Titel: Kritische Uebersicht der deutschen technologischen Journalistik. Von Carl Karmarsch.
Autor: Prof. Karl Karmarsch [GND]
Fundstelle: Band 78, Jahrgang 1840, Nr. LXI., S. 297
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LXI. Kritische Uebersicht der deutschen technologischen Journalistik. Von Carl Karmarsch. Karmarsch, kritische Uebersicht der deutschen technologischen Journalistik. Dritter Artikel. Es ist meine Absicht, diesen kritischen Artikeln von Zeit zu Zeit als Einleitung gelegentliche Betrachtungen und Erörterungen über allgemeine Gegenstände der technologischen Journalistik nach den Beziehungen, die mir von einem hervorragenden Interesse scheinen, beizugeben, und hierin vielleicht auch über Gesichtspunkte der technologischen Literatur überhaupt mich zu verbreiten. Ich glaube nämlich, daß in beiden Hinsichten Manches gesagt werden kann, was bisher, wenn gleich mitunter gedacht, doch nicht im Zusammenhange und gestüzt auf eigene Erfahrung ausgesprochen worden ist. In diesem Vorhaben sehe ich mich für jezt noch dadurch gehindert, daß ich augenbliklich den Raum anders verwenden muß, indem mir eine Entgegnung auf Angriffe abgedrungen wird, welche zur Ehre ihrer Urheber besser nie zum Vorschein gekommen wären. Eine freimüthige Sprache der Kritik scheint manchen Leuten etwas so Unerhörtes, und das Wort der reinen ehrlichen Ueberzeugung etwas so Fremdes zu seyn, daß sie die eine wie das andere durchaus nicht verwinden können, und in der Wahl ihrer Widerstandsmittel eben so wenig Maaß als Gewissenhaftigkeit beobachten. Zwei Journale sind es, welche dem Anscheine nach ihre Sporen an mir zu verdienen gedenken, nämlich das allgemeine Journal für Industrie etc. von Romberg in Hamburg und das polyt. Archiv von Mendelssohn in Berlin. Die Herausgeber derselben haben sich so weit erniedrigt, ihre Spalten zu Persönlichkeiten herzugeben, welche bei Unparteiischen nur Widerwillen erweken können. Ich erachte mich durch ein solches Verfahren nicht verlezt: weßhalb, will ich aus Gründen der Artigkeit verschweigen; und insofern könnte ich das ganze Treiben ignoriren. Aber nicht allen denen, deren Ansicht einem Manne von Ehre wichtig seyn muß, liegen die Thatsachen und Verhältnisse so übersichtlich vor, daß ihr Urtheil einen gehörig haltbaren Boden finden könnte; und an diese richte ich meine hier folgenden Worte. Denn wie würdevoll in gewissen Fällen ähnlicher Art das gänzliche Stillschweigen ist: man geräth anderemale dadurch in Gefahr, dasselbe als ein Eingeständniß angeschuldigten Unrechts betrachtet zu sehen. Dem will ich mich nicht aussezen; und so bin ich, zu meinem wahren Leidwesen, in der Nothwendigkeit, die Geduld meiner Leser durch Verhandlungen in Anspruch zu nehmen, die dem Zweke und dem Plane meiner Kritik in jeder Weise fremd sind. Ich erkläre aber zugleich, daß ich von nun an auf keinen der etwa noch erfolgenden Angriffe antworten werde, sofern dergleichen nicht in anständigerem Tone gehalten seyn sollten. Zuerst hat, auf Veranlassung meines ersten und zweiten kritischen Artikels, Hr. J. A. Romberg in Hamburg, Herausgeber des dort erscheinenden „allgemeinen Journals für Industrie etc.“ mich in Nr. 19 dieses seines Journals auf eine äußerst plumpe Art angefallen, welche ich ehrenrührig nennen würde, wenn ich meine Ehre für leichter verwundbar hielte, als ich mir schmeichle, daß sie ist. Sein Artikel führt die Ueberschrift: Hr. Director Karmarsch als Kritiker und als Mensch.“ Hochtönend genug ist sie, und zugleich thut sie von Vorn herein dar, auf welches ungehörige Feld Hr. R. die Angelegenheit hinüberspielt. Da derselbe, wie er mit den bestimmtesten Worten ausspricht, mich, wenigstens was meine Grundsäze anbetrifft, nicht kennt, so frage ich: welcher Ehrenmann erlaubt sich, einen Andern in seinem Charakter, in dem, was er „als Mensch“ werth seyn mag, anzugreifen und zu verdächtigen, ja zu lästern, wenn er diesen Andern gar nicht kennt?! Hr. R. rechnet mich zu den von Hrn. v. Cotta „aufgegriffenen Söldlingen“; Hr. R. gibt mir Schuld: ich sey „mit Gemeinheit aufgetreten“; Hr. R. schreibt mir „unlautere Absichten“ zu; Hr. R. spricht von „Verdienung eines Lohns“, dem zu Liebe ich geschrieben haben soll, wie ich schrieb; Hr. R. nennt mich „einen Spürhund des polytechnischen Journals“; Hr. R. meint endlich, ich habe mich „förmlich lächerlich gemacht“, und gibt mich der „Verachtung eines jeden Ehrenmannes“ preis. Sollte man nicht glauben, der Mann, dem alle diese Ausdrüke gelten, sey ein gedungener Straßenräuber, mindestens ein Subject ohne allen moralischen Werth? Und ist es nicht erstaunlich, von einem Schriftsteller, der mit Ausdrüken, wie die obigen, um sich wirft, zu lesen, wie er einen Andern der Gemeinheit beschuldigt, ohne zu bemerken, daß er selbst sich ganz und gar in Gemeinheit versenkt hat? Entweder verstehe ich meine liebe Muttersprache nicht mehr, oder es liegt hier Stoff zu dem erbaulichsten Injurienprozesse vor. Ich habe nicht selten gesehen, daß Schriftsteller, denen noch lange nicht so arge Dinge geboten worden waren, sich hinreißen ließen, mit gerichtlicher Belangung vorzuschreiten, und habe ein solches Verfahren fast immer sehr unangemessen gefunden. Vergißt von zwei Männern, die in ihren literarischen Ansichten disharmoniren, der eine sich so weit, die Ehre und Rechtlichkeit des anderen anzutasten; zu welchen Unziemlichkeiten muß es führen, wenn der grundlos Beleidigte dem Angriffe seinen Zorn entgegensezt statt Mäßigung und Ruhe? Diese lezteren beiden ganz allein soll Hr. R. von mir zu sehen bekommen; was ich damit für ein Gefühl im Innern verbinde, ist eine Sache für mich allein: Kränkung oder Beschämung oder Aerger heißt es nicht, wiewohl vielleicht die Absicht hierauf gerichtet gewesen seyn mag. Ich bitte die Leser um Erlaubniß, mit einigen Zeilen auf die Beschuldigungen des Hrn. R. im Einzelnen antworten zu dürfen. Die Quintessenz des von ihm Vorgebrachten besteht in dem Vorwurfe: ich sey von der Verlagshandlung des polytechn. Journals in Sold genommen, um alle mit dieser Zeitschrift concurrirenden Journale „herunter zu reißen.“ Diese Beschuldigung (welche, wenn sie gegründet wäre, mich mit Recht ehrlos machen würde) wird nun in der weitern Ausführung nicht etwa bewiesen, sondern geradezu als ein ausgemachtes Factum hingestellt, aus welchem Hr. R. Alles, was ihm an meiner Kritik nicht gefallen hat, spielend ableitet und erklärt. Ware ein solches Verfahren nicht gar zu unbesonnen – eigentlicher zu sagen wahnsinnig – so sähe ich mich gedrungen, es schamlos zu nennen. Wodurch hält sich Hr. R. berechtigt, einen unbescholtenen Mann, auf leere Voraussezungen hin, der Schurkerei zu bezichtigen? Hält er es denn so ganz für unmöglich, daß (wie es thatsächlich der Fall ist) ich nach treuer reiner Ueberzeugung kritisire? Nach einer langen Diatribe, welche die Redaction und die Verlagshandlung des polytechnischen Journals allein angeht, erweiset Hr. R. mir die Ehre zu sagen: „Hr. v. Cotta, dem speciell vielleicht die Persönlichkeit des Hrn. Karmarsch bekannt war, beauftragte im vorigen Jahre denselben, eine Kritik der anderen technischen Zeitschriften für das Dingler'sche Journal abzufassen.“ – Darauf habe ich zu erwiedern, daß ich nicht das Vergnügen habe, Hrn. v. Cotta persönlich bekannt zu seyn; daß ich mir schmeichle. Niemanden unter Gottes Sonne könne etwas von mir bekannt seyn, was gegen Ehre und Rechtlichkeit streitet; daß ich weder von Hrn. v. Cotta, noch von irgend einem Verleger jemals Aufträge bekommen habe. Ich bin kein Lohnschreiber, und hoffe nie ein solcher zu werden. Wohl bin ich dagegen vielmals in dem Falle gewesen, die achtbarsten Verlags-Anerbietungen aus allen Theilen Deutschlands abzulehnen – bald aus Grundsaz, bald aus Mangel an disponibler Zeit. Und diese Anerbietungen (zum Theil der liberalsten Art) würden mich, wäre ich darauf eingegangen, nicht der Gefahr ausgesezt haben, mit Gegnern, wie Hr. Romberg einer ist, zusammenzustoßen. Ich muß dieses Umstandes gedenken, weil Hr. R. meiner schriftstellerischen Thätigkeit einen völlig falschen Beweggrund unterzulegen scheint, wie sich nachher zeigen wird. Wenn ich daher dem Ersuchen des Hrn. v. Cotta, eine Kritik der technologischen Journalistik zu liefern, willfahrte, so geschah es mit vollkommner Unabhängigkeit, aus reiner Neigung für die Wissenschaft, und aus der schon lange vorher gehegten Ueberzeugung, daß eine strenge Sichtung der großen Masse technologischer Journale hoch noth thue. Wie und wen ich loben oder tadeln solle, ist mir nicht vorgeschrieben worden, und durfte es nicht werden. Hr. R. muß seine Beobachtungen über die Verhältnisse zwischen Schriftsteller und Verleger in einer sehr nieder Sphäre gesammelt haben, um die Ansicht darüber zu gewinnen, welche er hier auf mich anzuwenden versucht. Hr. R. wirft mir vor: ich habe, statt den Werth eines jeden Journals nach seiner individuellen Tendenz aufzufassen, alle nach dem Maaßstabe von Dingler's polytechnischem Journale gemessen, und sieht hierin den Beweis meiner „unlauteren Absicht.“ – Ist es denn aber wahr, daß ich versäumt habe, die Tendenz der Journale zu berüksichtigen? Wer unparteiisch einen Blik auf die Einleitungen zu den einzelnen Abschnitten meines ersten Artikels wirft, muß mir in dieser Hinsicht gewiß ein anderes Zeugniß geben, als Hr. Romberg mir zugesteht. Wo ist in dem ersten und zweiten Artikel meiner Kritik etwas enthalten, was einem Unbefangenen die Meinung beibringen kann, ich wolle das polytechnische Journal als Muster für alle übrigen technologischen Zeitschriften aufstellen? Hr. R. äußert ferner: „Gewiß hat Niemand erwartet, daß bei einer Uebersicht der deutschen technologischen Journalistik Hr. K. den Dingler selbst fast ganz übergehen würde. Hr. K. hat zur Erreichung seiner Absicht, und zur Verdienung seines Lohns gut gethan, auf den Dingler nicht einzugehen, denn Hr. v. Cotta hätte dieß sicher nicht druken lassen.“ – Geräth nicht durch den vorstehenden Schlußsaz Hr. R. mit sich selbst in Widerspruch? Erst hält er mich für ganz gefesselt von den Ansichten und Bestrebungen zu Gunsten des polyt. Journals, und dann traut er mir doch wieder zu, daß ich über eben dieses Journal etwas hätte schreiben können, was Hr. v. Cotta nicht gedrukt haben würde. Soll ich wiederholen, daß in dem, was ich schrieb, meine Ansicht allein, meine freie Ansicht enthalten ist? Die erste Zeile, welche mir die Redaction eines Journals, aus Rüksichten des buchhändlerischen Interesse striche oder zurükwiese, würde den lezten Augenblik meiner Mitarbeiterschaft bezeichnen. Ich kann zum Ueberflusse Hrn. R. versichern, und auf Verlangen nachweisen, daß die Cotta'sche Buchhandlung eine Arbeit von mir hat unbedenklich abdruken lassen, in welcher mehrere Werke ihres Verlages unerbittlich getadelt sind. Was sagt Hr. R. dazu? Uebrigens wundere ich mich sehr darüber, wie Jemand hat erwarten können, daß in kritischen Artikeln, welche einem bestimmten Journale einverleibt sind, dieses Journal selbst werde beurtheilt werden. Wäre das Urtheil lobend, würde man es nothwendig für bestochen halten; wäre es tadelnd, müßte es eine Absurdität heißen. Zudem, wer meine Artikel liefet, kennt ja das polytechn. Journal, hat also ohnehin seine Meinung davon; was sellte dem die Beurtheilung frommen? Hinzufügen muß ich noch, daß ein offenbarer Widerspruch darin liegt, wenn Hr. R. einerseits selbst anführt, daß ich das polytechn. Journal gar nicht beurtheilt habe, und dann anderseits mich tadelt, daß ich selbes als unübertreffbar vorzüglich geltend machen wolle. Woher kennt denn Hr. R. meine in petto behaltene Meinung von dem polytechn. Journale? Weil ich gesagt habe: „mit halbem Auge könne man sehen, daß eine Zeitschrift, die, wie das Dingler'sche polytechn. Journal, regelmäßig erscheint und mit größter Raumersparniß gedrukt ist, nicht darum verlegen seyn kann, ihre Columnen zu füllen“ – gibt mir Hr. R. Lobhudelei Schuld! In meinen Worten liegt aber offenbar nichts, was den Werth des Inhalts betrifft, sondern nur eine Hinweisung auf die Menge des Materials, wofür die angeführten Thatsachen zuverlässig sprechen; zudem ist meine eben erwähnte Bemerkung durch einen Angriff des Hrn. Mendelssohn in Berlin abgedrungen worden, also eine Verteidigung und kein aus freiem Antriebe vorgebrachtes Lob. Daß ich bei dem Referate über die Original-Mittheilungen, wenn dieselben auch in das polytechn. Journal übergegangen sind, anmerkungsweise dieses leztere citire, hat – wie jeder Unbefangene einsehen muß – keinen anderen Zwek, als auszudrüken: „Man lese dort nach, wenn man das Nähere wissen will; mein Referat würde nur eine unnöthige Wiederholung seyn.“ Hr. R. aber, der in dem Erscheinen meiner Artikel eine gräßliche Verschwörung gegen alle Journale wittert, fragt (ob naiv, ob hämisch, lasse ich unentschieden): Sollte dieses vielleicht in einem besonderen Auftrag des Hrn. v. Cotta geschehen seyn, um den Abonnentenzusagen, daß sie für ihr Geld auch diese Sachen erhalten haben, und sie nicht nöthig haben, sich die andern Journale zu kaufen? – Mit triumphirender Miene rügt Hr. R., daß bei Erwähnung der Perrot'schen Drukmaschine (in dem Referate über die Verhandlungen des Berliner Vereins für Gewerbfleiß) eine Bemerkung steht, welche lautet: „Man vergleiche die Abbildung und Beschreibung der Perrotine im polytechn. Journal, Bd. LXXV. S. 443.“ Durch diese Worte soll ich mich „lächerlich“ gemacht haben, wie Hr. R. in seiner Art des Brettern darzuthun versucht. Ich muß ihm aber zu meinem Bedauern zweierlei eröffnen, nämlich 1) daß jene Bemerkung überhaupt auch nichts Anderes sagen soll, als: wer diese Maschine näher kennen lernen will, kann sie im polytechn. Journal beschrieben finden, falls er etwa die „Verhandlungen“ nicht zur Hand hat; 2) daß die gerügte Stelle mit den so anstößig gefundenen Worten. man vergleiche gar nicht einmal von mir herrührt, sondern von der Redaction hinzugefügt ist, weil in dem Zeitpunkte, wo ich das Manuskript absandte, das fragliche Heft des polytechn. Journals noch nicht erschienen war. Hr. R. ist sehr freundschaftlich und dankenswerth um mich besorgt, wenn er sagt: „Hr. K. läßt sich in der That zu Buchhändler-Speculationen brauchen;“ und: „Sollten Sie vielleicht Antheil bei diesem (polytechn. Journal) haben?“ – Die Antwort auf das Erstere liegt wohl genügend in dem, was ich oben in Betreff des angeblich von Hrn. v. Cotta erhaltenen Auftrages geäußert habe. Was aber die kindlich-treuherzige Frage betrifft, so kann ich Hrn. R. darüber beruhigen. Ich gebe nicht nur selbst kein Journal für eigene Rechnung heraus, in dessen Interesse ich andere ehrliche Leute beschimpfen und verdächtigen müßte; sondern ich habe auch nicht einmal Actien oder Gewinnantheile in irgend einer buchhändlerischen Unternehmung. Wer also in dem einen oder andern dieser zwei Fälle sich befindet, hat an meiner Person keinen Concurrenten. Wahrhast rührend ist folgende Stelle: „Ich bedaure, wenn Ihre Stellung der Art ist, daß Sie zu solchen Mitteln (Hr. R. meint meine angebliche Verdingung an Hrn. v. Cotta) greifen müssen, und will mir zur Verbesserung Ihrer Lage es gerne gefallen lassen, daß Sie mich mit meinen Collegen etwas herunterreißen.“ – Hier ist es, wo – wie oben schon erwähnt – Hr. R. sich über den Beweggrund meiner schriftstellerischen Thätigkeit in einer argen Täuschung befindet. Die eben angeführte Stelle wäre der unmenschlichste Hohn für Jeden, der um des Lebens willen schriftstellert; für mich ist sie nur ein Beweis, wie weit falsche Voraussezungen und vorgefaßte Meinungen selbst einen verständigen Mann bringen können. Ich bedarf – dem Himmel sey Dank! – des Bedauerns nicht, welches Hr. R. mir zu widmen so gütig ist. Wir sind einander nicht so fern, daß er nicht leicht die vollste Ueberzeugung davon gewinnen könnte. Glüklich, wem die literarische Thätigkeit eine Freude und zwar ein inneres, aber kein äußeres Bedürfniß ist. Man behält dann immer Muth und Frische genug, um vorlauten Angeiserern gebührend die Stirn zu bieten. Hr. R. wundert sich, daß ich (wie er meint) die mir auf Privatwegen zu gekommenen Urtheile über meine Kritik unberüksichtigt gelassen habe. Weiß er denn aber, wie die Mehrzahl dieser Urtheile gelautet hat? Hätte er bei ruhiger Betrachtung nicht schon errathen müssen, was ich nun genöthigt bin ihm zu sagen, daß die Stimmen für mein Unternehmen überwiegend waren? Freilich lauter Journalredacteure waren es nicht, die aufmunternd sich aussprachen, aber durchaus sachkundige Männer, deren Stimme zulezt auch bei Hrn. R. Gewicht haben würde. Daß ich die „Chronik der Eisenbahnen“ im polytechn. Centralblatte schäzenswerth finde, verübelt mir Hr. R. Nun, man kann darüber vielleicht verschiedener Ansicht seyn. Mich hat diese Sammlung von Notizen befriedigt; ich schäze auch die ähnlichen Notizen, welche Hr. R. in seinem Journale gibt. Aber die einen oder die anderen scheinen mir nicht hauptsächlich der Neuheit wegen Werth zu haben (daher es kein Unglük ist, wenn sich einmal eine Notiz etwas verspätet), sondern als Material zu einer künftigen Geschichte des Eisenbahnwesens, in welcher Beziehung es nur erwünscht seyn kann, die zerstreuten, leicht sich verlierenden Nachrichten, wie sie die Zeitungen liefern, in technischen Zeitschriften gesammelt zu sehen. Die Sorgfalt, welche das polytechn. Centralblatt darauf verwendet, verdient es wahrlich nicht, daß man diese Rubrik desselben „schwach“ nennt, wie Hr. R. thut. Mitleidswerth ist es aber, wenn weiterhin R. gegen mich den unberufenen Sachführer des polyt. Centralblattes macht, und daraus, daß ich die Preiserhöhung dieses Blattes anzeige und die Klage des Verlegers über bisher nicht genügenden Absaz wiederhole, den Schluß zieht, es sey auch das wieder nur im Interesse des Dingler'schen Journals geschehen. Muß man nicht verblendet seyn, um meine Gründe zu diesem Verfahren zu verkennen? Sie sind folgende zwei, welche jeder Unbefangene aus der betreffenden Stelle meines Artikels wird herauslesen können: 1) mein aufrichtiger Wunsch, daß eine so gute Zeitschrift die Anerkennung und Theilnahme beim Publicum finden möge, welche sie verdient; 2) die Nothwendigkeit, Hrn. Mendelssohn in Berlin darauf aufmerksam zu machen, daß nicht gerade immer die Theilnahme des lesenden Publicums den Maaßstab für die Güte eines Journals abgeben könne. Wo liegt denn hier die von Hrn. N. hämisch angedeutete, verstekte Bemühung, dem polytechn. Centralblatte zum Vortheile des Dingler'schen Journals zu schaden? Ich könnte dem Hrn. R., der mich da ebenfalls gern denunciiren möchte, die allertriftigsten Beweise liefern, daß Personen, welche das polytechn. Centralblatt aufrichtiger interessirt als ihn, die Absicht wie die Form meiner Aeußerung nicht zweideutig gefunden haben. Der „Zeitschrift für Oesterreichs Industrie, von Wiese habe ich anerkennend nachgesagt, „daß sie angefangen, ihre deutschen Quellen regelmäßiger zu nennen, insonderheit das polytechn. Journal.“ Auch das ist Hrn. R. nicht recht, der auf wahrhaft lappische Art mir Schuld gibt, daß ich die Güte eines Journals darnach abmesse, wie oft Dingler's Journal als Quelle angeführt wird. Kann ich bei Hrn. R. etwas Anderes als bösen Willen annehmen, wenn ich sehe, daß er ganz ignorirt, wie oft ich Plagiate namhaft gemacht habe, die an anderen Journalen begangen waren? Daß das polytechnische Journal am öftesten in dem Falle ist, sein Eigenthum reclamiren zu müssen, an wem liegt davon die Schuld? Was Wiese dem Hrn. Romberg nachgedrukt hat, weiß freilich Lezterer an den Fingern herzuzählen (wie er denn auch thut); ich mache keinen Anspruch darauf, die unzähligen kurzen Artikel und Notizen der kleineren Journale alle durchstudirt und nach Taufschein und Reisepaß gefragt zu haben, wiewohl meine Kritik Beweises genug enthalten dürfte, daß ich nicht urtheile, ohne beide Augen gebraucht zu haben (mit oder ohne Brille, die mir Hr. R. menschenfreundlich anräth, ist ziemlich gleichgültig, wenn ich nur sehe; habe ich dabei keine Brille, so kann sie mir auch nicht falsch zeigen). Habe ich Hrn. Wiese's Versicherung, daß sein mehreren Artikeln vorangestelltes Zeichen Original-Uebersezungen bedeute, getraut, und hat W. diesem Vertrauen nicht entsprochen (wie Hr. R. anführt); wen trifft da der Vorwurf? Wahrlich die Artikel der öfter. Zeitschrift sind im Allgemeinen zu unbedeutend, die ganze Zeitschrift ist von zu geringer Wichtigkeit für das übrige Deutschland, um die Mühe zu lohnen, welche man anwenden müßte, wollte man jeder Zeile ihren Ursprung abfragen. – – Das polytechnische Archiv enthält in seinen Nummern 24 und 25 des Jahrgangs 1840 nicht weniger als drei Artikel, welche auf meine Journal-Kritik Bezug nehmen. In dem ersten Artikel spricht der Herausgeber, Hr. Mendelssohn, ironisch von dem Schmerze (!), den es ihm gemacht habe, seine „Aufmerksamkeit“ auf meine Kritik so mißverstanden zu sehen, und meint: von anderen Journalisten sey diese Kritik vielleicht besser gewürdigt worden, indem dieselben nichts darauf antworteten. Wenn es darauf ankäme käme, unserm Publicum das Schauspiel eines Wettstreites von anzüglichem Wize zu geben, so möchte es nicht schwer fallen, mit Hrn. M. in die Schranken zu treten, falls ich dieß angemessen hielte, was zufälliger Weise nicht der Fall ist. Hr. M. gibt sich ferner den Anschein zu glauben, daß durch mich, und zwar durch unpassende Empfindlichkeit (!!) von meiner Seite, die Sache einen persönlichen Charakter angenommen habe. Natürlich war es von dem Gegner gar nicht persönlich gemeint, als er mich mit nakten Worten der Unwahrheit beschuldigte! Endlich sagt Hr. M.: „er ziehe nunmehr seine Person ganz aus dem Streite zurük.“ Das ist gewiß sehr edelmüthig, vielleicht aber in noch höherem Grade – vorsichtig; denn an seiner Statt läßt alsogleich der Hr. Herausgeber zwei seiner Mitarbeiter vorrüken, damit man nicht etwa glaube, das Zurükziehen soll ein verständiges Fallenlassen des viel zu eifrig gewordenen Streites bedeuten. Nein! Hr. M. ist ein viel besserer Taktiker. Nachdem er seine Munition verschossen hat, bringt er nur andere Abtheilungen in das Gefecht. Doch der Scherz dünkt mir, in Hinsicht auf die zwei anderen Artikel des „Archivs“ nicht richtig angebracht, denn beide verdienen ein ernstliches Wort: der erste (von Hrn. C. Kreßler), weil er – wenn gleich nicht ohne eine Spur von Gereiztheit – doch mit Würde und ehrenwerther Ruhe abgefaßt ist; der lezte (von einem Hrn. C. Gottlieb), weil er als ein Pröbchen ganz entgegengesezten Verfahrens sich charakterisirt. Hr. Kreßler legt im Wesentlichen eine gesunde und unbefangene Ansicht von dem Beweggrunde und der Tendenz meiner kritischen Arbeit an den Tag, wofür ich ihm aufrichtig danke. Hr. Gottlieb hingegen ergeht sich in dem Genusse, die oben von mir gewürdigte Schmähschrift des Hrn. Romberg wiederzukauen, und deren Inhalt nicht nur weiter zu verbreiten, sondern auch durch Hinzufügung eigener Bemerkungen nach Kräften noch mehr auszuzieren. Dieser Commentar steht und fällt natürlich mit dem Romberg'schen Texte, verdient daher keine besondere Widerlegung. Den der Erbauung bedürftigen Leser will ich nur bitten, ja nicht solche vorkommende Wendungen und Ausdrüke zu übersehen, wie die von „rüstigen Burschen“, „derben Jungen“, „älteren Rangen“, „Raisonneurs“, „Bokstößen“, „aufgekaufter Schlechtmacherei“, „näher zu Leibe gehen“, „goldenen Pillen“, einem „Wolfspelze unter der Verkleidung“, u. dergl. m. O, wer die stillen Seufzer des geduldigen Papiers zählen könnte! Ich fahre in der Berichterstattung über die technologischen Zeitschriften fort: I. Polytechnisches Centralblatt. Von Hülsse und Weinlig. Jahrgang 1840, Nr. 1 bis 45. Außer der sehr reichhaltigen Chronik der Eisenbahnen in Nr. 6, 29 und 30 enthalten die vorliegenden Nummern folgende eigentümliche Artikel: Nr. 1. Ueber die zu Brüggen bei Viersen (in Rheinpreußen) errichtete mechanische Seidenweberei. Dieses Etablissement wird als das erste seiner Art auf dem Continente bezeichnet, was nur insofern richtig ist, als man frühere Anlagen, die wieder eingingen, nicht mitzählen will. Hornbostel in Wien machte schon 1816 oder 1817 einen ausgedehnten Gebrauch von mechanischen Webestühlen für glatte Seidenzeuge. Die in Brüggen arbeitenden Stühle schießen gewöhnlich 110 bis 115 Mal in einer Minute ein, unduud verfertigen täglich 9 bis 10 Stab Gros-de-Naples oder 14 bis 15 Stab Gros-de-Berlin; eine Pferdekraft ist hinreichend, um wenigstens 15 Stühle in Bewegung zu sezen. Wie groß die Anzahl der arbeitenden Stühle sey, wird nicht gesagt; man kann daher nicht beurtheilen, ob dieses Unternehmen ein besseres Schiksal haben werde, als ähnliche frühere. – Nr. 9. Das Wassersäulenrad, eine Anwendung von Pecqueur's rotirender Dampfmaschine zur Benuzung der Wasserkraft. Von Weisbach. Indem der Verfasser die Einrichtung einer rotirenden Dampfmaschine, mit einigen zwekmäßigen Modificationen, zum Betriebe durch Wasserkraft in Vorschlag bringt, hat er für deren Anwendung den Fall im Auge, wo ein sehr großes Wassergefälle mit kleiner Wassermasse zu Gebote steht. Bei solchen Gelegenheiten werden bis jezt immer nur entweder Wassersäulenmaschinen oder Turbinen angewendet, von welchen die ersteren durch den Mangel einer unmittelbaren Rotationsbewegung mancherlei Nachtheile mit sich führen, die lezteren aber wegen ihrer zu schnellen Bewegung Zwischenmaschinen nöthig machen und einen beträchtlichen Kraftverlust verursachen. Das Wassersäulenrad (wie der Verf. die von ihm empfohlene Maschine nennt) vereinigt den Vortheil unmittelbarer Rotation mit einer mäßigen Geschwindigkeit, ist nicht zu complicirt in der Bauart, nimmt wenig Raum ein, und läßt – wie beispielweise berechnet wird – einen Nuzeffect von etwa 75 Proc. der rohen Wasserkraft erwarten. Die Welle steht vertical, und ist dergestalt ausgehöhlt, daß der Zu- und Abfluß des Wassers durch das Innere derselben stattfindet. Das einfließende Wasser tritt aus dem hohlen Raume der Welle in eine dieselbe umgebende Trommel, und wirkt hier fortschiebend auf zwei an der Welle selbst sizende flügelartige Kolben, wodurch die Umdrehung erfolgt. – Nr. 25. Mechanischer Aufwinder (Selbstaufwinder) für Mulespinnmaschinen, erfunden von den Gebr. Laukner, in Aue bei Schneeberg. – Es ist dieß die nämliche Notiz, welche Bd. LXXVI. S. 317 des polyt. Journals, aus dem Centralblatt entlehnt, vorkommt. – Nr. 44. Ueber die Benuzung der Maikäfer zur Gasbereitung. Von Lampadius. Der Amalgamirmeister Müller in Freiberg hat den sonderbaren, aber interessanten Versuch angestellt, aus den in Menge eingesammelten Maikäfern, nachdem sie durch Abbrühen mit heißem Wasser getödtet waren, Leuchtgas zu bereiten. 3 1/2 Kubikfuß, welche 59 1/2 Pfd. wogen und 31,850 Stük enthielten, wurden in einer gewöhnlichen Gasretorte wie Steinkohlen destillirt, gaben 100 Kubikfuß eines sehr schön und intensiv brennenden Gases, und hinterließen 1 1/3 Kubikfuß = 5 3/8 Pfd. Kohle, welche sich wie andere thierische Kohle verhielt. Zur Heizung waren 4 1/2 Kubikfuß Steinkohlen erforderlich. II. Magazin der neuesten Erfindungen etc. von Thieme. Neueste Folge, Bd. V. Heft 1, 2, 3, 1839–1840. Ungern komme ich abermals auf die erstaunliche Oberflächlichkeit zurük (um ein sehr gelindes Wort zu gebrauchen), womit die Artikel dieses Magazins übersezt sind. Vieles ist aber in der That von solcher Art, daß es einem Schüler im Englischen nicht nachgesehen werden könnte. Man ist es leider gewohnt, daß in dem größten Theile unserer technologischen Zeitschriften die Uebersezungs-Arbeiten nicht sonderlich ausgefeilt sind; bei der Schwierigkeit mancher Originale, bei der Eile, mit welcher oft übersezt werden muß, darf man am Ende auch nicht zu streng seyn, muß man Härten in der Construction, ja einzelne Wortfehler und Dunkelheiten des Sinnes, billiger Weise entschuldigen. Aber Alles hat seine Gränzen. Eine so unbeholfene, ekige und stachelige Schreibart, wie Hrn. Thieme's Uebersezungen darbieten, kommt nicht oft vor; und unrichtige, die Verständlichkeit in hohem Grade beeinträchtigende Ausdrüke sind zu häufig. Zum Beweise mögen folgende Beispiele dienen, welche, nebst noch mehreren, ohne vieles Suchen wahrgenommen worden sind. Heft 1, S. 24 steht: Zugrolle statt Triebrolle; Zugschaft st. Treibwelle oder Betriebswelle; Rollen st. Walzen (mehrmals); Flächengeschwindigkeit st. Umfangsgeschwindigkeit (bei Walzen); Eke st. Schneide oder Kante (zweimal); Glättzahn st. Polirstahl; – Heft 2, S. 85, 86, Luft-Alkali st. Ammoniak; S. 86 Druk vermittelst Cylinder und Blok st. Walzen- und Modeldruk; platte Pressen (flat press) st. Plattendruk; S. 88 Schraubenbüchse, Nuß st. Schraubenmutter; Schraubenschaft st. Schraubenspindel; S. 93 Cyan-Kali st. Cyan-Kalium; eisen-cyansaures Eisen st. eisenblausaures Eisen (d.h. Berlinerblau); salpetersaure Potasche st. Salpeter; S. 94, versezt st. verunreinigt; S. 100, Bleichlor st. Chlorblei; – Heft 3, S. 110 etc., Schüzenbüchse st. Schüzenkasten (am Weberstuhl); S. 116, Knierad st. Winkelrad; S. 120, Drehbankspindel st. Dorn (zum Röhrenziehen); S. 137, 138, Chinesisch-Blau (chinese blue) ohne Erläuterung, daß damit Berlinerblau gemeint ist; S. 138, essigsaures Kupfer-Deutoxyd, und dann gar: essigsaures Deutoxyd von Kupfer st. krystall. Grünspan; schwefelsaures Eisen st. Eisenvitriol; oralsaure Potasche st. Sauerkleesalz; S. 140, 141, Animan-Gummi st. Anime (vielmals); S. 142, Amber st. Bernstein; S. 144, Spiritusvini-Firniß st. Weingeistfirniß. Die Zahl der Drukfehler ist bedeutend, und manche darunter sind störend, wie z.B. Striken für Streken (S. 21), Frescol und Frescal für Fresnel (S. 78), Kuhdinger für Kuhdünger (S. 86), Drehgeflechte für Drahtgeflecht (S. 118), kleinere für bleierne (S. 119), Aufdekwelle für Aufdokwelle (S. 129), Corbanil für Courbaril (S. 140). – Gegen seine Gewohnheit liefert das Magazin diesesmal auch ein Paar Original-Artikel, nämlich im 3. Hefte die Beschreibung des Weberregulators von Reinicke (über welchen ich weiter unten aus dem Gewerbeblatt für Sachsen berichte), und eines in Plauen ausgeführten Trokenapparates für Baumwollzeuge. Lezterer besteht aus einem 8 bis 9 Fuß hohen, 4 Fuß breiten und 5 Zoll diken kupfernen Dampfkasten, vor und hinter welchem der Zeug auf und nieder geleitet wird. Zum Troknen eines Stükes von 40 Ellen soll nur erforderlich seyn: bei Musselin 7–8, Kambrik 13–14, Köper 25 Minuten. Seine Einfachheit kann diesem Apparate einen Plaz neben den Cylinder-Trokenmaschinen einräumen, welchen er jedoch in Schnelligkeit der Wirkung nachsteht. III. Berliner polytechnische Monatsschrift von Lindes. IV. Bd., Heft 6, 1839. Dieses Heft (vom Jahrgange 1840 ist mir noch nichts zu Gesicht gekommen) enthält auf S. 401–405 eine Original-Mittheilung von Gentele, betreffend die technische Benuzung des basischen Chlorbleies, welches durch Zersezung des Kochsalzes mittelst Bleiglätte entsteht. Der Verfasser gibt die Verfahrungsarten an, durch welche man aus dem genannten Salze verschiedene Schattirungen von Chromgelb darstellen kann, und deutet auf einige andere Benuzungen hin. Es fehlen jedoch Nachweisungen über die Qualität der verschiedenen Producte und das Verhältniß der Erzeugungskosten; wiewohl anscheinend allerdings die hier empfohlene Chromgelb-Bereitung in Verbindung mit der von Chaptal vorgeschlagenen Methode der Soda-Bereitung (eben durch Kochsalz und Glätte) vortheilhaft zu seyn verspricht. IV. Polytechnisches Archiv, von Mendelssohn. Jahrgang 1840, Nr. 1–36. Auf eine nicht zu verkennende Weise hebt sich diese Zeitschrift, welche in den vorliegenden 36 Nummern eine bedeutende Anzahl interessanter, theils eigenthümlicher, theils (mit Angabe der Quellen) entlehnter Aufsäze enthält. Die Auswahl ist durchaus zwekmäßig; die Abbildungen sind gut und ziemlich zahlreich; die Notizen am Schlusse eines jeden Blattes geben dem Inhalte noch mehr Mannichfaltigkeit und Lebendigkeit; kurz – man kann sagen, daß das polytechnische Archiv in seinem technischen Theile nicht nur überhaupt lobenswerth und brauchbar ist, sondern auch insbesondere, wenigstens in einer Linie mit den besten Journalen von verwandter Tendenz steht. Daß es sich dagegen neuerlich mit weniger Tact auf dem Felde der Antikritik versucht hat, wie schon oben zu besprechen Veranlassung war, ist eine ganz getrennte Sache, in der Niemand ihm seine Lorbeeren beneiden wird. V. Allgemeine polytechnische Zeitung, von Leuchs. Jahrg. 1839, December, Nr. 49–52; Jahrg. 1840, Januar bis Julius, Nr. 1–31. Seit Anfang des neuen Jahres erscheint die polytechn. Zeitung viel ansprechender ausgestattet, nämlich auf schönem weißem Velinpapier gedrukt. Die innere Einrichtung ist wie bisher, und darf als bekannt vorausgesezt werden. Die Redaction fährt fort, mit vielem Fleiße kleine Aufsäze und Notizen, besonders über die chemisch-technischen Fächer zu sammeln und zu bearbeiten. Die mechanisch-technischen Gewerbe werden dabei planmäßig viel weniger berüksichtigt, was für sehr angemessen zu halten ist, indem die Nüzlichkeit einer auf mäßigen Raum beschränkten Zeitschrift nur dabei gewinnen kann, wenn dieselbe sich den Umfang ihres Leserkreises nicht zu ausgedehnt abstekt. Denen, für welche der Inhalt bestimmt ist, kann dann um so eher genügt werden. Gar manche Artikel dieser Zeitung enthalten eigenthümliche Mittheilungen, Vorschläge oder Anregungen; und selbst die bloß ankündigenden haben, der Natur der Sache nach, ein nicht kleines Publicum, für welches sie von Interesse sind. So kann es nicht fehlen, daß durch eine solche Zeitung eine Menge Samenkörner ausgestreut werden, durch welche noch immer ein beachtenswerther Nuzen entsteht, wenn auch (wie es unvermeidlich ist) mehrere unfruchtbare darunter sind, und ein guter Theil auf steinigen Boden fällt. Ueber den Werth dieser oder jener einzelnen Mittheilung kann die Meinung verschieden seyn; im Allgemeinen und Ganzen wird der Vortheil, ja die Nothwendigkeit gut geleiteter technologischer Zeitungen nie verkannt werden dürfen, was ich hier wiederholt mit einigem Nachdruk aussprechen will, um nicht mißverstanden zu werden. Man hat mir bekanntlich (und, wie ich mir bewußt bin, sehr übereilt) vorgeworfen, daß ich alle von mir besprochenen Zeitschriften nach dem Maaßstabe der größeren Journale, namentlich des polytechn. Journals, abmesse. Daß man hinter meiner Beurtheilung diese leztere engherzige Ansicht gesucht hat, kann ich nur aufs Neue für eine Abgeschmaktheit erklären, welche den vorurtheilsfreien Lesern (und namentlich der Redaction der polytechn. Zeitung) nicht in den Sinn gekommen ist. Daß ich aber, bei der meiner Berichterstattung zum Grunde liegenden Absicht, hauptsächlich nur die größeren Aufsäze von mehr allgemeiner und bleibender Bedeutung in einem Ueberblike vorzuführen, nicht in eine detaillirte Anzeige des Inhaltes der zeitungsartigen Blätter eingehen kann, ergibt sich aus der Natur der Sache. Ein Referat über die Artikel dieser Zeitungen, selbst wenn sie für den Moment oder in einer speciellen Beziehung wesentlichen Werth haben, würde nicht nur zu ungemessener Weitschweifigkeit führen, sondern auch gewöhnlich zur Zeit seiner Erscheinung ganz verspätet, also nuzlos und überflüssig seyn. VI. Allgemeines Journal für Industrie, Handel und Schifffahrt. Mit einem polytechn. Beiblatt. Von Romberg. Jahrg. 1840, Nr. 1–35. Unter dem vorstehenden abgeänderten Titel erscheint seit Anfang dieses Jahres das früher so genannte allgemeine polytechn. Journal, von welchem ich auch noch die Nummern 40–44 des vorigen Jahrganges anzuzeigen hätte, wenn deren Inhalt nicht von selbst sich erledigte. In dem neuen Jahrgange erscheint wöchentlich ein ganzer oder halber Bogen des Hauptblattes, begleitet von einem halben Bogen des Beiblattes. Ersteres enthält sowohl größere Artikel als kurze Notizen über Handel, Schifffahrt und Industrie im Allgemeinen; dem lezteren bleibt das rein Technische vorbehalten. In den Kreis meiner Berichterstattung fällt sonach nur das Beiblatt. Der Herausgeber fährt nicht nur fort, bei den von ihm aus deutschen Zeitschriften herüber genommenen Artikeln die Quellen gewissenhaft anzugeben, sondern liefert jezt auch viele eigene Uebersezungen aus englischen und französischen Journalen. Hr. Romberg wird sich erinnern, daß seine frühere Unterlassung dieses Verfahrens und das Entlehnen fremder Uebersezungen ohne Bezeichnung des Ursprungs die einzigen Motive des von mir über sein Journal ausgesprochenen Tadels waren. Es wäre sehr löblich gewesen, den Grund dieses Tadels auf so vollständige Weise, wie es nunmehr geschehen ist, zu beseitigen, ohne zugleich in solche niedrige Schmähungen gegen mich, wie seine Nr. 19 enthält, auszubrechen. In den Uebersezungen kommen zur Zeit noch hin und wieder kleine Mängel vor, auf deren leicht mögliche Beseitigung ich aufmerksam machen will. So sind namentlich in Nr. 22 (S. 80) mehrere chemische Benennungen ganz unrichtig und unverständlich wiedergegeben: es steht z.B. Cyaneisenkalium für Berlinerblau, Säure von Kupfer-Protoxyd und saures Kupferoxyd f. essigsaures Kupferoxyd, schwefelsaures Alaun- und Potasch-Salz f. Alaun, kleesaures Potasch-Salz f. Sauerkleesalz. VII. Zeitschrift für und über Oesterreichs Industrie und Handel. Von H. Wiese. Jahrgang 1840, Nr. 1–69. Dem Herausgeber scheint es auf die Dauer nicht möglich zu seyn, das literarische Eigenthum anderer gehörig zu respectiren. Nachdem Hr. Wiese (wie ich in meinem zweiten Artikel bemerkte) einen lobenswerthen Anlauf dazu genommen, muß er doch wieder gefunden haben, daß eine solche Strenge gegen sich selbst überflüssig sey, oder auch vielleicht nachtheilig, indem sie freilich den erborgten Nimbus der Redacteurs-Herrlichkeit in den Augen des großen Publicums ein wenig schwächt. Jezt kommen von Neuem eine Menge übersezter Artikel vor, die wörtlich aus deutschen Zeitschriften abgedrukt sind, und doch die Bezeichnung keiner anderen Quelle als die der ursprünglichen (englischen oder französischen) bei sich führen. Das polytechn. Journal, Romberg's Journal für Industrie und das polytechn. Centralblatt scheinen Hrn. Wiese sehr bequem gelegene Fundgruben zu seyn. Ich halte dafür, daß wer in einem solchen Verfahren, nachdem es wiederholt gerügt ist, beharrt, sich durch die That selbst unter dasjenige Niveau stellt, bis zu welchem die Kritik hinabreichen darf, ohne dem trüben Bodensaze zu nahe zu kommen. Hr. Wiese sollte bedenken, daß er mit seiner Methode nicht dazu beiträgt, die österreichische Literatur von dem mitunter auf ihr haftenden ungünstigen Vorurtheile des Auslandes zu befreien; und doch will er – wie mehrfache, klar hingestellte Aeußerungen beurkunden – den Anspruch machen, daß seine Zeitschrift gar schwer in der Waagschale liege, wenn die technologische Literatur des Kaiserthums gewogen wird. VIII. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen. Jahrgang 1839, Lief. 5, 6; Jahrg. 1840, Lief. 1, 2. 5te Lieferung: Eine neue Methode der Theilung. Von Prof. Wolff. Bei der Anwendung der Theilscheiben zum Räderschneiden und zur Verfertigung anderer Kreiseintheilungen geräth man sehr oft, auch wenn die Scheibe eine bedeutende Anzahl verschiedener Theilungen enthält, in den Fall, eine eben nöthige Theilung nicht ausführen zu können, weil ihre Zahl nicht durch das gewöhnliche Verfahren des Ueberspringens eines oder mehrerer Theilpunkte zu erlangen ist. Die Methode des Verf., welche sich auf einen sehr einfachen und leicht verständlichen Grundsaz stüzt, hilft dieser Unvollkommenheit insofern ab, als man durch deren Anwendung eine viel größere Menge von Theilungen (aber freilich nicht alle beliebigen) zu erreichen vermag. Um hievon einen Begriff zu geben, werde angeführt, daß man durch eine Theilscheibe mit den Zahlen 112, 144, 209, 221 und 360, welche nach der gewöhnlichen Gebrauchsart nur 37 verschiedene Theilungen liefern kann, nach der neuen Methode gegen 1000 Theilungen erlangt, von welchen jedoch nur 126 unter der Zahl 365 liegen, und die meisten sehr große Zahlen sind. Das Gesez, welches dem neueren Theilverfahren zu Grunde liegt, lautet folgendermaßen: Sind a und b relative Primzahlen, und theilt man den Umfang eines Kreises zuerst in a gleiche Theile, darauf von jedem der erhaltenen Theilpunkte aus in b gleiche Theile; so wird der Umfang in a × b Theile getheilt. Man sieht, daß das Verfahren eine Aehnlichkeit mit der Construction und Anwendung der Nomen hat. Zur Ausführung einer Theilung in 66 z.B. würbe man die Zahlenkreise 6 u. 11 der Scheibe anwenden (oder die mit Vielfachen von 6 u. 11 nach der gewöhnlichen Weise). Stellt man sich vor, der Kreis sey bereits in 6 Theile getheilt, man habe also die Punkte 0 (oder 66) 11, 22, 33, 44, 55; und fängt man hierauf an, von jedem dieser Punkte, als Anfangspunkt, aus die Theilung in 11 vorzunehmen, so ergeben sich nach und nach folgende neue Punkte, und zwar: aus     0   :     6,   12,   18,   24,   30,   36,   42,   48,   54,   60; aus   11   :   17,   23,   29,   35,   41,   47,   53,   59,   65,     5; aus   22   :   28,   34,   40,   46,   52,   58,   64,     4,   10,   16; aus   33   :   39,   45,   51,   57,   63,     3,     9,   15,   21,   27; aus   44   :   50,   56,   62,     2,     8,   14,   20,   26,   32,   38; aus   55   :   61,     1,     7,   13,   19,   25,   31,   37,   43,   49. Zur Ausführung der Theilungen nach dieser Methode ist an der Theilscheibe weiter keine Veränderung anzubringen, als daß man sie mit einer zweiten Alhidade versieht, welche sich verlängern und verkürzen läßt. Das Verfahren beim Theilen ergibt sich, wenn man mit der gewöhnlichen Methode bekannt ist, durch einiges Nachdenken von selbst, ist jedoch in der Abhandlung beschrieben. – Beschreibung einer dreifachen Wasserpumpe. Von Stephan. Dieses Saugwerk, welches nach Art der von Braithwaite in London gebauten construirt ist, hat drei metallene Stiefel von 6 1/8 Zoll Durchmesser, deren Kolbenstangen durch eben so viele Krummzapfen einer Welle in Bewegung gesezt werden. Der Hub beträgt 18 Zoll, und findet in jedem Stiefel 17 bis 20mal in der Minute statt. Alle drei Stiefel zusammen fördern nahe 15 bis 17 1/2 Kubikfuß Wasser in einer Minute, was 95 Proc. von der berechneten Menge ausmacht, also nur bei ganz vorzüglicher Ausführung der Pumpe und im neuen Zustande derselben gelten kann. – Mittheilung eines Verfahrens, Wolle mit blausaurem Eisenkali hellblau zu färben. Von Stephan. Das Wesentliche besteht darin, die wollene Waare in einer kochendheißen, mit Weinsteinsäure versezten Auflösung des Blutlaugensalzes zu behandeln. Der Zeug erscheint unmittelbar nach dem Ausfärben grünlichblau, und wird erst rein blau, wenn man ihn nachträglich durch ein (am besten aus Salzsäure und Salpetersäure gemischtes, allenfalls mit etwas salzsaurem Zinnoxyd verseztes) Sauerbad nimmt. Der Verf. hat seine Versuche bisher nur im Kleinen vorgenommen, hofft aber für die Ausführung im Großen den besten Erfolg. 6te Lieferung: Ueber die entfärbende Kraft der aus degelatinirten Knochen dargestellten Kohle. Die Versuche, welche im Auftrage des k. preuß. Finanzministeriums angestellt wurden, um zu ermitteln, in welchem Grade die aus degelatinirten (von Knorpel oder Leim befreiten) Knochen und Theer dargestellte Kohle (polytechn. Journal, Bd. LXIV., S. 318) zur Raffinirung des Zukers brauchbar sey, haben ergeben: daß diese Kohle der nach gewöhnlicher Weise aus rohen Knochen bereiteten durchaus nicht nachsteht. (Diese Abhandlung ging auch in das polyt. Journal Bd. LXXVI. S. 32 über.) – Ueber den hier im Handel vorkommenden englischen Stahl, so wie über die gebräuchlichen deutschen Stahlsorten und das Verhältniß beider zu einander. Von Schauer.Polytechn. Journal Bd. LXXVII. S. 223. Der Verf., welcher hier manche sehr beachtenswerthe Bemerkung zur praktischen Kenntniß der Stahlsorten aufstellt, ist im Allgemeinen der Meinung, in neuerer Zeit sey der englische Gußstahl schlechter geworden: ein Urtheil, welches so allgemein von den erfahrensten Arbeitern gehört wird, daß man ihm wohl einiges Gewicht geben muß. Karsten glaubt jedoch, in einer Nachschrift zu der in Rede stehenden Abhandlung, diese Meinung nicht theilen zu können. – Beschreibung eines Kalanders zur Appretur baumwollener und leinener Gewebe. Von Wedding. Zwei der neuesten Constructionen in vollständigen Abbildungen und Beschreibungen dargestellt. Die Nachrichten, welche dieser Aufsaz über die Preise der Kalander enthält, hat das polyt. Journal daher entlehnt und im LXXV. Bde. S. 414 mitgetheilt. – Ueber die probeweise Legung von Trottoirs aus verschiedenen Steinkohlenpech-Massen. Von Brix. Im Verfolge der vorläufigen Versuche, welche im Jahrg. 1838 der Verhandlungen (s. polytechn. Journal Bd. LXXIII., S. 227) beschrieben wurden, hatte man in Berlin mehrere Stellen eines Straßenfußweges mit Massen der genannten Art, auf einer Unterpflasterung von Klinkern, bekleidet. Keine der angewendeten Compositionen hielt sich hier in ausgezeichnetem Grade, ja die meisten erlitten bald eine gänzliche Zerstörung. Dieser üble Erfolg ist jedoch nicht ohne Ausnahme der schlechten Beschaffenheit jener harzigen Massen an sich zuzuschreiben, sondern hatte zum Theil seinen Grund darin, daß die Pechmasse an den Gränzlinien, wo sie an das benachbarte Steinpflaster stieß, mit diesem nicht innig genug zusammenhing. Die Zerbrökelung fängt unter diesen Umständen unmerklich an den Rändern an, schreitet aber, wenn sie einmal begonnen hat, mit erstaunlicher Raschheit nach dem Innern hin fort. Mir hat sich bei ähnlichen Versuchen hier in Hannover ganz und gar die nämliche Beobachtung dargeboten, wodurch ich zu der Ueberzeugung gelangt bin, daß dem Steinkohlenpech-Master die allergrößte Gefahr gerade durch dieses vom Rande ausgehende Abbrökeln droht, und daß, wenn man hiegegen auf zwekmäßige Weise vorbaut (durch Schuz der Ränder z.B. mittelst übergreifender Steinplatten oder Eisenstäbe) es keine große Schwierigkeit haben kann, dauerhafte Pflasterungen aus solchen Massen herzustellen. 1ste Lieferung, 1840: Beschreibung der von Braithwaite und Comp. in London für Berlin gefertigten Dampffeuersprize. Von Wedding. Die Bewegung dieser Sprize erfolgt durch eine auf dem Sprizenwagen selbst befindliche Hochdruk-Dampfmaschine von 15 Pferdekräften. Die zwei horizontalen Sprizenstiefel haben 10 Zoll inneren Durchmesser, und jeder ihrer Kolben macht, bei einer Länge des Zuges von 14 Zoll, etwa 25 doppelte Züge in 1 Minute. Dadurch werden ungefähr 57 Kubikfuß Wasser auf die Höhe von 100 Fuß ausgeworfen. Die ganze Maschine ist durch vier Pferde leicht fortzuschaffen. Die Anheizung des Dampfkessels bis zum Anfange der Bewegung kann in 12 Minuten geschehen. Bekanntlich hat sich die Zwekmäßigkeit dieser kostspieligen Maschine nicht ohne Einschränkung bewährt gezeigt. 2te Lieferung: Ueber eine neue Art in Frankreich patentirter Wagenfedern. Von Brix. Diese Federn, welche nach einigen damit gemachten Versuchen empfehlenswerth zu seyn scheinen, indem sie bei gleichem Grade von Steifigkeit etwas geringer an Gewicht (also wohlfeiler) als gewöhnliche Federn sind, bestehen aus zwei elliptischen Federn von der bekannten Gestalt, welche in einander gesezt, und in der Mitte ihrer oberen und unteren Krümmung durch zwischengelegte Holzklözchen und Schraubbolzen fest mit einander verbunden sind. – Die Conditionirung der Seide. Von Egen.Im Auszug im polytechn. Journal Bd. LXXVII. S. 439. Beschreibung derjenigen Anstalten, in welchen in Italien und Frankreich die rohe Seide vor dem Verkaufe durch Wärme ausgetroknet wird, um denjenigen Verschiedenheiten des Gewichtes vorzubeugen, welche durch die hygroskopische Feuchtigkeit entstehen. (Die Fortsezung und der Schluß folgt im nächsten Hefte.)