Titel: Ueber die Zusammensezung der Wolle, die Theorie ihres Entschweißens und einige durch ihre näheren Bestandtheile bedingte Eigenschaften derselben, welche bei verschiedenen technischen Operationen berüksichtigt werden müssen; von Hrn. Chevreul.
Fundstelle: Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XXXII., S. 129
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XXXII. Ueber die Zusammensezung der Wolle, die Theorie ihres Entschweißens und einige durch ihre naͤheren Bestandtheile bedingte Eigenschaften derselben, welche bei verschiedenen technischen Operationen beruͤksichtigt werden muͤssen; von Hrn. Chevreul. Aus den Comptes rendus 1840, 1er Sem. No. 16. Chevreul, uͤber die naͤheren Bestandtheile der Wolle. Man hat bis jezt diejenigen Eigenschaften der Wolle, welche auf die Färbeoperationen Einfluß haben können, noch sehr wenig studirt; deßwegen war es auch nicht möglich die Nachtheile vorauszusehen, welche durch gewisse Körper, die ihr entweder zufällig beigemengt oder absichtlich zugesezt wurden, hervorgebracht werden können; eben deßwegen konnte man sich auch nicht erklären, warum beim Färben von Wollengarnen sowohl als Wollengeweben oft keine gleichförmige Farbe zu erzielen ist. Nach einer Abhandlung, welche ich der Akademie im Jahr 1828 übergab, enthält die mit destillirtem Wasser so gut als möglich entschweißte Wolle wenigstens drei nähere Bestandtheile, nämlich: 1) ein Fett, welches bei gewöhnlicher Temperatur fest, bei 60° C. aber vollkommen flüssig ist; 2) ein bei 15° C. flüssiges Fett; 3) den Faserstoff. Zu diesen kommt nun noch ein vierter, denn nach meinen Beobachtungen gibt der Faserstoff Schwefel oder Schwefelwasserstoff ab, ohne seine charakteristischen und wesentlichen Eigenschaften zu verlieren, daher ich der Ansicht bin und es im Folgenden zu beweisen suchen werde, daß der Schwefel als Grundstoff in einer von dem eigentlichen Faserstoffe ganz verschiedenen Substanz enthalten ist. Vor Allem will ich nun einige chemische Eigenschaften anführen, welche die Wolle in dem Zustand, wo man sie anwendet, besizt. I. Capitel. Von einigen Eigenschaften der entschweißten Wolle. 1000 Theile gut entschweißter und durch Flaken aufgelokerter Wolle geben 3 bis 5 Th. Asche, welche in der Regel aus phosphorsaurem Kalk und phosphorsaurer Bittererbe, schwefelsaurem Kalk, Kalk, Eisenoxyd, Kieselerde und bisweilen auch Mangansuperoxyd besteht. Mit Salzsäure ausgewaschene Wolle hinterläßt nur 0,002 bis 0,001 Asche. Erhizt man die Wolle troken zwei Stunden lang auf 100° C., so entbindet sie weder Ammoniak noch schweflige Dünste; bei 130° gibt sie Ammoniak und von 146 bis 150° einen schwefligen Dunst, ohne merkliche Entwiklung eines in Wasser unauflöslichen Gases. Das Wasser begünstigt die Entwiklung des schwefligen Dampfes, denn man braucht nur Wasser über Wolle zu kochen, um den Schwefel in dem sich entwikelnden Dampf zu erkennen. Wasser, welches Schwefelsäure und besonders Alaun enthält, wirkt weniger als destillirtes Wasser. Da die Wolle den Schwefel so leicht fahren läßt, so ist es nicht zu verwundern, daß sie sich besonders in der Wärme in Berührung mit einigen Metallsalzen, z.B. essigsaurem Blei, salzsaurem Zinnoxydul etc. schwärzt. Ich habe mehrere Körper vier Jahre lang mit Wolle in Berührung gelassen, wobei sich Folgendes zeigte: a) in 1 Theil Wolle wurde 0,4 Zinnfolie zertheilt und dieselbe sodann in eine Auflösung von 0,4 krystallisirtem einfachkohlensaurem Natron gebracht; es entband sich daraus Schwefelwasserstoff und Ammoniak und es bildete sich Einfach-Schwefelzinn. Die Wolle hatte ihre Zähheit fast ganz verloren und es war auf Kosten ihrer Grundstoffe eine beträchtliche Menge einer flüchtigen riechenden Säure entstanden, auf welche ich unten zurükkomme. b) 1 Theil Wolle wurde unter dieselben Umstände versezt, wie die vorhergehende, aber anstatt Zinn, Blei angewandt; sie färbte sich mehr, behielt jedoch ihre Zähheit fast ganz bei und lieferte auch weniger von der flüchtigen riechenden Säure. c) 1 Theil Wolle wurde unter dieselben Umstände wie die vorhergehende versezt, aber anstatt metallischen Bleies, gelbes Bleioxyd angewandt; sie färbte sich viel mehr und wurde auch mehr geschwächt. Man sieht also 1) daß wenn Wolle in einem sehr schwach alkalischen Wasser mit Zinn in Berührung bleibt, sie bei weitem mehr verändert wird als durch metallisches Blei, und 2) daß sie in Berührung mit Bleioxyd in alkalischem Wasser viel mehr verändert wird, als in Berührung mit metallischem Blei in alkalischem Wasser. Bewahrt man 1 Th. Wolle in 40 Th. Wasser mit 0,4 Bleioxyd ohne Alkali auf, so färbt sie sich wo nicht stärker als mit Bleioxyd und alkalischem Wasser, doch wenigstens gleichförmiger; merkwürdig ist, daß dabei die Zähheit der Wolle kaum vermindert wird, während, wenn kein Bleioxyd mit destillirtem Wasser vorhanden gewesen wäre, die Wolle viel von ihrer Zähheit verloren hätte. Als ich nämlich Wolle vier Jahre lang bloß in destillirtem Wasser stehen ließ, schien sich kein Schwefel daraus abgesondert zu haben, denn sie hatte nur einen sehr schwachen Knoblauchgeruch und mit Bleiessig getränktes Papier färbte sich in der Luft der Flasche auch nicht. Die Wolle hatte jedoch an Zähheit verloren, obgleich weniger als die mit Zinn und einfachkohlensaurem Natron in Berührung gewesene Portion; auch hatte sich Kohlensäure und Ammoniak gebildet. Das Bleioxyd conservirt die Wolle gerade so. wie die Bittererde das Schweinefett gegen das Ranzigwerden schüzt. Die zerstörende Wirkung, welche Zinn in alkalischem Wasser auf Wolle ausübt, bleibt noch zu erklären. Als ich Wolle mit Salpetersäure behandelte und alle Vorsichtsmaßregeln befolgte, um die Schwefelsäure, welche durch den in ihr enthaltenen Schwefel gebildet worden war, genau bestimmen zu können, fand ich daß 100 Th. Wolle in dem Zustande, wo sie angewandt wird, 1,78 Schwefel enthalten. II. Capitel. Von dem Fett der Wolle und der Theorie ihres Entschweißens. Das Verfahren, welches man im Großen beim Entschweißen der Wolle befolgt, besteht in der Hauptsache darin, daß man die Wolle, so wie sie vom Thier geschoren ist, bei einer Temperatur von 60 bis 75° C. mit einem Wasser behandelt, welches mittelst ammoniakalischen Urins, oder einfachkohlensauren Natrons oder Seife alkalisch gemacht worden ist; nach höchstens 10 bis 15 Minuten wird sie dann in Körben oder durchlöcherten kupfernen Gefäßen im Flußwasser gut ausgewaschen. Ich behandelte 1 Kilogr. rohe Merino-Lammwolle so lange mit kaltem destillirtem Wasser, bis sie an diese Flüssigkeit nichts mehr abgab. Das Wasser vom ersten Auswaschen färbte sich, indem es den eigentlich so genannten Schweiß auflöste, und war auch trübe, weil es den größeren Theil der erdigen Substanz, welche die rohe Wolle immer enthält, mitgerissen hatte. Die Analyse des Schweißes, so wie die Untersuchung der oben erwähnten flüchtigen Säure im Vergleich mit einer flüchtigen Säure, welche bei der Fäulniß thierischer Substanzen entsteht, werde ich in einer besonderen Abhandlung mittheilen. Bekanntlich hat Vauquelin den Schweiß der Wolle als eine Kaliseife betrachtet. Wolle, welche mit kaltem destillirtem Wasser so lange gewaschen wurde, bis sie nichts mehr an dasselbe abgab, hatte eine rothgraue Farbe und befeuchtete sich nicht leicht. Sie fühlte sich auffallend fett an und hinterließ in weißem Drukpapier, worin man sie zusammendrükte, beim Uebergehen desselben mit einem heißen Eisen, starke Fleken, die an der Luft nicht verschwanden, weil sie durch ein nicht verdampfbares Fett hervorgebracht waren. Das Fett, welches ich aus der Wolle mittelst kochenden Alkohols auszog, enthält zwei nähere Bestandtheile, welche in der Consistenz gerade so wie Stearin und Olein (Oehlfett und Talgfett) von einander verschieden sind. Ich nenne daher auch den einen Stearerin (Talg der Wolle) und den anderen Elaierin (Oehl der Wolle); sie unterscheiden sich jedoch durch mehrere Eigenschaften wesentlich von dem Stearin und Olein, insbesondere dadurch, daß sie mittelst Alkalien nicht verseift werden können. Das Stearerin ist nur bei 60° C. vollkommen flüssig, während das Elaierin es noch bei 15° ist. Beide verhalten sich gegen gefärbte Reagentien neutral. 1000 Th. Alkohol (von 0,805 spec. Gewicht) lösen bei 15° C. nur 1 Th. Stearerin, aber 7 Th. Elaierin auf, daher man diese beiden Körper mittelst Alkohol leicht von einander trennen kann. Erhizt man 1 Th. Stearerin und 100 Th. Wasser mit einander, so bilden sie selbst nach dem Erkalten keine Emulsion, wie es 1 Th. Elaierin und 100 Th. Wasser thun. Als ich 1 Th. Stearerin und 2 Th. Kalihydrat in Wasser auflöste und 60 Stunden lang auf 97 bis 99° C. erhizte, bildeten sie eine Emulsion, verseiften sich aber nicht. Destillirt man Stearerin und Elaierin mit Kalihydrat, so erhält man weder Ammoniak noch Sulfurid. Sie scheinen also weder Stikstoff noch Schwefel zu enthalten, sondern nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff und wahrscheinlich auch Sauerstoff zu bestehen. Sollte man es glauben, daß sich aus Wolle, welche mit destillirtem Wasser gewaschen und bei 100° C. getroknet wurde, 20,8 Proc. Fett ausziehen lassen, und daß die Wolle dessen ungeachtet noch solches zurükhält! Dieses Resultat erhielt ich wenigstens bei zwei Mustern Merinowolle, deren eines von Lämmern, das andere von einem Mutterschaf herrührte. Deßwegen will ich aber keineswegs behaupten, daß Wolle von verschiedenen Racen gleich viel Fett enthält. Aus der im Großen entschweißten und gewaschenen Wolle zieht Alkohol kaum noch 3 Proc. Fett aus, daher sie ungefähr 17 Proc. davon bei ihrer gewöhnlichen Vorbereitung zum Spinnen und Färben verliert. Ich will nun die Theorie des Entschweißens der Wolle auseinandersezen, wie ich sie aus meinen eigenen Versuchen abgeleitet habe. Wurde man die Wolle nur mit reinem und kaltem Wasser behandeln, wie ich es gethan habe, so verlöre sie nur den auflöslichen Schweiß; das Fett hingegen bliebe darauf befestigt und hielte die feinsten Theile des Sandes, welchen die Scherwolle immer enthält, zurük; da diese erdigen Theile mehr oder weniger gefärbt sind, so würden sie die der vollkommen entschweißten und gewaschenen Wolle eigenthümliche weiße Farbe verdeken. Wie verfährt man im Großen? Man versezt das Wasser in einem Kessel mit auflöslichem Schweiß (Schweißwasser), wodurch es alkalisch und gleichsam seifenartig wird, obgleich diese Substanz durchaus nicht als eine Seife betrachtet werden kann; um das Wasser noch alkalischer zu machen, sezt man auch gefaulten Urin oder Soda oder Seife zu, worauf man es in der Regel auf 60 oder 75° C. erhizt. Das Fett der Wolle bildet nun mit dem heißen alkalischen Wasser keineswegs eine Auflösung, weil keine Verseifung stattfinden kann, sondern eine Emulsion. Diese Emulsion trennt sich von der Wolle, weil sie sich keineswegs zersezt, und zwar geschieht dieß um so leichter, wenn man in dem Entschweißungsbad auch Walkererde zertheilt. Beim Auswaschen der Wolle in Körben oder durchlöcherten Kästen im fließenden Wasser wird ihr dann außer den fremdartigen Körpern, welche durch eine mechanische Wirkung beseitigt werden können, auch das noch anhängende Entschweißungsbad entzogen. Wenn man folgende Bemerkungen berüksichtigt, so begreift man wohl, welchen Einfluß beim Entschweißen die alkalische Beschaffenheit des Wassers und seine Temperatur haben, ferner wie wichtig es ist, der Wolle den größten Theil des Fetts zu entziehen, wenn man sie möglichst weiß bekommen will. 1) Einfachkohlensaures Natron bildet schon in der Kälte eine Emulsion mit Wolle, welche mit destillirtem Wasser gewaschen wurde, während reines Wasser keine solche bildet. Jene Emulsion sezt eine erdige Materie ab, welche an Alkohol viel Stearerin und Elaierin abgibt; und dampft man die vom Bodensaz abgegossene trübe Flüssigkeit zur Trokne ein, so gibt sie ebenfalls Fett an den Alkohol ab. 2) Wenn man Wolle, welche mit kaltem destillirtem Wasser ausgewaschen wurde, mit Wasser von 75° C. digerirt, so wird sie milchig, weil sie eine, freilich nur sehr geringe Portion Fett im Wasser zertheilt. 3) Wird Wolle, welche mit kaltem destillirtem Wasser ausgewaschen wurde, eingeäschert, so findet man, daß sie 4 6/10 Proc. erdiger Materie enthält; wenn man hingegen ein Muster derselben Wolle, nachdem sie mit Alkohol behandelt und weiß geworden ist, einäschert, so wird die Asche kaum 9/10 Proc. betragen. Welchen Einfluß das Fett mechanisch auf die Farbe der Wolle ausübt, zeigt sich auch deutlich, wenn man einige Gramme einer Wolle, die bloß mit kaltem destillirtem Wasser behandelt wurde, in einem kleinen gläsernen Kolben mit kochendem Alkohol behandelt; man sieht dann, daß, sobald der Alkohol das Fett auflöst, die Wolle weiß wird und die aus eisenhaltigem Thon bestehende Materie, welche ihre weiße Farbe maskirte, sich auf dem Boden des Kolbens absezt. Aus Merinoscherwolle zog ich folgende Substanzen aus, welche bei 100° C. getroknet gewogen wurden: Erdige Materie, welche sich aus dem destillirten Wasser absezte, worin man die Wolle wusch   26,06 In kaltem destillirtem Wasser aufgelöster Schweiß   32,74 Mit kaltem destill.Wasser gewasch.Wolle. Fett, aus Stearerin und Elaierin bestehendErdige Materie, auf der Wolle durch das Fett befestigtDurch Alkohol entfettete Wolle     8,57    1,40   31,23 –––––– 100,00 III. Capitel. Von den Eigenschaften der Wolle, welcher das Fett entzogen wurde. Vergleicht man Wolle, welcher ihr Fett entzogen wurde, unter dem Mikroskop mit einem Muster desselben Ursprungs, welches sein Fett noch besizt, so zeigt sich ein großer Unterschieb: jene besteht aus cylindrischen Fäden, deren Kanten nicht rein, sondern mit kleinen klümperigen Massen besezt sind; diese aber aus cylindrischen Fasern mit Querstreifen, deren Kanten ganz rein sind. Sezt man Wolle, welcher ihr Fett entzogen wurde, sechs Stunden lang einer Temperatur von 160° C. aus, im Vergleich mit solcher, die ihr Fett noch besizt: so nimmt sie eine schwache gelbe Farbe an, während leztere braun wird. Als ich mit Wollengarn, das an Alkohol 2 4/10 bis 2 8/10 Proc. Fett abgegeben hatte, denselben Versuch anstellte in Vergleich mit einer Wolle, die nicht mit Alkohol behandelt worden war, färbte sich jenes weniger als diese. Indessen bin ich weit entfernt behaupten zu wollen, daß das Fett allein die Färbung der Wolle in der Hize verursacht. Da das Fett keinen Schwefel enthält, so ist klar, daß mit Alkohol behandelte Wolle gerade so wie nicht damit behandelte durch einige Metalle, welche auf den Schwefel wirken können, gefärbt werden muß. Mit Alkohol ausgezogene Wolle liefert bei der Behandlung mit Salpetersäure mehr Schwefelsäure als gewöhnliche Wolle. IV. Capitel. Trennung des Schwefels von der Wolle. Der Umstand, daß die Wolle Schwefel verlieren kann, ohne daß ihre Structur merklich verändert wird und daß andererseits auch der Schwefel sie leicht verläßt, um sich mit einem Metall, z.B. Blei zu verbinden, veranlaßte mich zu versuchen, ob es nicht möglich ist, sie von Schwefel zu reinigen. Nach einigen Versuchen nahm ich mit der Wolle folgende Behandlung vor, mußte aber leider dabei ein Wollengarn benuzen, welches nicht von der zu den früheren Versuchen angewandten Merinowolle gesponnen war. Ich ließ 1 Th. Wolle, 1/5 Kalk und 40 Th. Wasser 48 Stunden lang mit einander in Berührung. Die Wolle wurde dann gewaschen, ausgerungen, mit verdünnter Salzsäure behandelt, wieder gewaschen und ausgerungen. Der Kalk entzog der Wolle wirklich Schwefel, indem sich Schwefelcalcium bildete, aber Salzsäure entwikelte aus der Wolle, nach ihrer Behandlung mit Kalk, noch Schwefelwasserstoff. Erst bei der eilften Behandlung mit Kalk schien die Wolle an Stärke oder Zähheit verloren zu haben; ich nahm aber deren 28 vor; sie war folglich 28mal und zwar immer 48 Stunden lang mit Kalk eingeweicht und auch 28mal mit Salzsäure behandelt worden, was sechs Monate dauerte. V. Capitel. Eigenschaften der von ihrem Schwefel befreiten Wolle. Die Wolle, welcher ihr Schwefel mittelst Kalk entzogen worden ist, hat sehr an Zähheit verloren; vergleicht man sie unter dem Mikroskop mit einer Wolle gleichen Ursprungs, die ihren Schwefel noch besizt, so sieht man, daß sie (während leztere aus cylindrischen Fäden mit geraden und reinen Kanten besteht, welche Fäden mit Querstreifen versehen sind) nur mehr viele plattgedrükte, an den Rändern zerrissene Fäden darbietet, die mit Längenstreifen versehen sind; aus lezterem Umstand dürfte man schließen, daß das häufige Auswinden mehr als die chemische Behandlung die Haare geöffnet hat. Wolle, welcher ihr Schwefel entzogen wurde, liefert nur mehr 0,005 Asche. Kochender Alkohol zog daraus 2 8/10 Proc. Fett aus, aus schwefelhaltiger Wolle gleichen Ursprungs aber 2 4/10, Proc.; dieß dürfte dem verschiedenen mechanischen Zertheilungszustande beider Muster zuzuschreiben seyn. Entschwefelte Wolle, selbst solche, die mit Alkohol behandelt worden ist, wird, wenn man sie sechs Stunden lang einer Temperatur von 160° C. aussezt, viel stärker orangefarbig als schwefelhaltige Wolle. Der Kalk entzog der Wolle nicht allen ihren Schwefel, denn während sie vorher beiläufig 2 Proc. davon enthielt, fanden sich nachher noch 0,46 Proc. darin. Durch vergleichende Versuche überzeugt man sich übrigens leicht, daß sich die entschwefelte Wolle durch die metallischen Körper, welche die gewöhnliche Wolle stark färben, gar nicht oder nur mehr sehr schwach färbt. VI. Capitel. Folgerungen aus den Versuchen in technischer Beziehung. Ich habe früher (polytechn. Journal Bd. LXVII. S. 157) die Akademie darauf aufmerksam gemacht, wie nachtheilig es beim Bedruken weißer oder hellbodiger Wollenzeuge mit Dampffarben ist, wenn diese Stüke Kupfer enthalten; damals sprach ich mich aber nicht bestimmt aus, in welchem chemischen Zustande das Kupfer in den Wollenzeugen nach dem Dämpfen derselben enthalten ist; jezt bin ich überzeugt, daß sich das Kupfer bei dieser Operation mit dem Schwefel der Wolle zu einem bräunlich-orangegelben Sulfurid verbindet. Man darf daher Wolle, welche in hellen Farben bedrukt werden soll, durchaus nicht mit kupfernen Werkzeugen und eben so wenig mit Kupferpräparaten in Berührung bringen. Es wäre interessant, vergleichende Versuche darüber anzustellen, wie sich beim Spinnen das Fett der Wolle, welche bloß mit Wasser entschweißt worden ist, im Vergleich zum Olivenöhl, womit die vollkommen entschweißte Wolle vor dem Spinnen versezt wird, verhält.