Titel: Schafhäutl's und Parkes' Bemerkungen über Dampfkessel-Explosionen.
Fundstelle: Band 83, Jahrgang 1842, Nr. II., S. 10
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II. Schafhaͤutl's und Parkes' Bemerkungen uͤber Dampfkessel-Explosionen. Aus dem Mechanics' Magazine, Aug. 1841, S. 166. Schafhäutl's Bemerk. über Dampfkessel-Explosionen. I.Bemerkungen von Dr. Karl Schafhäutl. Dr. Schafhäutl hat der Royal Institution of Civil Engineers eine Abhandlung über die Explosionen der Dampfkessel vorgetragen, wovon Folgendes der wesentliche Inhalt ist.Das koͤnigl. Institut der Civilingenieure in London hat unterm 26. Okt. v. I. unserm Landsmann Hrn. Dr. Schafhaͤutl, den es schon fruͤher zu seinem Ehrenmitglied gewaͤhlt, fuͤr seine Abhandlung „uͤber die wahren Ursachen der Dampfkessel-Explosionen und die Mittel dieselben sicher zu verhindern“ — welche er der Gesellschaft mit erlaͤuternden Experimenten vortrug — (so wie fuͤr eine andere „uͤber ein neues Universal-Photometer“) die große silberne Telford-Medaille als Preis zuerkannt, Hr. Dr. Schafhaͤutl, welcher sich gegenwaͤrtig mit wissenschaftlichen Arbeiten beschaͤftigt, in Muͤnchen aufhaͤlt, hatte die Gefaͤlligkeit, die mangelhaften Mittheilungen des Mechanics' Magazine fuͤr unsere Zeitschrift zu ergaͤnzen.A. d. R. Kaum 1/10 der Dampfkessel-Explosionen, deren man sich erinnert, sagt er, kann mit Recht der Ueberladung des Sicherheitsventils oder der Anhäufung eines allzugroßen Dampfdruks im Kessel zugeschrieben werden. Er führt den hohen Druk an, welchen gläserne Gefäße auszuhalten im Stande sind, wenn der Druk allmählich gesteigert wird. So fand er bei Wiederholung der Versuche von Cagniard de la Tour, daß 1 oder 2 Zoll lange Glasröhren, welche zum vierten Theil mit Wasser gefüllt, hermetisch verschlossen und in geschmolzenes Zink getaucht wurden, offenbar den ungeheuren Druk von 400 Atmosphären aushielten, ohne zu bersten. Wenn er dagegen das Ende einer Eisenstange leicht gegen das äußere Ende der Röhre drükend befestigte und die Stange longitudinal vibriren machte, indem ihr freies Ende mit einem ledernen, mit Harz überzogenen Handschuh gerieben wurde, so wurde die Röhre, die den Druk der Zange, welche sie im Zink untergetaucht hielt, so wie bedeutende Stöße der erwähnten Eisenstange selbst vertrug, unausbleiblich in Stüke zerschmettert. Gut gemachte kleine Dampfkessel unter den gewöhnlichen Umständen zu zersprengen, gelang ihm gewöhnlich nur dann, wenn die Sicherheitsklappe zugeschraubt war, und die Feuerstätte bis zum Dreifachen vergrößert wurde. Aehnliche Erfahrungen machte auch das Comité des Franklin Institute in Amerika. Hieraus zieht er den Schluß, daß nicht das einfache Uebermaaß des Dampfdruks im Kessel allein nothwendiger Weise eine Explosion veranlasse, sondern vielmehr verschiedene Arten von vibrirender Bewegung, welche dem Dampfkessel plözlich oder in Zwischenräumen mitgetheilt werden, eine Explosion zur Folge haben könnten und oft gehabt haben, z. B. der Schlag eines Hammers gegen die Wasserkammer des Kessels, ja einmal sogar ein kleiner Stein, den ein Knabe gegen die Wand eines (Hochdruk-) Dampfkessels schleuderte. Aus dem Umstande, daß die Sicherheitsventile als solche bei Explosionen in der Regel unwirksam gefunden wurden, folgert er, daß irgend eine Kraft im Augenblike ihres Entstehens den Boden oder die Seitenwände des Kessels zerriß, ehe sie auf das Sicherheitsventil wirken konnte. Wegen der plözlichen Wirkung dieser Kraft wurden die Explosionen der Gegenwart von Wasserstoffgas, welches sich in Folge der Zersezung des Wassers bildete, zugeschrieben. Allein abgesehen von der Schwierigkeit der Erzeugung einer großen Quantität Wasserstoffgases unter solchen Verhältnissen, konnte es ohne Vorhandenseyn einer gewissen Quantität freien Sauerstoffs oder atmosphärischer Luft weder brennen, noch explodiren; auch würde eine solche explosive Mischung, selbst wenn sie mit 0,7 ihres eigenen Volumens Dampf gemengt wäre, nicht Feuer fangen, wie Dr. Schafhäutl bereits im Mechanics' Magazine Bd. XXX. S. 144 (polyt. Journal Bd. LXXI. S. 362) durch Experimente dargethan. Die gewöhnliche Methode, Wasser in Dampf zu verwandeln, besteht darin, daß man stufenweise kleine Portionen Wärmestoff zu einem verhältnißmäßig großen Flüssigkeitskörper hinzufügt. Wird dagegen einer gegebenen Wassermenge so viel Wärmestoff als zu ihrer Vaporisation nothwendig ist, in einem Augenblike mitgetheilt, so muß sich in demselben Momente der Dampf explodirend entwikeln. Erhizt man z. B. eine Eisenstange so lange, bis sie sich mit flüssiger Schlake überzieht, legt dieselbe über ein auf einem Amboß befindliches Wasserkügelchen und schlägt mit einem Hammer darauf, so theilt die flüssige Schlake ihren Wärmestoff augenbliklich dem Wasser mit, indem sie erstarrt; in demselben Moment aber wird auch das Wasser mit einem lauten Knall in Dampf verwandelt.Siehe Schafhaͤutl's Abhandlung im Mechan. Mag, Bd. XXX, S. 141 (polytechn. Journal Bd. LXXI. S. 351). Eine ähnliche Erscheinung kann in einem Dampfkessel vorkommen, wenn eine Quantiät Wasser mit einer rothglühenden Platte in Berührung gebracht wird, sey es durch eine Bewegung des Kessels, oder in Folge eines theilweisen plözlichen Ablösens der am Boden oder an den Seitenwänden gebildeten Incrustation, welche sich nach und nach während ihres Wachsens immer mehr blasenartig vom Metall ablöst, und Veranlassung gibt, daß dort die Kesselplatte rothglühend wird. Selbst durch plözliche Verdikung des Sediments auf der Kesselplatte, was bei den Incrustationen von einer eigenthümlichen chemischen Beschaffenheit immer stattfindet, entwikeln sich die einzelnen Dampfblasen mit Explosion (vergl. obige Abhandlung, Mech. Magaz. Bd. XXX. S. 143). Ein plözliches Oeffnen des Sicherheitsventils, oder selbst eine rasche Steigerung der Hize, welche ein heftiges Aufwallen des Wassers zur Folge haben könnte, ist gefährlich. Dr. Schafhäutl geht nun zur Untersuchung der respectiven Fähigkeiten des Wassers und des Dampfes in Betreff der Fortpflanzung der undulirenden Bewegung, welche aus der Compressibilität obiger zwei Flüssigkeiten hergeleitet wird, über. Nach Laplace beträgt das Leitungsvermögen des Dampfes bei vier Atmosphären und 145,6° C. 1041,34511 Fuß, dasjenige des Wassers 6036,88 Fuß in der Secunde. Es verhalten sich daher ihre Geschwindigkeiten wie 1 : 4,5. Im Falle einer plözlichen explosiven Entwikelung des Dampfes ist die Hauptwirkung gegen den Boden oder die Wände des Kessels gerichtet; von hier aus verbreitet sie sich durch das Wasser und wird endlich durch den Dampf nach dem Sicherheitsventil fortgepflanzt. Eine in Folge einer Explosion an der Oberfläche des Wassers entstandene Welle würde den Boden oder die Seitenwände des Kessels viermal so bald erreichen, als sie auf den oberen Theil desselben und also auf das Sicherheitsventil einwirken könnte; entstände aber die Explosionswelle am Boden, so würde die Zeit, in welcher dieselbe das Sicherheitsventil erreichen würde, der Summe anstatt der Differenz beider Geschwindigkeiten proportional seyn. Obgleich diese relativen Zeitperioden, an sich betrachtet, vielleicht Manchem zu klein erscheinen möchten, als daß sie auf das Zerspringen des Kessels irgend einen bemerkbaren Einfluß ausüben könnten: so sind sie doch im Vergleiche mit dem Momente der Explosion, der unendlich kleinen Zeit, in welcher die Explosion entsteht und verschwindet — als unendlich groß zu betrachten. Denn da zu aller Mittheilung der Bewegung Zeit erfordert wird, die ganzen Kesselwände aber während der momentanen Entstehung der Explosion nicht Zeit genug haben, dem Stoße auszuweichen und vermöge ihrer eigenen Elasticität nachzugeben — so muß der Zusammenhang der Platten da, wo sie der Stoß trifft, zerstört werden und der Kessel also springen. Eine ähnliche Erscheinung wird oft bemerkt, wenn z. B. kleine Quantitäten Knallpulver aus 3 Theilen Salpeter, 2 Th. kohlensaurem Kali und 1 Th. Schwefel in einem erhizten eisernen Löffel zur Explosion gebracht werden. Ein über das Gefäß gelegtes Blech wird nicht abgeschleudert, oft aber der eiserne Löffel durchlöchert, gerade da, wo die Mischung lag, auch wenn die Masse gar keinen Widerstand nach Oben zu überwinden hat. Um die Wirkung der plözlichen Entwikelung einer explosiven Kraft aus die Platten eines Dampfkessels durch das Experiment zu erläutern, theilt Dr. Schafhäutl das Resultat einer Reihe von ihm angestellter Versuche mit Eisencylindern mit. Der Zwek dieser Versuche war, die Verlängerung der Cylinder zu ermitteln, welche stattfand, ehe sie bei plözlicher Anbringung eines gegebenen Gewichts rissen. Es ergab sich das Resultat, daß ein Cylinder, welcher eine Spannung von 22 nach und nach angehängten Centnern ausgehalten hatte, unausbleiblich ohne alle Verlängerung zerriß, wenn dieselbe Kraft durch einen fallenden Körper plözlich angebracht wurde. Aehnliche Versuche mit Eisenbahnschienen erwiesen, daß lokerfaseriges Eisen, welches eine stufenweise sich steigernde Spannung recht gut aushielt, bei plözlicher Einwirkung derselben Kraft zerbrach, während engfaseriges Eisen, welches nicht im Stande war, eine allmähliche Spannung auszuhalten, den plözlichen Impuls vollkommen ertrug. Diese Thatsachen verdienen bei der Auswahl des Eisens für Kesselpatten, welche gegen die plözliche Einwirkung einer zerstörenden Kraft zu schüzen sind, wohl in Erwägung gezogen zu werden. Dr. Schafhäutl legt darauf die Details einer Reihe von Versuchen dar, indem er an einem sinnreichen ModellDas Modell bestand aus einem starken verticalen Cylinder, an welchem oben und unten einander gerade gegenuͤber zwei Ventile so angebracht waren, daß eine gewisse fuͤr beide genau zu bestimmende und gleiche Kraft zu ihrer Erhebung oder Senkung erfordert wurde. In diesen etwas mehr als zur Haͤlfte mit Wasser gefuͤllten Cylinder wurden nun Schießpulverpatronen gesenkt, mit Wachspapier umhuͤllt bis auf die untere Flaͤche, welche von einer Kaliumkugel geschlossen und noch mit so viel Scheiben von weißem Fließpapier bedekt war, daß die Entzuͤndung nur nach einiger Zeit erfolgte. Manchmal wurden auch große Kaliumkugeln in Filtrirpapier gewikelt etc. allein angewendet. Der Erfolg war immer, daß wenn die Explosion im Wasser oder selbst auf der Oberflaͤche des Wassers geschah, die obere Klappe ruhig blieb, waͤhrend ein Theil Wasser durch die untere geworfen wurde, die wie die obere vermittelst eines feingezahnten Sperrrades so eingerichtet war, daß sie in jeder Entfernung vom Cylinder, wohin sie durch die Explosion geworfen wurde, feststehen blieb. theils mit Hülfe einer explosiven Verbindung von Kalium und Schießpulver, theils mit Hülfe von ersterem allein die Wirkungen von Explosionen in verschiedenen Höhen innerhalb eines Dampfkessels erläuterte. Eine sorgfältige Prüfung der Umstände und Resultate dieser Versuche überzeugten ihn, daß sich eine einfache, auf alle Dampfkessel anwendbare mechanische Anordnung treffen ließe, welche die aus der momentanen Entwikelung einer Explosivkraft entstehende Gefahr aufheben würde. Er schlägt vor, mit dem Boden des Dampfkessels vermittelst einer Röhre ein besonderes Sicherheitsventil von gegebenem Flächeninhalt in Verbindung zu bringen, welches mit 5/6 der absoluten Cohäsionskraft der Kesselplatte zu belasten wäre. Sollte nun eine plözliche Dampfentwikelung stattfinden, so würde der erste Stoß auf das untere eigentliche Sicherheitsventil wirken und dasselbe öffnen; dadurch würde die erzeugte Welle ihrer zerstörenden Kraft beraubt und zugleich die Heftigkeit des zweiten von dem oberen Theile des Kessels kommenden Stoßes gemildert, indem der erste Stoß bereits einem Theile des Wassers den Ausweg aus dem Kessel gestattet hätte. Dieses eigentliche Sicherheitsventil muß, wenn es horizontal gestellt ist, mit der Röhre durch den Rost in den Aschenraum herabreichen, oder, wenn die Röhre horizontal gelegt ist, durch die Zugröhren des Ofens ins Freie hinausreichen, um es so vor Incrustation zu bewahren. II.Bemerkungen von Parkes. Hr. Parkes beschäftigte sich mehrere Jahre mit der Sammlung von Thatsachen zur Erläuterung der Phänomene der Dampfkessel-Explosionen. Diese Unglüksfälle konnten nicht durchgängig auf eine einzige Ursache bezogen werden. Ein Dampfkessel kann wohl zu schwach seyn, um dem inneren Druk zu widerstehen, so daß ein Bersten die nothwendige Folge davon ist. Wenn indessen auch die bloße Spannkraft des Dampfes das Bersten eines Dampfkessels in gewissen Fällen erklärte, so reichte doch diese Ursache nicht hin, manche wohlbekannte Erscheinungen zu erklären, z. B. das Wegschleudern eines ganzen Dampfkessels von seinem Lager, die Trennung eines Kessels in zwei Theile, wovon der eine an seiner Stelle blieb, der andere weit weggeschleudert wurde, u. s. w. Parkes ist der Meinung, daß nur eine ganz augenblikliche Kraftentwikelung solche Wirkungen veranlaßt haben konnte. Dr. Schashäutl wies mit vielem Scharfsinne nach, daß eine unter Wasser erzeugte Explosivkraft auf den Boden des Dampfkessels wirken und ihn sprengen würde, ehe das Sicherheitsventil den Druk mildern könnte. Er leitete aus Parkes Theorie „der percussiven Wirkung des Dampfs“ und aus seinen eigenen Versuchen die Thatsache her, daß, wenn aus irgend einer Veranlassung, z. B. in Folge des Aufbrechens eines Theils der am Kesselboden haftenden Kruste, ein Dampfvolum von großer Elasticität in einem Augenblike sich entwikelte, ein Bersten des Bodens oder eine Trennung des Kessels in zwei Theile die Folge davon seyn würde. Parkes stimmt mit dieser Ansicht überein und führt zu ihrer Bekräftigung mehrere Beispiele an. Es schien ihm, daß eine von dem einfachen Dampfdruk verschiedene und stärkere Kraft das Hauptagens sey. Die Bemühungen des Comité's des Franklin Institute und Anderer, Dampfkessel-Explosionen hervorzubringen, hatten sehr selten einen Erfolg, und die erlangten Resultate weichen von denjenigen, welche immer in Folge eines Unfalles vorkommen, sehr ab. Man möchte aus dieser Thatsache mit Gewißheit schließen, daß die Experimentatoren nicht auf den wahren Grund des Berstens und Wegschleuderns der Dampfkessel gekommen sind, sonst würde die Hervorbringung ähnlicher Wirkungen keine Schwierigkeit gehabt haben. Parkes beschreibt nun die Dampfentwikelung durch stark erhizte Platten, welche so plözlich ist, daß keine praktikable Anzahl von Sicherheitsventilen im Dampfraume diese Dampfmenge rasch genug entladen könnte, um den Kessel vor der Zerstörung zu schüzen, und führt als Beispiel die durch Aufbrechen der Kruste in Salzpfannen hervorgebrachten Wirkungen an. Kohlen- und schwefelsaurer Kalk trennten sich in Folge der Verdunstung von der Soole und sezten sich sehr fest an die erhizten Flächen. Häufig bildete sich über diesem Niederschlag eine Salzkruste; die Folge hievon war, daß das Aufwallen, wenn der Niederschlag über dem Boden sich sehr Verdikt hatte, aufhörte, und der Boden der Pfanne rothglühend wurde. Die Art, wie man die Pfannenkruste ablöste, bestand darin, daß man die Schärfe einer schweren eisernen Brechstange auf sie einwirken ließ, so daß nun das Salzwasser die Pfanne erreichen konnte; auch wurde die Kruste häufig durch Ausdehnen und Niederdrüken der Platten zerbrochen, so daß die Kruste wie ein Gewölbe über den lezteren blieb. In solchen Fällen sah man die Platte einen Augenblik lang roth glühend, aber unmittelbar darauf wurde eine ungeheure Salzwassersäule aus der Pfanne geschleudert, wobei der Dampf offenbar eine hohe momentane Elasticität äußern mußte. Parkes sah ein Quadratyard des Pfannensteins auf diese Weise geborsten und unter demselben die ganze Oberfläche der Platte rothglühend. Wäre die Pfanne wie ein Dampfkessel geschlossen gewesen, so würde der Dampfstoß gegen Dekel, Boden oder Seitenwände ohne Zweifel den Behälter zertrümmert haben. In der Fabrik des Hrn. Parkes wurde durch den Boden einer dünnen kupfernen Salzpfanne in Folge der plözlichen Einwirkung des auf obige Weise erzeugten Dampfes ein Loch geschlagen. Die Stelle war ohne Zweifel vorher durch die Hize schadhaft geworden. Parkes ist der Meinung, daß ähnliche Erscheinungen häufig bei Dampfkesseln vorkommen könnten. Mehrere Schriftsteller über Dampfkessel-Explosionen haben die Theorie aufgestellt, daß rothglühende Eisenplatten weniger Dampf erzeugen, als weniger erhizte Platten. Diese Annahme gründete sich auf die Versuche von Leidenfrost, Klaproth und Anderen über die Zeit, welche ein kleines, in einem roth glühenden Löffel liegendes Wasserkügelchen zur Verdampfung braucht. Allein zwischen einem heißen Löffel, welcher einen Wassertropfen enthält und einer Wassermasse zwischen den erhizten Platten eines Dampfkessels war keine Analogie zu finden. Ein dünner, über heiße Platten geleiteter Wasserstrahl würde augenbliklich Dampf von großer Kraft erzeugen; die Molecularattraction eines aus geringer Höhe auf eine Platte fallenden Tropfens würde vernichtet und das Ganze in einem Augenblik in Dampf von hoher momentaner Spannkraft verwandelt werden. Die gewöhnlich angenommene Theorie des Leidenfrost'schen Experimentes wurde durch Dr. Schafhäutl in einem im Mechanics' Magazine Bd. XXX. Nr. 799 (polytechn. Journal Bd. LXXIII. S. 81) erschienenen Aufsaz als unrichtig widerlegt. Die Explosion mehrerer Dampfkessel wurde, wie Parkes meint mit Recht, einer über sehr stark erhizte Platten hinwegstreichenden Wasserwelle zugeschrieben. Auf diese Weise erklärt er sich das Unglük des Dampfbootes „Union“ bei Hull. Die Schiffsdampfkessel waren dazumal noch nicht so gut eingerichtet, wie jetzt, um zu verhüten, daß das Wasser nach einer Seite zufließe und auf der anderen Seite der Einwirkung des Feuers eine trokene Stelle lasse. Unter solchen Umständen war jenes Unglük, so bald das Schiff ins Gleichgewicht sich stellte, unvermeidlich. Parkes war nicht der Meinung, daß es der Bloßstellung einer bedeutenden erhizten Metallfläche bedürfe, um die Trennung eines Dampfkessels und das Abschleudern der oberen Hälfte desselben hervorzubringen; im vorliegenden Falle ist der Erfolg der Plözlichkeit der Wirkung zuzuschreiben, und keine Anzahl Sicherheitsventile würde im Stande gewesen seyn, den Dampf seiner momentanen Kraft zu berauben und den Dampfkessel zu retten. Geräumige Dampfkessel wurden ringsherum so glatt abgesprengt, wie wenn sie mit einer Schere von einander geschnitten worden wären. Diese Erscheinungen waren handgreifliche Beweise einer äußerst momentan wirkenden Kraft. Plözliche Wirkungen gegen die Kesselflächen entstehen übrigens auch aus anderen Ursachen, als wegen Ueberhizung der Platten. Im Laufe seiner Nachforschungen über den Grund der Unfälle mit Dampfkesseln, fand Parkes, daß von 23 Explosionen 19 in dem Augenblike stattfanden, wo man die Maschine in Gang sezte, oder während die Dampfkessel in Ruhe, und nur drei, während die Maschinen in Gang waren; die meisten Explosionen erfolgten in dem Momente, wo der Dampf auf den Kolben zugelassen wurde. Er schreibt diese Wirkung der percussiven Kraft des Dampfes zu, welche der Kessel eben so gut wie der Kolben erfährt; war der Kessel schwach und durch den Dampf bis nahe an den Punkt des Berstens ausgedehnt, so war der Stoß hinreichend, sein Zerspringen zu veranlassen. Parkes führt mehrere dahin gehörige Beispiele an. Im Jahre 1817 plazte bei Norwich der Kessel eines Dampfschiffes, wobei mehrere Personen das Leben verloren. Vor dem Unfall rann der Kessel an mehreren Stellen; der Dampf drang in reichlicher Menge durch das Sicherheitsventil, welches offenbar sehr schwer belastet war, hervor. Die Maschine hatte kaum eine Umdrehung gemacht, als die Explosion erfolgte. Dem gegenwärtigen Zustande unserer Kenntnisse in diesen Thatsachen gemäß ist Parkes überzeugt, daß der Impuls des Dampfes gegen den Kolben die unmittelbare Ursache dieses Unglüks gewesen sey. Im Jahre 1826 oder 1827 war Parkes Augenzeuge von den Wirkungen einer Explosion in der Nähe seiner Fabrik bei Paris, und zwar wenige Minuten nach dem Vorfall. Der Dampfkessel bestand aus Schmiedeisen, war 6 Fuß lang und hielt ungefähr 2 Fuß 6 Zoll bis 3 Fuß im Durchmesser. Auf seinen Rath hatte der Eigenthümer vorher ein neues, aus einem Stük Schmiedeisen bestehendes Ende eingesezt; man hatte ihm ernstlich abgerathen, seine Maschine zu überladen oder dieselbe für gewöhnlich mit solch enormer Spannung arbeiten zu lassen. Der Cylinder der Maschine lag horizontal und stand durch eine kurze, mit einem Hahne versehene Röhre mit dem Dampfkessel in Verbindung. Da die Maschine dem Eigenthümer zu langsam ging, so begab er sich in das Maschinengebäude und sperrte sie ab. Er drükte darauf den Hebel des Sicherheitsventils nieder; kaum hatte er aber den Hahn gedreht, um die Maschine wieder in Gang zu sezen, als die Explosion erfolgte. Das neue, der Maschine gegenüber liegende Ende des Dampfkessels wurde von dem Hauptkörper getrennt, im Feuercanal liegend gefunden. Die Nietnägellinie und ein vollständiger Reif des neuen Endes waren an dem Stük geblieben, und die Kanten an der geborstenen Stelle waren so scharf und glatt, wie wenn sie abgemeißelt oder mit der Schere abgeschnitten worden wären. Dampfkessel, Maschine und Mauerwerk wurden in den Hof geschleudert und zwar nach einer der Wasser- und Dampfentweichung entgegengesezten Richtung. Aehnliche Wirkungen beobachtete Parkes im verflossenen Jahre bei einer in Camden-town erfolgten Explosion. Glüklicher Weise befand er sich gerade an Ort und Stelle, so daß er die Sache untersuchen konnte, ehe in der Lage viel geändert worden war. Zwei Dampfkessel waren, die Enden einander zukehrend, eingesezt worden; zwischen ihnen befand sich ein Schornstein. Das Ende des einen wurde hinausgeschmettert und lag ganz nahe bei seiner ursprünglichen Stelle. Der Kessel wurde rükwärts in den Schornstein, welcher ihn zum Theil an einem hervorstehenden Röhrenkranz unterstüzte, hineingetrieben und stieß den anderen Kessel mit dem ganzen Mauerwerk in horizontaler Richtung volle 2 Fuß vorwärts. Parkes ist der Meinung, daß der Dampf, während er auf der einen Seite das Bersten des Kessels veranlaßte, vermöge seiner Rükwirkung gegen die entgegengesezte Seite desselben jenen Rükstoß hervorbrachte. Im vorliegenden Falle waren die beiden auf den miteinander in Verbindung stehenden Dampfkesseln befindlichen Sicherheitsventile in gutem Zustande und nicht schwer belastet. Der Unfall ereignete sich um die Frühstüksstunde, wo die Maschinen nicht im Gang waren. Eine der beiden Stüzen, welche das geborstene Kesselende hielten, war, wie sich zeigte, schon vorher gebrochen, indem der Bruch mit alter Kalkkruste überzogen war; die andere hatte schon lange gekracht und wurde nur noch durch ein Bruchstük gehalten. Das geborstene Kesselende war dem Feuer nicht ausgesezt gewesen, auch zeigte der Feuercanal keine Spuren von Beschädigung durch das Feuer u. s. w. Bei seinem Bestreben zu entweichen, wirkte der Dampf zunächst gegen das eine Ende, und erhob den Kessel nicht nur aus seiner horizontalen Lage bis zu einem Winkel von ungefähr 45°, sondern gab ihm auch noch von seinem Lager aus eine schräge Drehung. Hr. Parkes konnte nicht die öfters ausgesprochene Ansicht theilen, daß die sogenannten Hochdrukdampfkessel gefährlicher oder zum Explodiren geneigter seyen, als andere. Er glaubt im Besize der Berichte von beinahe allen Explosionen zu seyn, welche seit dem Erlöschen von Watt's Patent in Cornwallis, von welchem Zeitpunkte man anfing, die Maschinen mit höherem Druk arbeiten zu lassen, sich ereigneten; es lassen sich nur fünf oder sechs Beispiele aufweisen, einige Fälle zusammengestürzter Oefen ungerechnet. In einem kleinen District um Wednesbury ereigneten sich im Laufe des gegenwärtigen Jahres mit Niederdrukkesseln mehr Explosionen als in Cornwallis innerhalb 40 Jahren, wo man sich des höchsten Drukes bediente. Parkes ist auch der Ansicht, daß die Kohlendistricte von Northumberland, Durham und Staffordshire mehr Unglüksfälle dieser Art von Hoch- und Niederdruckkesseln aufweisen können, als das ganze übrige England. Obiger Contrast zwischen den Kohlendistricten und dem Districte von Cornwallis läßt sich einfach erklären. Wo Kohlen so wohlfeil waren, da hatte die Consumtion an Brennmaterial keine Gränzen; die Nachlässigkeit nahm überhand; man glaubte sich verhältnißmäßig kleiner Dampfkessel bedienen zu dürfen, indem sich durch intensives Feuer genug Dampf entwikeln ließe, wobei die Regel galt, vor Allem die ersten Kosten des Dampfkessels einzubringen. In Cornwallis dagegen handelte es sich darum, mit der Brennmaterial-Consumtion ökonomisch zu verfahren. So kommt es denn, daß die ganze Classe jener in Folge der Beschädigung der Platten durch Feuer oder Ablagerungen (Incrustation) entstehenden Unglüksfälle ungefähr zu der Intensität der Feuerung im Verhältniß stehen mag. Wenn das unglükselige Ergebniß im Allgemeinen in den Kohlendistricten überwiegend war, so gab es doch einige Ausnahmen. In einem Eisenwerke bei Dudley waren die Dampfkessel nach beinahe dreißigjährigem Gebrauche noch in gutem Zustande; während dieser Periode hatten sie nur geringe Reparaturen erfordert. Bei diesen Dampfkesseln bestanden sämmtliche, dem Feuer ausgesezte Bodenplatten aus geschmiedetem, nicht aus gewalztem Eisen; die Kessel waren im Verhältniß zu ihrer Arbeit geräumig, und wurden jede Woche sorgfältig gereinigt. Parkes geht nun zu mehreren anderen merkwürdigen Explosionsfällen über. Es ist eine authentische Thatsache, daß ein den HHrn. Ferey bei Essonne in Frankreich gehöriger Dampfkessel in dem Augenblik plazte, wo das Sicherheitsventil sich öffnete. Nach der bei Lyon erfolgten Explosion der zu Steele's Dampfboot gehörigen Dampfkessel vernahm man hintereinander drei Berichte, welche alle dahin lauteten, daß die Kessel nicht in einem und demselben Momente zersprangen. Obgleich Hr. Steele das Sicherheitsventil niedergeschraubt hatte, um den Dampfdruk zu erhöhen, so sollte doch, den geäußerten Ansichten zufolge, die Explosion des ersten Kessels für die beiden anderen als Sicherheitsventil gewirkt und sie gerettet haben, indem durch die Zerstörung des ersten Kessels die Röhren geborsten wären und dem in dem anderen Kessel befindlichen Dampf ein freier Ausweg sich eröffnet hätte; nichtsdestoweniger explodirten sie alle drei der Reihe nach. Mehrere ähnliche Beispiele successiver Explosionen haben sich in England zugetragen. Parkes ist nicht gesonnen, hier in eine nähere Erläuterung der Ursache obiger Erscheinung einzugehen, dagegen drükt er seine Ueberzeugung dahin aus, daß ein plözliches Oeffnen und Schließen der Sicherheitsventile äußerst gefährlich sey. Sicherheitsventile sollten sich, um ihrem Zwek in nüzlichem Sinne zu entsprechen, einzig und allein dem Dampfdruk öffnen, und nicht mehr gehandhabt werden, als absolut nothwendig ist. Keine der seither aufgestellten Theorien scheint den Grund des Fortschleuderns schwerer Dampfkessel aus ihren Lagern deutlich zu erklären, zumal wenn sie, wie dieß öfters der Fall war, Wasser im Ueberfluß enthielten. Parkes führt als Beispiel einen Fall an, wo ein Dampfkessel explodirte und einen mit ihm in Verbindung stehenden Kessel, worin mehrere Männer arbeiteten, auf einige Entfernung mit sich fortriß. In der Luft trennten sich beide Kessel, und derjenige, welcher geborsten war, erreichte eine sehr bedeutende Höhe, obschon er bei einem Durchmesser von 6 Fuß 28 Fuß lang war. Im Jahre 1835 wurde in der Wollenmanufactur der HHrn. Henderson in Durham ein ungefähr 2½ Tonnen wiegender Dampfkessel von seinem Lager geschleudert; er stieg auf eine bedeutende Höhe und fiel in einer Entfernung von 300 Yards von seiner ursprünglichen Stelle nieder. Ein cylindrischer Dampfkessel explodirte im Jahre 1812 in der Cornver Grube in Cornwallis. Er brach durch das Gebäude, und öffnete sich selbst einen Ausweg in den Hof, wo er platt wie ein Stük Papier niedergefallen seyn soll. Thatsachen dieser Art gewähren hohes Interesse und sind geeignet, das Nachdenken der Ingenieurs auf die Ursache derselben so wie auf passende Gegenmittel hinzulenken. Parkes führte noch als Beispiele mehrere Fälle an, wo Dampfkessel rothglühend wurden, ohne zu explodiren. Ein Beispiel bezog sich auf drei Dampfkessel, deren Böden und Deken in Folge einer im Gebäude, worin sie sich befanden, ausgebrochenen Feuersbrunst rothglühend waren; dennoch plazten die Kessel nicht. Uebrigens war in die solchergestalt überhizten Kessel kein Wasser nachgepumpt worden. Er war ferner im Besize mehrerer sonderbarer Beispiele, wo Kessel aus Ursachen, die von den vorhergehenden ganz verschieden waren, explodirten und fortgeschleudert wurden. Ein solcher Fall ereignete sich im Februar 1837 in dem Etablissement der HHrn. Samuel Stocks und Sohn im Stadtgebiete von Heaton Norris bei Manchester. Der Dampfkessel war 20 Fuß lang, 9 Fuß breit und 10 Fuß tief und wog ungefähr 8 Tonnen. In einer Sonnabendnacht wurde das Wasser mittelst Dampfdruk durch das am Boden befindliche Spundloch ausgetrieben, wobei man den Dekel des Einfahrtloches nicht abschraubte. Am Sonntag Abend nahm der Heizer in der Absicht, den Kessel zu reinigen, den Einfahrtsdekel ab; in dem Augenblike, wo er mit einer brennenden Laterne hineinstieg, fand eine heftige Explosion statt, der Mann wurde eine Streke weit fortgeschleudert und getödtet. Der Dampfkessel wurde bei näherer Untersuchung ganz troken gefunden, kein Feuer war angezündet, keine Spur von Wasser fand sich in seiner Nähe, er war ganz kalt; er war von seinem Lager bis zum Dach geworfen worden, welches er zerstörte; auch die Mauern des Gebäudes waren eingestürzt. Das Vorhandenseyn eines brennbaren Gases ließ sich ohne Schwierigkeit erklären, indem sich in Folge der Zersezung des Dampfes (welcher nach dem Austreiben des Wassers in dem Dampfkessel zurükgeblieben seyn mochte) durch die erhizten Seitenwände und den Boden des Kessels Wasserstoffgas entwikelt haben konnte. Die durch das Spundloch oder das Einfahrtloch nach abgenommenem Dekel eingedrungene atmosphärische Luft reichte hin, eine explodirende Mischung zu bilden. Das Fortschleudern des Arbeiters war die einfache Folge der Gasentzündung, schwieriger jedoch war es zu erklären, warum der ganze Kessel aus seiner Stelle gehoben wurde. Die Gestalt des Dampfkessels nach der Explosion zeigte zwei verschiedene Wirkungen; die Enden und Seiten desselben waren durch die Gewalt der in ihm statt gehabten Explosion bauchartig nach Außen getrieben, der Boden aber durch die Gewalt, welche ihn aus seinem Lager erhob, aufwärts gequetscht worden. Die Bildung von Wasserstoffgas in einem Dampfkessel nach Entleerung alles Wassers wurde durch einen ähnlichen Fall bestätigt, welcher sich in der Zukerraffinerie der HHrn. Rhodes und Sohn in London zutrug, dessen Details Hrn. Parkes von dem Verwalter der Fabrik Hrn. Henrickson mitgetheilt wurden. Als ein Arbeiter mit einer brennenden Laterne in den Kessel zu steigen im Begriff war, um denselben zu reinigen, wurde er zu einer bedeutenden Höhe emporgeschleudert. Der Kessel war nicht geborsten, indem die Quantität des Wasserstoffgases verhältnißmäßig gering und auf den oberen Theil des Kessels beschränkt schien; dagegen erfolgte eine Reihe von Detonationen gleich successiven Kanonenschlägen. Diese beiden merkwürdigen Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, bei Beaufsichtigung von Dampfkesseln auch auf die scheinbar unbedeutendsten Umstände Acht zu haben. Die gänzliche Entleerung der Kessel, während in dem Ofen noch eine intensive Hize waltet, ist offenbar gefährlich, und sollte nie vorgenommen werden, ohne vorher den Dekel des Einfahrtloches abzunehmen. Hr. Seaward war erfreut, die Idee, die Dampfkesselexplosionen aus der Bildung von Wasserstoffgas herzuleiten, mit so vielem Erfolge durch Dr. Schafhäutl und Parkes bestritten zu sehen. Er stimmt mit dem ersteren in Betreff seiner Ansicht über die Ursache der Mehrzahl der Explosionen vollkommen überein. Bei allen Explosionen, von deren Wirkung er selbst sich überzeugt hat, schienen die unteren Theile des Kessels am meisten gelitten zu haben. Unmittelbar nach der Explosion in der Polgoothgrube, wobei 17 Personen das Leben verloren, war er an Ort und Stelle. Man erzählte ihm, die Dampfkessel hätten sich 7 bis 8 Fuß weit von ihren Lagern bewegt, ehe man eine Detonation hörte. In der Hurlam Grube war eine Dampfmaschine mit 40zölligem Cylinder unmittelbar über dem Schachte aufgestellt worden. Ihre Kraft reichte für die zu liefernde Arbeit nicht hin; im Verhältniß der zunehmenden Tiefe steigerte man daher stufenweise den Dampfdruk. Längs des Kessels, welcher von ungeheurer Länge war, hatte man bei jedem Hub der Maschine fortwährend eine zitternde oder wellenförmige Bewegung bemerkt; am Ende explodirte der Kessel. In London fanden im Verhältniß zu der Anzahl der verwendeten Dampfkessel weniger Explosionen statt, als in irgend einem anderen District. Der Grund dieser Thatsache dürfte in der Kostspieligkeit des Brennmaterials liegen; man ging mit demselben ökonomisch um, achtete auf eine regelmäßige Dampfzuführung und vermied jene intensive Thätigkeit des Feuers, welche, wenn die Maschine auf einige Zeit still steht, eine Explosion zu veranlassen geneigt ist. Parkes schreibt die geringe Anzahl von Dampfkessel-Explosionen in den Themsebooten dem dort üblichen Verfahren der Maschinisten zu, den Dampf auf das Sicherheitsventil wirken zu lassen, anstatt das leztere zu öffnen. Das rasche Oeffnen des Ventils hat schon oft eine Explosion zur Folge gehabt. Bei dieser Gelegenheit hält er es für nöthig, zu den ihm unrichtig scheinenden Schlüssen Tredgold's über die Bildung von Wasserstoffgas in DampfkesselnTredgold on the Steam Engine. Vol. I. p. 251. Edition by Woolhouse. einige Bemerkungen beizufügen. Die betreffende Stelle lautet, wie folgt: „Wasserstoffgas kann, und häufig kommt es wirklich vor, in Dampfkesseln durch Wasser gebildet werden, welches mit einem rothglühenden Theile des Kessels in Berührung ist; regelmäßig scheint es sich zu entwikeln, während sich Dampf von sehr hoher Temperatur bildet.“ Dr. Schafhäutl hat gezeigt, daß der Erfolg des mit einem rothglühenden Theile des Dampfkessels plözlich in Berührung kommenden Wassers lediglich die augenblikliche Entbindung einer großen Dampfmenge von sehr hoher Elasticität ist. Parkes behauptet, daß kein Beispiel der plözlichen Entwikelung von Wasserstoffgas in einem Dampfkessel unter solchen Umständen bekannt sey, und zweifelt sehr an der Möglichkeit einer solchen Erscheinung. Zugegeben indessen, sie sey möglich, so müßte eine explosive Gasmischung bereits sich gebildet haben, ehe der Dampfkessel zerstört werden könnte, und dieses könnte so lange nicht statt finden, als eine hinreichende Quantität Wasser vorhanden wäre, woraus sich eine bedeutende Dampfmenge entwikeln ließe. Hr. Donkin stimmt hinsichtlich der Nichtbildung von Wasserstoffgas in Dampfkesseln unter besonderen Umständen mit obiger Ansicht nicht ganz überein. Er bezieht sich auf die Analogie mit den in Eisengießereien vorkommenden Detonationen, wenn das flüssige Metall mit feuchtem Sand in Berührung kommt, und ist der Meinung, daß eine Zersezung wirklich stattfinde, wenn Wasser plözlich gegen rothglühende Platten anschlägt. Er untersuchte einmal einen Dampfkessel, welcher geplazt war; die Deke desselben war auf einige Entfernung fortgeschleudert und der Boden seiner ganzen Länge nach abwärts gepreßt worden. Donkin meint, durch die heftige Feuerung sey beinahe alles Wasser verdampft; der Boden sey rothglühend geworden und der Dampfdruk habe denselben, nachdem er durch die Glühhize schwach geworden sey, gewaltsam abwärts gedrükt; das Wasser sey darauf plözlich zu beiden Seiten über den überhizten Theil geflossen, worauf augenbliklich die Explosion erfolgt sey. Hr. Field war geneigt, alle Explosionen, von denen er nähere Notiz genommen hatte, dem einfachen Druk zuzuschreiben. Wenn Dampf oder eine geringe Quantität Wasser sehr schnell in ein trokenes erhiztes Gefäß geleitet wird, so bildet sich leicht Wasserstoffgas. Er richtete zu diesem Zwek mehrere Apparate vor. Eine starke schmiedeiserne Röhre wurde erhizt; nachdem man sie mit Eisendrehspänen loker angefüllt hatte, wurde Dampf hineingeleitet, worauf sich das Gas rasch entwikelte. Er stimmte insofern mit Parkes überein, als er die oben erwähnte unrichtige Ansicht Tredgold's in Betreff der Wasserstoffgasbildung verwarf. Indessen ist er der Meinung, daß in einem geräumigen, beinahe trokenen und zum Theil glühenden Dampfkessel in Folge der Zulassung einer geringen Quantität Wasser, Wasserstoffgas sich bilden könnte. Was die Erhebung der Dampfkessel aus ihren Lagern betrifft, so ist der Präsident der Ansicht, daß diese Erscheinung sich genügend aus der Wirkung des atmosphärischen Druks erklären lasse. Wenn in einem Dampfkessel eine Explosion stattfindet, so wird eine bedeutende Menge einer sehr elastischen Flüssigkeit entwikelt; in Folge hievon bildet sich über dem Dampfkessel ein theilweises Vacuum, während unter dem Kessel der volle atmosphärische Druk wirksam ist. Hieraus folgt, daß der Dampfkessel von seinem Lager in die Höhe geworfen wird, vorausgesezt, daß die atmosphärische Luft nicht gleichzeitig in denselben einströmt; wäre aber lezteres der Fall, so würde der Boden abwärts gedrükt, der obere Theil auf die beschriebene Weise auseinander gerissen und mit dem elastischen Fluidum in die Luft geführt. Bedenkt man, daß der Flächeninhalt jener Kesselböden ungefähr 60 Quadratfuß, der Druk der Atmosphäre beinahe 1 Tonne auf den Quadratfuß und das Gewicht der Dampfkessel aber nur 8 bis 10 Tonnen betrug, so springt in die Augen, daß bei einer bedeutenden Luftverdünnung, überhaupt bei einer Ungleichheit des atmosphärischen Druks jene Wirkung hervorgebracht werden konnte. Der Präsident bezieht sich ferner auf zwei ähnliche Fälle ungewöhnlicher Art, von denen er vor Kurzem amtlich in Kenntniß gesezt wurde, deren Entstehung er hauptsächlich aus der Ungleichheit des atmosphärischen Druks herleitet. Der erste Fall ereignete sich auf dem Hafendamm in Plymouth bei dem großen Sturme im Februar 1838. Es wurden nämlich mehrere der größten Granitblöke im Gewichte von 3 bis 8 Tonnen, welche das Pflaster des Dammes bilden, aus ihrer Lage herausgerissen und über den Damm hinweg in den Sund geschleudert, obgleich sie vierekig mit Einschweifungen gestaltet und ihrer ganzen Länge nach in vortrefflichen Mörtel gelagert waren. Er schreibt diese Thatsache dem hydrostatischen Druke zu, welcher in dem Momente von Unten her auf die Steine wirkte, als der atmosphärische Druk oberhalb derselben durch die mit Rapidität gegen die Fläche des Dammes brandenden Wassermassen gewaltsam gestört wurde. Auf diese Weise wurden schon oft Steinblöke auf große Entfernung fortgerissen, nicht sowohl durch den Hub der Wellen, als vielmehr in Folge des durch die Wasserbewegung über denselben erzeugten luftleeren Raumes, welcher dem Wasser gestattete, mit seiner vollen Kraft von Unten herauf zu drüken. Der zweite Fall trug sich bei einem Sturm im Jahre 1840 zu. Es wurde nämlich durch den atmosphärischen Druk von Innen das Seethor des Eddystone Leuchtthurms auswärts getrieben; starke eiserne Riegel und Angeln wurden durch den gewaltigen Luftdruk gesprengt. Die ungeheuren, den Leuchtthurm ringsumfluthenden Wassermassen hatten wahrscheinlich ein momentanes, jedoch wirksames Vacuum erzeugt und auf diese Weise den atmosphärischen Druk in den Stand gesezt, von Innen gegen das Thor zu wirken und dasselbe zum Weichen zu bringen.