, so bremst jeder Conducteur durch Umdrehung jener Kurbel seinen Wagen, was zum baldigen Stillstehen des Zuges beitraͤgt. Beide Bremskloͤze A sind pendelartig um die Punkte i beweglich. Die Stange a, b endigt sich unten in eine Schraube, und diese laͤuft in einer am Endpunkt d des einarmigen Hebels c, d angebrachten Schraubenmutter so, daß dieser Hebel, dessen Drehungsachse in c liegt, durch die Kurbeldrehung auf- oder niedergeschraubt wird. Von der Mitte des Hebels c, d geht eine Stange e, f nach dem Vereinigungspunkte der an den Bremskloͤzen applicirten Gelenke f, h und f, g hinab. Man sieht aus dieser Anordnung des Bremsmechanismus, wie es in der Willkuͤr des Conducteurs liegt, beide Kloͤze mit einer Kraft, welche durch die gluͤkliche Combination verschiedener mechanischer Geseze bedeutend verstaͤrkt erscheint, gegen die Raͤderperipherien anzupressen. Etwas complicirter ist das an einigen Diligencen angebrachte Bremswerk, zu dessen Erlaͤuterung die Skizze Fig. 105 dienen moͤge. A und B sind die beiden Bremskloͤze. Sie sizen fest an den Winkelhebeln a, b, c und d, e, f, deren Umdrehungsachsen bei b und e am Wagenrahmen sich befinden; ihr gleichzeitiges Anpressen gegen die Radkraͤnze wird von dem Conducteur durch Umdrehung der Kurbel C bewerkstelligt, und dieses Uebertragen der Bewegung auf die Hemmkloͤze durch folgenden Mechanismus vermittelt. Die Achse der Kurbel traͤgt an ihrem unteren Ende ein kleines Getriebe g, welches in ein gezahntes Rad h, h von 1 1/2 Fuß Durchmesser greift; ein zweites an der Welle dieses Rades sizendes Getriebe i laͤuft zwischen zwei zu einander parallelen Zahnstangen k und gibt durch seinen Eingriff gleichzeitig beiden eine Laͤngenbewegung nach entgegengesezten Richtungen. Um dieß anschaulicher zu machen, ist das Raͤderwerk mit den Zahnstangen, Fig. 106, abgesondert in der oberen Ansicht gegeben. Von der einen dieser verzahnten Schienen k geht eine Zugstange l, c nach dem Bremshebel b, c, von der andern eine Zugstange l, f, welche in dem vorliegenden Umriß zum Theil durch die Stange l, c gedekt wird, nach dem Hebel e, f. Wenn man aus diesen Figuren die Wirkungsart des Mechanismus sich vergegenwaͤrtigt, so wird man leicht einsehen, auf welche Weise die Umdrehungen der Kurbel C die Bewegung beider Bremskloͤze gegen die Radkraͤnze oder von denselben hinweg veranlassen. Auf der Streke zwischen Bruͤssel und Antwerpen muß der Wasservorrath des Dampfwagens dreimal erneuert werden. Damit dieses unter moͤglichst geringem Zeitaufwands geschehen koͤnne, sind auf den Wasserstationen im Freien neben der Bahn erhoͤhte Bassins angelegt, welche mittelst besonderer Fuͤllapparate den Behaͤlter des Munitionswagens sehr schnell mit Wasser versorgen. Fig. 107 zeigt diesen Apparat in der Seitenansicht. A ist das eiserne, 20 Fuß lange, 6 Fuß breite und 4 Fuß hohe Reservoir, welches durch die Roͤhre a, a mittelst eines eigenen, unten naͤher zu erwaͤhnenden Drukwerkes mit Wasser gespeist wird. Es liegt auf mehreren 16 bis 20 Fuß hohen, aus Baksteinen aufgemauerten Pfeilern. Eine durch punktirte Linien hier bezeichnete gußeiserne Roͤhre b, b, b geht von dem Boden des Reservoirs zwischen den Mauerpfeilern senkrecht hinab, laͤuft eine Streke weit unter der Erde horizontal fort und vereinigt sich bei c, c mit dem eigentlichen Fuͤllapparat, welcher seiner Gestalt nach mit einem Krahn Aehnlichkeit hat. Als Haupttheil dieser Vorrichtung sind die zwei gußeisernen, 12 Fuß langen und aͤußerlich 8 Zoll weiten Roͤhren c, b und d, e zu betrachten, welche, die Fortsezung der Roͤhrenleitung b, b, b bildend, oben bei d unter einem rechten Winkel zusammenstoßen. Die verticale Roͤhre c, d dient zugleich als Achse, welche sich mit der horizontalen Roͤhre d, c oben um den Zapfen f und unten wasserdicht auf dem hervorstehenden Rande des Roͤhrenendes b drehen laͤßt. Zu dem Ende wird der Umdrehungszapfen f von einem an die steinerne Saͤule B befestigten Halsring umfaßt. Diese Saͤule ist 14 Fuß hoch und mißt 3 Fuß im Durchmesser. Die Roͤhre d, e endigt sich in einen cylindrischen Ventilkasten C, an dessen Boden ein kurzer lederner Schlauch g befestigt ist. Von dem im Innern dieses Kastens angebrachten Ventil, welches die Ausflußoͤffnung absperrt, geht eine Stange durch eine Stopfbuͤchse aufwaͤrts und endigt sich in eine Schraube; durch Umdrehung einer darauf geschraubten, auf einem Stege aufliegenden Kurbel h laͤßt sich diese Stange heben oder sinken, je nachdem die Ausflußmuͤndung im Ventilkasten geoͤffnet oder abgesperrt werden soll. Auch das obere Ende der Wasserleitung, da wo sie sich in das Reservoir A muͤndet, ist durch ein Ventil verschließbar. Zum Oeffnen des leztern dient der kleine Hebel i, von dessen einem Arme eine Zugstange nach dem Ventil geht. Mittelst eines am andern Hebelende befestigten und bis in die Naͤhe des Erdbodens reichenden Strikes, kann das bei dem Apparat angestellte Individuum das Ventil, wenn es noͤthig ist, oͤffnen. So lange der Apparat nicht in Wirksamkeit ist, steht die Roͤhre d, e von der Eisenbahn, deren aus der Erde hervorragenden Geleise m, m hier im Querschnitt sichtbar sind, abgewendet. Wenn aber der Wagenzug an der bezeichneten Stelle angehalten hat, um neuen Wasservorrath einzunehmen, so wird die Vorrichtung in die hier gezeichnete Lage gedreht, in welcher der Ventilkasten C gerade uͤber die Mitte der Eisenbahn zu stehen kommt, worauf der Heizer den Schlauch g in die Oeffnung des auf dem Munitionswagen befindlichen Wasserbehaͤlters stekt. Gleichzeitig wird auch durch Anziehen des Strikes k das am Boden des Bassins A befindliche Ventil geoͤffnet. Nun stuͤrzt das Wasser in die Roͤhrenleitung b, b hinab, steigt vermoͤge des hydrostatischen Drukes in der Roͤhre c, d empor, tritt in die horizontale Roͤhre d, e, und ergießt sich durch den Schlauch g in den Wasserkasten des Munitionswagens. Sobald sich dieser gefuͤllt hat, was das Werk kaum einer Minute ist, so verschließt der Heizer den Ventilkasten, der Aufseher des Bassins dreht das Roͤhrensystem von der Eisenbahn ab, und der Wagenzug sezt sich alsbald wieder in Bewegung. Dem Reservoir wird sein Wasservorrath durch ein in der Naͤhe desselben angelegtes Drukwerk, welches mit Leichtigkeit von einem einzigen Arbeiter in Bewegung gesezt werden kann, zugepumpt. An dieser Maschine ist der wirksame, und in Beruͤksichtigung der Kraftaͤußerung des Arbeiters vortheilhaft angeordnete Bewegungsmechanismus bemerkenswerth. Er ist in Fig. 108 und 109 auf Taf. V in der vorderen Ansicht und von der Seite dargestellt. Das zur Fuͤllung des Reservoirs aufgestellte Individuum arbeitet an einer Handkurbel a, b, deren eiserne 1 Zoll dike Welle zwischen den Gestellpfosten B, B ein achtspeichiges Schwungrad A, A traͤgt, und in der Mitte zu einem Krummzapfen C von 4 Zoll Halbmesser abgebogen ist. In diesen Krummzapfen ist die zum Drukwerk hinabfuͤhrende Kolbenstange d, d eingehaͤngt. Zur Verminderung der Reibung laͤuft die Treibwelle a, c auf zwei kleinen Frictionsrollen e, e von nur 2 Zoll Durchmesser, welche sich in einer blechenen, mit Oehl gefuͤllten, in die Pfosten B, B eingelassenen Kapsel drehen, wobei sie fortwaͤhrend mit dem Oehle in Beruͤhrung bleiben. Zwei metallene, an das Gestell befestigte Leitungen f, f halten die Treibwelle senkrecht uͤber der Achse der Frictionsrollen. Zur Ansicht des unter der Erde arbeitenden Drukwerkes konnte der Verfasser nicht gelangen.