Titel: Ueber neunachtel-kohlensaures Kali und Natron. Von R. Hermann.
Fundstelle: Band 80, Jahrgang 1841, Nr. LIV., S. 219
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LIV. Ueber neunachtel-kohlensaures Kali und Natron. Von R. Hermann. Aus Erdmann's u. Marchand's Journal fuͤr praktische Chemie, 1841, Nr. 7. Hermann, uͤber neunachtel-kohlensaures Kali und Natron. Da ich mich häufig veranlaßt sehe, Potasche auf ihren Gehalt an reinem kohlensaurem Kali zu prüfen, so suchte ich die umständliche und doch nicht ganz scharfe Saturationsprobe dadurch zu umgehen, daß ich die Kohlensäure aus der Potasche über Queksilber durch Säuren austrieb und den Gehalt der Potasche an reinem kohlensaurem Kali aus dem Raumumfange der ausgetriebenen Kohlensäure berechnete. Hiebei bemerkte ich jedoch den Umstand, daß die Quantität des nach dieser Methode berechneten kohlensauren Kali's immer gegen 15 Proc. höher ausfiel, als nach der Saturationsprobe. Diese Erscheinung ließ sich nicht anders erklären, als daß in der Potasche eine Verbindung von Kali mit Kohlensäure vorkomme, die mehr Kohlensäure enthalte, als das einfach-kohlensaure Kali. Um diese Erscheinung aufzuklären, unterwarf ich die russische Potasche einer schärferen Untersuchung. Hier in Rußland kommen zwei Sorten von Potasche im Handel vor, nämlich: Holzpotasche und Strohpotasche. Die Holzpotasche ist die vorzüglichere Sorte; sie enthält gegen 10 Proc. mehr kohlensaures Kali, als die Strohpotasche, weßhalb sie auch in Moskau gewöhnlich mit 6–7 Rubel Bankassign. per Pud bezahlt wird, während die Strohpotasche nur 5–6 Rubel gilt. Die Holzpotasche kommt hauptsächlich aus den waldreichen Gegenden jenseits der Wolga, wo sie besonders in den Gouvernements von Nischnei-Nowgorod und Kasan aus der Asche von Waldhölzern auf bekannte Weise ausgezogen wird. Die Strohpotasche kommt dagegen aus den südlicheren Gouvernements des Reichs, wo sie aus der Asche von Stroh, Haidegrüzkraut und von Steppengewächsen gewonnen wird. Zu der nachstehenden Analyse habe ich Holzpotasche aus dem Gouvernement von Kasan verwendet. Diese Potasche bildete wasserfreie, theils schwammige, theils compacte Stüke von bläulicher Farbe. In destillirtem Wasser löste sie sich fast vollständig auf. 4000 Gran hinterließen nur 8,375 Gran oder 0,211 Proc. unlöslichen Rükstand. Dieser Rükstand bestand hauptsächlich aus Kalksilicat mit geringen Mengen von Mangansäure und von Thonerde. Ich habe denselben noch ganz besonders auf einen Gehalt an phosphorsaurem Lithion geprüft, weil das Lithion, wenn es in der Pflanzenasche vorkäme, sich wegen des Gehaltes der Potasche an Phosphorsäure und wegen der nicht gänzlichen Unlöslichkeit des phosphorsauren Lithions hätte in diesem Rükstande vorfinden müssen; aber ich habe keine Spur von Lithion darin vorfinden können. Es ist diese Verbindung von kiesel- und mangansaurem Kalk, welche die blaue Färbung der Potasche bewirkt; denn wenn man diesen Rükstand mit ganz reinem kohlensaurem Kali zusammenschmilzt, so färbt es sich eben so blau wie die Potasche. Doch kann diese blaue Färbung zu keiner großen Intensität gebracht werden, indem sich der kieselmangansaure Kalk nur in sehr geringem Verhältnisse in schmelzendem kohlensaurem Kali auflöst und doch Auflösung dieser Verbindung zur Hervorbringung der blauen Färbung erforderlich zu seyn scheint. Die wässerige Lösung der Potasche enthielt kohlensaures Kali und Natron von eigenthümlicher Zusammensezung, Chlorkalium, schwefelsaures und phosphorsaures Kali und durch das kohlensaure Kali gelöste Kieselerde. Neuerlich hat Preuß angegeben, daß die Potasche viel Jod enthalten solle, und sogar vorgeschlagen, dieselbe auf Jod zu benuzen. Ich hatte Gelegenheit, eine Mutterlauge zu untersuchen, die nach der gegenseitigen Zersezung von 125 Cntrn. Potasche und 100 Cntrn. Kochsalz übrig geblieben war. Diese Lauge enthielt Bromkalium, aber keine Spur von Jod. Das Brom rührte übrigens nicht aus der Potasche, sondern aus dem Kochsalze her, indem alles Kochsalz, welches in Rußland im Handel vorkommt, Brom enthält. Als Resultate der Analyse von 100 Theilen kasan'scher Holzpotasche erhielt man: in WasserunlöslicherRückstand: KieselsäureMangansäureTonerdeKalk     0,132    0,013    0,012    0,054 in WasseraufgelösteBestandtheile: Kieselsäurephosphorsaures KaliChlorkaliumschwefelsaures Kalikohlensaures Natron     0,344    0,443    3,965  17,062    4,630 kohlensaures Kali KohlensäureKali   25,890  47,455 ––––––– 100,000. Man sieht also, daß die Potasche eine Verbindung von 25,89 Theilen Kohlensäure und 47,455 Theilen Kali, oder in 100 Theilen aus: Kohlensäure   35,29 Kali   64,71 –––––– 100,00 enthält, während einfach-kohlensaures Kali in 100 Theilen aus: Kohlensäure   31,91 Kali   68,09 –––––– 100,00 besteht. Diese abweichende Zusammensezung des in der Potasche enthaltenen kohlensauren Kali's bestätigt also die oben ausgesprochene Vermuthung, daß bei der Einäscherung von Pflanzenstoffen eine Verbindung von Kali mit Kohlensäure erzeugt werde, die mehr Kohlensäure enthält, als das einfach-kohlensaure Kali, und welche die Eigenschaft besizt, ihre überschüssige Kohlensäure in der Glühhize nicht fahren zu lassen. Um diese Vermuthung noch weiter zu prüfen, untersuchte ich das kohlensaure Kali, welches nach dem Ausglühen von doppeltkohlensaurem Kali über der Spirituslampe zurükbleibt. Ich fand dasselbe in 100 Theilen zusamengesezt aus: Kohlensäure   34,00 Kali   66,00 –––––– 100,00. Diese Verbindung entspricht offenbar einem Salze von 8 Atomen Basis und 9 Atomen Säure; denn ein so zusammengeseztes kohlensaures Kali würde bestehen aus:    Ver.    Gef. 9 Atome Kohlensäure = 2487,6   34,52   34,0 8     –     Kali = 4719,2   65,48   66,0 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 1 Atom neunachtel-kohlens. Kali = 7206,8 100,00 100,0. Doch hielt ich es noch für nöthig, zu sehen, ob sich das Natron nicht eben so wie das Kali verhalte. Man glühte daher Bicarbonat von Natron über der Spirituslampe aus und untersuchte das zurükgebliebene kohlensaure Natron. Dasselbe bestand in 100 Theilen aus: Kohlensäure   44,30 Natron   55,70 –––––– 100,00. Dieses Salz entspricht also eben so, wie das Kalisalz, einer Verbindung von 6 Atomen Basis und 9 Atomen Säure. Denn eine solche Verbindung würde bestehen aus:    Ver.    Gef. 9 Atome Kohlensäure = 2487,6   44,31   44,30 8     –     Natron = 3127,6   55,69   55,70 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 1 Atom neunachtel kohlens. Natron = 5615,2 100,00 100,00. Jezt habe ich noch einiger Versuche zu erwähnen, die das Verhalten des neunachtel-kohlensauren Kali's und Natrons gegen Wasser betreffen. Wenn man diese Salze in Wasser löst, die Lösung einkocht und den Rükstand ausglüht, so geht dabei der größere Theil der überschüssigen Kohlensäure mit den Wasserdämpfen davon. Doch enthalten die zurükgebliebenen und ausgeglühten Salze immer noch eine merklich größere Menge von Kohlensäure, als die einfach-sauren Verbindungen. Das Kalisalz enthielt jezt nämlich: Kohlensäure   32,85 Kali   67,15 –––––– 100,00 und das Natronsalz: Kohlensäure   42,50 Natron   57,50 –––––– 100,00. Löst man dagegen neunachtel-kohlensaures Kali oder Natron in wenig kochendem Wasser auf, und unterwirft man die concentrirte Lösung der Krystallisation, so werden die Neunachtel-Salze vollständig zerlegt, indem Bicarbonate krystallisiren und einfache Salze in der Lösung bleiben.