Titel: Ueber die Patent-Eisenbahnwagen mit Reibungsrädern. Von Hrn. W. Coles in Sharing-Croß.
Fundstelle: Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LXVIII., S. 370
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LXVIII. Ueber die Patent-Eisenbahnwagen mit Reibungsraͤdern. Von Hrn. W. Coles in Sharing-Croß. Aus dem Civil Engin. and Archit. Journal. Decbr. 1838, S. 407. Mit Abbildungen auf Tab. V. Ueber Coles's Patent-Eisenbahnwagen mit Reibungsraͤdern. Ich uͤbergebe hiemit einen Nachtrag zu meiner fruͤheren BeschreibungMan findet diese Beschreibung im polyt. Journal Bd. LXIX. S. 173. Die Tagesblaͤtter haben viel Empfehlendes von den Wagen des Hrn. Coles berichtet; dagegen erschienen aber auch schon einige Kritiken, die ihnen allen praktischen Werth absprechen. Wie verlautet, unterliegen sie jezt einer Reihe von Versuchen, welche uͤber ihren Werth oder Unwerth entscheiden sollen. A. d. R. der von mir erfundenen Wagen, woraus sowohl der Bau derselben als auch die Anwendung der Reibungsraͤder und Stoßaufhaͤlter deutlicher hervorgehen soll. Der Zwek, den ich bei der Erfindung meiner, hauptsaͤchlich fuͤr Eisenbahnen bestimmten Wagen im Auge hatte, war Verminderung der Reibung an den Achsen der Raͤder, Erleichterung des Durchlaufens der Curven durch die Einfuͤhrung zweiraͤderiger Fuhrwerke, und Beschraͤnkung der Erschuͤtterungen beim Zusammenstoßen der Wagen. Was den ersten dieser Zweke betrifft, so erreiche ich ihn durch eine neue Unordnung von Reibungsraͤdern oder Reibungsrollen, welcher gemaͤß die Achsen derselben auf einander ruhen, so daß das Gewicht des Kastens und seines Inhaltes von der Achse der raschesten auf die Achse der langsamen Bewegung uͤbergetragen wird. Den lezteren hingegen erreiche ich durch eine neue Anordnung elliptischer Stoßaufhaͤlter, und durch Verbindung der Wagen mit Federvorrichtungen, wodurch die beim Gegeneinanderstoßen der Wagen entstehenden Erschuͤtterungen vermindert werden. Fig. 17 gibt eine perspectivische Ansicht eines meiner vierraͤderigen Eisenbahnwagen, dessen Gestell man in Fig. 18 im Grundrisse sieht. Aus der in Fig. 19 gegebenen queren Ansicht erhellen die Lauf- und die Reibungsraͤder. A, A ist das Gestell. B, B sind die Laufraͤder, auf deren Achsen die Reibungsraͤder C, C ruhen. Auf den Achsen der lezteren ruhen die kleineren Reibungsraͤder D, D, deren Achsen fixirt sind und also nicht mit den Raͤdern umlaufen. Die mittleren und unteren Achsen mit ihren Buͤchsen und Halsen bewegen sich in einer in das Wagengestell geschnittenen Spalte auf und nieder. Das ganze Gewicht der Ladung und des Gestelles wird von den oberen Reibungsraͤdern getragen. E, E sind starke Eisenstaͤbe, welche durch beide Enden des Wagens, und an ein anderes durch einen Querbalken sezendes Eisen gehen. Sie stehen auf diese Weise mit dem Stoßaufhaͤlter F, F in Verbindung, der an dem anderen Ende auf aͤhnliche Weise an einem Querbalken festgemacht ist. Die Querbalken verhindern eine zu starke Compression oder Strekung der Federn der Stoßaufhaͤlter, gestatten denselben aber nach jeder Richtung hinreichenden Spielraum. G, G sind zwei, an dem Querbalken befestigte Federn, welche gegen die Verbindungsstange druͤken, und sie zum Behufe der Aufnahme des Bolzens, durch den die Wagen mit einander verbunden sind, in gerader Linie erhalten. H, H sind zwei schwalbenschwanzfoͤrmige Eisen, welche in eigene Fugen eingelassen und mit einer Kette versehen sind. Ebenso befindet sich an ihnen ein Bolzen, der durch das Ende des Wagens und durch eine Spiralfeder geht, welche zu diesem Zweke in eine Buͤchse eingesezt und mir dem naͤchstfolgenden Wagen verbunden ist. Auf diese Weise sind die Wagen sicher und elastisch mit einander verbunden; wirkt der Impuls seitlich auf sie, so geht der Zug immer von zwei, und wirkt er gerade, von drei Punkten aus. I, I, I sind drei Querbalken, an denen die Federn und die Stoßaufhaͤlter festgemacht sind. K, K sind zwei Roͤhren, unter denen die mittlere Achse laͤuft, und durch deren Enden die oberen Achsen geschraubt und gebolzt sind. L, L sind die beiden Traͤger fuͤr die oberen Achsen, wodurch die Raͤder an Ort und Stelle erhalten werden und zu deren Fixirung Schrauben dienen. Die zweiraͤderigen Wagen unterscheiden sich von dem hier beschriebenen vierraͤderigen nur dadurch, daß sie nur zwei Querbalken und nur einen Stoßaufhaͤlter haben. Die Achse der oberen Raͤder geht durch den Kasten des Wagens und bildet gleichfalls eine Stuͤze fuͤr den oberen Theil des Gestelles. Hieraus ergibt sich nun, daß auf die Laufraͤder und die großen Reibungsraͤder nur die Reibung des 8 bis 10 Pfd. wiegenden Halsstuͤkes kommt, waͤhrend an den gewoͤhnlichen Wagen die Reibung des ganzen, 4 bis 5 Tonnen betragenden Gewichtes auf die Achse der Laufraͤder trifft, wodurch oft eine solche Erhizung entsteht, daß die Achse sich ausdehnt, waͤhrend sich die Muͤndung des Halsstuͤkes, dieses mag aus einem oder mehreren Stuͤken bestehen, zusammenzieht, so daß kein Oehl mehr zwischen die sich reibenden Oberflaͤchen gelangen kann. Dieß tritt bei sehr raschen Fahrten haͤufig ein, und dieß ist es auch, was den Maschinisten zwingt, die Geschwindigkeit zu maͤßigen, damit keine ernstlichen Unfaͤlle hieraus entstehen koͤnnen. Die Achse und das Halsstuͤk koͤnnen sich in Folge der Reibung so fest mit einander verbinden, daß das Rad nicht laͤnger mehr umlaͤuft; bei der Anwendung meiner Reibungsraͤder hingegen ist dieß unmoͤglich, selbst wenn die Wagen mit 5 Mal groͤßerer Geschwindigkeit als gewoͤhnlich getrieben werden. Außerdem ist die Bewegung der großen Reibungsraͤder, angenommen, daß die Reibung des ganzen Gewichtes des Wagens auf sie faͤllt, zehn Mal geringer als jene der Laufraͤder. Wenn aber das ganze Gewicht von den oberen Reibungsraͤdern getragen wird, so betraͤgt die Bewegung nur den sechzigsten Theil und die erzeugte Hize wahrscheinlich nur den tausendsten Theil von der Bewegung und der Erhizung der Laufraͤder. Es ergibt sich also nothwendig eine bedeutende Ersparniß an Oehl oder Schmiere, obschon sich die Zapfenlager wie 3 zu 1 verhalten. Man kann bei mir ein Modell eines meiner Wagen, der mit einer Geschwindigkeit von 70 engl. Meilen in der Zeitstunde laͤuft, sehen. Zur Bewegung desselben ist bei Anwendung der Reibungsraͤder eine Triebkraft von 3 Unzen hinreichend, waͤhrend 18 bis 20 Unzen dazu erforderlich sind, wenn die Reibungsraͤder außer Thaͤtigkeit sind, und wenn die Reibung des ganzen Gewichtes auf die Achse der Laufraͤder faͤllt. Die Last mag vermehrt oder vermindert werden, so bleibt das Verhaͤltniß der zur Bewegung des Wagens erforderlichen Triebkraft stets dasselbe. Da also die Reibung bis auf den sechsten Theil vermindert wird, so kann dieselbe Triebkraft eine sechs Mal groͤßere Last fortschaffen.

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