Titel: Talbot's Verfahren die sogenannten photogenischen (durch das Licht erzeugten) Gemälde oder Bilder darzustellen.
Fundstelle: Band 71, Jahrgang 1839, Nr. XCVI., S. 468
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XCVI. Talbot's Verfahren die sogenannten photogenischen (durch das Licht erzeugten) Gemaͤlde oder Bilder darzustellen.The Athenaeum No. 589 u. 591.Echo du monde savant No. 416. Talbot's Verfahren die photogenischen Gemaͤlde darzustellen. Im Fruͤhling 1834, sagt Hr. Talbot, fing ich zuerst an von der merkwuͤrdigen Eigenschaft des salpetersauren Silbers, sich in den violetten Lichtstrahlen zu entfaͤrben, eine praktische Anwendung zu machen. Ich dachte mir naͤmlich, daß wenn man auf einem Blatt Papier eine hinreichende Menge salpetersauren Silbers ausbreitet und dann das Papier dem Sonnenlicht aussezt, nachdem man vorher einen Gegenstand davor gestellt hat, welcher einen genau begraͤnzten Schatten darauf wirft, das Licht, indem es auf das daruͤber hinausreichende Papier wirkt, dasselbe schwaͤrzen mußte, waͤhrend die im Schatten befindlichen Theile desselben weiß bleiben. Auf diese Art hoffte ich ein Bild oder ein Gemaͤlde hervorbringen zu koͤnnen, das seinem Gegenstande bis auf einen gewissen Grad aͤhnlich waͤre; doch glaubte ich, daß es noͤthig seyn wuͤrde, solche Bilder in einer Mappe aufzubewahren und sie nur beim Kerzenlicht zu betrachten, weil beim Tageslicht derselbe chemische Proceß, welcher die Bilder hervorbrachte, sie auch wieder zerstoͤren muͤßte, indem sich naͤmlich das uͤbrige Papier dadurch schwaͤrzen wuͤrde. Dieß war anfangs meine leitende Idee, welche jedoch durch zahlreiche Versuche bald erweitert und berichtigt wurde. Nachdem ich einmal einige neue und merkwuͤrdige Resultate erhalten hatte, forschte ich auch nach, ob dieses Verfahren jemals in Vorschlag gebracht oder probirt worden ist, fand jedoch nur im ersten Bande des Journal of the royal Institution S. 170 eine bestimmte Nachweisung, wonach es scheint, daß Hr. Wedgwood zuerst auf dieselbe Idee verfiel; wirklich stellte er auch mit Sir Humphry Davy in dieser Hinsicht zahlreiche Versuche an, welche jedoch fehlschlugen. Davy sagt naͤmlich daselbst: „Die Copie eines Gemaͤldes muß, sobald man sie erhalten hat, an einem dunkeln Orte aufbewahrt werden; man kann sie zwar im Schatten betrachten, doch darf dieß nur wenige Minuten dauern. Alle unsere Versuche, die Wirkung des Lichts auf die ungefaͤrbten Theile des Papiers zu verhindern, sind bis jezt erfolglos gewesen. Wir uͤberzogen sie mit einer duͤnnen Schichte guten Firnisses, was jedoch ihre Faͤrbung nicht verhinderte. Laͤßt man die Sonnenstrahlen durch gedruktes Papier auf ein praͤparirtes Papier fallen, so werden die ungeschwaͤrzten Theile langsam copirt; das Licht aber, welches die geschwaͤrzten Theile hindurchlassen, bringt selben eine genaue Aehnlichkeit derselben durch verschiedene Intensitaͤten der Farben hervor. Die Bilder, welche man mittelst der Camera obscura erhaͤlt, fanden wir zu schwach, um in nicht gar zu langer Zeit eine Wirkung auf das salpetersaure Silber hervorzubringen. Hr. Wedgwood versuchte zuerst diese Bilder zu copiren, aber seine zahlreichen Versuche blieben alle erfolglos.“ Ich haͤrte die Verfolgung dieses Gegenstandes wahrscheinlich ebenfalls sogleich wieder aufgegeben, wenn es mir nicht schon bei den ersten Versuchen gelungen waͤre, die Hauptschwierigkeit – daß naͤmlich die erhaltenen Bilder nach und nach ganz schwarz werden – vollkommen zu beseitigen. Der chemische Proceß, wodurch dieß geschieht, ist bei weitem wirksamer als man glauben sollte; das Papier, welches anfangs so empfindlich fuͤr das Licht war, wird dadurch vollkommen unveraͤnderlich, so daß man die Bilder selbst im Sommer ohne allen Nachtheil eine ganze Stunde dem Sonnenlicht aussezen kann. Gegenwaͤrtig besize ich eine Anzahl solcher Bilder, welche schon fuͤnf Jahre lang aufbewahrt worden sind und nicht im Geringsten gelitten oder sich veraͤndert haben. Beschaffenheit dieser Bilder. Die Bilder, welche man auf diese Art erhaͤlt, sind selbst weiß, der Grund aber, worauf sie sich befinden, ist mannigfaltig und gefaͤllig gefaͤrbt. Durch mein Verfahren lassen sich mittelst unbedeutender Abaͤnderungen folgende Farben erzielen: himmelblau, gelb, rosenroth, braun in vielen Schattirungen, schwarz. Nur gruͤn fehlt in der Reihe; man erhaͤlt naͤmlich bloß eine dunkle Schattirung davon, welche sich dem Schwarz naͤhert.Unsere Leser werden sich aus der Notiz uͤber Daguerre's Bilder in diesem Bande des polytechnischen Journals S. 253 erinnern, daß bei ihnen dasselbe der Fall ist. A. d. R. Die blaue Farbenreihe macht einen sehr angenehmen Effect; sie bleibt auch beim Aufbewahren der Bilder in einer Mappe ganz unveraͤndert, ohne daß man eine ihre Erhaltung bezwekende Behandlung damit vorgenommen hat. Die verschiedenen blauen Schattirungen bestehen aus eben so vielen chemischen Verbindungen, welche man bisher nicht naͤher kannte. Erste Anwendungen dieses Verfahrens. Die ersten Gegenstaͤnde, welche ich zu copiren versuchte, waren Blumen und Blaͤtter, theils frische, theils aus meinem Herbarium genommene. Diese werden durch meine Methode mit der groͤßten Wahrheit und Treue abgebildet, so daß man selbst die Adern der Blaͤtter, die kleinen Haare auf der Oberflaͤche der Pflanzen etc. sieht. Damit man sich einen Begriff von der Genauigkeit zu machen im Stande ist, womit einige Gegenstaͤnde mittelst dieses Verfahrens nachgeahmt werden koͤnnen, will ich nur ein Beispiel anfuͤhren. Ich habe einmal ein Stuͤk von einem sehr feinen Spizenmuster abgebildet und es mehreren Personen in Entfernung von einigen Fuß gezeigt, welche es aber nicht fuͤr ein Bild, sondern fuͤr das Spizenstuͤk selbst hielten. Ein Zeitraum von einigen Secunden ist hinreichend, um eine solche Abbildung zu erzeugen. Ueber das Fixiren eines Schattens. Der fluͤchtige Schatten laͤßt sich, was freilich dem Laien wunderbar vorkommen wird, im Verlauf einer einzigen Minute auf Papier vollkommen fixiren; ich lasse es uͤbrigens dahingestellt seyn, welcher Anwendung in den Kuͤnsten diese merkwuͤrdige Erscheinung faͤhig seyn wird. Ehe ich weiter gehe muß ich bemerken, daß es nicht immer noͤthig ist, die Bilder der Behandlung zu unterwerfen, welche ich ausgemittelt habe, um sie gegen die fernere Einwirkung des Lichtes zu schuͤzen. Diesen Umstand entdekte ich aber erst, nachdem ich schon eine bedeutende Uebung in dieser Kunst erlangt hatte, denn anfangs glaubte ich, daß alle diese Gemaͤlde mit der Zeit undeutlich werden muͤßten, wenn man sie nicht auf irgend eine Art gegen die Veraͤnderung praͤparirt. Die Erfahrung hat mich jedoch gelehrt, daß es wenigstens zweierlei oder dreierlei Methoden gibt die Bilder zu erzeugen, so daß sie unveraͤndert bleiben, wenn man sie nur gegen die directe Einwirkung des Sonnenlichts verwahrt; allein ich kann noch nicht bestimmt angeben, auf welchem Umstande diese Halbdauer beruht oder was fuͤr ein Verfahren am besten eingeschlagen wird, um sie zu erzielen. Da ich aber gefunden habe, daß gewisse Bilder, ohne gegen die Einwirkung des Lichts zubereitet worden zu seyn, nach einem und sogar zwei Jahren ganz weiß und unversehrt blieben, waͤhrend andere, die auf eine abweichende Weise dargestellt waren, in einem bis zwei Monaten ganz dunkel wurden, so glaube ich auf diesen sonderbaren Umstand aufmerksam machen zu muͤssen. Ob er von großem Werth ist, weiß ich nicht; vielleicht wird man es in der Regel fuͤr zwekmaͤßiger halten, noch die geringe Muͤhe anzuwenden und die Bilder gegen das Licht zu praͤpariren, um so wehr, da sie dann dem Sonnenschein ausgesezt werden koͤnnen, waͤhrend die nicht praͤparirten, wenn man sie auch ein Jahr nach ihrer Darstellung aus der Mappe nimmt, keinem sehr starken Licht ausgesezt werden koͤnnen, ohne sich zu veraͤndern. Fuͤr Naturforscher, welche entfernte Laͤnder bereisen, gestattet jedenfalls dieses halbdauerhafte Papier, welches Jahre lang im Schatten weiß bleibt, eine nuͤzliche Anwendung; denn anstatt die Pflanzen zu troknen und mitzunehmen, brauchen sie dieselben nur auf solches Papier abzubilden und es in ihre Mappe zu legen. Dieses eigenthuͤmliche Papier hat zwar meistens den Fehler, daß der Grund nicht gleich ist; dieß kommt jedoch nicht in Anschlag, wenn man nur auf den Nuzen und nicht auf die Schoͤnheit der Wirkung sieht. Silhouetten. Fuͤr Schattenrisse oder Silhouetten wird meine Methode ganz besonders sich eignen. Glasmalereien. Die Schattenrisse, welche man bekommt, wenn man Glasgemaͤlde dem Sonnenlicht aussezt, sind sehr huͤbsch. Das Glas selbst sollte um die Malerei herum geschwaͤrzt seyn, wie man es z.B. fuͤr die magische Laterne oft anwendet. Auch sollte in den Glasgemaͤlden kein lebhaftes Gelb oder Roth vorkommen, weil diese die violetten Lichtstrahlen, welche die einzig wirksamen sind, aufhalten. Die so erzeugten Bilder sind vielleicht den durch des Kuͤnstlers Pinsel producirten aͤhnlicher als alle anderen. Nur in diesen Bildern sind auch, soweit bis jezt meine Beobachtungen reichen, Anzeichen von Farbe. Anwendung auf das Mikroskop. Die Anwendung meiner Methode zum Abzeichnen von Gegenstaͤnden mittelst des Sonnenmikroskops duͤrfte besonders nuͤzlich und wichtig werden. Das wundervolle Bild, welches das Sonnenmikroskop hervorbringt, mußte mich natuͤrlich auf den Gedanken fuͤhren, ob es nicht moͤglich seyn sollte zu bewirken, daß es sich selbst auf Papier abdrukt, so daß der unnachahmliche Pinsel der Natur unsere unvollkommenen, langwierigen und fast hoffnungslosen Versuche so verwikelte Gegenstaͤnde zu copiren, ersezen muͤßte. Meine ersten Bemuͤhungen in dieser Hinsicht hatten keinen Erfolg. Obgleich ich einen schoͤnen Sommertag waͤhlte und ein gutes Bild meines Objects auf praͤparirtes Papier warf, so fand ich doch nach Verlauf einer Stunde, daß keine Einwirkung Statt gefunden hatte. Ich war daher fast versucht, diesen Versuch aufzugeben, als ich auf die Vermuthung kam, daß das gewoͤhnliche Chlorsilber wohl nicht als die empfindlichste Substanz fuͤr die Lichtstrahlen zu betrachten seyn duͤrfte. Es wurde daher eine Reihe von Versuchen angestellt, um den Einfluß verschiedener Bereitungsarten desselben kennen zu lernen, und ich fand auch, daß es hienach sehr abweichende Resultate liefert. Ich habe diesen Gegenstand hauptsaͤchlich aus einem praktischen Gesichtspunkt betrachtet, denn was die Theorie betrifft, so gestehe ich, daß ich noch keinen Grund auffinden kann, warum auf die eine Art bereitetes Papier empfindlicher seyn sollte, als auf die andere Art dargestelltes. Das Resultat dieser Versuche war, daß ich eine Methode entdekte, ein hoͤchst empfindliches Papier zu bereiten, womit sich, was vorher nur theoretisch moͤglich schien, nun wirklich realisiren ließ. Bringt man ein Blatt von diesem empfindlichen Papier in eine dunkle Kammer und laͤßt das vergroͤßerte Bild irgend eines Gegenstandes durch das Sonnenmikroskop darauf fallen, so wird man nach Verlauf von beilaͤufig einer Viertelstunde das Gemaͤlde vollendet finden. Ich habe noch keine sehr bedeutenden Vergroͤßerungen versucht, wegen der daraus folgenden Verschwaͤchung des Lichts. Ein empfindlicheres Papier wuͤrde aber eine staͤrkere Vergroͤßerung wuͤnschenswerth machen. Als ich ein vor etwa drei Jahren dargestelltes derartiges Bild in Vergleich mit seinem Objecte abmaß, ergab sich, daß lezteres 17 Mal im linearen Durchmesser, folglich in der Flaͤche 289 Mal vergroͤßert ist. Haͤlt man mein empfindliches Papier gegen ein Fenster, aber nicht gegen eines, wodurch die Sonne scheint, sondern gegen ein in der entgegengesezten Richtung befindliches, so faͤngt es sogleich an sich zu faͤrben. Aus diesem Grunde muß man das Papier, wenn man es am Tageslichte bereitet hat, niemals unbedekt lassen, sondern sobald es fertig ist, in eine Schublade verschließen und darin troknen lassen, oder bei Nacht durch die Waͤrme eines Feuers. Ehe ich dieses Papier zum Abzeichnen eines Gegenstandes benuze, naͤhere ich es gewoͤhnlich kurze Zeit dem Lichte und faͤrbe es also absichtlich sehr schwach, um mich zu uͤberzeugen, daß der Grund gleichfoͤrmig daruͤber vertheilt ist. Ist dieß bei einer solchen Probe der Fall, so wird in der Regel bei vollstaͤndiger Einwirkung des Lichts darauf das Resultat dasselbe seyn; sind hingegen einige Stellen oder Fleken darin, welche nicht dieselbe Faͤrbung annehmen wie die uͤbrigen, so muß ein solches Blatt Papier verworfen werden, denn sonst laͤuft man Gefahr, bei Anwendung desselben anstatt eines gleichfoͤrmig dunklen Grundes, der fuͤr die Schoͤnheit der Zeichnung wesentlich ist, große weiße Fleken zu erhalten, welche ganz unempfindlich fuͤr die Einwirkung des Lichts sind. Auf diesen sonderbaren Umstand komme ich spaͤter wieder zuruͤk. Ein Papier, welches so empfindlich fuͤr das Licht eines gewoͤhnlichen Fensters ist, muß es natuͤrlich noch weit mehr fuͤr das directe Sonnenlicht seyn. Lezteres wirkt in der That auch so schnell, daß man beinahe sagen kann, das Bild ist eben so schnell vollendet als begonnen. Bei vollem Sonnenscheine habe ich in einer halben Secunde Bilder mit ganz deutlichen Umrissen erhalten. Architektonische Zeichnungen und Landschaften. Ich wollte nun auch versuchen, ob es nicht moͤglich ist, die lebhaften Bilder der aͤußeren Gegenstaͤnde, welche man in der Camera obscura erhaͤlt, auf dem empfindlichen Papiere zu fixiren. Da mir auf dem Lande aber keine Camera obscura von bedeutender Groͤße zu Gebot stand, so construirte ich mir eine solche aus einer großen Buͤchse, indem ich das Bild auf das eine Ende derselben durch ein im entgegengesezten Ende angebrachtes gutes Objectivglas warf. Nachdem dieser Apparat mit einem empfindlichen Papiere ausgeruͤstet war, wurde er an einem Sommernachmittage in einer Entfernung von beilaͤufig 360 Fuß von einem durch die Sonne guͤnstig beleuchteten Gebaͤude angebracht. Nach anderthalb Stunden oͤffnete ich die Buͤchse und fand dann auf dem Papiere eine sehr deutliche Abbildung des Gebaͤudes, mir Ausnahme derjenigen Theile desselben, welche im Schatten lagen. Fortgesezte Versuche belehrten wich, daß in kleineren Camera obscurae die Wirkung in kuͤrzerer Zeit hervorgebracht wird. Ich ließ mir daher mehrere kleine Buͤchsen verfertigen, worin ich Linsen von kuͤrzerem Focus befestigte, und erhielt damit sehr vollkommene, aber außerordentlich kleine Bilder, deren Details in der That nur bei der Betrachtung mit einer Lupe erkenntlich sind. Abbildungen von Bildhauerarbeiten. Um Bilder von Statuen zu erhalten, stelle ich dieselben an einem Orte auf, welcher von der Sonne stark bescheint ist, und bringe vor ihnen in geeigneter Entfernung und in gehoͤriger Lage eine kleine Camera obscura an, welche das praͤparirte Papier enthaͤlt. Copien von Kupferstichen und Schriften. Durch meine Erfindung kann man sich auch sehr leicht Copien von Zeichnungen oder Kupferstichen, sowie Facsimiles von Manuskripten verschaffen. Man druͤkt naͤmlich den Kupferstich moͤglichst gleichfoͤrmig auf das praͤpariere Papier an, so daß seine geschwaͤrzte Seite mit lezterm vollkommen in Beruͤhrung kommt; wenn der geringste Zwischenraum Statt findet, muß natuͤrlich das Resultat schlecht ausfallen, indem dann die scharfen Striche des Originals wolkig werden. Stellt man das Papier nun an die Sonne, so dringen die Sonnenstrahlen allmaͤhlich durch dasselbe, ausgenommen an denjenigen Stellen, wo die dunklen Linien des Kupferstichs dieses verhindern. Man erhaͤlt folglich ein genaues Bild oder einen Abdruk der Zeichnung. Dieß war einer der Versuche, welche Davy und Wedgwood anstellten, er mißlang ihnen aber, weil ihr Papier nicht empfindlich genug war. Die Zeit, welche erforderlich ist, um die Copie zu bewirken, haͤngt von der Dike des Papiers ab, worauf der Kupferstich gedrukt wurde. Anfangs glaubte ich, daß man mit dikem Papiere den Zwek nicht erreichen wuͤrde, dasselbe macht jedoch kein Hinderniß, und es ist genuͤgend, wenn das Papier nur einen kleinen Theil der Sonnenstrahlen hindurchlaßt. Ist das Papier dik, so braucht man zu einer guten Copie eine halbe Stunde. Auf diese Art gelang es mir, sehr kleine, complicirte und zarte Kupferstiche ganz genau zu copiren. Man koͤnnte vermuthen, daß der Kupferstich durch das Andruͤken an praͤparirtes Papier beschmuzt oder beschaͤdigt wuͤrde; dieß ist jedoch nicht zu befuͤrchten, wenn beide vollkommen troken sind. Sollte man aber auch einen Flek auf dem Kupferstiche bemerken, so kann er ohne allen Nachtheil fuͤr das Papier durch ein chemisches Agens beseitigt werden. Bei einer auf solche Art dargestellten Copie ist freilich der Effekt des Originals ganz geaͤndert, denn wo lezteres Licht hat, hat die Copie Schatten, und umgekehrt. Praͤparirt man aber die erhaltene Copie nach meiner Methode gegen das Sonnenlicht, so laͤßt sie sich selbst wieder als ein zu copirendes Object anwenden, und man erhaͤlt dann beim Copiren desselben Licht und Schatten an ihrer urspuͤnglichen Stelle. Ich habe nun noch einige Bemerkungen uͤber den sonderbaren Umstand zu machen, daß das Papier sich bisweilen bei der Probe als ganz unempfindlich gegen das Licht Zeigt, wenn man es auch auf eine Art praͤparirt hat, wodurch es hoͤchst empfindlich werden sollte. Ein sehr geringer Unterschied in der Zubereitung desselben reicht schon hin, ein so ganz verschiedenartiges Resultat hervorzubringen. Wenn man sich auch bemuͤht hat, ein Papier moͤglichst gleichfoͤrmig mit der Silberverbindung zu traͤnken, so kann es sich doch bisweilen treffen, daß ein Theil desselben dem Sonnenlicht ausgesezt große weiße Fleken behaͤlt, waͤhrend die uͤbrigen Stellen sehr schnell schwarz werden. Manchmal sind die Fleken blaß himmelblau und mit einem ganz weißen Rande ungemein scharf begraͤnzt, was mit dem Schwarz der zunaͤchst liegenden Theile sehr contrastirt. Das Verfahren bei der Zubereitung des Papiers ist der Art, daß eine von zwei bestimmten chemischen Verbindungen entstehen kann, und wenn man sich zufaͤllig der Graͤnze zwischen beiden Faͤllen naͤhert, so haͤngt es von ganz unbedeutenden Umstaͤnden ab, welche von den beiden Verbindungen sich bildet. Daß sie beide ganz bestimmte Verbindungen sind, ist bis jezt nur eine Vermuthung von mir; jedenfalls unterscheiden sie sich aber durch ihre ungleichen Eigenschaften. Nachdem Hr. Talbot diese Bemerkungen der Royal Society mitgetheilt hatte, machte er bald darauf sein Verfahren, das empfindliche Papier zu bereiten und die erhaltenen Bilder gegen die fernere Einwirkung des Lichts zu schuͤzen, in folgendem Schreiben an Hrn. Biot (dd. 20. Febr.) bekannt: „Zur Bereitung des photogenischen Papiers waͤhle ich ein festes Papier von guter Qualitaͤt (sehr feines Briefpapier), tauche es in eine schwache Aufloͤsung von Kochsalz und wische es dann mit einem leinenen Lumpen ab, damit das Salz moͤglichst gleichfoͤrmig indem Papier vertheilt ist; dann uͤberziehe ich eine Seite des Papiers mit einer Aufloͤsung von salpetersaurem Silber, welche mit Wasser verduͤnnt ist.Die gesaͤttigte Silberaufloͤsung wird mit 6–8 Mal soviel Wasser verduͤnnt. Man troknet es nun am Feuer und kann sich desselben sogleich bedienen. Wenn man diesen Versuch auf verschiedene Art wiederholt, so wird man finden, daß ein gewisses Verhaͤltniß zwischen der Menge des Salzes und derjenigen der Silberaufloͤsung existirt, welches man vorzugsweise anwenden muß. Vergroͤßert man die Menge des Salzes uͤber diesen Punkt hinaus, so wild der Effect geringer und in gewissen Faͤllen kann er sogar fast Null werden. Dieses Papier laͤßt sich zu sehr vielen gewoͤhnlichen photogenischen Anwendungen benuzen; so lassen sich besonders im Sommer die vollkommensten Bilder von Blaͤttern und Blumen damit erzeugen. „Breitet man nun ein so zubereitetes Blatt Papier uͤber einer gesaͤttigten Kochsalzloͤsung aus und laͤßt es am Feuer troknen, so wird man gewoͤhnlich die Empfindlichkeit des Papiers sehr vermindert und bisweilen fast auf Null reducirt finden, besonders wenn man es einige Wochen aufbewahrt hat, ehe man es probirte; traͤgt man aber noch einmal Silberloͤsung darauf, so wird es wieder empfindlich gegen das Licht werden und selbst noch mehr als es fruͤher war. Indem ich auf diese Art abwechselnd Salz und Silberloͤsung auf das Papier auftrage und es dazwischen jedesmal trokne, mache ich es so empfindlich, daß ich die Bilder der Camera obscura in kurzer Zeit fixiren kann. „Ich muß jedoch hier auf einen besonderen Umstand aufmerksam machen. Indem man auf diese Art in Folge kleiner zufaͤlliger Abaͤnderungen zu bald mehr bald weniger genuͤgenden Resultaten gelangt, findet man, wenn man den Versuch oft wiederholt, daß bisweilen das erzeugte Chlorsilber geneigt ist sich allmaͤhlich zu schwaͤrzen, ohne daß es dem Licht ausgesezt wird. In diesem Falle ist man zu weit gegangen, aber doch ist dieß die Graͤnze, welcher man sich moͤglichst naͤhern muß, ohne sie ganz zu erreichen. Nachdem ich mir eine gewisse Anzahl von Papierblaͤttern in etwas abweichenden Verhaͤltnissen zubereitet habe, seze ich nummerirte Muster davon an demselben Orte eine Viertel-, oder halbe Stunde einem sehr schwachen Tageslicht aus. Findet sich dann unter diesen Mustern ein auffallend besseres, so waͤhle ich das dieser Nummer entsprechende Papier aus und bediene mich desselben so bald als moͤglich nach seiner Zubereitung. „Ich habe Ihnen nun noch das Verfahren zu beschreiben, wodurch ich die photogenischen Bilder gegen das Licht schuͤze oder sie fixire. Nach mehreren fruchtlosen Versuchen gelang wir dieses zuerst durch eine sehr verduͤnnte Aufloͤsung von Jodkalium. Es bildet sich dann Jodsilber, worauf das Sonnenlicht gar nicht wirkt. Dieses Verfahren erheischt jedoch Vorsicht; denn wenn man eine zu starte Aufloͤsung anwendet, koͤnnte sie die schwarzen Theile des Bildes, welche man unversehrt lassen muß, wegnehmen; mit einer gehoͤrig verduͤnnten Aufloͤsung wird man jedoch den Zwek sehr gut erreichen. Auf diese Art zubereitete Bilder habe ich nun schon fuͤnf Jahre lang aufbewahrt und sie waͤhrend dieser Zeit schon oft dem direkten Sonnenlicht ausgesezt.Die mit Jodkalium behandelten Bilder sind immer sehr blaßgelb, werden beim Erwaͤrmen an einem Feuer dunkelgelb und erhalten beim Erkalten wieder ihre fruͤhere Farbe. „Ein einfacheres Verfahren, dessen ich mich schon sehr oft bedient habe, besteht darin, die Bilder in eine starke Aufloͤsung von gewoͤhnlichem Kochsalz zu tauchen, schwach abzuwischen und zu troknen. „Je staͤrker das Sonnenlicht war, wodurch die Gemaͤlde erzeugt wurden, desto wirksamer ist auch dieses Conservirungsmittel; denn alsdann wirkt die Salzaufloͤsung nicht im Geringsten auf die schwarzen Theile des Gemaͤldes. Sezt man nun das Gemaͤlde der Sonne aus, so faͤrben sich die weißen Theile sehr oft hell lilas und werden dann unempfindlich. Bei oͤfterer Wiederholung dieser Versuche fand ich, daß diese violette Faͤrbung nicht gleichfoͤrmig ist und daß Verhaͤltnisse existiren, wobei sie nicht eintritt. Man erhaͤlt alsdann die lichten Stellen der Gemaͤlde vollkommen weiß. „Sir J. Herschel hat mir kuͤrzlich eine von ihm entdekte Methode die photogenischen Gemaͤlde gegen das Licht zu schuͤzen mitgetheilt, welche ich ohne seine Erlaubniß nicht bekannt machen darf; ich habe sie uͤbrigens mit dem besten Erfolg angewandt.“ Nachdem Hr. Biot dieses Schreiben der Akademie der Wissenschaften vorgelesen hatte, nahm Hr. Dumas das Wort, um die Theorie aller dieser Operationen auseinanderzusezen. Es ist klar, daß bei Talbot's Verfahren Chlorfilber gebildet wird, wie bei den ersten Versuchen des Hrn. Daguerre und daß dieses Chlorsilber zulezt ganz schwarz werden muͤßte, wenn man den noch unveraͤnderten Theil desselben nicht wieder aufloͤsen wuͤrde. Nun loͤst das Kochsalz oder Chlornatrium gerade so wie das Jodkalium frisch erzeugtes Chlorsilber bekanntlich leicht auf, waͤhrend sie den schon geschwaͤrzten Theil nicht aufzuloͤsen vermoͤgen; andererseits bildet ein Ueberschuß von Chlornatrium mit dem Chlorsilber eine Verbindung, welche viel bestaͤndiger ist und dem Licht viel mehr widersteht als bloßes Chlorsilber. Das von Herschel aufgefundene Verfahren, welches Talbot nicht mittheilt, ist nicht schwer zu errathen und beruht offenbar auf der Anwendung des unterschwefligsauren Kalis oder Natrons, welches Salz nach fruͤheren Beobachtungen des beruͤhmten englischen Astronomen die Eigenschaft hat, das unveraͤnderte Chlorsilber sehr leicht aufzuloͤsen. Man begreift hienach, daß sich die Methoden zur Darstellung photogenischer Bilder sehr mannigfaltig abaͤndern lassen.