Titel: Ueber die Fabrication des gealaunten Gypses durch die HHrn. Greenwood und Savoye. Ein der Société d'Encouragement von Hrn. Chevallier erstatteter Bericht.
Fundstelle: Band 82, Jahrgang 1841, Nr. LXXX., S. 366
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LXXX. Ueber die Fabrication des gealaunten Gypses durch die HHrn. Greenwood und Savoye. Ein der Société d'Encouragement von Hrn. Chevallier erstatteter Bericht. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. Sept. 1841, S. 376. Chevallier, über die Fabrication des gealaunten Gypses. Der Ausschuß für chemische Gegenstände und ein Mitglied des Ausschusses für ökonomische Gegenstände (Hr. Gourlier) wurden beauftragt, über ein neues, aus England eingeführtes Verfahren Bericht zu erstatten, wodurch es den HHrn. Greenwood, Savoye und Comp. gelang, dem aus wenig Festigkeit besizenden Gypsstein bereiteten Gyps eine solche Härte zu verleihen, daß er mit dem Cement zu vergleichen ist, und eine Anwendung in vielen Fällen zuläßt, wo er außerdem nicht gebraucht werden könnte. Wir wollen uns nun unseres Auftrages entledigen. Ehe wir die Verfahrungsweise der HHrn. Greenwood und Savoye näher prüften, mußten wir erforschen, was in dieser Hinsicht bisher schon geleistet wurde. Wir fanden in verschiedenen Werken 1) daß man den Gyps erhärtete, indem man ihn mit Wasser anrührte, worin man Leim oder Gummi aufgelöst hatte, oder auch indem man ihn in Auflösungen dieser Substanzen eintauchte oder mit solchen überzog; durch dieses Verfahren gelang es unserm Collegen, Hrn. d'Arcet, dem Gyps Festigkeit zu geben und aus diesem Körper gemachte Formen zu erhärten (Bulletin de la Société d'Encouragement, Tome IV. p. 206); 2) daß man den Gyps erhärten kann, entweder mittelst eines aus gelbem Wachs, Leinöhl und Bleiglätte zusammengesezten, sogenannten wasserabhaltenden Steinkitts oder mittelst eines aus Harz und mit Bleiglätte verseztem Leinöhl bereiteten harzigen Steinkitts, oder endlich durch Anwendung einer mit Wachs versezten und in gekochtem Leinöhl aufgelösten Metallseife, welche Kitte warm und mit besondern Vorsichtsmaßregeln benuzt werden (Bulletin Tome XXV. p. 287, polytechnisches Journal Bd. XX. S. 280); 3) daß man ferner Gypsbüsten und Statuen erhärten und ihnen Festigkeit und ein marmorartiges Ansehen geben kann durch ein Verfahren des Hrn. Penware aus London, welches darin besteht, eine Auflösung von schwefelsaurer Thonerde zu bereiten, indem man 40 Loth Alaun in 6 Pfd. Wasser auflöst, die getrokneten Gypsgegenstände in die noch warme Flüssigkeit zu bringen, sie 15 bis 30 Minuten darin stehen zu lassen, dann herauszunehmen, abtropfen zu lassen, über den erkalteten Gegenstand Alaunlösung zu schütten, so daß er von einer Krystallschicht überzogen wird, ihn troknen zu lassen, mit Sandpapier zu poliren und endlich mit einem, mit etwas reinem Wasser befeuchteten Tuche die lezte Politur zu geben; nach Hrn. Penware's Angabe haben die so behandelten Gypsgegenstände einen Ueberzug, welcher die Weiße und Durchscheinenheit des Marmors und beinahe dieselbe Ausdauer besizt; sie trozen dem Einfluß der Feuchtigkeit, werden nicht so leicht schmuzig und können eben so leicht gereinigt werden wie Marmor (Annales des arts et manufactures, Tom. XLV. p. 104); 4) daß man endlich den Gyps durch das Verfahren des. Hrn. Tissot, des jungem, erhärten kann, welches darin besteht, einem Gypsblok, wie er aus dem Bruch kömmt, die gewünschte Gestalt zu geben, ihn 24 Stunden lang in einen Ofen zu bringen, wo er gebrannt wird, ihn dann erkalten zu lassen und 30 Secunden lang unter Flußwasser zu tauchen, einige Secunden lang der Luft auszusezen, ihn noch einmal eine oder zwei Minuten lang in Wasser zu tauchen, der Luft auszusezen, wo er dann hart wird, und ihn endlich auf gewöhnliche Weise zu poliren (Description des Brevets d'invention, Tom. XIII. p. 349). Man wird aus nachfolgender Beschreibung des Verfahrens der HHrn. Greenwood) und Savoye ersehen, daß dasselbe auf keines der bekannten zurükkömmt. Die Methode der HHrn. Greenwood und Savoye, welche in ihrer Fabrik zu Alfort befolgt wird, besteht darin, den Gypsstein von Lagny, den reinen schwefelsauren Kalk, welcher bekanntlich einen minder festen Statuengyps liefert als der amorphe Gyps, anzuwenden und zu sortiren 1) die reinen Gypsstüke, welche einen Gyps von großer Weiße liefern, 2) die Gypsstüke, welche eine kleine Menge erdiger Theile enthalten und einen halbweißen Gyps, zweiter Qualität, liefern, 3) Gypsstüke, welche fremdartige Körper enthalten, und mittelst eines Zusazes von schwefelsaurem Eisen einen Gyps von abstechenderer, mehr ins Ziegelrothe übergehender Farbe zu liefern bestimmt sind. Anmerkungszeichen zu dieser Fußnote fehlt im Text.Greenwood's Verfahren, welches er sich in England patentiren ließ, wurde bereits im polytechn. Journal, Bd. LXX. S. 383 mitgetheilt. Wenn diese Sortirung geschehen ist, wird er, um ihm sein Krystallwasser zu entziehen, zum erstenmal gebrannt, was bei derselben Temperatur geschieht, bei welcher der Gyps gewöhnlich gebrannt wird; nach diesem Brennen wird er sogleich in eine gesättigte Auflösung von Alaun in Wasser gebracht, worin man ihn beiläufig sechs Stunden läßtDie Quantität des absorbirten Alauns beträgt 2 bis 2 1/2 Proc.; er wird dann wieder herausgenommen, behufs des Troknens der freien Luft ausgesezt und dann in den Ofen gebracht, um noch einmal gebrannt zu werden, bei welchem Brand der vom Gyps absorbirte Alaun großentheils zersezt zu werden scheint; denn wenn man den so präparirten Gyps mit Wasser behandelt, erhält man kaum Spuren schwefelsaurer Thonerde. Dieses Brennen des gealaunten Gypses hat erst dann den gehörigen Grad erreicht, wenn er braunroth glüht. Der zum zweitenmal gebrannte Gyps wird dann gepulvert; ehe man ihn aber unter den Mühlstein bringt, müssen bei dem sehr weißen Gyps von den gebrannten Stüken die gefärbten Theile abgesondert werden, welche der Weiße des Gypses Eintrag thun könnten. Diese Reinigung der Gypsstüke geschieht mittelst eines, mit einem Ende an einem Tische befestigten Messers, dessen Klinge nach jeder Richtung bewegt werden kann. Auf diese Weise wird der Gyps von fremdartigen Substanzen befreit, wie dieß auch mit dem Gypse zweiter und dritter Qualität geschieht (die sich von der ersten Qualität nur durch ihre Färbung unterscheiden). Nach dieser Vorbereitung wird der Gyps zwischen Mühlsteinen gerieben, dann, um ihn gehörig fein zu erhalten, gesiebt. Die Triebkraft ist eine Dampfmaschine, welche die Mühlsteine umdreht, den gepulverten Gyps in die Beutelsiebe führt und diese in Bewegung sezt. Wir gehen nun auf die Anwendung dieses Products über. Wir untersuchten solchen Gyps, der zu Mauern verwendet worden war, welche gegen Westen und gegen Süden standen, und fanden 1) daß sie von großer Härte und Festigkeit waren und dem Wechsel der Witterung sehr gut widerstanden hatten; 2) daß dieser Gyps, auf ein Stük einer Mauer während des Frostes aufgetragen, eine solche Härte erhielt, daß eine auf diesen Ueberzug abgeschossene Flintenkugel ihn nicht beschädigte, indem das Blei sich dabei abplattete, ohne merklichen Schaden anzurichten. Wir begaben uns dann in das in der rue d'Angoulême-Saint-Honoré, No. 11, von Hrn. Savoye bewohnte Haus und sahen daselbst 1) aus gealauntem Gyps bereiteten Stuk von größter Schönheit und Härte, 2) kleine Statuen, Büsten, Medaillen u. dgl. von solchem Gyps; diese Gegenstände haben ein ganz eigenthümliches, dem Marmor sehr ähnliches Ansehen; in Betreff ihrer Härte verdienen sie den Vorzug vor jenen aus feinem Gyps, wie er von den Gypsern angewandt wird; 3) ein ganz in Stuk decorirtes Zimmer, dessen Füllungen den weißen Marmor, die Einfassungen den gelben Marmor und die Simswerk-Zierrathen den schwarzen Marmor nachahmen; 4) eine Composition von gealauntem Gyps und Sand, von sehr großer Härte, obwohl jener 50 Proc. darin beträgt. Von da gingen wir in das Ministerium des Innern. Hier wurde dieser Gyps zur Verkleidung der Mauern, zu Thüreinfassungen mit Simswerk, zum Legen eines Pflasters von rother Farbe, zwischen welches Viereke von schwarz gefärbtem gealauntem Gyps eingesezt waren, verwendet. Auch untersuchten wir einen im Hofe des Ministeriums mitten unter andern eingesezten Pflasterstein. Wir sahen während unseres Besuches den Gyps von Maurern verarbeiten, fanden, daß die Simswerk-Verzierungen sich leicht formten und daß gewöhnliche Maurer diesen Gyps mit aller Leichtigkeit verarbeiteten. In Betreff der Pflasterung mit diesem Gyps können wir uns noch nicht aussprechen; es muß, um ihre Dauerhaftigkeit zu beurtheilen, noch einige Zeit abgewartet werden. Der gealaunte Gyps erhärtet, wie wir uns überzeugt haben, nicht so wie der gewöhnliche; er bedarf zu seiner Erhärtung 1 bis 2 StundenUm ihn anzurühren braucht man 1 Theil Wasser auf 4 Theile Gyps.; wenn er aber einmal fest geworden ist, so ist es, sogar bei sehr dünnen Lagen, äußerst schwierig, ihn von den Körpern, worauf er ausgebreitet wurde, wieder zu trennen. Einen Punkt, welchen wir ebenfalls beachten zu müssen glaubten, ist der der Kosten. Dieser Gyps kostet nämlich: der weiße 20 Fr. die 100 Kilogr. der Halbweiße 10  –   – der ziegelrothe   9  –   – Diese Preise sind demnach von jenen des gewöhnlichen Gypses verschieden. Von dem Gyps von Montmartre wird der Sak von ungefähr 25 Kilogr. zu 50 Cent. verkauft, was für 100 Kilogr. 2 Fr. ausmacht; es muß aber bemerkt werden, 1) daß der um diesen Preis gekaufte Gyps nicht verarbeitet werden kann, und noch einmal gestampft und gesiebt werden muß, wenn man sich dessen zum Verkleiden oder um ihn in Formen zu bringen, bedienen will; 2) daß der gewöhnliche Gyps äußerst schnell erhärtet und der Maurer einen Theil desselben unter der Arbeit verliert. Diese beiden Umstände erhöhen wieder den Preis des gewöhnlichen Gypses; doch ist es uns nicht möglich zu berechnen, wie hoch er sich dadurch stellt. Der Sak des gealaunten Gypses wiegt nur 20 bis 22 Kilogr.; er erstarrt, wie schon gesagt, langsam, und aller angerührte kann ohne Verlust verwendet werden, da, wenn man von diesem angerührten Gyps etwas fallen läßt, es wieder aufgehoben und verwendet werden kann, was bei dem gewöhnlichen nicht der Fall ist. Dieser Gyps kann auch wegen seiner Festigkeit in sehr dünnen Lagen angewandt werden, die dann doch noch dauerhafter sind, als dikere von gewöhnlichem Gyps; um so mehr, weil er nicht schnell erhärtet und nicht verloren ist, wenn der Arbeiter auch seine Arbeit unterbrechen muß, indem er 1 oder auch 2 Stunden nach seiner Vermischung mit dem Wasser noch gebraucht werden kann. Vergleicht man den Preis des gealaunten Gypses mit jenem zur Bildung von Kunstgegenständen bestimmten feinen Gypse, so wird man den Unterschied nicht so groß finden wie bei dem zu Bauten bestimmten; ja der Preis des gewöhnlichen Gypses ist hier in manchen Fällen sogar höher, indem bekanntlich der Formengyps manchmal mit 1 Fr. 50 Cent. bis 10 Fr. per Sak von 25 Kilogr. bezahlt wird. Der ziemlich hohe Preis des gealaunten Gypses hat seinen besondern Grund, welcher mit der Zeit aufhören wird; dieß ist nämlich der Preis des Rohstoffes (des Gypssteines), welcher, bisher wenig angewandt, nicht in großer Quantität gebrochen wurde. Der durch die HHrn. Greenwood und Savoye aber gegebene Aufschwung, und dann der betrügliche Gebrauch, der von diesem gepulverten Gyps in der Papierfabrication (!) gemacht zu werden scheintMan vergl. darüber polyt. Journal Bd. LXXVII. S. 357., dürften die Aufmerksamkeit der Gypsbruch-Besizer auf sich gezogen haben. Aus unserer Untersuchung geht also hervor: 1) daß der nach dem Verfahren der HHrn. Greenwood und Savoye aus Gypsstein bereitete Gyps von jedem Maurer verarbeitet werden kann; 2) daß er zu Verkleidungen gebraucht werden kann, welche sehr hart werden und der Einwirkung der Luft und des Wassers bei abwechselnder Trokne und Nässe aufs beste widerstehen; 3) daß man ihn zur Verfertigung der schönsten Stukarbeiten brauchen kann, welche härter, gleichartiger und leichter zu poliren sind, als der Stuk von gewöhnlichem Gyps; 4) daß dieses Product vollkommen zum Formen von Kunstgegenständen, als Statuen, Büsten, Basreliefs, Medaillen u.s.w. taugt, und daß die davon gefertigten Gegenstände dauerhafter sind als andere Gypsformen und das Ansehen des Marmors haben; 5) daß endlich dieser Gyps, mit Sand in verschiedenen Proportionen vermengt und angerührt, eine Composition liefert, welche erhärtet und sehr fest wird.Die Société d'Encouragement votirte in ihrer Generalversammlung am 11. August 1841 den HHrn. Greenwood und Savoye eine silberne Medaille.