Titel: Ueber die Ursache der Zersezung der Mauern in verschiedenen Höhen über dem Boden; von Hrn. Fleuriau de Belleville.
Fundstelle: Band 85, Jahrgang 1842, Nr. XCII., S. 387
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XCII. Ueber die Ursache der Zersezung der Mauern in verschiedenen Hoͤhen uͤber dem Boden; von Hrn. Fleuriau de Belleville. Aus den Comptes rendus Mai 1842, Nr. 22. Fleuriau, uͤber die Zersezung der Mauern. Ich bemerkte allenthalben, vorzüglich in den zwei Departements der Charente, der beiden Severn und der Vienne, so wie auch in Paris selbst, daß die Mauern alter Häuser von Kalkquadersteinen in gewissen Höhen eine eigenthümliche Veränderung erlitten oder angefressen sind. Diese Veränderung fängt in der Regel erst einen halben Meter über dem Boden an und erstrekt sich bis 3,50 Meter darüber, während die übrige Façade, aus denselben Steinen bestehend, mehrere Jahrhunderte lang beinahe unversehrt bleibt. Es gibt hiefür im Allgemeinen wenig Ausnahmen, und zwar nur auf einigen Steinen, die wahrscheinlich von schlechter Qualität oder dem Anprallen des Westwindes ausgesezt sind. So zersezt sich ein 3,50 Meter hoher, ungefähr 0,50 Meter oberhalb der Straßenfläche befindlicher Streifen beinahe immer viel leichter als die anderen Theile des Gebäudes. Die erwähnten Steine kommen zwar größtentheils aus Kreidebrüchen, es findet aber dieselbe Erscheinung manchmal bei einigen Marmoren alten Ursprungs, so wie auch, jedoch viel langsamer, bei einigen Granitarten statt. Gewöhnlich ist in der Mitte dieses Streifens (oder dieser Veränderungs-Zone) in der Höhe von 2 bis 3 Metern oberhalb des Bodens die Zersezung am stärksten. Hier verschwindet der wenigst dauerhafte Theil in der Mitte jedes Steines bis auf eine Tiefe von 2 bis 3 Centimetern, und zuweilen noch tiefer; die spathigsten Theile sind mehr oder weniger erhaben und wie vom Wurm durchbohrt, aber mit dem besonderen Umstande, daß die Zersezung auf den Kanten dieser Quadersteine viel geringer ist als auf ihrer übrigen Fläche; nachdem der wenige Kalkmörtel, welcher diese Steine von einander trennte, vor ihrer Veränderung schon verschwunden ist, sind die Kanten, wenn gleich auf den beiden Flanken angegriffen, dennoch die hervorstehendsten Theile der Mauer; sogar Stäbchen von Sculpturarbeit und leichtes Leistenwerk widerstehen diesem Einfluß leichter als die Mitte des Steines. Diese Erscheinung tritt ein, welche Stellung die Façade auch habe, und in einer breiten Straße beinahe eben so stark wie in einer engen; nur früher und auffallender an der Mittags- und der Westseite, als an der Nordseite. In der Regel kommt sie häufiger und augenfälliger in der Nähe des Meeres als im Innern des Landes vor; jedoch finden sich hinlängliche Spuren davon in Paris selbst, namentlich an der ältesten Façade der Galerie des Louvre, an dem westlichen Flügel des Hôtel de l'Institut, an der königl. Bibliothek, am alten Hôtel der Finanzen und an vielen anderen Gebäuden. Aber nicht nur in der Nähe der Erde beobachtet man diese Erscheinung, sondern auch auf mehrere Meter über den Boden sich erhebenden Treppenauftritten. Es zeigt sich diese Erscheinung also immer, wo eine hervorstehende Steinmasse dem Regen ausgesezt ist, oder wo sie Feuchtigkeit längere Zeit beherbergen kann, als die senkrecht stehenden, seitlichen und darüber befindlichen Theile. Was ist wohl die Ursache dieses Verderbens, welches bei Mauern von gewissen Bruchsteinen noch viel stärker ist als bei den Quadersteinen? Es scheint dieß eine chemische Einwirkung der Atmosphäre zu seyn, welche sich am stärksten nur in 2–3 Meter Entfernung vom Boden und an den feuchtesten Theilen des Steins zeigt, übrigens derjenigen ähnlich ist, durch welche sich der Salpeter bildet. Hiedurch wäre auch erklärt, warum die Kanten, welche immer schneller austroknen als die Mitte der Flächen, diesem Einfluß widerstehen.