Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 81, Jahrgang 1841, Nr. XLIV., S. 157
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XLIV. Miszellen. Miszellen. Arago's Mittheilung über Daguerre's neues photographisches Verfahren. Vor einigen Monaten schon hatte Hr. Arago angekündigt, daß Hr. Daguerre neuen Verbesserungen auf der Spur sey, welche die Darstellung der Lichtbilder auf den jodirten Platten sehr beschleunigen. Da er aber diesem neuen Verfahren vor der Veröffentlichung eine gewisse Vollkommenheit geben wollte, so sezte er seine Versuche noch fort, welche aber leider den gewünschten Erfolg bis jezt noch nicht ganz hatten. Doch sind auch die bisherigen Resultate sehr beachtenswerth und er beschloß, dieselben bekannt zu machen, um diejenigen, welche sich mit Photographie beschäftigen, zu veranlassen, ebenfalls auf diesem neuen Felde zu forschen. – Die Physiker und Chemiker, welche das gewöhnliche Verfahren bisher zu verbessern suchten, beschränkten sich dabei ausschließlich auf den chemischen Theil desselben, während Hr. Daguerre sein Verfahren von der physikalischen Seite umzugestalten suchte. Er kam auf den Gedanken, die jodirte Metallplatte zu elektrisiren, wobei er sie isolirte und während der Operation in der Camera obscura auch isolirt erhielt. Sobald sich nun die Platte in diesem veränderten physischen Zustande befand, wurde sie so ungemein empfindlich, daß man gar nicht mehr wußte, wie man sich ihrer bedienen sollte; schon in der kurzen Zeit, in welcher man die Blendung hinweghob, traten Ungleichheiten in der Erzeugung des Bildes ein. Als Hr. Daguerre gar kein Mittel finden konnte, um derart präparirte Platten zu benuzen, schritt er zu folgendem Verfahren. Er überzieht die Platte mit einer Substanz, welche weniger empfindlich ist als das Jod (was dieß für eine Substanz ist, wird nicht gesagt), bringt sie hierauf in die Camera obscura und läßt in dem Augenblik, in welchem er ein Bild erzeugen will, einen elektrischen Funken hindurchschlagen und in dieser so äußerst kurzen Zeit, welche Hr. Talbot auf eine Milliontel-Secunde schäzt, erzeugt sich das Bild. Die Wichtigkeit und der Werth eines so äußerst schnellen Verfahrens ist leicht einzusehen, weil man durch dasselbe, wenn es einmal gehörig geregelt ist, alle Personen einer Gesellschaft im Augenblik einer Bewegung aufnehmen kann. Hr. Daguerre scheint durch diese Verbesserung schon viel erreicht zu haben, es müssen aber noch weitere Versuche darüber angestellt werden. (France industrielle, 1841, No. 26) Nach einer neueren Mittheilung Arago's ist die statt Jod zum Ueberziehen der Platte dienende Substanz saurer Natur. D. Red. Stahlstabgeläute. Die festliche Feier der Vollendung des Thurmbaues zu Schleiden in der Eisel, welche am 4. April stattfand, möchte wohl darum eine öffentliche Erwähnung verdienen, weil dieselbe durch ein nach einer ganz neuen und höchst sinnreichen Art eingerichtetes Stahlstäbegeläute verherrlicht ward, welches der Gemeinde von einem ihrer Mitglieder geschenkt worden ist. Man hat zwar schon hin und wieder Stahlstäbegeläute, aber, so viel uns bekannt ist, hat man es noch nirgendwo zu Stande gebracht, die Stahlstäbe mit einer Resonanz zu versehen, wodurch es allein möglich ist, denselben einen wirklichen Glokenton zu geben. Diese Aufgabe ist bei dem hier aufgestellten Geläute, freilich erst nach den mannichfaltigsten Versuchen, vollkommen gelöst worden. Dasselbe besteht aus vier nach Art der Stimmgabeln gebogenen Stäben von Gußstähl, welche, von verschiedener Schwere, zusammen ein Gewicht von 634 Pfd. haben. Die Stäbe hängen frei in einer Resonanz und werden durch hölzerne Hämmer angeschlagen, welche vermittelst einer Walze so in Bewegung gesezt werden, daß die Töne auf ähnliche Weise durcheinander laufen, wie dieß bei Gloken von verschiedener Größe der Fall ist. Die Stäbe sind nicht nur jeder für sich, sondern auch in ihrem Verhältnisse zu einander rein und harmonisch gestimmt, so daß drei Stäbe den Cdur-Akkord bilden, und der vierte Stab, welcher den Ton Es hat, dazu dient, den Cmoll-Akkord anschlagen zu können. Durch diese sinnige Einrichtung kann mit dem Geläute, je nachdem es frohen oder traurigen Veranlassungen dienen soll, in der dur- und moll-Tonart gewechselt werden, was die Wirkung auf empfängliche Gemüther nicht verfehlen kann, zumal da die Töne durch ihre Reinheit und Harmonie sehr lieblich und ansprechend sind. Uebrigens kann nach Belieben mit einer, mit zweien und mit drei Gloken geläutet werden, indem die Hämmer, welche nicht anschlagen sollen, durch eine mechanische Vorrichtung ausgehängt werden können, so daß ihre Hebel von den Daumen der sich drehenden Walze unberührt bleiben. (Köln. Zeitg.) Ueber den leeren Raum des Barometers. Einige vor vielen Jahren angestellte Versuche führen Hrn. Baron d'Hombre-Firmas auf die Meinung, daß die Größe des über der Queksilbersäule befindlichen leeren Raumes auf den Gang des Barometers und seine absolute Höhe von Einfluß sey. – Da er einen Theil des Sommers auf einem Landgut unweit Alais zubrachte, welches auf der Mitte eines ziemlich hohen Berges liegt, sezte er daselbst seine meteorologischen Betrachtungen fort und reducirte, nachdem er die mittlere Differenz der beiden Oerter ermittelt hatte, die Beobachtungen am höheren Orte dahin, als hätte er sie in Alais angestellt. Bei Vergleichung mehrerer Barometer schien es ihm, daß die mittlere Differenz der beiden Oerter (Temperatur und alle Witterungsumstände wurden corrigirt) nach der Größe des leeren Raumes über dem Queksilber variire. Um sich hievon zu überzeugen, stellte er in eine und dieselbe Schale zwei, gleich sorgfältig gefüllte Röhren von gleichem Durchmesser, wovon aber die eine 1,06, die andere nur 0,82 Meter lang war; die Leere über der ersten Säule betrug demnach ungefähr 0,3 Meter und die über der zweiten nur 0,06 bis 0,07 Meter. Diese beiden Barometer variirten im Sommer, und namentlich in der Mitte des Tages, nicht unbedeutend, und zwar war es der höhere, welcher weniger stieg. Er schrieb es der etwaigen Wirkung des Queksilberdunstes zu, welcher in der größeren Leere beträchtlicher seyn mußte. Es konnte auch von etwas in der Röhre gebliebener Luft herrühren, obwohl die Röhre wohl ausgekocht worden war. Die Differenz ging manchmal sogar bis 0,25 Millim. und weiter, und man brauchte nur die beiden Röhren zu neigen und das Queksilber oscilliren zu lassen, um sie verschwinden zu machen, was der Fall nicht gewesen wäre, wenn in der längeren Röhre verdünnte Luft gewesen wäre. Vielleicht ist es also nothwendig, daß man bei genauen Versuchen auf die Größe des über der Queksilbersäule bleibenden leeren Raumes achtet, so klein auch die Kraft des darin befindlichen Dunstes seyn mag. (Echo du monde savant 1841, No. 639) Furchtbares Kriegsinstrument. Eine von Hrn. Gruau de la Barre, ehemaligem königl. Procurator, rue Louis-le-Grand, 30, unterzeichnete Broschüre hat zum Zwek, die Aufmerksamkeit der französischen Regierung auf ein neues, von dem Herzog der Normandie (welcher sich noch immer als den Sohn von Ludwig XVI. ausgibt), erfundenes Instrument zu lenken. Dasselbe gibt ein so mächtiges und zerstörendes Feuer, daß ein einziger Mensch im Stande ist, eine ganze Flotte in die Luft zu sprengen oder zu verbrennen, eine Festung zu miniren und eine Stadt in Brand zu sezen. Es wurde vor einer Commission englischer Officiere in dem Arsenal zu Woolwich probirt und die politischen Blätter berichteten damals, daß diese Versuche die verheerende Kraft desselben bestätigten. In der neuesten Zeit haben die öffentlichen Blätter von einer andern, dieselbe Wirkung besizenden Erfindung gesprochen und erzählt, daß der Herzog der Normandie der Gefahr eines Versuches ausgesezt war, welcher die Zerstörung seiner Erfindung und seiner Vorrichtungen, an welche er sein ganzes Vermögen gewendet zu haben scheint, zum Zweke hatte. Wir fügen hier nur noch bei, daß die Erfindung in einem Feuer besteht, welches in einer Kanonenkugel eingeschlossen ist, der nichts Widerstand leistet, daß es so schnell wirkt wie der Bliz und nicht sichtbar ist ehe es gezündet hat. Jede Kanone kann zum Abschießen dieser Art Kugeln dienen; aber der Erfinder hat eine Kanone, welche so leicht wie eine Flinte zu handhaben ist, dazu erfunden, so daß ein einziger Mann mit einem einzigen Schuß ein Linienschiff zerstören kann. (Echo du monde savant, 1841, No. 645) Ueber Magnanerien (Anstalten zur Seidenwürmerzucht). Die Société d'Encouragement erhielt eine Abhandlung über diesen Gegenstand von Hrn. Strada zugesandt, betitelt: Riforma della Bigaltiera. Aus dem Berichte des Hrn. Gasparin über dieselbe heben wir Folgendes aus. Der Verf. behauptet, daß bei der Seidenwürmerzucht in zwei Hauptpunkten gegen die Natur verstoßen werde. Nicht umsonst, sagt er, befestigt das Insect seine Eier an einen unbeweglichen Körper, so daß es, wenn man es davon ablöst, eines Anhaltspunktes beraubt wird, was der Ausschlüpfung schadet. Der junge Wurm muß sich weit stärker anstrengen, um seine Schale zu durchbrechen, und indem er hierauf ihrer Bruchstüke nicht los werden kann, schleppt er sie nach. Die Folge davon sind minder kräftige und eine kleinere Anzahl Individuen, weil eine größere Anzahl unter dem Ausschlüpfen zu Grunde geht. Es läßt sich aber aus den Worten des Verfassers nicht schließen, ob er einen Versuch hierüber selbst schon angestellt habe. – Eine Thatsache gibt der Verf. an, welche richtig ist, aber bisher noch in keiner der zahlreichen Schriften über diesen Gegenstand angeführt wurde, daß nämlich die Raupen sich bei ihrer Häutung mit einem Seidenneze umgeben, um die loswerdende Haut ordentlich zu befestigen. Es ist nicht sowohl ein Nez, als vielmehr ein Band, welches der Wurm bildet, und das den hinteren Theil seines Körpers durch diesen festen Punkt zurükhält. – Der Verf. tadelt hierauf die gewöhnliche Anordnung der Cocons im Augenblike, wo die Schmetterlinge ausschlüpfen sollen. Wenn zu dieser Zeit die Cocons nicht fest an einem Anhaltspunkte haften, so ist der Schmetterling, welcher innen an der Durchbrechung des Cocons arbeitet, was er mittelst der Facetten seiner Augen, die er nach Réaumur wie Bohrer anwendet, bewirkt, in seiner Operation behindert, wenn der Cocon nicht vollkommen fest haftet. Der Schmetterling kann sich so nur mit großer Mühe aus dem Cocon befreien, schleppt denselben oft nach und kann ihn nur mit großer Anstrengung los werden. Aber auch hier hat der Verf. die von ihm empfohlenen vergleichenden Versuche nicht selbst angestellt. In dem zweiten Theile seiner Abhandlung beschreibt der Verf. seine Magnanerie. Seine Reform derselben beruht auf den beiden Bemerkungen, daß bei der gewöhnlichen Einrichtung erstens der Zwischenraum der Bretter schlecht gelüftet ist, und zweitens die Arbeiterinnen eine schlechte Stellung einnehmen, um die Insecten zu füttern und deren Lager zu säubern. Er sezt übrigens die gehörige Erwärmung und Lüftung des Innern der ganzen Anstalt voraus. Diese Reform hat also gerade denselben Zwek, welchen Hr. Vasseur durch seine beweglichen Bretter erreicht zu haben scheint. Auf folgende Weise löst er diese Aufgabe: In der Mitte des Gemaches steht eine vertikale Welle, die sich um zwei Zapfen dreht, deren einer in den Boden, der andere in die Deke geht; um diese Welle sind runde Tische für die Würmer angebracht, deren Anzahl im Verhältniß steht zu der Höhe des Zimmers, und welche 55 Centimeter (1 Fuß 7 Zoll franz. Maaß) von einander entfernt sind; diese Tische haben 1,68 Meter (4' 14'') Halbmesser, und 72 Centim. (2' 2'') dieses Halbmessers gegen das Centrum hin werden leer gelassen. An zwei Seiten dieser Tische befinden sich zwei weitere, ebenfalls vom Boden bis zur Deke gehende Achsen, welche den Zwischenräumen an den Tischen gegenüber mit acht Flügeln versehen sind, womit diese Zwischenräume ventilirt werden. Diese Wellbäume stehen mittelst eines Riemens mit der großen Welle in Verbindung, und werden daher in Bewegung gesezt, so oft man die Tische an dieser großen Welle dreht. Außerdem befindet sich in dem inneren leeren Theile der Tische ein Stük ausgespannte Leinwand, welches sich mit dem ganzen Systeme bewegt, und folglich die Luft in Bewegung sezt. An einer Seite der Tische sind vier Holzstüke befestigt, welche eine Treppe mit einem leichten Gerüste tragen, auf welches die Arbeiterin steigt, welche es nach Belieben zu den verschiedenen Fächern hinauf- oder herablassen und durch Drehung der mittleren Achse jede beliebige Seite der Tische vor sich hin bewegen kann. Es kann nun zwar nicht geläugnet werden, daß der Verf. zweien Bedürfnissen der Seidenzucht abgeholfen habe; aber diese Vorrichtung kann nur für eine kleine Anzahl Seidenwürmer angewandt werden, und müßte so vielmal hergestellt werden, als man diese vervielfältigen wollte. Ferner hat sie den Fehler, nicht leicht auseinander genommen werden zu können, so daß sie ein Local bleibend einnimmt, welches in den Häusern der Oekonomen zu mehreren Zweken dienen muß. Sie besizt nicht den Vorzug der Vasseur'schen Vorrichtung, den Seidenwurm von dem unteren Raume der Magnanerie in den oberen zu bringen, und also alle Würmer des Genusses gleicher Temperatur theilhaftig machen zu können; endlich ist sie kostspieliger, nimmt mehr Raum ein und verursacht den Arbeiterinnen einen angestrengteren Dienst durch das nothwendige Wechseln der Höhe des Gerüstes, während bei der Vasseur'schen Vorrichtung jeder Tisch vor die Arbeiterin gebracht wird, ohne daß sie den Boden des Zimmers verlassen muß. (Bulletin de la Société d'Encouragement. Mai 1841, S. 164.) Erstikung der Cocons ohne Dampf. Hr. August Miergues, Med. Dr. in Andouze, macht bekannt, daß, um den Uebelständen bei der Erstikung der Cocons durch Dampf zu begegnen, durch welchen die Seide entfärbt wird und das Gummi zusammengeht, er das Schwefelwasserstoffgas anwende, welches die Puppe im Cocon in ein paar Minuten tödtet, ohne der Farbe oder Güte des Fadens zu schaden. (Echo du monde savant. Jun. 1841, Nr. 642, S. 354.) Tuch aus den Fäden der Urtica nivea. Abbé Voisin, Director der französischen Missionen, gibt im Journal d'agriculture pratique Nachrichten von verschiedenen nüzlichen Verfahrungsweisen der Chinesen. Wir theilen hier das auf die Anwendung der Brennnessel Bezügliche mit. Das aus den Fäden der Urtica nivea gewobene Tuch ist sehr dauerhaft und hat die Eigenthümlichkeit, daß es, wenn auch schon sehr abgetragen, keine Fäserchen auf den Kleidern zurükläßt, wie dieß bei Leinen- und Hanftuch der Fall ist. Diese Nessel wird in ganz China angebaut, bedarf gar keiner besondern Fürsorge, und könnte auch bei uns leicht gebaut werden. Eine einzige Saat genügt auf mehrere Jahre. Wenn diese Nesseln vollkommen entwikelt sind, werden sie geschnitten und die Faser ohne Röstung daraus gewonnen. Die Engländer kaufen in Canton viel von diesem ungebleichten Hanf; doch ist es nicht sicher, ob sie wissen, daß er von der Urtica herstammt; gewiß ist aber, daß wir mit unsern vervollkommnetern Mechanismen bessern Nuzen daraus ziehen könnten, als die Chinesen. (Echo du monde savant, 1841, No. 641.) Mittel gegen Ratten. Die Ratten sollen gegen ein Kraut, Hundszunge genannt (Cynoglossum officinale), von Natur einen solchen Abscheu haben, daß sie die Gebäude, wohin solche Pflanzen gestreut werden, sogleich verlassen und, so lange diese Pflanzen daliegen, nicht wieder dahin zurükkehren. Diese Pflanzen wachsen an Wiesen und an Grabenrändern. Sie müssen im Anfange des Sommers, d.h. kurz vor oder nach Johannis, gesammelt werden, weil sie da in der stärksten Kraft sind. Die Stengel werden zerquetscht und man streut sie an die Orte, von welchen man die Ratten vertreiben will. (Hessische Zeitschrift.)