Titel: Ueber die Producte der Einwirkung der Salpetersäure auf das Aloeharz und ihre Anwendung in der Färberei; von Hrn. Boutin.
Fundstelle: Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XXXIII., S. 136
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XXXIII. Ueber die Producte der Einwirkung der Salpetersaͤure auf das Aloeharz und ihre Anwendung in der Faͤrberei; von Hrn. Boutin. Im Auszuge aus den Comptes rendus No. 10. Boutin, uͤber Anwendung der Aloesaͤure in der Faͤrberei. Wenn man Aloeharz mit Salpetersäure digerirt, entsteht, wie schon Braconnot gezeigt hat, außer anderen Producten hauptsächlich Aloesäure; später beschrieb Liebig Polytechn. Journal Bd. XXV. S. 124. einige der vorzüglichsten Eigenschaften der Aloesäure, und bemerkte, daß die Seide, wenn sie mit einer wässerigen Auflösung derselben gekocht wurde, eine sehr schöne purpurrothe Farbe annimmt, welche der Einwirkung der Alkalien und der Säuren widersteht; daß ferner die Wolle durch Aloesäure sehr schön schwarz und Leinwand rosa gefärbt wird. Nach Boutin sind die Nüancen, welche die Wolle und namentlich die Seide durch Aloesäure annehmen, beständiger als die, welche mit den organischen, sonst gebräuchlichen Farbestoffen erhalten werden. Da die Aloesäure sehr leicht bereitet werden kann, ihr Färbevermögen in kleiner Quantität außerordentlich groß ist, so glaubt er, daß sie in der Färbekunst mit wesentlichem Vortheile wird benuzt werden können. Die Zeit muß entscheiden, ob die Hoffnungen des Hrn. Boutin gegründet sind. Jedenfalls sind seine Resultate merkwürdig und verdienen in hohem Grade die Aufmerksamkeit der Färber. Beizt man die Seide mit einer Auflösung von Grünspan bei einer Temperatur von 56 bis 64° R., wäscht sie sodann in ammoniakalischem Wasser, bringt sie hierauf in ein Bad von Aloesäure bei derselben Temperatur und avivirt sie zulezt mit Essig, so erhält man mehr oder weniger tiefe Holzfarben. Corinthenfarben bilden sich, wenn man die Seide in verdünnte Weinsteinsäure oder Citronensäure von 32° R. taucht und sie sodann in ein mehr oder weniger starkes Bad von Aloesäure bei 40–48° R. bringt. Rosafarbe erhält man auf dieselbe Weise, nur muß die Aloesäureauflösung sehr verdünnt seyn und ein wenig Alaun enthalten. Die violetten Farben verdienen besonders berüksichtigt zu werden, denn bekanntlich können sie nur durch wenige organische Substanzen hervorgebracht werden. Hr. Boutin erhält sie, indem er dem Aloesäurebade Ammoniak und Essigsäure zusezt. Die Farbe wirb ein schönes Violett, wenn die Seide bei 40–48° R. gefärbt wird. Für die Seide muß das Bad ein wenig Säureüberschuß enthalten, bei der Wolle ist das Umgekehrte der Fall, bei dieser muß das Ammoniak vorherrschen. Die blaue Farbe entsteht, wenn man dem Aloesäurebade Zinnchlorür (Zinnsalz) und Weinstein zusezt. Anfangs ist das Bad violett; man sezt dann eine Auflösung des Zinnchlorürs und der Weinsteinsäure hinzu, worauf eine kleine Quantität von Ammoniak hinreicht, es in Blau zu verwandeln. Taucht man Seide hinein, so färbt sich diese sehr haltbar blau. Phantasiefarben, Avanturinfarben und einige andere werden durch mehr oder weniger ähnliche Proceduren erzeugt. Grün erhält man, wenn man die durch Salpetersäure gelb gefärbte Seide durch das blaue Bad passirt.Man vergl. auch Elsner's Bemerkungen über die Anwendung der Aloesäure zum Färben im polyt. Journal Bd. LXVIII. S. 64. A. d. R.