Titel: Woitech's Doppel-Jacquardmaschine.
Fundstelle: Band 90, Jahrgang 1843, Nr. XCII., S. 427
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XCII. Woitech's Doppel-Jacquardmaschine. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Woitech's Doppel-Jacquardmaschine. Der Wunsch, möglichst große Zeichnungen mit den geringsten Kosten, d. h. mit im Verhältniß kleinen Maschinen hervorzubringen, veranlaßte die Fabrikanten, statt jeden Faden einzeln durch die Jacquardmaschine zu bewegen, deren mehrere, als: zwei, vier, sechs und mehr, zugleich, mit derselben Platine zu heben, während die Kreuzung der einzelnen Fäden unter sich, d. i. das eigentliche Gewebe durch Flügel (Werk, Vorderwerk), wie im gewöhnlichen Webstuhl bewirkt wird. Natürlich verlieren die Conturen der auf diese Art ausgeführten Zeichnungen um so mehr an Genauigkeit und Reinheit, je mehr Fäden gleichzeitig mit einander bewegt werden, indem sie nicht aus stetig fortlaufenden Linien, sondern aus mehr oder weniger großen rechtwinkligen Stufen zusammengesezt erscheinen. Diesem Nachtheil einigermaßen zu begegnen, oder ihn doch zu verringern, ohne größere Maschinen oder Musterpappen anwenden zu müssen, bezwekte Thomas Woitech durch seine Doppel-Jacquard-Maschine, von welcher Fig. 4143 die zum Verständniß nöthigen Details zeigen. Die Kenntniß der gewöhnlich eingerichteten Jacquardmaschine wird vorausgesezt. a, a′ sind die Hebehaken (Platinen), die an ihren oberen Enden mit Häkchen b, b′ versehen sind und durch die bei q in Schlingen gebogenen Eisendrähte (Nadeln) p nach rükwärts aus ihrer verticalen Lage gebracht werden können. Die Nadeln p sind an ihren hinteren Enden mit Federn r umwunden, die, sich an einen eisernen flachen Stift s stemmend, die Nadeln immer nach vorwärts drüken. Durch das Zurükdrüken der Nadeln, das wie gewöhnlich erfolgt, werden mittelst der Schlingen oder Ansäze q an denselben auch die Hebehaken a aus ihrer senkrechten Lage gebracht, wodurch das Häkchen b am oberen Ende desselben außer Eingriff mit den Querschienen f, f′ kömmt. Wird nun in dem Augenblik, wo die Nadeln und Hebehaken durch Einwirkung der Musterpappen, je nachdem es die anzuführende Zeichnung verlangt, geordnet, d. h. Zurükgedrükt sind oder nicht, der Rahmen (Hebzeug), welcher die Querschienen f trägt, mittelst des Schwengels in die Höhe gehoben, so folgt, daß nur die in normaler Stellung verbliebenen Häkchen von den Messern erfaßt und gehoben werden, die andern aus ihrer senkrechten Lage gebrachten aber ruhig stehen bleiben. Sind nun die Kettenfäden einzeln oder mehrere mit einander durch Schnüre mit diesen Hebehaken verbunden, so werden sie, wie aus dem Obgesagten erhellt, nach Vorschrift der Musterpappen gehoben oder nicht; der Einschlag, zwischen die gehobenen und stehen gebliebenen Kettenfäden gebracht, wird nur zum Theil sichtbar, zum Theil von der gehobenen Kette verdekt erscheinen, und durch stets erneuertes Anordnen der Hebehaken bei jedem folgenden Querfaden mittelst einer anderen Musterpappe wird sich im Gewebe dieselbe Zeichnung bilden, die im voraus den Musterpappen zum Grunde gelegt wurde. Um nun mit der Maschine doppelt so große Zeichnungen hervorzubringen, ohne die Stufen in den Conturen zu vergrößern, hat Woitech folgende Veränderungen an der Jacquardmaschine angebracht. Er verbindet mit jeder Nadel, statt eines Hebehakens wie es gewöhnlich der Fall ist, deren zwei, wie in Fig. 41 ersichtlich ist; die beiden Hebehaken a′ und a stehen zwischen den Schlingen q der Nadeln p und sind ungleich lang, so daß der eine a′ bis b′ reicht und über den Querschienen f′ zu stehen kommt, während der andere a nur bis b reicht und mit seinen Haken oberhalb f steht. Die Messer f und f′ sind nicht fest mit den Rahmen l verbunden, sondern liegen ganz frei beweglich in den dreiekigen Einschnitten g und g′; über den Messern liegen horizontal verschiebbare Schienen c und c′, welche kleine gabelförmige Ansäze n tragen, deren Zwek ist, jede Verschiebung der Schienen c und c′ den Messern mitzutheilen; am hintern Ende sind die Schienen c, c′ mit gewundenen Federn versehen, die durch ihr Ausdehnen die Schienen nach rükwärts ziehen. Zwei besonders angebrachte Platinen e und e′, die durch die Schlingen l und l′ der Nadeln h und h′ gehen, werden durch die an den hintern Enden der Nadeln befindlichen Federn i und i′ nach vorwärts gedrükt, und theilen diese Bewegung den Schienen c und c′ durch die Ansäze m, m′ mit (Fig. 43), wodurch also auch die Messer sich nach vorwärts neigen, und außer Eingriff mit den Häkchen kommen, in welcher Stellung sie so lange bleiben, bis durch Einwirkung der Musterpappe die Federn i, i′ überwunden, die Federn d, d′ wirksam werden, und die Messer wieder in Eingriff mit den Hebehaken bringen. — Es geht nun hieraus hervor, daß man nach Willkür mit der obern oder untern Reihe der Hebehaken arbeiten kann, indem man nur in die Musterpappe die betreffenden Löcher zu machen hat. In Fig. 41 sind beide Nadeln h, h′, durch die Musterpappe zurükgedrükt gezeichnet. Bei Anwendung der Maschinen hängt man nun an jeden Hebehaken zwei Maillons, und zwar auf die Art, wie es in Fig. 42 gezeichnet ist; a bezeichnet da die Schnur, die zu den kürzeren, a′ diejenige, die zu den längeren Hebehaken führt; es hängen hier also an jedem Hebehaken zwei Maillons, aber auch umgekehrt jedes Maillon an zwei Hebehaken. — Man hat hierdurch die Wirksamkeit der Maschine auf doppelt so viele Maillons, also auch auf doppelt so viele Kettenfäden ausgedehnt, erreicht demnach auch eine doppelt so große Zeichnung; durch das abwechselnde Arbeiten der längern und kürzern Hebehaken aber werden die Stufen in den Conturen, die sich durch das doppelte Anhängen vergrößert hatten, wieder halbirt, und so auf dieselbe Größe reducirt, als wäre die Zeichnung in derselben Größe mit einer doppelt so großen Maschine ausgeführt worden. Eine zweite Art einer Doppel-Jacquard-Maschine von Woitech's Erfindung, deren Zwek ist bei Geweben, wo die Maschine je zwei Kettenfäden mit einander dirigirt, die Grundverbindung des Stoffes ohne Flügel (Vorderwerk) bewerkstelligen zu können, ist in Fig. 44 versinnlicht. Es werden in derselben ebenfalls von jeder Nadel je zwei hinter einander stehende Hebehaken zu gleicher Zeit dirigirt; die Hebehaken sind aber alle gleich lang und in doppelt so viele Reihen getheilt, als bei gewöhnlichen Maschinen mit der nämlichen Anzahl Nadeln; eben so sind auch doppelt so viele Querschienen (Messer), aber unbeweglich, in dem Hebzeug angebracht, so daß also z. B. in einer Maschine mit 400 Nadeln 16 Reihen mit 50 Hebehaken und eben so auch 16 Querschienen oder Messer sind, und der Boden der Maschine (Platinbret), auf dem sämmtliche Hebehaken aufstehen, ist nicht im Ganzen, sondern aus eben so vielen Leisten h, die einzeln aufwärts gehoben werden können, zusammengesezt, als Reihen von Hebehaken in der Maschine sind. Der erste und lezte Hebehaken e in jeder Reihe ist von Eisen, und endet unten in einen Haken g, an welchen der zugehörige Theil h des Platinbretes angehangen ist; jeder dieser (für eine Maschine mit 400 Nadeln) 32 eisernen Hebehaken wird besonders von einer Nadel f dirigirt, während alle übrigen hölzernen, wie bereits oben bemerkt wurde, je 2 und 2 hintereinander stehende, wie z. B. a und a′, b und b′, c und c′ u. s. w. von einer Nadel dirigirt werden. Wird an jeden Hebehaken ein Maillon angehangen, durch jedes Maillon ein Kettenfaden gezogen, so geht aus der Anordnung hervor, daß durch Einwirkung der Musterpappen immer je 2 und 2 Fäden gleichzeitig mit einander gehoben werden oder liegen bleiben. Wird endlich correspondirend mit den 16 ersten oder lezten Nadeln, welche die einzelnen eisernen Hebehaken dirigiren, irgend eine Grundverbindung, sey es Atlaß, Taft u. dgl., im Anfang und Ende der Musterpappe angebracht, so werden durch Einwirkung derselben ganze Reihen von Hebehaken zugleich mittelst der Leisten, auf denen sie aufruhen, durch die eisernen Hebehaken an beiden Seiten gehoben werden, und so als Flügel oder Vorderwerk wirken. Somit wird zu gleicher Zeit durch die Maschine die Zeichnung mit zwei Fäden ausgeführt, während die Verbindung des Grundes, das eigentliche Gewebe, fadenweise geschieht. (Verhdl. d. niederöstr. Gewerbevereins, Heft V, S. 61–66.)

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