Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 90, Jahrgang 1843, Nr. XXXVII., S. 154
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XXXVII. Miszellen. Miszellen. Ueber Dampfwagen mit veränderlicher Expansion nach Cabry. Cabry's System besteht im Wesentlichen in einer Vorrichtung, durch welche man auf eine hoͤchst einfache Weise dem Wege der Dampfschieber groͤßere oder geringere Ausdehnung geben kann. Wie bei vielen Maschinen mit veraͤnderlicher Expansion ist der Weg des Dampfschiebers groͤßer als gewoͤhnlich bei den Dampfwagen und in der Art berechnet, daß durch den Dampfschieber waͤhrend eines laͤngern oder weniger großen Theiles des Kolbenhubes der Cylinder ganz von dem Dampfzuflusse abgeschlossen gehalten wird. Der vor dieser Absperrung bereits in den Cylinder getretene Dampf wirkt nun natuͤrlich expansionsweise waͤhrend des noch uͤbrigen Theiles vom Kolbenlaufe, und kann also mehr Bewegkraft entwikeln, als wenn er uͤberhaupt nicht Gelegenheit gehabt haͤtte, sich innerhalb des Cylinders auszudehnen. Da nun die Moͤglichkeit einer veraͤnderlichen Expansion den Vortheil gewaͤhrt, die von der Maschine ausgeuͤbte Kraft genau nach dem vorhandenen Beduͤrfniß zu reguliren, so wuͤrde sich dieselbe ganz ausgezeichnet fuͤr den Dampfwagenbetrieb eignen, wenn der andere Umstand damit verbunden ist, daß naͤmlich die Dampferzeugung in demselben Verhaͤltnisse wie der Dampfverbrauch vermindert wird. Dieß findet aber bei der angegebenen Vorrichtung von Cabry statt, da bei vermindertem Dampfverbrauche und folglich groͤßerer Expansion desselben die Geschwindigkeit, mit welcher derselbe in die Esse stroͤmt, weit geringer und daher die Aufnahme des Luftzuges ebenfalls geringer wird. Es ist dieß ein großer Vorzug, welchen die veraͤnderliche Expansion vor dem Gebrauche des weiter oder enger zu stellenden Admissionshahnes hat, da durch lezteren zwar die Verwendung, keineswegs aber die Erzeugung des Dampfes regulirt wird, und daher ein uͤbermaͤßiger Verbrauch an Brennstoff nothwendig eintreten muß. Mit der Verminderung uͤbermaͤßiger Intensitaͤt des Feuers ist nun aber eine Schonung der ganzen Maschine verbunden, vermoͤge welcher allen vom Feuer beruͤhrten Theilen eine laͤngere Dauer jedenfalls zukommen muß. — Nach mehrerentheils guͤnstig, theils unguͤnstig ausgefallenen Versuchen, welche mit dieser Expansionsvorrichtung an verschiedenen belgischen Dampfwagen mit mehr oder minder Geschik angestellt worden waren, um die praktische Bewaͤhrung der theoretisch allerdings leicht aufstellbaren Vortheile zu ergruͤnden, wurde endlich eine Versuchsdauer von fast einem Jahre aus rein praktischem Gesichtspunkte angeordnet, bei welcher gewoͤhnliche Dampfwagen und solche mit der Cabry'schen Einrichtung in taͤglichem Wechsel auf den Hauptrichtungen der belgischen Bahnen die Zuͤge bedienten, und daher unter den verschiedenartigsten Umstaͤnden, sowohl was die Localverhaͤltnisse der Bahn, als Wind, Wetter, Personen- und Frachtverkehr betrifft, in Thaͤtigkeit waren. Zugleich hatten die Maschinenfuͤhrer wegen der eingefuͤhrten Verbrandpraͤmie ein Interesse daran, bei der einen sowohl als bei der andern Maschine moͤglichst wenig Kohks zu verwenden, insoweit dadurch die Ordnung der Fahrten nicht gestoͤrt wurde. Die auf solche Art durch veraͤnderliche Expansion erlangte Kohksersparniß betrug auf den verschiedenen Bahnstreken 30, 43, 25, 37 Proc., wobei die zum Anheizen erforderliche Brennmaterialmenge, welche bei beiden Maschineneinrichtungen gleich ist, nicht mit in Rechnung gezogen worden ist. Daß uͤbrigens auf einer Bahnstreke mehr als auf der andern erspart wurde, liegt außer andern Umstaͤnden vorzuͤglich darin, daß sich auf Streken mit bedeutenden Niveaudifferenzen der Vortheil der Expansionsvorrichtung bei weitem mehr geltend machen konnte, als auf den eine mehr gleichbleibende Kraft beduͤrfenden, mehr horizontal liegenden Bahnstreken. (Aus dem Technologiste, 1843 Bd. IV, S. 373 durch das polyt. Centralblatt, Bd. II, Heft 6.) Die Turbinen von Nagel in Hamburg. Der Departements- und Oberbaurath etc. C. H. Wuͤnsch in Schwerin hat folgendes Urtheil uͤber drei in der Schweriner neuerbauten Bischofsmuͤhle umgewandte Kreiselraͤder (horizontale Wasserraͤder) nach der Construction des Hrn. C. L. Nagel in Hamburg gegeben. Diese zeichnen sich durch ihre Leistungen auf eine frappante Weise aus und uͤbertreffen die Fourneyron'schen Turbinen in jeder Beziehung. Hr. Nagel hat diese drei Kreiselraͤder nach seinen Entwuͤrfen und unter seiner speciellen Aufsicht in dem Atelier des Mechanikers Libbertz jun. zu Hamburg ausfuͤhren lassen; durch die vereinigte Anstrengung beider Maͤnner sind wahre hydraulische Kunstwerke entstanden, die neben ihrer ungewoͤhnlichen Kraftleistung eine seltene Dauerhaftigkeit erwarten lassen. Seit laͤnger als vier Monaten, unter den verschiedensten Wasserstaͤnden bestaͤndig benuzt, haben diese Raͤder noch nicht den geringsten Mangel entdeken lassen. Die Kreiselraͤder sind erst durch die Nagel'sche Erfindung fuͤr die allgemeine praktische Anwendung brauchbar geworden. Waͤhrend Fourneyron das Wasser von Oben in das Rad leitet und den Zapfen der stehenden Welle einer so uͤberaus nachtheiligen Belastung, Reibung und Abnuzung unterwirft, daß dadurch haͤufige Zerstoͤrungen des Zapfens und umstaͤndliche kostspielige Reparaturen unvermeidlich werden — laͤßt Nagel das Wasser durch einen Sfoͤrmigen Canal von starkem Eisenblech von unten in das Rad treten, wodurch gerade das Gegentheil, naͤmlich verminderte Friction und eine der Drukwasserhoͤhe entsprechende Entlastung des Zapfens, hervorgebracht wird. Mit dieser vortrefflichen Einrichtung sind noch andere wesentliche Vortheile verbunden, welche die Nagel'sche Turbine fuͤr die allgemeine praktische Anwendung ganz besonders empfehlenswerth machen und diese Raͤder in ihrem Gebrauche fast unzerstoͤrbar erscheinen lassen. Unter den verschiedenen sinnreichen Einrichtungen bleibt jedoch als ganz neue Erfindung zu erwaͤhnen: daß zuerst dabei Nagel eine Vorrichtung zum Schmieren der Zapfen angebracht hat, welche so einfach und zugleich so wirksam ist, daß in dieser Beziehung nichts zu wuͤnschen uͤbrig bleibt. Wenn nun ferner alle zeither bekannten Wasserraͤder nur einen Nuzeffect von hoͤchstens etwa 50–55 Proc. geben, dagegen der Nuzeffect der Nagel'schen Kreiselraͤder sich haͤufig bis uͤber 80Proc. steigerte, so muß auch der Laie die Ueberzeugung gewinnen, daß die Nagel'schen Turbinen jezt als das vorzuͤglichste Product neu erfundener und verbesserter Wasserraͤder dastehen. Das von Hrn. Nagel fuͤr die besagte Bischofsmuͤhle außerdem angegebene amerikanische Mahlsystem entspricht der Vorzuͤglichkeit seiner Turbinen, indem jeder Mahlgang etwa 2 Last Weizen innerhalb 24 Stunden verarbeitet, und sogar unter guͤnstigen Umstaͤnden innerhalb 4 Stunden 54 Schweriner Scheffel Weizen vollkommen gut auf einem Mahlgange vermahlen sind. Die Preise der Turbinen jener Fabrik sind nach der Groͤße der Kraft gestellt, welche sie ausuͤben sollen, naͤmlich fuͤr jede Pferdekraft 120 fl. rhein., zahlbar ⅓ bei Bestellung, ⅓ bei der Vollendung der Arbeit und ⅓ einen Monat nach der Aufstellung und Ingangbringung, wobei jedoch fuͤr sehr starke Turbinen eine Preisermaͤßigung bewilligt wird. Die Pferdekraft versteht sich zu 75 Kilogr. auf 1 Meter in der Secunde. (Allgemeines Organ, 1843, S. 172.) Ueber billige Herstellung galvanischer Apparate. Ich wollte mir erlauben einige Erfahrungen mitzutheilen in Betreff der Anfertigung von galvanischen Apparaten. Es ist neuerdings sehr viel, namentlich durch Hrn. Dr. Elsner, geschehen, die Apparate so zu vereinfachen, daß dieselben sowohl in Hinsicht der Bequemlichkeit als auch der Billigkeit besseren Eingang in die Praxis finden. — Apparate bequem und billig einzurichten war auch mein Bestreben. Inwiefern mir dieses gelungen ist, will ich durch folgende Angabe darthun. Zu Kupferniederschlaͤgen bediene ich mich eines solchen Thoncylinders, der eine Zinkstange und angesaͤuertes Wasser enthaͤlt. Derselbe wird in ein Gefaͤß, worin sich die Kupfervitriolloͤsung befindet, hineingestellt und an dem Draht, der vom Zink aus in die Kupfervitriolloͤsung taucht, wird der zu verkupfernde Gegenstand oder die Form befestigt. Der Thoncylinder kostet nur einen Silbergroschen. Bequemer und billiger laͤßt sich wohl kein Apparat fuͤr die Galvanoplastik herstellen. Aber auch fuͤr die Vergoldung und Versilberung (wozu nach meiner Ueberzeugung die Daniell'sche Batterie die bequemste ist) habe ich es versucht, eine sehr billige Daniell'sche Batterie dadurch herzustellen, daß statt des kostspieligern Kupfercylinders ein Cylinder von verzinntem Eisenblech genommen werden kann, der sich bei Zusammenstellung des Apparates sofort von selbst verkupfert, zu welchem Zwek man den Ansaz des Zinkcylinders mit dem des Eisencylinders verbindet. Dadurch wird die oben angegebene Batterie hergestellt. Hierzu muß ich noch bemerken, daß zuerst nur sehr schwache Salzloͤsung fuͤr den Zinkcylinder, hingegen gesaͤttigte Kupfervitriolloͤsung zu dem Eisencylinder genommen werden muß, weil sonst der Kupferniederschlag zu rapide geschieht und sich losblaͤttert. — Der Kostenpunkt einer solchen Flasche stellt sich folgendermaßen heraus: Ein Glas 2½ Sgr., der Eisencylinder 1 Sgr., der Thoncylinder 1 Sgr., der Zinkcylinder 2¼ Sgr., also die ganze Flasche nur 7 Sgr., eine Batterie von zwei Flaschen mit Fuͤllung ungefaͤhr 15 Sgr. — Diese Thoncylinder bewaͤhren sich außerordentlich in Hinsicht der Haltbarkeit und der Wirkung. Dr. Philipp. (Berliner Gewerbe-, Industrie- und Handelsblatt Bd. VIII Nr. 26.) Ueber Härten des Stahls in großen Stüken. Wenn man Stahlstuͤke von einer gewissen Groͤße haͤrtet, so verursacht die durch das Haͤrten bewirkte Zusammenziehung oft das Brechen des Stahlstuͤkes entweder sogleich oder ein paar Tage nachher. Es kommt dieß so oft vor, daß alle Mechaniker darauf verzichtet haben, die Cylinder zum Walzen der Metalle ganz von Stahl zu machen, obwohl sie ihnen wegen ihrer Guͤte viel besser bezahlt werden. Hr. Griset zu Paris bedient sich seit einigen Jahren eines diesem Uebelstande vorbeugenden Verfahrens; es besteht darin, die zu haͤrtenden Stuͤke durch starkes Comprimiren in allen Richtungen zusammenzudruͤken, oder kalt zu schmieden, was, je nach Beschaffenheit der Stuͤke, durch einen oft wiederholten Schlag mit einem Hammer oder einer Stampfe oder durch den Druk einer Presse oder eines Walzwerks geschieht. Dieses Verfahren der Bearbeitung des Stahls vor seiner Haͤrtung ist zu verschiedenen technischen Zweken dienlich, vorzuͤglich aber zur Verfertigung ganz staͤhlerner Cylinder zum Walzen der Metalle etc. Man bedient sich in diesem Falle zum Comprimiren der Cylinder am sichersten eines Walzwerks, indem man zwei davon in das Gestell des Walzwerks bringt und ihnen durch eine Dampf- oder andere Maschine eine schnelle rotirende Bewegung ertheilt; man laͤßt dann Stahlbaͤnder oder andere harte Koͤrper zwischen ihnen durchlaufen, so daß sie auf deren Umfang einander sehr nahe Streifen hervorbringen. Wenn die Cylinder einige Zeit lang dieser Behandlung unterzogen waren, werden sie, nachdem ihre Oberflaͤche zurecht gerichtet wurde, erst gehaͤrtet. (Moniteur industriel 1843. Nr. 754.) Vicat, über die Einwirkung des Meerwassers auf den Wassermörtel. Schon vor einigen Monaten uͤbergab ich der Pariser Akademie der Wissenschaft eine Notiz uͤber die chemische Einwirkung des Meerwassers auf die unter dem Namen Wassermoͤrtel bekannte Kalk- und Puzzolaneverbindung. Meine fortgesezten Untersuchungen ließen mich dieselbe in gewissen Faͤllen fuͤr so wichtig erkennen, daß sie die Aufmerksamkeit der Ingenieurs in hohem Grade verdient. Bis dahin hatte niemand in Zweifel gezogen, daß die fuͤr das Suͤßwasser sich eignende Puzzolane nicht auch fuͤr das Salzwasser tauge, und von dieser Ansicht ausgehend wurden von dem juͤngst verstorbenen Generalinspector des Bruͤken- und Straßenbaues, Hrn. Raffeneau, große Ersparungen bei den Hafenarbeiten zu Algier beantragt, indem der italienischen Puzzolane eine kuͤnstliche substituirt werden sollte, welche man durch schwaches Brennen eines in Afrika als Ziegelerde dienenden Mergels erhaͤlt. Wie ich sogleich zeigen werde, haͤtte aber, wenn man diese Vorschlaͤge befolgt haben wuͤrde, der so wichtige Damm zu Algier in ein paar Jahren ohne Spur verschwinden koͤnnen. Es war also ein gluͤklicher Zufall, daß ich vor mehr als einem Jahr auf diese Reactionen des Seewassers aufmerksam wurde, welches allen noch freien oder nur schwach gebundenen Kalk gewisser Arten Wassermoͤrtel in schwefelsauren oder salzsauren Kalk umwandelt. Gegenwaͤrtig kennt man die Gefahr, welche zu beseitigen ist, was hoffentlich gelingen wird, ohne der Ersparung durch kuͤnstliche Puzzolane entsagen zu brauchen. Als mir diese chemischen Erscheinungen bekannt wurden, sezte ich alsbald einige bei den franzoͤsischen Hafenbauten beschaͤftigte Ingenieurs davon in Kenntniß und erfuhr zu meinem Erstaunen, daß z. B. an der Manche, namentlich bei Cherbourg, wo sehr viel kuͤnstliche Puzzolane verarbeitet wird, niemals etwas dieser Art weder bemerkt noch befuͤrchtet worden sey. Dieß veranlaßte mich, das Wasser des Oceans mit dem des mittellaͤndischen Meeres zu vergleichen, wobei ich fand, daß das leztere in 1000 Theilen 7,02 schwefelsaure Bittererde enthaͤlt, waͤhrend in der Manche geschoͤpftes Wasser des Oceans nur 2,29 von diesem Salze enthaͤlt. Auch ist viel weniger salzsaure Bittererde darin enthalten. Ich konnte daher nur dieser Verschiedenheit die verschiedene Wirkungsweise der Waͤsser zuschreiben, was die Synthese auch bestaͤtigte, indem kuͤnstliche, nach den Analysen zusammengesezte Waͤsser sich mit den Waͤssern von Cherbourg und Toulon uͤbereinstimmend verhielten; daher also die uͤberraschende Erscheinung, daß von zwei mit demselben Wassermoͤrtel zugleich gebauten Daͤmmen der eine, an den Kuͤsten des Oceans, unendlich lang bestehen, der andere aber, am mittellaͤndischen Meere, in ein paar Jahren zu Grunde gehen koͤnnte. Die verschiedenen Mischungen von Kalk und Puzzolanen, von hydraulischem Kalk und Sand, welche ich in dieser Hinsicht untersuchen konnte, riefen merkwuͤrdige Erscheinungen hervor. Der Kampf zwischen den Puzzolanen und den Salzloͤsungen, welche beide sich mit dem Kalke zu verbinden bestreben, liefert verschiedene Resultate; in manchen Faͤllen loͤst sich die angegriffene Masse in einen Brei auf; in andern Faͤllen theilt sie sich in kleine, fuͤr sich sehr cohaͤrente Splitter; wieder in andern blaͤttert sie sich schieferartig; sehr oft endlich behaͤlt sie ihre Groͤße und Gestalt, impraͤgnirt sich aber dabei mit Bittererde und schwefelsaurem Kalk. Durch kleine Vortheile ruft man in einer unter Wasser stehenden Wassermoͤrtelmasse sehr leicht die Bildung von Adern oder kleinen Haͤufchen krystallisirten und den Waͤnden anhaͤngenden Gypses hervor; auch die Bildung kleiner Dolomite kann man veranlassen durch Einsezen kleiner Massen Kalkbreies, aus unvollkommen gebranntem oder an der Luft theilweise geloͤschtem Kalk, in eine einfache Loͤsung salzsaurer Bittererde. Die kohlengesaͤuerten Theilchen des Kalks verbleiben in ihrem Zustande; die bloß mit Wasser gesaͤttigten aber gehen in loͤsliches salzsaures Salz uͤber und die Bittererde zieht und zerstreut sich in das Gewebe, wo sie bald in den kohlensauren Zustand uͤbergeht, wenn freie Kohlensaͤure zum Bad Zutritt hat. (Aus dem Moniteur industriel 1843. Nr. 754.) Blei wird aus seiner Auflösung in Schwefelsäure durch Schwefelwasserstoff nicht gefällt. Wenn man Schwefelwasserstoffgas durch kaͤufliche Schwefelsaͤure leitet, welche mit ihrem gleichen Gewicht Wasser verduͤnnt worden ist, so werden bloß Zinn und Arsenik niedergeschlagen, wenn solche vorhanden sind; der Niederschlag enthaͤlt kein Schwefelblei. Das Eisen kann bekanntlich nur als Oxydulsalz in der Schwefelsaͤure vorkommen und auf dieses wirkt der Schwefelwasserstoff nicht. Daraus, daß sich in diesem Falle kein Schwefelblei bildet, darf man jedoch nicht folgern, daß die kaͤufliche Schwefelsaͤure kein Blei enthaͤlt und das Blei also darin ganz unaufloͤslich ist; folgende Versuche von Dupasquier beweisen naͤmlich das Gegentheil: 1. Frisch gefaͤlltes schwefelsaures Blei wurde in einem Glase mit concentrirter Schwefelsaͤure uͤbergossen, sechs Monate lang an der Luft stehen gelassen und von Zeit zu Zeit umgeruͤhrt. Die Saͤure war dann durch Wasser, welches sie aus der Luft angezogen hatte, bedeutend verduͤnnt. Nachdem sie sich klar abgesezt hatte, wurde ein Strom Schwefelwasserstoffgas hindurchgeleitet, ohne daß sie sich faͤrbte oder Schwefelblei niederfiel. 2. Schwefelsaͤure von beilaͤufig 1,540 spec. Gew. wurde eine Stunde lang uͤber schwefelsaurem Blei gekocht und hernach der Versuch mit concentrirter Saͤure wiederholt. Nachdem sich die Fluͤssigkeiten durch Stehen geklaͤrt hatten, wurde Schwefelwasserstoffgas hindurchgeleitet, ohne daß sie sich faͤrbten oder Schwefelblei niederfiel. Diese Versuche scheinen zu beweisen, daß sogar kochende concentrirte Schwefelsaͤure das schwefelsaure Blei nicht aufloͤst und daß folglich die kaͤufliche Saͤure kein solches enthalten kann; verduͤnnt man aber die Saͤuren, welche mit schwefelsaurem Blei gekocht wurden, nachdem sie ganz klar geworden sind, mit Wasser, so entsteht ein betraͤchtlicher weißer Niederschlag; offenbar trennte sich also die Saͤure von dem schwefelsauren Blei, welches sie aufgeloͤst hatte. Bekanntlich wird auch schwefelsaurer Baryt aus seiner Aufloͤsung in concentrirter Schwefelsaͤure durch Wasser niedergeschlagen. Es wurde nun mit Schwefelwasserstoff gesaͤttigtes Wasser zu der Saͤure gegossen, welche mit Wasser verduͤnnt worden war und den erzeugten Niederschlag noch suspendirt enthielt; aber weder die Fluͤssigkeit noch der Niederschlag wurde dadurch braun, sondern sie blieben ganz farblos. Diese Beobachtungen brachten Hrn. Dupasquier auf die Vermuthung, daß die Bildung von Schwefelblei durch Schwefelsaͤure verhindert wird und daß dieß wirklich der Fall ist, beweist folgender Versuch: Schwefelsaures Blei wurde in einem Glase beilaͤufig 1 1/5 Zoll hoch mit concentrirter Schwefelsaͤure uͤbergossen und durch Umschuͤtteln damit gemischt. Als man dann durch die Mischung Schwefelwasserstoffgas streichen ließ, blieb sie ganz weiß. Dasselbe Resultat erhielt man, als man Schwefelwasserstoff auf Schwefelsaͤure reagiren ließ, welche mit schwefelsaurem Blei gekocht und dann mit diesem Salz gemischt worden war; in keinem Falle bildete fich die geringste Menge Schwefelblei. Um zu beweisen, daß bloß ein Ueberschuß vorhandener Schwefelsaͤure die Faͤrbung sowohl des aufgeloͤsten als des unaufgeloͤsten Bleisalzes verhindert, wurden folgende Versuche angestellt: 1) Das niedergeschlagene schwefelsaure Blei wurde mit destillirtem Wasser ausgewaschen und dann mit Schwefelwasserstoff behandelt, wobei es sogleich schwarz wurde. 2) Schwefelsaͤure, welche mit schwefelsaurem Blei gekocht worden war, wurde mit Kali neutralisirt; als man dann Schwefelwasserstoffgas hindurchleitete, wurde sie sogleich schwarz und sezte beim Stehen Schwefelblei ab. Aus allen diesen Versuchen geht hervor: a) daß concentrirte Schwefelsaͤure ein wenig schwefelsaures Blei aufloͤst; b) daß Schwefelwasserstoffsaͤure nicht auf schwefelsaures Blei reagirt, welches in einem großen Ueberschuß von Schwefelsaͤure entweder aufgeloͤst oder mechanisch damit vermischt ist; c) daß folglich der Schwefelwasserstoff nicht angewandt werden kann, um die Gegenwart von schwefelsaurem Blei in der kaͤuflichen Schwefelsaͤure zu entdeken; d) daß kochende concentrirte Schwefelsaͤure etwas schwefelsaures Blei aufloͤst, welches beim Verduͤnnen mit Wasser groͤßtentheils niedergeschlagen wird; e) daß der Schwefelwasserstoff sogleich reagirt und augenbliklich Schwefelblei aus dem schwefelsauren Blei gebildet wird, dasselbe mag aufgeloͤst seyn oder nicht, wenn die uͤberschuͤssige Schwefelsaͤure mit einem Alkali gesaͤttigt wird, woraus offenbar hervorgeht, daß nur die uͤberschuͤssige Schwefelsaͤure die Reaction des Schwefelwasserstoffs auf das Bleioxyd verhindert. (Journal de Pharmacie, August 1843.) Benuzung des aus den Fabriken abgehenden Seifenwassers. In den Schafwollengarnspinnereien und Kattunfabriken ist der Verbrauch an Seifen zum Waschen der Wolle und Adviviren der Krappfarben bekanntlich sehr groß; man bedient sich in erstern der billigen Palmoͤhlkaliseife, in lezteren der neutralen Natronoͤhlseifen. Da in jedem Fabrikgeschaͤft die wiederkehrenden Verluste zu beachten und wo moͤglich zu vermeiden sind, so muß man sich fragen, ob und wie diese Abfaͤlle zu verwerthen sind. Am einfachsten waͤre es, wenn man das Seifenwasser gleich mit Saͤuren zersezen, die sich ausscheidenden Oehlsaͤuren auswaschen, schmelzen und wieder verseifen koͤnnte, doch auf dieses Verfahren muß man verzichten, da die sich ausscheidenden Fettsaͤuren sich so schwer und so fein vertheilt absezen, daß man groͤßere Mengen gar nicht trennen kann, man muß daher ein Mittel anwenden, wodurch dieß vermieden wird, und das zugleich billig ist; dieses Mittel ist gewoͤhnlicher Aezkalk oder auch Alaun. — Man sezt zu den Waschwaͤssern, die man, um sie von groben Unreinigkeiten zu befreien, durch ein Sieb oder Tuch in eine Grube fließen laͤßt, so viel von einer Kalkmilch oder Alaunaufloͤsung zu, bis diese etwas im Ueberschusse ist, was man am besten daran erkennt, daß eine herausgenommene Probe als helle Fluͤssigkeit erscheint, in der die Seife in Floken, die sich schnell absezen, herumschwimmt; es scheidet sich naͤmlich fast momentan eine Kalk- oder Thonerdeseife ab, die in Wasser fast unloͤslich ist. Diese gebildete Erdseife sondert man ab, was, da sie sich von der Fluͤssigkeit schnell trennt, leicht ist, waͤscht sie hierauf mit wenigem Wasser und zerlegt sie mit Schwefelsaͤure, wenn man Alaun, oder mit Salzsaͤure, wenn man Kalk angewendet hat. Die so ausgeschiedenen fetten Saͤuren werden, um sie von anhaͤngender Saͤure zu befreien, nochmals gewaschen. Man sollte nun denken, daß jezt alles in Ordnung waͤre, da die so erhaltenen fetten Saͤuren sich sehr leicht verseifen; diese Seife aber duͤrfte nur zu sehr untergeordneten Zweken zu verwenden seyn, da sie schmuzig und uͤbelriechend ist. Man muß daher noch weiter gehen. Das Gemisch der fetten Saͤuren enthaͤlt aus der Wolle einen Stoff, der nur Aehnlichkeiten mit den Fetten hat; er verseift sich zwar, ist jedoch weder im Aether noch im Alkohol vollstaͤndig loͤslich, noch schmilzt er wie diese, er ist der Wollsubstanz selbst nicht unaͤhnlich. Dieser Stoff ist der Wiederbenuzung der Seifenwaͤsser am hinderlichsten) um ihn zu entfernen, sezt man die erhaltenen fetten Saͤuren einer erhoͤhten Temperatur aus, wobei sich dieser Stoff bald zu verkohlen anfaͤngt, ehe noch die fetten Saͤuren sich zu zersezen beginnen; die nun fluͤssigen Fette gießt man ab und preßt den Ruͤkstand zwischen erhizten Platten aus. Die so wieder gewonnenen fetten Saͤuren sind von braͤunlichgelber Farbe, verseifen sich außerordentlich leicht und sind nun zu allen technischen Operationen wieder zu gebrauchen. Die Fluͤssigkeit, aus welcher durch Kalk oder Alaun die Fette als Erdseifen gefuͤllt sind, enthaͤlt noch Kalisalze, wenn, wie bei den Schafwollengarnspinnereien, Kaliseifen und Alaun zur Faͤllung angewendet wurden, in diesem Falle duͤrfte die Fluͤssigkeit sofort einzudampfen seyn; das schwefelsaure Kali, das man erhalten wird, duͤrfte die Kosten des Abdampfens deken, wenn der Preis des Brennmaterials am Orte nicht zu hoch ist; es gibt, wenn es zulezt in einem kleinen Flammofen gegluͤht wird, ein sehr willkommenes, und jezt gut bezahltes Salz fuͤr Alaunfabriken. Zur Zersezung der Natronseifen wird man wohl thun, Kalk anzuwenden, da das Natron was erhalten werden koͤnnte, zu billig ist, als daß es die Kosten des Abdampfens deken wuͤrde. Es werden in Chemnitz mindestens 600 Cntr. Seife in verschiedenen Manufacturzweigen verbraucht, diese enthalten circa 360 Cntr. Oehlsaͤure 120 Salze, wovon die Haͤlfte Kalisalze sind und 120 Wasser. Je nachdem die Einrichtungen des Sammelns der Seifenwasser wehr oder weniger gut angelegt wuͤrden, waͤren leicht 200 Cntr. Fettsaͤuren und 40 bis 50 Cntr. Kalisalze zu gewinnen, was einem Object von mindestens 2000 Thlr. gleich kaͤme, das durch Arbeit wieder gewonnen werden koͤnnte. (Gewerbe-Blatt fuͤr Sachsen 1843. Nr. 75.) Wir verweisen auf das von Houzeau in Rheims angewandte, im polyt. Journal Bd. LXXXV S. 24 beschriebene Verfahren, um die Seifenwasser der Fabriken zur Gewinnung brauchbarer Seifen und zur Leuchtgasbereitung anzuwenden. Die Red. Gegenwart von Ameisensäure in faulendem Kiefernreisig. Die saure Reaction des kaͤuflichen Terpenthinoͤhls stammt von Ameisensaͤure her, welche sich durch Oxydation aus demselben bildet. Ein Gutsbesizer in Boͤhmen hat sich vor einem Jahr der Kiefernreisige als Unterstreu bedient und sie nach dem Gebrauche in einem Haufen von etwa 6 Kubikklafter Inhalt aufgeschichtet. Diese Reisige lagen viele Monate aufgeschichtet in freier Luft, als sie aber vor Kurzem zu Duͤnger weggefahren werden sollten, verbreitete sich aus dem Innern des Haufens ein heftiger Ameisengeruch, ohne daß Spuren von diesen Thieren zu entdeken gewesen wàren, was schon der ganz nasse und dichte Zustand des Haufens verhinderte. Die chemische Analyse ergab wirklich die Anwesenheit von viel Ameisensaͤure. Die bedeutende Menge Ameisensaͤure in diesem faulenden Kieferreisig kann wohl nur von dem darin enthaltenen Terpenthinoͤhl abgeleitet werden, welches bei der Faͤulniß durch Oxydation die Ameisensaͤure gab. Dr. Redtenbacher. (Annalen der Chemie und Pharmacie, 1843.)