Titel: Einfache Vorrichtung zum Ansteken des Gases in Laternen, und Apparat zur Dämpfung des Gaslichtes, erfunden von Hrn. J. G. R. Schiele, technischem Director der Frankfurter Gasfabrik. Mitgetheilt von Dr. Adolph Poppe, jun.
Autor: Dr. Adolph Poppe [GND]
Fundstelle: Band 80, Jahrgang 1841, Nr. CVIII., S. 426
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CVIII. Einfache Vorrichtung zum Ansteken des Gases in Laternen, und Apparat zur Daͤmpfung des Gaslichtes, erfunden von Hrn. J. G. R. Schiele, technischem Director der Frankfurter Gasfabrik. Mitgetheilt von Dr. Adolph Poppe, jun. Mit Abbildungen aus Tab. VIII. Poppe, uͤber Schiele's Vorrichtung zum Ansteken des Gases in Laternen etc. Zu den zahlreichen Verbesserungen, welche die hiesige Gasfabrik Hrn. J. G. R. Schiele, unter dessen einsichtsvoller Leitung dieses Etablissement sich auf einen höchst beachtenswerthen Standpunkt erhoben hat, verdankt, gehören auch die beiden oben bezeichneten Apparate, deren Zwekmäßigkeit durch die Erfahrung außer Zweifel gestellt ist. Der Apparat zum Anzünden des Gases bezieht sich auf solche Laternen, zu deren Brennern man von Unten her nicht gelangen kann. Bei diesen Laternen, denen man in der Regel die Gestalt einer umgekehrten Glasgloke gibt, muß das Gas von Oben herab angestekt werden; ein Verfahren, welches auf die gewöhnliche Weise mit viel Unbequemlichkeit und Unsicherheit verbunden ist. Um nun das Entzünden des Gasstroms mit der größten Leichtigkeit und Sicherheit augenbliklich bewerkstelligen zu können, hat Hr. Schiele die Fig. 106 im vierten Theile der natürlichen Größe dargestellte einfache und sinnreiche Vorrichtung angegeben. Der Apparat besteht aus einer Laterne, worin eine Oehllampe A brennt. In der Nähe dieser Flamme befindet sich die Mündung a einer Röhre B, die sich nach Unten in einen im Fuß der Laterne verborgenen Trichter C erweitert. Die Entzündung des Gases wird nun auf folgende Weise bewerkstelligt. Nachdem man den Gashahn geöffnet hat, taucht man obigen Apparat in die Gaslaterne hinab; sobald der Brenner in die Nähe des Trichters c kommt, wird bei a unfehlbar die Entzündung des in der Röhre B aufsteigenden und in horizontaler Richtung in die Dochtflamme strömenden Gases erfolgen, und sich augenbliklich bis zur Brennermündung herab fortpflanzen. Diese Vorrichtung ist schon seit einiger Zeit im hiesigen Bahnhofe, welcher mit Gas beleuchtet wird, mit dem besten Erfolge eingeführt. Ich gehe nun zur Beschreibung der andern gleichfalls von Hrn. Director Schiele erfundenen Vorrichtung zum Dämpfen des Gaslichtes über. In manchen Fällen, wo man zwar fortwährender aber nicht fortwährend voller Beleuchtung bedarf, wird es aus ökonomischen Gründen wünschenswerth, nach dem Maaßstabe des Bedürfnisses der Beleuchtung die Gasflamme zu verkleinern, um dadurch die Gasconsumtion zu reduciren. Diese Rüksichten können z.B. bei Gebäuden eintreten, deren Inneres die ganze Nacht hindurch erleuchtet seyn muß, ohne daß jedoch die volle Beleuchtung nothwendig wäre. Bei der Straßenbeleuchtung mit Gas kann durch Dämpfung sämmtlicher Lichter im späteren Theil der Nacht, wo der erloschene Verkehr die volle Beleuchtung überflüssig macht, eine nicht unbedeutende Ersparniß in der Gasconsumtion erreicht werden. Ein weiteres Beispiel liefern unter Anderem Kaufläden, die durch Gas erhellt werden; so lange der Laden leer ist, moderirt der Kaufmann sein Gaslicht, erscheinen aber Käufer, so stellt er die complete Beleuchtung wieder her. In solchen und ähnlichen Fällen half man sich früher, wenn man die Gasflamme der Ersparniß wegen auf ein geringeres Volumen reduciren wollte, dadurch, daß man den am Brenner befindlichen Hahn so weit drehte, bis der erwünschte Grad der Reduction erreicht war. Dieses Verfahren gewährt aber namentlich da, wo die Besorgung der Beleuchtung dem dienenden Personal übertragen ist, nicht die nöthige Sicherheit; wo aber eine große Anzahl von Lichtern zu dämpfen ist, und die Brennerhähne mit der Hand nicht erreicht werden können, z.B. bei Straßenlaternen u.s.w., da ist diese Reduction der Gasflammen durch bloßes Drehen des Brennerhahns mit mancherlei Umständen und Unbequemlichkeit verknüpft. Diesen Inconvenienzen abzuhelfen, hat Hr. Schiele einen einfachen und sinnreichen Apparat angegeben, welcher als durchaus zwekmäßig und praktisch sich erprobt hat. Fig. 107 zeigt diesen Apparat in Anwendung auf eine Straßen- oder Hausflurlaterne, deren Brennerhahn mit der Hand nicht zu erreichen ist. a ist der Brenner; A die Nuß, worin der in der Zeichnung als geöffnet dargestellte Hahn spielt. Mit dem Griffe b der Hahnlilie ist ein Hebel b, c fest verbunden, an dessen Ende ein Stift angebracht ist, welcher durch den Schliz einer Platte d, d geht und durch eine auf der andern Seite befindliche Schraube in demselben erhalten wird. Die Platte d, d sizt an einem starken, in senkrechter Richtung verschiebbaren Drahte e, f fest, dessen Bewegung durch die Leitungen g, g die nöthige Sicherheit erhalten; unten bei f ist dieser Draht in einen Haken abgebogen. Wird nun dieser Draht abwärts gezogen, so wirkt die obere Kante des in der Platte d, d befindlichen Schlizes auf den Stift c des Hebels c, d und veranlaßt dadurch die Drehung des Hahns, der durch den bekannten, an der Hahnlilie befindlichen Anschlagstift ein Ziel gesezt wird. Die ganze Vorrichtung nimmt alsdann die durch punktirte Linien angedeutete Lage an. Den Haupttheil des Apparates bildet die dünne Seitemöhre h, i, k, welche sich bei h und k in die Brennerröhre mündet. Bei k wurde absichtlich diese Seitenröhre in die Brennerröhre eingelöthet, ehe in die leztere an dieser Stelle ein Loch gebohrt ward; erst nach dem Anlöthen der Seitenröhre h, i, k bohrte man dieses Loch und gab ihm diejenige Weite, welche einen dem zu moderirenden Gaslichte entsprechenden Gasstrom liefern konnte. Um das Loch bei k bequem bohren und nöthigenfalls später erweitern oder verengen zu können, befindet sich an der entgegengesezten Seite der Brennerröhre eine durch die Schraube m verschließbare Oeffnung. Die Wirkung des Apparates ist nun folgende. Bei der in der Figur angegebenen Stellung der beweglichen Theile ist der Hahn offen und das Gas strömt frei durch die Hahnöffnung und die Seitenröhre h, i, k in den Brenner a und liefert in diesem Falle das größtmögliche Licht. Wird aber der Hahn in die durch Punktirungen bezeichnete horizontale Lage gedreht, so ist der directe Durchgang des Gases durch den Hahn nach dem Brenner hin abgesperrt, während der Weg durch die dünnere Seitenröhre h, i, k offen bleibt. Da nun die Mündung der lezteren Röhre in die Brennerröhre so regulirt ist, daß nur die zur Erzeugung einer kleineren Flamme erforderliche Gasmenge in den Brenner gelangen kann, so wird auch die Flamme gleichzeitig mit der Drehung des Hahnes A sich bis zu einem gewissen Grad, welcher nicht überschritten werden kann, vermindern, bis nämlich der Hahn A ganz geschlossen ist, und unter dieser Volumsverminderung ruhig fortbrennen. Durch Hinaufschieben des Drahtes e, f kann man der Flamme augenbliklich wieder ihre ursprüngliche Größe geben. Das Auf- und Niederschieben des Drahtes e, f wird mit Hülfe eines Hakens bewerkstelligt, womit man das untere abgebogene Ende des Drahtes erfaßt, und kann dem dienstthuenden Personal um so eher anvertraut werden, als die Dämpfung des Gaslichtes von dem Gutdünken und der Willkür des Personals unabhängig ist, indem eine einfache Bewegung bis zum Anschlagen des an der Hahnlilie befindlichen Aufhaltstiftes die Reduction des Lichtes auf den verlangten Grad zur Folge hat. Soll bei Einführung der Straßenbeleuchtung mit Gas die ökonomische Maßregel, die Lichter den späteren Theil der Nacht hindurch mit verminderter Intensität brennen zu lassen, in Berüksichtigung gezogen werden, so kann die Reduction der Beleuchtung den Nachtwächtern übertragen werden, welche um die bezeichnete Zeit von Laterne zu Laterne zu gehen und mit einem Haken den Draht e, f herabzuschieben hätten. Natürlich befindet sich an jedem Laternenpfosten noch ein Separathahn, welcher das Gas ganz absperrt. Auf dem durch Gas beleuchteten Komödienplaz dahier ist der Fig. 107 dargestellte Schiele'sche Apparat zum Dämpfen des Gaslichtes bereits eingeführt. In Leipzig hilft man sich, um die Straßenbeleuchtung und Gasconsumtion auf die Hälfte zu reduciren, dadurch, daß man jedesmal die zweite Laterne ganz auslöscht, ein Verfahren, welches den Nachtheil hat, daß die volle Beleuchtung auf gewisse Stellen concentrirt bleibt, andere Stellen aber um so dunkler sind, während doch Gleichförmigkeit der Beleuchtung ein wesentliches Erforderniß ist. Der Schiele'sche Apparat gewährt dagegen den besondern Vortheil, daß die Beleuchtung an allen Punkten in gleichem Grabe abnimmt, wodurch die Abnahme der Beleuchtung weniger auffallend wahrnehmbar ist. In Localitäten, wo die Verkleinerung der Gasflamme an vielen Brennern zugleich vorgenommen werden soll, bringt man diese Vorrichtung natürlich nicht an jedem einzelnen Brenner, sondern entweder am Haupthahn, oder wenn man nur in einem gewissen Theil des Gebäudes das Gaslicht gedämpft haben will, an dem die Brenner dieses Theils speisenden Röhrenzweig an, so daß in Folge einer einzigen Drehung sämmtliche Lichter im ganzen Gebäude oder in einem Theil des Gebäudes gleichzeitig mit verminderter Intensität brennen. Im ersteren Falle fällt, da der Haupthahn immer zugänglich ist, der Hebel c, d und die Stange e, f mit ihrer Platte d, d hinweg.