Titel: Ueber die Heizung der Dampfkessel mit Anthracit. Bericht der HHrn. Civilingenieure Josiah Parkes und Manby.
Fundstelle: Band 77, Jahrgang 1840, Nr. II., S. 4
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II. Ueber die Heizung der Dampfkessel mit Anthracit. Bericht der HHrn. Civilingenieure Josiah Parkes und Manby.Die beiden genannten Ingenieure wurden von der in London errichteten Patent-Anthracit-Compagnie zu den Versuchen, welche gegenwärtigem Berichte zu Grunde liegen, veranlaßt. A. d. R. Aus dem Mechanics' Magazine No. 865. Parkes und Manby, uͤber die Heizung der Dampfkessel mit Anthracit. Auf den uns ausgedrükten Wunsch, unsere Versuche über die Verdampfungskraft und einige andere Eigenschaften des Anthracites nicht bis zur Herstellung eines größeren Dampfkessels, als uns an dem Dampfschiffe „Anthracit“ zu Gebot stand, zu verschieben, haben wir an diesem Kessel mehrere Versuche vorgenommen. Die Resultate, zu denen wir hiebei bei mehrere Tage lang fortgesezter Beobachtung gelangten, sind in Nachstehendem enthalten, wobei wir jedoch bemerken müssen, daß der Kessel, mit dem wir arbeiteten, offenbar nicht zur Entwikelung des vollen Nuzeffectes irgend eines Brennmateriales geeignet ist, da er eigens den Dimensionen des Fahrzeuges angepaßt werden mußte, und da ihm aus diesem Grunde weder die gehörige Länge noch der gehörige Umfang gegeben werden konnte. Nicht minder ist in Anschlag zu bringen, daß unsere Versuche über die Wassermengen, die bei verschiedener Geschwindigkeit der Verbrennung in Dampf verwandelt werden, durch den mäßigen Zug des niederen Schornsteines und den Bau des Röhrenkessels eine Beschränkung erlitten. Dessen ungeachtet gelangten wir zu Resultaten, die in manchen Beziehungen genügen und auch Daten liefern dürften, aus denen ein besseres Verhältniß des Ofens zum Kessel, so wie auch der beste Bau für jene Dampfschiffkessel, die mit Anthracit geheizt werden sollen, abzunehmen wäre. Folgende Versuche werden die Heizkraft des Anthracites und die Eigenschaften des Kessels, mit dem wir arbeiteten, herausstellen. Versuch   Kohle welche  stuͤndlich per Quadratfuß desKostes verbrannt      wurde.   Wasser, welchesstuͤndlich von 212°    F. angefangen  verdampft wurde. Wasser, welches von 212° F. angefangendurch 1 Pfd. Anthrac.in Dampf verwandelt         wurde.       Wasser, welches von 212° F. angefangendurch 112 Pfd. Anthracit   in Dampf verwandelt            wurde.        Pfd.           Pfd.            Pfd.           Kubikfuß.     1      14,86        1963,89            6,50              11,66     2      12,65        2240,00            8,25              14,86     3        3,18          833,02          12,27              21,99     4        2,94          876,44          13,48              24,18 Das Wasser wurde aus einem in dem Maschinenraume befindlichen Behälter genau in den Kessel hinein gemessen; dabei ward jedesmal die Temperatur, die an verschiedenen Tagen sehr verschieden war, aufgezeichnet. Da wir nicht das aus der Luftpumpe kommende Wasser verwenden konnten, sondern uns des Wassers aus dem Flusse bedienen mußten, so haben wir die Verdampfung stets auf jene reducirt, welche stattgefunden haben würde, wenn wir das Wasser mit einer Temperatur von 212° F. in den Kessel hätten gelangen lassen. Die Annahme einer Normaltemperatur für das bei diesen Versuchen gebrauchte Speisungswasser war zur Anstellung einer richtigen Vergleichung durchaus nothwendig; auch ist man dadurch in Stand gesezt, die Leistung des Anthracites mit jener zu vergleichen, welche die bituminösen Kohlen an anderen Kesseln geben, und bei der das Wasser gleichfalls auf die Normaltemperatur von 212° F. reducirt wird.Die Formel für diese Reduction und eine danach angefertigte Tabelle findet man in den Transactions of the Institution of Civil Engineers. Vol. II. S. 178, 179. A. d. O. Bevor wir auf eine Vergleichung dieser Versuche mit anderen, mit bituminösen Kohlen angestellten eingehen wollen, müssen wir bemerken, daß der zweite Versuch mit der zum Betriebe der Maschine erforderlichen Verbrennung und Verdampfung zusammenstimmt. Ein Versuch mit starken Gießereikohks, welche aus Steinkohlen von Pontop erzeugt worden, gab dieselben Resultate; doch zeigte sich hiebei die Unannehmlichkeit, die mit der Anwendung von Kohks bei rascher Verbrennung gewöhnlich verbunden ist: d.h. es bildete sich auf den Roststangen eine schwere Schlake. In anderer Beziehung waren die Kohks ganz geeignet; sie sanken mit Anthracit ebenso gut in den Speisungsröhren des Hrn. Player hinab, und breiteten sich vollkommen gleichmäßig auf dem Roste aus. Nachdem wir uns überzeugt hatten, daß der Kessel nicht groß genug war, um, wenn die Maschinen in Gang waren, die gesammte Hize der Feuer zu verbrauchen, suchten wir durch einfache Verdampfung positive Resultate zu erlangen, aus denen die wirkliche Heizkraft des Anthracites zu entnehmen wäre. Diesen Zwek erreichten wir in einem gewissen Grade, indem wir einen temporären Dämpfer anbrachten, durch den der in das Feuer eindringende und durch den Schornstein ziehende Luftstrom vermindert wurde, und durch den wir die Hize länger im Kessel zu erhalten suchten. Versuch 3 und 4 zeigen die Wirkung, welche aus dieser Verminderung der Geschwindigkeit, mit der die Hize erzeugt und verbraucht wurde, hervorging. Vergleicht man den ersten Versuch mit dem vierten, so wird man finden, daß bei dem ersten mehr dann die Hälfte der Wärme nuzlos erzeugt wurde, und daß sie bei weit geöffnetem Schornsteine durch die Kesselröhren strich, ohne beinahe irgend einen Nuzeffect zu geben. Bei dem lezteren Versuche waren dagegen beinahe zwei Drittheile des Flächenraumes des Schornsteines geschlossen. Es ergibt sich demnach hieraus, welcher ungeheure Verlust mit der raschen Verbrennung in einem so kurzen Kessel wie der unserige, an dem die Röhren, welche die Hize aus den Feuerkammern in den Rauchfang leiten, nur 3 Fuß lang sind, und an dem die ganze von der Hize zu durchströmende Streke nur 6 Fuß 4 Zoll beträgt, verbunden ist. Bei dem kurzen Verweilen der Hize im Kessel entwich sie in dem ersten und zweiten Versuche mit einer Temperatur, welche Zink zu schmelzen vermochte, durch den Rauchfang. Ein Thermometer, der von Zeit zu Zeit unter dem Dämpfer oder Register in den Rauchfang gebracht wurde, zeigte nur einmal eine Temperatur von nicht mehr als 450° F.; gewöhnlich und selbst bei dem dritten und vierten Versuche überstieg sie aber den Siedepunkt des Queksilbers. Vergleicht man die aus den beiden höchsten Versuchen gezogene mittlere Zahl mit dem aus den beiden niedrigsten Versuchen gezogenen Mittel, so ergibt sich, daß, wenn man die Geschwindigkeit der Verdampfung im Verhältnisse von 4,37 zu 1 steigerte, die Verdampfung innerhalb gleicher Zeiträume nur im Verhältnisse von 2,50 zu 1 gesteigert wurde, während das mit gleichen Gewichtstheilen Steinkohlen erlangte Verdampfungsproduct im Verhältnisse von 1,74 zu 1 abnahm. Die Resultate, welche an Cornwalliser Kesseln mit Walliser Kohlen erlangt wurden, und welche bekannt sind, zeigen dasselbe Verhältniß der Verbrennung, wie das bei dem Versuche 4, d.h. stündlich 2,94 Pfd. per Quadratfuß des Rostes; das Verdampfungsproduct war von einer Temperatur von 212° F. angefangen mit 112 Pfd. Kohlen 21,31 Kubikfuß, und mit 1 Pfd. Kohlen 11,89 Pfd. Wasser.Man sehe im 1sten Theile des III. Bandes der Transactions of the Institution of Civil Engineers den Versuch 1 in der über die Kessel gegebenen Tabelle. A. d. O. Bei gleicher Geschwindigkeit der Verbrennung übertrifft also der Anthracit die Walliser Steinkohle im Verhältnisse von 13,48 zu 11,89, oder in einem Verhältnisse, welches gegen 13 Proc. beträgt. Die Ausdehnung der die Wärme absorbirenden Oberflächen, die Zeit des Verweilens der Wärme auf diesen Oberflächen, die Ausstrahlung der Wärme aus den Kesseln – lauter Umstände, welche auf die Erzielung eines hohen Verdampfungsproductes von größtem Einflüsse sind – fallen jedoch im Vergleiche mit den Anthracitkesseln so sehr zu Gunsten der Cornwalliser Kessel aus, daß man mit aller Zuversicht behaupten kann, daß unsere Versuche weit günstigere Resultate ergeben hätten, wenn sie unter den an den Cornwalliser Kesseln gegebenen günstigen Umständen hätten angestellt werden können. Eine Vergleichung der Kessel, die diese Nuzeffecte gaben, wird dieß darthun. Der Cornwalliser Kessel hatte zur Aufnahme der aus gleichen Gewichtsmengen Brennmaterial innerhalb gleicher Zeit erzeugten Wärme einen Flächenraum von 961,66 Quadratfuß; der Anthracitkessel dagegen nur einen von 340 Quadratfuß, so daß also das Verhältniß zu Gunsten des ersteren in dieser Beziehung wie 2,549 zu 1 war. Die Geschwindigkeit der Verbrennung und mithin auch die Geschwindigkeit, mit der die Wärme von den Feuerstellen ausströmte, war in beiden Fällen dieselbe. Dagegen betrug die Streke, welche die Wärme von der Feuerstelle aus zu durchströmen hatte, an dem Cornwalliser Kessel 152, an dem Anthracitkessel aber nur 3 Fuß; auch verblieb die Wärme an ersterem auf gleicher Oberfläche um 2 1/2 mal länger, als an lezterem. Der Cornwalliser Kessel war ferner ganz in die schlechtesten Wärmeleiter gehüllt, während der Anthracitkessel wenig oder gar nicht gegen den Verlust durch Ausstrahlung geschüzt war. Erwägt man alle diese Unterschiede und deren großen Einfluß auf die Verdampfung, so wird man zu dem Schlüsse kommen, daß der Anthracit an Heizkraft selbst die besten bituminösen Kohlen weit übertrifft, indem er selbst unter verhältnißmäßig ungünstigen Umständen ein Resultat gibt, welches um 13 Proc. höher steht, als irgend eines der bisher aufgezeichneten. Die höchste Verdampfung, welche in Warwick mit Steinkohlen von Newcastle und aus dem Staffordshire erzielt wurde, betrug bei 212° F. mit 1 Pfd. Kohlen 10,32 Pfd. Wasser. Die bei diesen Versuchen angewendeten Vorsichtsmaßregeln waren von der Art, daß nicht wohl angenommen werden kann, daß diese Kohlen in der gewöhnlichen Praxis je günstigere Resultate liefern könnten. Das Ergebniß unseres vierten Versuches, bei dem doch alle die oben aufgezählten Nachtheile in Rechnung zu bringen sind, übersteigt aber die Warwicker Leistung um nicht weniger als 30 Proc.! Bei dem eigenthümlichen Baue des Anthracitkessels war es nicht wohl möglich, in demselben einige Versuche mit bituminöser Kohle anzustellen, indem sich die Röhren gar zu schnell mit Ruß verlegten, und die Kohlen so zusammen bakten, daß die in der Speisungsröhre befindliche Säule des Brennmateriales nicht mehr auf den Rost herabsank. Wir überzeugten uns jedoch bei einem kurzen Versuche, bei dem wir auf gewöhnliche Weise durch die Feuerthür heizten, daß Steinkohlen von Pontop eine zum Betriebe der Maschinen hinlängliche Menge Dampf erzeugten. Was die von Player angegebene Methode zur Speisung der Feuerstellen mit Anthracit anbelangt, so können wir bloß unseren, bei einer früheren Gelegenheit gethanenen Ausspruch wiederholen, welcher dahin lautet, daß dieselbe sehr gute Dienste leistet; daß bei ihr alle mechanischen Mittel, so wie auch das auf den Dampfbooten so beschwerliche Schüren entbehrlich sind, und daß bei ihr alle die Nachtheile und Verluste, welche mit dem gewöhnlichen Heizen durch die Ofenthür verbunden sind, wegfallen. Bei keinem unserer Versuche, ausgenommen das Feuer wurde aufs Höchste gesteigert, war es den ganzen Tag über auch nur ein einziges Mal nöthig, das Feuer zu schüren oder die Feuerstangen abzukrazen. Selbst bei der raschesten Verbrennung erzeugten sich keine Schlaken, und auch nur eine sehr geringe Menge Asche. Die neue Speisungsmethode gewährt auch noch den großen praktischen Nuzen, daß die Dampferzeugung mit einer unübertrefflichen Gleichförmigkeit von Statten geht. Wenn der Kessel mit einem Dämpfer arbeitete (und ohne einen solchen ist über gar kein Feuer eine gehörige Controle möglich), leerte sich der Wasserbehälter, der uns als Maaß diente und der gegen 400 Pfd. faßte, so regelmäßig, daß die hiezu nöthige Zeit kaum um eine Minute differirte. Die Kohle gelangte genau im Verhältnisse zu der von dem Dämpfer bestimmten Geschwindigkeit der Verbrennung auf das Feuer herab, so daß der Dämpfer, wenn er einmal gestellt worden, nicht mehr angerührt zu werden brauchte. Der Vortheil, den der Anthracit dadurch gewährt, daß sich beim Brennen desselben weder ein unangenehmer Geruch noch Rauch entwikelt, und daß kein Ruß und keine Asche auf das Verdek fällt, spricht schon für sich selbst so sehr, daß es in dieser Beziehung keiner weiteren Erörterung bedarf.