Titel: Ueber die Eigenschaft des Cyankaliums und des Cyaneisenkaliums, die Metalle aufzulösen; vom Fürsten Peter Bagration.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LIII., S. 206
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LIII. Ueber die Eigenschaft des Cyankaliums und des Cyaneisenkaliums, die Metalle aufzuloͤsen; vom Fuͤrsten Peter Bagration. Aus dem Bullet. de l'Acad. imp. des scienc. des St. Petersb. 1843. Bd. II. S. 136. Bagration über die Eigenschaft des Cyankaliums die Metalle aufzulösen. Bei meinen galvanoplastischen Versuchen habe ich Gelegenheit gehabt zu bemerken, daß das metallische Gold sich in dem nach der von Liebig angegebenen Methode bereiteten Cyankalium auflöst. Ein inwendig vergoldetes Gefäß, welches eine gesättigte Auflösung dieses Salzes enthielt, war nach Verlauf von acht Tagen auf seiner ganzen Oberfläche angefressen. Diese Beobachtung veranlaßte bei mir den Glauben, daß man die Auflöslichkeit des Goldes vermehren könne, wenn man dieses Metall in dem Zustande der äußersten Zertheilung anwendete. Ich bediente mich deßwegen des Goldpulvers, welches aus einer Auflösung von Goldchlorid durch schwefelsaures Eisen niedergeschlagen ward. Dieses Pulver wurde gut gewaschen, mit einer Auflösung von Cyankalium vermengt und das Ganze der Wirkung des volta'schen Stromes unterworfen, um auf diese Weise die Gegenwart des Goldes in der Auflösung nachzuweisen. Das elektromotorische Plattenpaar stand in Verbindung mit einer Daniell'schen Batterie mittelst einer Anode von Platin. In Folge einer zu reichlichen Entwiklung von Wasserstoffgas am negativen Pole war ich genöthigt, die Oberfläche der Anode zu vermindern. Nachdem der Strom auf diese Art geschwächt worden war, begann das Gold bald sich auf der Kupferlamelle, welche die Function der Kathode versah, abzusezen, und nach Verlauf von 2–3 Stunden war diese Lamelle mit einer Goldschicht bedekt. Die filtrirte Auflösung gab dieselben Resultate. Es ist also bewiesen, daß das Gold bei dieser Operation sich chemisch hat auflösen müssen, und zwar ohne Einwirkung des galvanischen Stromes, da als Anode Platin und nicht Gold angewandt wurde. Fernere Versuche haben mir gezeigt, daß die Wärme ganz besonders die Auflösung begünstigt. Nach einer anhaltenden Digestion besizt die Auflösung die Eigenschaft, das Gold sehr schnell, und selbst ohne Hülfe des galvanischen Stromes, auf der Oberfläche der in die noch heiße Flüssigkeit getauchten Kupfer- oder Silberplatte abzusezen. Aber es tritt in diesem Falle das Unangenehme ein, daß diese Metalle ihrerseits sehr stark von dem Cyankalium angegriffen werden. Das gelbe Eisencyankalium besizt in dieser Hinsicht dieselben Eigenschaften wie die einfache Cyanverbindung, aber in einem unendlich geringeren Grade. Die Auflösung des Goldes durch dieses Salz geht nur sehr langsam von Statten, selbst wenn die Digestion sehr anhaltend gewesen ist. Aber auf der andern Seite greift dieses Doppelsalz auch das Kupfer und das Silber nur sehr wenig an, und aus diesem Grunde ist die Vergoldung, welche auf diese Art durch chemische Reduction des Goldes zuwege gebracht wird, von größerer Solidität und schönerer Farbe. Bei diesen Versuchen habe ich die von Jacobi schon gemachte Beobachtung bestätigt gefunden, nämlich daß das Eisencyanür der Vergoldung eine lebhaftere und tiefere Farbe verleiht, als man bei Anwendung des Cyankaliums erhält. Die Goldschicht hat hinlängliche Solidität und Dike, um die Bearbeitung mit dem Polirstahl auszuhalten. Die auf diese Art vergoldeten Gegenstände sind selbst der Einwirkung des Glühwachses unterworfen worden, ohne irgend eine Veränderung erlitten zu haben. Aber noch merkwürdiger ist es, daß die Operation nicht bei einer ersten, sehr dünnen Goldschicht stehen bleibt, wie dieß der Fall ist bei der ältern Methode von Elkington. Ein Gegenstand von polirtem Silber, welcher in der Wärme mittelst einer Auflösung des metallischen Goldes in Cyaneisenkalium vergoldet worden ist, bedekt sich mit einem sehr schönen matten Ueberzuge, wenn er 12–15 Stunden in der erkalteten Auflösung liegen bleibt. Aus Mangel einer hinlänglich empfindlichen Waage habe ich noch nicht die Zunahme an Gewicht nachweisen können; aber es ist bekannt, daß dieser matte Anlauf nur sich bilden kann, wenn die Goldschicht einige Dike erlangt hat. Es ist überflüssig hinzuzufügen, daß die zu vergoldenden Gegenstände vorher wohl gereinigt seyn müssen, und daß die Operation unter dem Einflusse des galvanischen Stromes schneller von Statten geht. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, daß das Goldpulver, selbst wenn es nicht mit der Anode in Berührung steht, sich in größerer Quantität auflöst, in Folge eines secundären Stromes, so wie Jacobi es erklärt hat in einem Nachtrag zu seiner Abhandlung: Sur la méthode de determiner les constantes de la pile voltaique.“ Obgleich nach den Lehrbüchern der Chemie die Eisenoxydulsalze das Gold aus seiner Auflösung im metallischen Zustande niederschlagen und das Präcipitat keine Art von Oxydation enthält, so habe ich doch nichtsdestoweniger die Wirkung des Kaliumcyanürs auf eine metallische Goldplatte untersuchen wollen. In Folge dessen habe ich eine Platte reinen Goldes, von ungefähr 1 Quadratzoll Oberfläche, in ein Glas, welches zur Hälfte mit einer Auflösung dieses Salzes angefüllt war, hineingehängt. Nach Verlauf von ungefähr 3 Tagen war der Theil, welcher in die Flüssigkeit hineintauchte, fast gänzlich aufgelöst. Die stärkste Einwirkung hatte am obern Theile stattgehabt, wo die Flüssigkeit und die Platte in Berührung standen mit der atmosphärischen Luft. Ich darf nicht unterlassen zu bemerken, daß das Glas auf einem Wärmeapparat stand, um die Auflösung beständig bei einer Temperatur von 30°–40° R. zu erhalten. Bei allen diesen Versuchen habe ich mich solcher Säuren und Salze bedient, wie man sie im Handel antrifft; jedoch glaube ich, daß die Auflöslichkeit des Goldes in diesen Substanzen ein Phänomen ist, welches sich nach den wenigen bisher über die Goldsalze angestellten Untersuchungen nicht leicht erklären läßt. Wenn es erlaubt wäre eine Hypothese hier aufzustellen, so könnte man zu der Annahme sich veranlaßt fühlen, daß das Gold sich in diesen Auflösungen in dem Zustand eines Cyanats oder Ammoniaks vorfände, da die zahlreichen Umwandlungen, welche die Cyanüre erleiden, in Berührung mit der Luft vor sich gehen. Das Silber und das Kupfer in Form von sehr dünnen Plättchen oder Drähten lösen sich gleichfalls in diesen Salzen auf und können auf dieselbe Weise reducirt werden. Die Chemiker führen nur eine einzige Substanz an, welche im Stande ist das Gold aufzulösen; es ist die Salpeter-Salzsäure, oder das Königswasser. Nach der Angabe von Mitscherlich löst sich das Gold auch noch in der Selensäure auf. Meine Versuche lassen mich vermuthen, daß die Cyanwasserstoffsäure im Entstehungsmomente auch diese Eigenschaft besize; aber gewiß ist es, daß in Zukunft die Kaliumcyanüre unter die Zahl der Auflösungsmittel des Goldes gerechnet werden müssen, und daß man sich hüten muß, bei Operationen, welche die Anwendung dieser Salze erfordern, goldene oder silberne Gefäße zu gebrauchen.