Titel: Beschreibung eines selbstmessenden mechanischen Webestuhls, von Hrn. Georg Alphons Risler (Director der mechanischen Weberei von J. Ch. Davillier und Comp. in Inval bei Gisors im Departement der Oise) der Société industrielle in Mülhausen vorgelegt.
Fundstelle: Band 77, Jahrgang 1840, Nr. LXXXI., S. 330
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LXXXI. Beschreibung eines selbstmessenden mechanischen Webestuhls, von Hrn. Georg Alphons Risler (Director der mechanischen Weberei von J. Ch. Davillier und Comp. in Inval bei Gisors im Departement der Oise) der Société industrielle in Muͤlhausen vorgelegt. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen, No. 63. Mit Abbildungen auf Tab. V. Risler's selbstmessender Webestuhl. Beschreibung der Abbildungen. Fig. 1 Aufriß des Webestuhls von der Seite der bewegenden Rollen und des Ablösers; Fig. 2 Aufriß von der Seite des Sperrwerks zum Aufrollen des Gewebes; Fig. 3 Ansicht der Vorderseite des Webestuhls; Fig. 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 einzelne, zur Bewegung des Sperrwerks und zum Aufbäumen des Tuchs gehörige Theile, in doppelt großem Maaßstabe gezeichnet. Beschreibung der einzelnen Theile. A die Brustwalze aus Holz von 116 Millimeter (4 Zoll, 4 Lin.) Durchmesser, mit einer eisernen Achse; sie ist mit zwei weißblechernen Ringen von gleichem Durchmesser a, a, Fig. 4, ausgestattet, die an ihrem Umfange mit kleinen Löchern, in welche Nadelspizen von ziemlich starker Nummer gebracht werden, durchbohrt sind. Ihre Stellung ist der Art, daß die Spizen nur die Leisten (Saalbänder) des Gewebes ergreifen können. B (Fig. 5) gußeiserne, mit Verbindungsschrauben an das Gestell befestigte, mit Schlizen versehene Anwellenträger; in den Schlizen befindet sich die messingene Anwelle, welche mittelst zwei Drukschrauben gestellt wird. Eine Mutter auf jeder dieser Schrauben dient dazu, die Stellung der Brustwelle A zu versichern. C der Zähler aus Messing. Er ist mit eingeschlagenen Ziffern versehen, welche die Meter an der Stelle der Pariser Ellen (der Stäbe) bezeichnen, und wird durch eine Schneke, die auf der Verlängerung der eisernen Achse der Walze A befestigt ist, bewegt. D eine an das Gestell geschraubte gußeiserne Stüze, Fig. 6. Am Ende ihres Armes befindet sich ein Schliz, um den Bolzen c aufzunehmen, der den Zähler C trägt. Am Haupte dieses Bolzens c ist der Zeiger d, welcher dazu dient, die Menge des gewobenen Tuches anzuzeigen, festgemacht. Eine um den Bolzen c gewundene Drahtfeder hält den Zähler an gehöriger Stelle. E der Lizenträger (Fig. 7); er besteht aus einer vierekigen eisernen Stange, die sich in der mit dem Gestelle aus einem Stüke bestehenden Stüze b vertical bewegen kann. Das Stük b diente früher dem unbeweglichen Brustbaume, der hier durch eine Walze ersezt ist, als Stüzpunkt. F (Fig. 8) gebogene und an das Gestell gebolzte eiserne Stüze; sie trägt einen gleicharmigen Hebel, dessen einer Arm hinter den Zähler reicht, um mittelst eines Daumens, welcher an diesem befestigt ist, niedergedrükt werden zu können; der andere Arm des Hebels geht in eine an der Stange des Lizenträgers E angebrachte Kehle. G ein gedrehtes eisernes, an das Gestell gebolztes, dem Hebel g als Stüze dienendes Gelenk (Fig. 9). Dieser Hebel reicht mit seinem unteren Ende in eine durch zwei Erhöhungen auf dem Stüke H gebildete Kehle. H ist an jedem Ende mit einem Schlize versehen, um auf seinem Träger L, l gleiten zu können. I eine runde eiserne, durch den ganzen Webestuhl reichende Stange. An einem ihrer Enden ist sie mit dem Marken- oder Lizenträger E durch einen Riemen verbunden, welcher über eine von zwei eisernen, an der Stüze b befestigten Blechen, getragene Rolle geht; das andere Ende dieser Stange I umfaßt, nach Art eines Gelenkes, den Hebel g ungefähr in feiner Mitte. K ein Klobett aus flachem Eisen in Winkelform; er ist mit seiner ganzen Dike in die Lade eingelassen und dort durch Bolzen festgemacht. Dieses Stük muß so gestellt werden, daß es, wenn die Lade im Laufe ist, zwischen dem Hebel g und dem Gestelle des Webestuhles durchgehen kann, und diesen nicht vorzeitig ablöst. –––––––––– Seitdem im Handel die rohen Baumwolltücher von gleicher Länge verlangt werden, habe ich nicht aufgehört, die Lösung einer Aufgabe zu versuchen, welche mir die Eigentümer der mechanischen Weberei in Inval gestellt hatten. Ich habe mit der Verbesserung des Zählers (Vorrichtung zum Messen) an den Schlichtmaschinen begonnen, damit alle Ketten gleiche Länge bekommen; zu diesem Ende habe ich den Zähler von den Schlichtwalzen abgenommen, weil mir diese nicht genug Genauigkeit darboten, und ihn auf die unabhängige Walze aufgebracht, welche zum Spannen der Kette dient, während sie auf dem Kettenbaume aufgerollt wird. Obgleich dieses Mittel ziemlich gute Dienste leistete, so dachte ich, es wäre noch besser, die Webestühle selbst mit einem Zähler (messenden Apparat) auszustatten, um sie ganz und gar unabhängig von den Fehlern zu machen, die bei den Schlichtmaschinen vorfallen können, und hiedurch glaube ich den meisten Uebelständen abgeholfen zu haben, welche der gegenwärtigen Messungsweise der Ketten vorgeworfen werden. Ich will nun den Gang des Ellenzählers an einem arbeitenden Webestuhle beschreiben. Das Gewebe geht, ehe es auf den Tuchbaum aufgerollt wird, wie gewöhnlich über den runden und beweglichen Brustbaum A, Fig. 3, veranlaßt diesen, sich um seine Achse zu drehen, und die Zahl seiner Umdrehungen bestimmt die Länge des Stükes Calicot. Zwei auf besagte Weise mit Nadeln a, a versehene Ringe aus Weißblech (Fig. 4) nöthigen den Brustbaum, genau dem Gange des Tuches zu folgen; eine auf dessen Achse befestigte Schneke regiert den Zähler c, und der Zeiger d zeigt in Metern die Länge des Gewebes an. Wenn ein Stük bald ausgewoben ist, und die Zahl 54, welche die Anzahl der Meter anzeigt, die es dann messen soll (bei einem Durchmesser des Brustbaums von 116 Millimetern), dem Zeiger sich nähert, so beginnt der an der inneren Seite der Zählerscheibe befestigte Zapfen auf den Hebel f (Fig. 8) zu drüken und ihn mit sich zu führen; da aber dieser Hebel seinen Stüzpunkt F ungefähr in der Mitte hat, so steigt sein anderes Ende, welches in eine Kehle am Lizenträger E eingreift. Lezterer wird hiedurch allmählich in die Höhe gehen und folglich mittelst der an ihm befestigten Stange I den Hebel g (Fig. 9) anziehen. Der Hebel f wird, wenn er an der Gränze seines Laufes angekommen ist, den entgegenstehenden Hebel g weit genug vorgeführt haben, damit der Kloben K, dem Laufe der Lade folgend, gegen den Hebel g anschlage; dieser wird den empfangenen Stoß auf das Stük H übertragen, welches, auf der mit zwei Einschnitten, in welchen abwechselnd die Feder des Ablösers ruht, ausgestatteten Stüze L gleitend, gegen eben diese Feder anschlägt. Es verläßt diese dann von selbst den einen Einschnitt, um sich in den anderen zu legen, und führt den Rüker mit sich, der den Treibriemen auf die Leerscheibe zu gehen veranlaßt. Auf diese Weise werden sich dann alle bewegenden Stüke in der in Fig. 3 mit Punkten bezeichneten Stellung befinden. Der Lizen- oder Markenträger wird, indem er sich dem Gesichte zeigt, in Verbindung mit der Ablösung des Webestuhles, die Vollendung eines Stükes anzeigen, und das Muster der Lize, welches auf dem Lizenträger aufgestekt ist, wird dazu dienen, daß der Arbeiter sich niemals weder in der Farbe noch in der Zahl der einzuschießenden Eintragsfäden irren wirb. Wenn der Webestuhl sich abgelöst hat, so hat der Weber nichts zu thun, als die Scheibe des Zählers l gegen die Spiralfeder zurükzuschieben und die lezte Ziffer genau hinter die Spize des Zeigers d, Fig. 3, zu stellen; er wird alsdann seine Lize eintragen, um das Stük zu beendigen, und eine weitere, um ein neues Stük anzufangen, und hierauf wird er seinen Webestuhl wieder in Gang sezen. Auf diese Weise vollbringt der messende Webestuhl seine Arbeit, und es ist leicht einzusehen, daß diese Anwendung keine seiner Bewegungen hindert, und besonders daß sie keinen Mehraufwand an Triebkraft über die gewöhnliche erfordert. Seitdem die Webestühle, welche mit dem besagten Zähler ausgestattet sind, sich im Gange befinden, arbeiten sie zur Zufriedenheit der Fabrik. Auch bietet diese Einrichtung den Vortheil, die Aufnahme eines Inventars sehr zu erleichtern, indem sie erlaubt, das Gewebe, das sich auf dem Stuhle befindet, genau zu werthen, was bisher nur annäherungsweise geschehen konnte. In einer großen Weberei kann dieses oft von Wichtigkeit seyn. Man begreift, daß für den ersten Webestuhl der Durchmesser des Brustbaumes A nur durch Versuche ermittelt werden kann, um genau die Anzahl der Stüke kennen zu lernen, welche man mit einer auf dem Kettenbaume aufgerollten geschlichteten Kette machen kann; es ist daher nöthig, daß der Schlichter nicht unterläßt die Stüke gehörig zu zeichnen. Eben diese Versuche sind für jede besondere, aus anderen Garnnummern zusammengesezte Art von Geweben erforderlich, denn jede Nummer hat so wie jede Baumwollgattung eine verschiedene Dehnbarkeit (Elasticität), und die Verlängerung ist bei dem Geschäfte des Webens wandelbar; deßhalb ist es unmöglich, durch Rechnung den Durchmesser des Brustbaumes ganz genau zu bestimmen. Ich schließe, indem ich anführe, daß es gut ist, daß der Brustbaum, ehe noch die weißblechenen Ringe a, a (Fig. 3 und 4) auf ihm befestigt werden, an seine Stelle gelegt wird, und daß man den Webestuhl kurze Zeit arbeiten läßt, ohne jedoch sie aufzusteken zu vergessen; man wird alsdann auf der Walze die Stellen bezeichnen, über welche die Leisten (Saalbänder) gehen, und dieses ist genau der Ort, wohin die Nadelspizen zu stehen kommen müssen. Bericht über den messenden mechanischen Webestuhl des Hrn. Georg Alphons Risler; von Hrn. Josua Heilmann Namens des Comité's für Mechanik erstattet. Wenn die Idee, einen mechanischen Webestuhl so einzurichten, daß er geeignet ist, die Länge des Gewebes, das er liefert, genau anzuzeigen und hiedurch das Mittel für Gleichförmigkeit im Stabmaaße der Stüke zu geben nicht gänzlich neu ist, so gehört wenigstens das erste Gelingen der Ausführung und die Anwendung im Großen Hrn. G. A. Risler an, welcher die Gefälligkeit hatte, Zeichnung und Beschreibung seiner Erfindung der Société industrielle zu übersenden. Dieser junge Elsässer Mechaniker hat von jener Idee eine sehr sinnreiche Anwendung dadurch zu machen gewußt, daß er seinen Mechanismus zum Messen mit der Vorrichtung zum Ablösen des Webestuhls in Verbindung sezte, so zwar, daß nicht allein ein Signal den Arbeiter unterrichtet, sondern daß auch der Webestuhl ganz allein bei einer gegebenen Länge des Stükes stillsteht. Da die Zeichnung und die Beschreibung den ganzen Mechanismus genau darstellen, so beschränken wir uns hier darauf, zu sagen, daß die Hauptsache wie in der Rouener Maschine zum Staben, in einer Walze mit gezählten Umdrehungen, über welche das Gewebe unmittelbar nach seiner Erzeugung wegläuft, besteht, wozu noch einige Verbindungen von Hebeln kommen, welche den Webestuhl zum Stillstehen bringen, sobald die eingetheilte Scheibe oder der Zähler die vorgeschriebene Zahl anzeigt. Das Comité glaubt, daß die Erfindung des Hrn. Risler schon in ihrem gegenwärtigen Zustande in Gebrauch kommen wird, gleichwohl erlaubt es sich die Bemerkung, daß die Art, in welcher die Ablösung und die Erscheinung des Signals, welches er Lizenträger (porte-chef) nennt, bewerkstelligt wird, etwas zu wünschen übrig läßt. Man könnte das Signal durch eine plözlich wirkende Federbewegung steigen machen, deren Lösung allein und nicht die Erhebung selbst von der eingetheilten Scheibe abhängig gemacht wäre. Zu diesem Ende würde eine Kerbe auf dem Umfange der Scheibe, wie bei den Viertelstundenrädern einer Uhr, anzubringen seyn. Die Schnelligkeit, welche hieraus folgte, würde den Arbeiter auf eine überraschendere Weise aufmerksam machen, und die Ablösung auf eine weniger zögernde Weise erfolgen. Das Comité stimmt mit dem Erfinder darin überein, daß diese Messungsweise sicherer ist, als die alte, welche bei den Schlichtmaschinen besteht; der einzige Uebelstand, welchen es dabei erwähnen zu müssen glaubt, ist die veränderliche und dem Zufall überlassene Länge des lezten Stükes, welches die Kette liefert. Um hier zu helfen, wird es ohne Zweifel gut seyn, der Kette einiges Uebermaaß zu geben, um dieses Stük auf jeden Fall auf die Länge der vorgehenden stellen zu können. Uebrigens haben die Bemerkungen des Hrn. Risler ihr Verdienst; wir schäzen jene, wo er das Streken und die Elasticität der Kette und des Gewebes während der Arbeit in Betrachtung zieht; wir lieben insbesondere an einem jungen Erfinder das freimüthige Zugeständniß der unüberwindlichen Hindernisse, hier die Unmöglichkeit, mit einer Walze Stoffe von verschiedener Elasticität zu messen; Versuche allein, sagt Hr. Risler, können den Durchmesser an die Hand geben, der jeder Gewebegattung angemessen ist; dieses ist unbestreitbar. Immerhin könnte man unter gewissen Umständen irgend ein allgemeines Mittel in Beziehung auf die Bewegung des Zählers oder seiner Eintheilung in Anwendung dringen, um nicht zu oft die Walze auswechseln zu müssen.

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