Titel: Ueber den Chausseebau in England; nach Hamilcar Freiherrn von Paulucci.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LIII., S. 213
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LIII. Ueber den Chausseebau in England; nach Hamilcar Freiherrn von Paulucci. Aus: Der Chausseebau in England etc. von Paulucci, Wien 1838, im polyt. Centralblatt, Nr. 57. Paulucci, uͤber den Chausseebau in England. In England lag fruͤher den verschiedenen Kirchspielen die Verpflichtung ob, die durch dieselben fuͤhrenden Verbindungsstraßen zu bauen und zu unterhalten; die Straßen heißen daher auch parish roads. Im Jahre 1653 wurde zuerst ein Versuch gemacht, die Straße durch die Grafschaften Hertford, Cambridge und Huntington durch Chausseegeldereinnahme und einen Geldbeitrag der durchfahrenen Kirchspiele zu unterhalten, und spaͤter wurden bei allseitig vermehrtem Verkehre die mehrsten Hauptstraßen als solche Turnpike roads (Straßen mit Schlagbaͤumen) von besonderen Privatvereinen erbaut, einige auf oͤffentliche Kosten (z.B. die Holyhead-road) erbaute Straßen ausgenommen, die sich als Hauptverkehrstraßen besonders dazu eigneten. Fuͤr gewisse Straßenstreken haben die in der Naͤhe befindlichen Vereinsmitglieder die Aufsicht und Verwaltung, und theils deßhalb, theils wegen Mangel jeder Controle uͤber die Einkuͤnfte sind die Fonds, welche in England auf Straßenbau verwendet werden, als die am schlechtesten angelegten zu betrachten. So betrugen z.B. im Jahre 1829 die Chausseegelder 13,485,570 fl. Conv. die Abloͤsung der Arbeitsverpflichtung der Kirchspiele   und ihre geleistete Arbeit, so wie Strafgelder   und zufaͤllige Einnahmen   2,067,360  –   – –––––––––––––––– Gesammteinnahme: 15,552,930 fl. Conv. Dagegen die Ausgabe auf Reparaturen, Besoldungen,   einschließlich der zu zahlenden Interessen des    Anlagecapitals 19,067,380  –   – –––––––––––––––– folglich konnte an Zinsen nicht gezahlt werden   3,523,450 fl. Conv. Nach Abrechnung der Zinsen kommen hienach bei 20000 Meilen englischer Straßen, die im Vorhergehenden zum Grunde gelegt waren, ungefaͤhr jaͤhrlich 7000 fl. Kosten auf eine engl. Meile Straße. Mac Adam hatte vor unlanger Zeit in England die Praxis beim Chausseebau dadurch geaͤndert daß er folgende fuͤnf Saͤze aufstellte: 1) eine eigentliche Grundlage breitkoͤpfiger, ein rauhes Pflaster bildender Steine sey bei jedem Grunde uͤberfluͤssig, ja selbst nachtheilig; 2) das Maximum der Dike des Straßenkoͤrpers bestehe in 10 Zoll; 3) nur die Dauer, nicht aber die Guͤte (Haͤrte und Ebenheit) einer Straße haͤnge von der Qualitaͤt des zu Bau und Unterhaltung verwendeten Materiale ab; 4) Schotter oder Flußkiesel gebe daher eine eben so gute, wenn auch weniger lange dauernde Straße ab, als jedes andere Material, und 5) sey es gleichguͤltig, ob das Bett aus hartem oder weichem Grunde bestehe. – Diese Ansichten haben sich durch die bis jezt gemachten Erfahrungen an Straßen nach seinem Systeme als falsch bewiesen, und man befolgt daher, namentlich seit mit Mac Neill's road indicator experimentirt wurde und Telford seine Thaͤtigkeit dem Straßenbauwesen zuwandte, andere Grundsaͤze. Jede Straße erhaͤlt daher eine der Last und Anzahl der sie benuzenden Fuhrwerke angemessene Koͤrperdike von moͤglichst hartem Materiale, und es ist bei einer mit Lastwagen und stark beladenen Eilkutschen befahrenen Chaussee ein rauhes Pflaster und uͤber demselben eine 6'' dike Lage von Schlegelstein durchaus erforderlich. Fester Grund und moͤglichste Haͤrte sind nach Telford Haupterfordernisse, wie dieß auch die Versuche mit Mac Neill's road indicator angeben, nach welchen zur Bewegung eines 21 Cntr. schweren Wagens erfordert werden: Auf voͤllig horizontaler, gut gepflasterter Straße   33 Pfd. Auf horizontaler Straße mit breitkoͤpfiger Steingrundlage    und sechszoͤlliger Schicht von hartem Schlegelstein,    im Ganzen 12 Zoll dik   46 Auf horizontaler Straße mit Grundlage aus Parker's    Cement und Kies und 6zoͤlliger Schicht von hartem    Schlegelstein, im Ganzen 12 Zoll dik   46 Auf horizontaler Straße von nur 10'' dikem Schlegelstein   65    –      –     –    –     10'' diker Schotterlage 147 Die Breite englischer Straßen betraͤgt gewoͤhnlich 30 Fuß fuͤr den Fahrweg und 6 Fuß fuͤr den Fußweg, wozu zuweilen noch 6' Saum (waste) kommen zur Bereitung des Materiales. Fuͤr moͤglichste Trokenlegung und Abziehung sowohl des Quell- als des Regenwassers von der Straße wird alle nur moͤgliche Sorge getragen, da man die darauf verwendeten Kosten durch verminderte Abnuͤzung und geringere Unterhaltungskosten ersezt erhaͤlt; die englischen Straßenbaumeister vergleichen die Einwirkung der Feuchtigkeit auf Straßen mit der Anwendung des Wassers beim Marmorsaͤgen und Edelsteinschleifen. Pflasterstraßen scheinen dem Transporte großer Lasten und starker Benuzung am meisten zu entsprechen, da, selbst abgesehen von der Ersparniß an Zugkraft auf denselben, die Reparaturkosten geringer als bei einer sehr benuzten Chaussee sind. Dieß beweisen die im Jahre 1825 in Schlegelsteinstraßen verwandelten Pflasterungen von Regent-street, Whitehall und Place-yard-street mit 11000 Quadratklaftern Flaͤchenraum nach den im Unterhause vorgelegten Rechnungen. Die Umwandlung kostete naͤmlich  60,560 fl. Conv. Hiezu der Werth der verwendeten Pflastersteine  67,870   – –––––––––––––– folglich die Macadamisirung der ganzen Streke 128,430 fl. Conv. oder auf die Quadratklafter 11 fl. 40,6 kr. Im ersten Jahre der Benuzung betrugen die Reparaturkosten mit Einschluß der Koth- und Staubabkruͤkung 40,030 fl.; ferner die Auslage fuͤr Aussprizen 6290 fl.; folglich die Reparaturkosten allein in 10 Jahren à Quadratklafter 36 fl. 23,5 kr. Dagegen belaufen sich die Herstellungskosten einer    Quadratklafter des besten Pflasters in London auf 26 fl. 30 kr. Die Reparaturkosten dieses Pflasters, dessen Dauer auf    10 Jahre angenommen werden kann, innerhalb    dieser Zeit   6 40 Die Staub- und Kothabkruͤkung in 10 Jahren   5  – –––––––––– folglich Summa 38 fl. 10 kr. Hievon ist der Werth der Pflastersteine abzuziehen,    welchen dieselben nach 10jaͤhriger Benuzung noch haben 16 fl.  – kr. –––––––––– folgl. 10jaͤhr. Gesammtkosten einer Quadratklaft. Pflaster 22 fl. 10 kr.   –      –      –    macadam. Str. 48   4 Eine Pflasterstraße kostet in der ersten Anlage allerdings mehr als eine Chaussee, allein die Meinung, daß sie mit der Zeit immer uneben, holperig und fuͤr das Fuhrwerk verderblich werde, gruͤndet sich nur auf die an den mehrsten Orten eingefuͤhrte unzwekmaͤßige Methode der Herstellung, deren Hauptgebrechen in unregelmaͤßiger Form der Steine, Mangel an festem Grunde und ungleichartigem Materiale besteht. In England wird auf folgende Art gepflastert: Man hebt zunaͤchst das Bett der zu pflasternden Straße mit einer Convexitaͤt von 1 Zoll auf 5 Fuß von der Mitte gegen die Seiten so tief aus, daß eine 10–12'' starke Schicht zerstuͤkelten Bruchsteins, welche successiv in 3'' diken Lagen aufgeschuͤttet wird, Raum findet. Nach Aufschuͤttung der ersten Lage wird die Straße so lange befahren, bis dieselbe ganz fest ist, und dabei jedes sich bildende Geleis sorgfaͤltig eingeraͤumt; mit der zweiten, dritten und vierten Schicht, welche erst nach gehoͤriger Festwerdung der fruͤheren aufgetragen werden, wird ebenso Verfahren. So erhaͤlt man das 10–12'' dike feste Bett fuͤr Pflastersteine; die lezteren sind von der festesten Beschaffenheit, welche man ohne unverhaͤltnißmaͤßige Kosten erlangen kann und nach rechtwinkeligen Formen zugehauen. Sie zerfallen in drei Groͤßen. Bei Straßen der ersten Classe, oder der groͤßten Frequenz, erhalten die Steine 10'' Hoͤhe, 10'' Laͤnge, 8'' Breite; bei den Straßen der zweiten Classe 8'' Hoͤhe, 8'' Laͤnge, 6'' Breite; bei Straßen der dritten Classe 6'' Hoͤhe, 8'' Laͤnge, 4–5'' Breite. Das feste Bett wird nun mit einer 2'' starken Lage reinen, von allen Erdtheilen befreiten, grobkoͤrnigen Sandes bedekt, und jeder Stein so, daß die Fugen einen Winkel von 45° mit der Mittellinie der Straße bilden, an die nebenstehenden gepaßt, mit einem schweren hoͤlzernen Hammer von Oben und von den Seiten fest angetrieben, und dann aus dem Lager wieder ausgehoben, an den beiden anliegenden Seiten mit dikem Moͤrtel bestrichen, worauf er wieder eingesezt und abermals mit Hammerschlaͤgen in das vorher gebildete Lager fest eingetrieben wird, so daß seine Oberflaͤche der convexen Form der Straßenkruͤmmung vollkommen entspricht. Nach Vollendung des Pflasters ist kein weiteres Stoßen mit der Handramme erforderlich, da das so bereitete Pflaster schon von selbst die erforderliche Form und Festigkeit behaͤlt. – Das neue Pariser Straßenpflaster erhaͤlt uͤber der festgestampften Grundlage noch eine Cementlage von mehreren Zollen Staͤrke, worauf die Pflastersteine in hydraulischen Moͤrtel gesezt werden. – Uebrigens wuͤrde es gut seyn, das wie vorher erst ohne Moͤrtel eingesezte Pflaster einige Zeit bis zur gehoͤrigen Befestigung des Grundes befahren zu lassen und dann, erst mit Moͤrtel gehoͤrig einzulegen. Alexander Gordon suchte im Jahre 1835 in einer kleinen Schrift die Vorzuͤge gut angelegter Straßen gegen Eisenbahnen geltend zu machen und lieferte mehrere tabellarische Uebersichten uͤber die Leistungen auf verschieden construirten und geneigten Wegen, die wir im Folgenden mittheilen: 1. Tabellarische Uebersicht der erforderlichen Pferdezug kraft, um einen 4 Tonnen (à 2240 Pfund) schweren Wagen zu bewegen. Steigung. Stuhlschienenbahn.   Steingleisweg(stone tram way).    LondonerPflaster bester    Gattung          Gutes  gewoͤhnlichesLondoner Pflaster.     Chaussee mit einerSchlegelsteinoberflaͤcheund guter Steingrundlage. Schotterstraße        ohneSteingrundlage.         Pfund.         Pfund.       Pfund.          Pfund.              Pfund.        Pfund. horizontal         40         50       89         128              172        560   1/2000         44,48         54,48       93,48         132,48              176,48        564,48   1/1500         45,97         55,97       94,97         133,97              177,97        565,97   1/1000         48,96         58,96       97,96         136,96              180,96        568,96   1/900         49,95         59,95       98,95         137,95              181,93        569,95   1/800         51,2         61,2     100,2         139,2              183,2        571,2   1/700         52,8         62,8     101,8         140,8              184,8        572,8   1/600         54,93         64,83     103,95         142,93              186,93        574,93   1/500         57,92         67,92     106,92         145,92              189,92        577,92   1/400         62,4         72,4     111,4         150,4              194,4        582,2   1/350         65,6         75,6     114,6         153,6              197,6        585,6   1/300         69,87         79,87     118,87         157,87              201,87        589,87   1/200         84,8         94,8     133,8         172,8              216,8        604,8   1/150         99,74       109,74     148,74         187,74              231,74        619,74   1/100       129,6       139,6     178,6         217,6              261,6        649,6   1/90       139,55       149,55     188,55         227,55              271,55        659,55   1/80       152       162     201         240              284        672   1/70       168       178     217         256              300        688   1/60       189,3       199,3     238,3         277,3              321,3        709,3   1/50       219,2       229,2     268,2         307,2              351,2        739,2   1/40       264       274     313         352              396        784   1/35       296       306     345         384              428        816   1/30       338,6       348,6     387,6         426,6              470,6        858,6   1/25       398,4       408,4     447,4         486,4              530,4        918,4   1/20       488       498     537         576              620      1008   1/15       637,3       647,3     686,3         725,3              769,3      1157,3   1/10       936       946     985       1024            1068      1436 2. Tabellarische Uebersicht der von einem kleinen vierraͤderigen Dampfwagen von 466 engl. Pfd. Zugkraft bewegten Lasten. Steigung. Stuhlschienenbahn.      Flachbahn.    Steingeleisweg   od. Pflaster ausgenau zugerichteten  Steinen auf einer  guten Grundlage Londoner Pflaster  bester Gattung             Gutes  gewoͤhnl. Londoner           Pflaster.     Chaussee mit einerSchlegelsteinoberflaͤcheund guter Steingrundlage. Schotterstraße        ohneSteingrundlage.       Tonnen.       Tonnen.       Tonnen.        Tonnen.            Tonnen.            Tonnen.      Tonnen. horizontal         67,25         52,77         52,77         29,33             20,62             15,34        4,71   1/1000         53,43         44,70         44,70         26,65             19,27             14,58        4,63   1/900         52,22         43,96         43,96         26,38             19,13             14,50        4,62   1/800         50,75         42,97         42,97         26,06             18,96             14,40        4,61   1/700         49         41,97         41,97         25,65             18,74             14,27        4,60   1/600         46,76         40,59         40,59         25,13             18,46             14,11        4,58   1/500         43,93         38,81         38,81         24,43             18,08             13,89        4,56   1/400         40,20         36,41         36,41         23,46             17,54             13,57        4,52   1/350         37,8         34,87         34,87         22,81             17,18             13,35        4,50   1/300         35,07         33,01         33,01         22             16,71             13,07        4,46   1/250         31,66         30,72         30,72         20,96             16,11             12,69        4,42   1/200         27,47         27,82         27,82         19,56             15,27             12,17        4,36   1/150         22,11         24,03         24,03         17,61             14,06             11,38        4,25   1/100         15,21         18,89         18,89         14,69             12,13             10,08        4,06   1/80        .  .  .  .         16,28         16,28         13,05             10,99               9,29        3,92   1/60        .  .  .  .         13,23         13,23         11,02               9,51               8,21        3,71   1/40        .  .  .  .           9,63           9,63           8,40               7,49               6,66        3,36   1/20        .  .  .  .           5,30           5,30           4,90               4,58               4,25        2,61   1/10        .  .  .  .           2,79           2,79           2,67               2,57               2,47        1,81 3. Uebersicht des bei zunehmender Geschwindigkeit vermehrten Widerstandes und daraus folgender Zugkraftvermehrung nach Mac Neill's Versuchen mit einer 2360 Pfd. schweren Diligence. Steigung. Geschwindigkeit der Fahrt. Zugkraft-Erforderniß.   1/20    6 Meilen per Stunde        268 Pfund   1/20    8    –       –        –        296    –   1/20  10    –       –        –        318    –   1/26    6    –       –        –        213    –   1/26    8    –       –        –        219    –   1/26  10    –       –        –        225    –   1/30    6    –       –        –        165    –   1/30    8    –       –        –        196    –   1/30  10    –       –        –        200    –   1/40    6    –       –        –        160    –   1/40    8    –       –        –        166    –   1/40  10    –       –        –        172    –   1/600    6    –       –        –        111    –   1/600    8    –       –        –        120    –   1/600  10    –       –        –        128    – 4. Tabelle, welche eine Uebersicht der ersten Anlags- und jaͤhrlichen Unterhaltungskosten per englische Meile auf verschiedenen Srraßenarten, bei einer praͤsumirzen jaͤhrlichen Frequenz von 250,000 Tonnen auf jeder derselben, und der Zugkraft-Erforderniß auf diesen Straßen liefert. Textabbildung Bd. 70, S. 219 Stuhlschienenbahn; Neue Anlage eines Steingleisweges; Anbringung von Steingleisen auf einer alten gewoͤhnlichen Straße; Gutes 15 Fuß breites Londoner Pflaster; Schlegelsteinstraße mit einem Unterbau 15' breit; Schlegelsteinstraße auf einer Cementgrundlage 15' breit; Schotterstraße 15' breit; Anlagkosten; Die Herstellungskosten werden nicht angegeben; Jaͤhrl.; Unterhaltung pro Meile; ohne Hauptreparatur ohne Ruͤcksicht auf die succesive Abnuͤzung incl.; der alle 10 Jahre erforderl.; Umlegung; Hierunter sind weder die zeitweisen Hauptreparaturauslagen, noch die Kosten des Aufsprizens und der Verwaltung mit begriffen; inclus. des nach 10 Jahren erforderlichen Umbauens; Zugkrafterforderniß zur Bewegung einer Tonne Last in der Ebene