Titel: Ueber Statuen- und Bild-Bronze. Versuche von C. Hoffmann im Jahre 1843 und 1844 in Berlin ausgeführt.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. CV., S. 444
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CV. Ueber Statuen- und Bild-Bronze. Versuche von C. Hoffmann im Jahre 1843 und 1844 in Berlin ausgefuͤhrt. Hoffmann, über Statuen- und Bild-Bronze. Man hat in neuerer Zeit an mehreren Orten für die Anwendung des Eisens statt der Bronze zu Statuen und andern Kunstdenkmälern viel gesprochen, aber es hat diese Verfechtung des Eisens sich nicht Bahn für die praktische Ausführung brechen können und es wird auch, so lange man nicht einen vollkommen sichern Schuz gegen die Oxydation des Eisens aufgefunden hat, der zugleich nur in einem sehr dünnen, die Form des Kunstwerkes selbst in den feinen Nüancen nicht verdekenden Ueberzuge bestehen müßte, das Eisen nimmermehr die Bronze verdrängen. Für Kunstsachen, welche in bedekten Räumen aufgestellt, gegen den Einfluß der wechselnden Witterung geschüzt sind, möge immerhin das Eisen benuzt werden, dagegen wird für Kunstdenkmäler die, im Freien stehend Jahrtausenden trozen, und das Andenken von Handlungen, wie den Ruhm und die Stufe, auf welcher die Kunst bei ihrer Errichtung stand, auf die späteste Nachwelt übertragen sollen, immer die Bronze gewählt werden müssen, weil nur sie allein das Kunstwerk gegen die Zerstörungen durch den Einfluß der Zeit mit Sicherheit schüzt. Wir haben Gelegenheit gehabt, Kunstwerke der neuern Zeit mit der größten Sorgfalt in Eisen ausgeführt, nachdem sie nur kurze Zeit im Freien gestanden, zu sehen, und uns überzeugt, welche auffallende Veränderungen und Verwüstungen die Witterung daran hervorgebracht; wir haben andere Werke der Art gefunden, welche zwar wenig durch Oxydation gelitten hatten, bei denen aber von Hause aus eine gewaltige Lage von Oehlfarbe aufgetragen war, wodurch diese Kunstwerke ein wahrhaft vandalisches Ansehen erhielten, und wir sind dadurch aufs Neue bestärkt worden in der längst gekannten Erfahrung, daß nur die Bronze für bedeutende Kunstdenkmäler ein geeignetes Material ist. Freilich stellt sich der Anwendung dieses Materials oft der Kostenpunkt bedenklich entgegen, aber für Denkmäler, welche Jahrtausenden trozen sollen – und dieß muß man von allen öffentlichen Denkmälern verlangen – sollte die Rüksicht auf ihre gute Erhaltung allen andern voranstehen; wenn dabei eine Ersparung am Kostenaufwand gerechtfertigt seyn soll, so darf solche doch nie die Dauerhaftigkeit und Güte des Materials beeinträchtigen, und um in dieser Richtung das leisten zu können, was der Natur der Sache nach möglich ist, schien es uns Bedürfniß, die Eigenschaften der Statuen-Bronze möglichst genau zu untersuchen und sich über ihre Zusammensezung ein klares Bild zu verschaffen. Wir haben zu diesem Behufe mehrfache Untersuchungen und Versuche angestellt, welche in ihren Resultaten ganz geeignet sind, über das Wesen und die Natur der Statuen-Bronze wichtige Aufschlüsse zu geben, und dem Kunstgießer für sein Fach manchen wesentlichen Fingerzeig zu ertheilen, und wir stehen nicht an, unsere Erfahrungen hiemit dem größeren Publicum zur beliebigen Benuzung vorzulegen. –––––––––– Die Forderungen, welche man an eine gute Statuen- und Bildbronze macht, sind je nach dem Zwek, für welchen die Bronze benuzt werden soll, verschieden, und in der That muß auch die Bronze für zu prägende Medaillen eine andere seyn als für Gußwerke, und bei diesen wieder anders, beabsichtigt man das Kunstwerk zu vergolden, als für dasjenige, welches ohne weitere Bedekung stehen soll; ferner ist für Bronzearbeiten, die aus Blech gestanzt oder getrieben werden sollen, abermals eine andere Legirung nöthig u.s.f. Es ergibt sich daraus, wie durch die Anforderungen die Legirungsverhältnisse bedingt werden, und in der That haben sich auch durch die Erfahrungen für alle diese verschiedenen Zweke paffende Mengungen herausgestellt, die zum Theil bisher von einzelnen Künstlern als besondere Geheimnisse betrachtet wurden, zu deren Mittheilung man nur mit Mühe und nicht ohne Opfer gelangen konnte. Wir beschäftigten uns zunächst mit den Untersuchungen derjenigen Bronze, welche zum Guß großer Statuen dienen soll, und haben uns bemüht, aus den Forderungen, die man an eine solche Legirung macht, ihre Zusammensezung auf rationellem Wege herzuleiten, um einen Halt für dergleichen Arbeiten zu gewinnen, der überall ausreicht und den Gießkünstler nie ohne Nach läßt, wenn er den Gegenstand selbst vollständig aufgefaßt und verarbeitet hat. An eine Bronze, welche für den großen Statuenguß nuzbar seyn soll, macht man allgemein nachstehende Forderungen: 1) Sie soll eine dem Zwek entsprechende Farbe haben; man hält ein röthliches Gelb für das beste. 2) Ihre Bearbeitung durch Feile und Meißel muß leicht und sicher ausführbar seyn, um ein gutes Ciseliren der Gußstüke zu gestatten. 3) Sie soll beim Schmelzen dünnflüssig genug werden, damit sie alle, selbst die feinsten Vertiefungen der Form vollständig ausfüllt und das Kunstwerk im Guß möglichst scharf wieder gibt. 4) Bei dem nöthigen Härtegrade muß sie dennoch Zähigkeit genug besizen, um selbst ziemlich gewaltsamen Behandlungen zu widerstehen; es beruht darauf ihre Dauerhaftigkeit und die gute Erhaltung der Kunstwerke für lange Zeiten. 5) Endlich soll die Bronze eine hinlängliche Empfänglichkeit für die Annahme einer schönen grünen Farbe durch solides Anäzen etc. besizen (die sogenannte antike Patina, patine antique: patine verte etc.). Wenn man diese Forderungen einzeln ins Auge faßt, so kann man solche bei ganz verschiedenen Legirungen aus Kupfer, Zinn und Zink vollständig und gut erfüllen; alle vereint aber ein und derselben Legirung zu geben, ist schwieriger und demnach die Aufgabe für die Ermittelung einer guten Statuen-Bronze. Die erste Forderung, einer röthlich gelben Farbe, erreicht man vollständig durch eine Verbindung von Kupfer mit Zinn, und zwar wenn man dem Kupfer von 15 bis abwärts zu 6 Proc. Zinn zusezt; die rothe Farbe tritt dabei mit Abnahme des Zinngehalts immer intensiver hervor, dagegen nimmt die Härte der Legirung bei Verminderung des Zinngehalts regelmäßig ab, während die Legirung an Zähigkeit gewinnt. Alle Kupferzinn-Verbindungen in den oben angegebenen Gränzen des Zinngehalts bestehen aus einem chemischen Gemenge von mindestens zwei Kupferzinn-Verbindungen, wovon die eine ganz entschieden eine chemische Verbindung von 61 3/4 Theilen Kupfer und 38 1/4 Theilen Zinn ist, eine stark bläuliche Färbung hat, einen krystallinischen Bruch und sehr bedeutende Härte ohne sonderliche Zusammenhangsfestigkeit besizt. Die andere Verbindung scheint ebenfalls eine chemische zu seyn und besteht nahe aus 95 1/4 Kupfer, 4 3/4 Zinn, hat eine hochgelbe, fast goldartige Färbung mit einem Stich ins Rothe, einen feinkörnigen Bruch mit zakiger Fläche, und große Zähigkeit und Dehnsamkeit. Die erste (harte) Verbindung besteht genau aus 3 Atomgewichten Kupfer und 1 Atomgewicht Zinn; die zweite (zähe) Verbindung enthält bei 30 bis 40 Atomgewichten Kupfer 1 Atomgewicht Zinn. Diese Verbindungen von Kupfer und Zinn sind für die Natur der Kupferzinn-Legirungen von großer Wichtigkeit, indem beide vereint die Cohäsions-Eigenschaften der Legirungen bedingen, wobei man die eine als den Repräsentanten der Härte, die andere als den Repräsentanten der Zähigkeit ansehen muß, und es ist begreiflich, daß die Cohäsions-Eigenschaften einer Kupferzinn-Legirung um so regelmäßiger und gleichförmiger hervortreten müssen, je gleichförmiger die Vertheilung jener beiden Elemente (der harten und zähen Verbindung) in der Legirung ist. Leider aber influiren auf die Vertheilung der harten Verbindung in den Kupferzinn-Legirungen so mancherlei Umstände, deren Beseitigung beim Guß niemals ganz möglich ist, daß man auf eine gleichförmige Vertheilung der Elemente in dem ganzen Gußstüke niemals rechnen kann; besonders intensiv auf diese Vertheilung wirkt die Art der Abkühlung des Gusses, welche einmal von der Temperatur der Luft, weiter aber noch ganz besonders von den Dimensionen des Gußstükes und von der Art des Formmaterials und seiner Wärmeleitungs-Fähigkeit bedingt wird, so daß besonders bei den Gußstüken, welche in den Dimensionen ihrer einzelnen Theile große Verschiedenheit haben, die Härte und Zähigkeit an verschiedenen Stellen auf die mannichfaltigste Weise nüancirt vorkommen kann. Diese Eigentümlichkeiten der Kupferzinn-Legirungen machen sie für den Statuenguß durchaus ungeschikt, weil man immer darauf gefaßt seyn muß, einzelne Stellen in dem Gußstüke zu erhalten, welche für die Bearbeitung des Ciselirens zu hart oder zu weich sind; weil ferner nur bei sehr ansehnlichem Zinngehalt die Legirung dünnflüssig genug ist, um alle feinen Vertiefungen der Form scharf auszufüllen, bei solchem Zinngehalt aber die Härte der Legirung durchaus für jede weitere Bearbeitung zu groß wird, und weil endlich alle Kupferzinn-Verbindungen nicht empfänglich genug für die Annahme einer schönen patine antique sind. Der zweiten Forderung, leichte und sichere Bearbeitung mit Feile und Meißel, entsprechen alle Legirungen aus Kupfer und Zink, so lange der Zinkgehalt nicht die Gränzen von 5 bis 25 Proc. übersteigt; diese Legirungen bilden durchweg eine sehr gleichförmige Verbindung, welche durch die Einflüsse der Abkühlung etc. wenig oder gar nicht gestört wird, doch haben sie meist, besonders bei geringem Zinkgehalt, etwas zu wenig Härte, so daß beim Ciseliren die feinen Partien nicht gut unterm Meißel stehen bleiben. Die Farbe der Kupferzink-Legirungen neigt sich allgemein zum hellgelben (zitronengelb-messinggelb etc.) hin, und wenn auch einige röthlich gefärbte Legirungen vorkommen, so sind diese entweder sehr kupferreich und dann von geringer, immer für die Statuen-Bronze nicht ausreichender Härte, oder sehr zinkreich und dann so hart, daß sie eine Bearbeitung mit Meißel oder Feile durchaus nicht vertragen, auch an sich nur sehr geringe Haltbarkeit besizen. In Bezug auf die gute Ausfüllung der Form leisten diejenigen Kupferzink-Verbindungen, welche in den oben angegebenen Gränzen von 5 bis 25 Proc. Zink enthalten, ebenfalls noch nicht das, was man von einer Statuen-Bronze verlangt, da ein für diesen Zwek hinreichender Grad von Dünnflüssigkeit erst bei den zu harten Legirungen von weit höherem Zinkgehalt eintritt, dagegen sind alle Kupferzink-Legirungen für die Annahme einer schönen patine antique sehr empfänglich. Die dritte, vierte und fünfte Forderung, nämlich: hinlängliche Dünnflüssigkeit, um die Form gut zu füllen, ausreichende Härte und Dauerhaftigkeit und Empfänglichkeit für die An nähme einer schönen grünen Farbe durch solides Anäzen sind in den Betrachtungen über die ersten beiden Forderungen bereits mit abgehandelt, und man ersieht daraus hinlänglich, daß weder eine reine Kupferzinn-Legirung, noch eine reine Kupferzink-Verbindung den Ansprüchen an eine gute Statuen-Bronze genügen kann; es ergibt sich daraus aber eben so entschieden, daß jede dieser Verbindungen immer einige der geforderten Eigenschaften in hinreichender Intensität besizt, und man wird ganz einfach darauf geführt, eine gute Statuen-Bronze in einer Vereinigung von Kupferzinn mit Kupferzink-Verbindungen aufzusuchen. Wenn man die vorstehenden Betrachtungen über die Kupferzink-Legirungen näher ins Auge faßt, so ergibt sich daraus, daß solche wegen ihrem gleichförmigen Gefüge, und hauptsächlich wegen ihrer Unempfänglichkeit gegen die nachtheiligen Einflüsse der verschiedenartigen Abkühlung des Gußstüks für die Bronze zum Statuenguß offenbar die beste Grundlage bilden werden, und daß man sein Augenmerk nur darauf zu richten hat, die noch fehlenden Eigenschaften (besonders Härte und gute scharfe Füllung der Form) ihnen beizubringen; es geht aber eben so deutlich aus jenen Betrachtungen hervor, daß ein Zusaz von Zinn, oder noch besser von der harten (die Härte repräsentirenden) Legirung aus Kupfer und Zinn jene fehlenden Eigenschaften wohl zu ertheilen im Stande seyn werde. Dieß alles wohl erwogen, wurde der Weg, welchen wir zur Ermittelung der Bestandtheile für eine gute Statuen-Bronze einzuschlagen hatten, ziemlich bestimmt vorgezeichnet, und wir haben ihn in der That auch mit glüklichem Erfolg eingeschlagen und sind zu guten und brauchbaren Resultaten gelangt. Die Versuche, welche zur Bildung einer brauchbaren Bronze für den Statuenguß gemacht wurden, bestanden zunächst darin, daß man Kupferzink-Legirungen herstellte, und zwar mit verschiedenen quantitativen Zusammensezungen, immer aber in den Gränzen, welche für den vorliegenden Zwek noch Aussicht auf Erfolg darboten; wir haben dabei zugleich auch immer den für die Praxis nicht unwichtigen Kostenpunkt im Auge behalten, und sind deßhalb bis zu den äußersten Gränzen der anzuwendenden Zinkquantität geschritten. Den auf diese Weise erhaltenen Kupferzink-Legirungen haben wir hierauf Zinn procentweise zugesezt und die so erhaltenen neuen Verbindungen als Statuen-Bronze angesehen und sie in dieser Richtung auf ihre Brauchbarkeit für den in Rede stehenden Zwek untersucht; es mußten sich auf diesem Wege nicht allein die brauchbaren Legirungen an sich, sondern auch die Relationen zwischen den Beimengungen von Zink und Zinn zum Kupfer, auf die Eigenschaften der Bronze bezogen, herausstellen, wenn überhaupt dergleichen Beziehungen vorhanden waren. In dieser Art sind nun sieben Kupferzink-Legirungen zum Versuch gezogen worden, deren Zusammensezung nachstehende Tabelle angibt: Tabelle I. Textabbildung Bd. 92, S. 449 Lauf; Verhältniß der Elemente; in Procenten; nach Atomgewichten; Kupfer; Zink Aus diesen sieben Kupferzink-Verbindungen wurden nunmehr Bronze-Legirungen gebildet, indem man zunächst aus jeder derselben zwei Legirungen darstellte, wovon die eine 1 Proc., die andere 5 Proc. Zinn enthielt, und es entstanden dadurch nachstehende vierzehn Bronze-Legirungen. Tabelle II. Textabbildung Bd. 92, S. 449 Lauf; Mengungs-Verhältniß in Proc; Kupfer; Zink; Zinn Bezeichnen wir die Kupferzink-Legirungen der Tabelle I allgemein mit Cz und sezen die in jener Tabelle ihr zukommende Nr. bei, so übersehen wir leicht, daß die vorstehenden vierzehn Legirungen, auf die Tabelle I bezogen, auch auf folgende Weise dargestellt werden können. Tabelle III. Legirung 1a besteht aus 99 Cz Nr. 1 und 1 Zinn.    ddo. 1b      95 Cz Nr. 1  – 5   –    ddo. 2a      99 Cz Nr. 2  – 1   –    ddo. 2b      95 Cz Nr. 2  – 5   –    ddo. 3a      99 Cz Nr. 3  – 4   –    ddo. 3b      95 Cz Nr. 3  – 5   –    ddo. 4a      99 Cz Nr. 4  – 1   –    ddo. 4b      95 Cz Nr. 4  – 5   –    ddo. 5a      99 Cz Nr. 5  – 1   –    ddo. 5b      91 Cz Nr. 5  – 5   –   ddo. 6a      99 Cz Nr. 6  – 1   –   ddo. 6b      95 Cz Nr. 6  – 5   –   ddô. 7a      99 Cz Nr. 7  – 1   –   ddo. 7b      95 Cz Nr. 7  – 5   – Diese Tabelle III gibt die Idee, welche der Fortsezung der Versuche zum Grunde lag, scharf genug an; sie läßt sich in folgender Weise mit Worten ausdrüken: Wir wollten untersuchen, ob die in Tabelle I enthaltenen Kupferzink-Legirungen durch Zusaz von Zinn in eine brauchbare Statuen-Bronze umzuwandeln sink, und nahmen vorläufig als äußerste Gränzen für die beizumengende Zinnquantität 1 Proc. im Minimum und 5 Proc. im Maximum an. Mit allen vierzehn Legirungen der Tabelle II und III wurden Untersuchungen angestellt, welche sich auf die zu Eingang dieser Abhandlung aufgestellten fünf Hauptforderungen an eine gute Statuen-Bronze bezogen, und dabei folgende Resultate erhalten: Tabelle IV. Textabbildung Bd. 92, S. 451 Nro. der Legirung; Verhalten der Legirung in Bezug auf; die Farbe; die Bearbeitung beim Ciseliren; das scharfe Ausfällen der Form; die Haltbarkeit; die Annahme der patine antiq Die patine antique wurde dadurch hervorgebracht, daß man die Legirungen an einer Stelle rein feilte und dann mit einer Auflösung von   4 1/2 Salmiak, und   1 Sauerkleesalz in 94 1/2 Gewichtstheilen destillirtem Essig wiederholt bestrich, bis sich eine schöne grüne Deke gebildet hatte. Außer den in Tabelle IV angegebenen Untersuchungen stellten wir auch noch genaue Beobachtungen der Bruchflächen und der aus dem Metall erhaltenen Feilspane mit starken Vergrößerungen an und fanden, daß sich bei allen Legirungen eine bläuliche krystallinische Verbindung ziemlich gleichförmig eingesprengt befand, die wir mit Bestimmtheit für die Eingangs dieser Abhandlung angegebene harte Kupferzinn-Verbindung von 3 Atomgewichten Kupfer und 1 Atomgewicht Zinn erkannten; diese Erscheinung, welche ohne Ausnahme bei allen vierzehn Legirungen wiederkehrte, sprach für die Ansicht, daß sich beim Zusaz des Zinns und Zinks zum Kupfer mindestens zwei Verbindungen bildeten, wovon die eine jene harte Kupferzinn-Verbindung ist, die andere aber wahrscheinlich aus Kupfer und Zink besteht, und daß die Bronze ein Gemenge aus diesen Verbindungen sey; man hatte dadurch einen Fingerzeig über die wahrscheinliche Constitution der Bronze erhalten. Wenn man die Resultate in der Tabelle IV näher ins Auge faßt, so sind in der That zwei Punkte mit Gewißheit darin zu erkennen, welche Aufschluß über die Gränzen der Zinn-Beimengung zu der Kupferzink-Verbindung für die Bildung einer brauchbaren Statuen-Bronze geben, nämlich: 1) daß durchweg die angenommenen Gränzen von 1 bis 5 Proc. zu weit gestekt waren, oder mit andern Worten, daß 1 Proc. Zinn zu wenig, 5 Proc. Zinn aber zu viel sey; 2) daß Zink und Zinn in Bezug auf die Modifikationen, welche sie den Eigenschaften der Legirung geben, ihrer Quantität nach im umgekehrten Verhältniß stehen, d.h. daß bei Zunahme des Zinkgehalts der Zinn-Zusaz vermindert werden muß. Alle Beobachtungen und Untersuchungen zusammen genommen führten uns darauf, die Versuche über die Bildung einer guten Statuen-Bronze in der Art fortzusezen, daß man zunächst wieder Legirungen von Kupfer und Zink bildete, wie dieß in der Tabelle I angegeben worden, ferner eine Legirung von Kupfer und Zinn, bestehend aus 3 Atomgewichten Kupfer und 1 Atomgewicht Zinn, oder in 100 Theilen aus 61 3/4 Kupfer 38 1/4 Zinn darstellte und von dieser lezten Legirung den Kupferzink-Verbindungen Procentweise so viel zusezte, daß der eigentliche Zinngehalt der Legirungen immer über 1 Proc. betrug, aber nie 5 Proc. erreichte, wobei auch der oben angeführte zweite Punkt bei den sehr zinkreichen Verbindungen den Gehalt an Zinn zu vermindern fest im Auge behalten wurde. Die nach solchen Principien gebildeten zahlreichen Legirungen ergaben als äußerste Gränzpunkte für eine brauchbare Statuen-Bronze nachstehende Zusammensezungen: I. Die am stärksten rothgelb gefärbte (sehr kupferreiche, mithin auch theuerste, doch schöne) Statuen-Bronze erhält man aus: 88 3/4 Theilen Kupferzink-Verbindung Nr. 1 der Tabelle I, bestehend aus 7 Atomgewichten Kupfer, 1 Atomgewicht Zink, oder in 100 Theilen aus: 87,29 Kupfer, 12,71 Zink und 11 1/4, Theilen Kupferzinn-Verbindung, bestehend aus 3 Atomgewichten Kupfer, 1 Atomgewicht Zinn, oder in 100 Theilen 61 3/4, Kupfer, 38 1/4, Zinn. II. Die am meisten hellgelb, fast goldgelb gefärbte Bronze (zugleich die kupferärmste aber wohlfeilste) ist zusammengesezt aus: 93 1/2 Kupferzink-Verbindung Nr. 7 der Tabelle I, bestehend aus 2 Atomgewichten Kupfer, 1 Atomgewicht Zink, oder in 100 Theilen aus 66 3/4, Kupfer, 33 3/4, Zink und 6 1/2 Kupferzinn-Verbindung von derselben Art wie die bei Nr. 1 angegebene. Alle zwischen diesen beiden äußersten Gränzen liegenden Verbindungen von Kupfer, Zink und Zinn geben eine brauchbare Statuen-Bronze, wobei jedoch zu bemerken, daß die rothgelbe Färbung immer mehr abnimmt und ins Hellgelbe übergeht, je mehr man von den Verhältnissen der Legirung I abweicht und sich den Verhältnissen der Legirung II nähert, und wobei ferner festzuhalten ist, daß man mit Vermehrung der Zinkquantität auch den Zusaz an Kupferzinn-Verbindung verringern muß. Es ist ferner als Grundgesez festzuhalten, daß zu Statuen oder Bildwerken, welche vergoldet werden sollen, die Legirungen um so brauchbarer sind, je näher sie der Nr. II liegen, dagegen zu solchen Kunstwerken, welche nach dem Ciseliren ohne weitere Behandlung frei aufgestellt werden sollen, die Legirungen gewählt werden müssen, welche möglichst nahe an Nr. I liegen. Es ist begreiflich, daß die Zahl der zwischen oben angegebenen Gränzen liegenden Legirungen eine sehr große seyn kann, es ist aber eben so klar daß, da die Eigenschaften aller dieser Bronze-Legirungen der Art sind, daß sie sämmtlich sich für den Statuenguß eignen, nur eine oder einige Eigenschaften über die Wahl der Legirungen entscheiden können, und in der That sind es nur zwei Rüksichten, nämlich die Farbe und die Kosten, welche bei der Auswahl zu irgend einem Zwek von praktischem Werth seyn können. Die von uns durchgeführten Versuche haben ergeben, daß die Anzahl derjenigen Bronze-Verbindungen, bei welchen durch eine Veränderung in der quantitativen Zusammensezung der Elemente auch mit Bestimmtheit hervortretende Aenderungen in der Farbe der Legirung sich zeigen, im Ganzen nur gering ist und nur bei den in nachstehender Tabelle V aufgeführten sieben Bronzelegirungen entschieden bemerkbar werden; der Kostenpunkt hängt von der Quantität des in der Bronze enthaltenen Kupfers ab und steigt mit der Zunahme desselben. Aus allen vorangehenden Betrachtungen hat sich ergeben, daß jede der von uns ermittelten Bronze aus zwei Verbindungen zusammengesezt ist, nämlich: eine Kupfer- und Zink-Verbindung, welche in ihrem quantitativen Verhältniß veränderlich, und eine Kupfer- und Zinn-Verbindung, die in ihrer quantitativen Zusammensezung unveränderlich ist. Wir nennen diese Zusammensezung das Structur-Verhältniß, und es ist klar, daß man leicht das quantitative Verhältniß von Kupfer, Zink und Zinn in einer Bronze berechnen kann, wenn das Structur-Verhältniß derselben genau bekannt ist; die Zahlen, welche für die einzelnen Elemente der Bronze gefunden werden, nennen wir das Elementar-Verhältniß. Beide Angaben haben wir in der Tabelle V aufgenommen, wobei nur noch bemerkt wird, daß die Zahlen in den einzelnen Verticalspalten der Rubrik Structur-Verhältniß die quantitative Zusammensezung der in der Bronze enthaltenen Kupferzink- und Kupferzinn-Verbindungen angeben, während die unter der horizontalen Klammer stehenden Zahlen angeben, welche Quantität von jeder der erwähnten Verbindungen in 100 Theilen der betreffenden Bronze enthalten ist. Tabelle V.Zusammensezung der brauchbaren Statuen- und Bild-Bronzen. Textabbildung Bd. 92, S. 455 Laufende Nummer; Structur-Verhältniß; Elementar-Verhältniß; Kupferzink-Verbindung; Kupferzinn-Verbindung; Kupfer; Zink Die vorstehende Tabelle enthält die Legirungen, welche überhaupt als Bronze für Statuen- und Bildguß empfohlen werden können, und es ist jede Ueberschreitung der Gränzen zweklos, ja sogar schädlich; unter den sieben angeführten Legirungen sind nur die vier ersten für freistehende Statuen ohne Vergoldung anzurathen, da schon die Nr. 4 nur noch schwache rothlich gelbe Färbung hat; die drei lezten haben eine sehr gelbe Färbung und eignen sich nur zu Bildgüssen, welche vergoldet werden sollen. Das specifische Gewicht der Bronze Nr. 1 beträgt im Mittel 8,7375, das der Bronze Nr. 7 aber 8,4675, das der übrigen fällt zwischen diese Zahlen. Es ist anzunehmen, daß man bei Bildung der Bronze im Großen solche immer aus dem Elementar-Verhältniß zusammensezen wird, wenn man die einfachen Elemente dazu benuzt, und es dürfte in diesem Falle die Bemerkung nicht nuzlos seyn, daß die in dieser Rubrik angegebenen Zahlen die Quantitäten angeben, welche wirklich in der Bronze enthalten seyn sollen, mithin bei Benuzung dieser Tabelle der Gießer in Beschikung seines Ofens auf denjenigen Verlust rechnen muß, den er erfahrungsmäßig durch den Schmelzproceß erleidet, und welcher von der Construction des Ofens, wie von der gewohnten Art und Leitung des Schmelzverfahrens abhängig ist. Bei unsern Versuchen, welche in einem Sefström'schen Ofen und im Tiegel von jedesmal 12 Pfd. Einsaz ausgeführt wurden, haben wir jeden Verlust dadurch vermieden, daß wir immer unter einer Schlakendeke schmolzen – ein Verfahren, was vielleicht auch im Flammofen nicht ohne Vortheil anzuwenden wäre. In den nicht seltenen Fällen, wo alte Bronze oder Messing zur Bildung der Bronze verbraucht werden muß, wird es immer nöthig seyn, sich von den Bestandtheilen derselben durch eine Untersuchung vorher zu überzeugen, und nach deren Ergebniß die Zusäze zu berechnen, und für solche Fälle kann die Kenntniß des Structur-Verhältnisses in Tabelle V von wesentlichem Nuzen seyn, da dieß Verhältniß immer den Hauptanhalt für die Zusammensezung der Legirung abgibt. Man hat viele Bronzen von Statuen sowohl als von andern Bronzefabricaten analysirt und die mannichfachsten Verhältnisse darin gefunden, allgemein wurden aber doch nur selten die in Tabelle V angegebenen Zahlen überschritten; wir geben hier einige Verhältnisse der Art, welche theils aus dergleichen Analysen, theils aus den Angaben der Gießkünstler selbst hervorgegangen sind. Bronze der Reiter-Statue Ludwig des XIV. 91,40 Kupfer  5,53 Zink  1,70 Zinn  1,37 Blei    Durch d'Arcet analysirt. Der gewaltig großeKupfergehalt ist auffallend und kann keinenfallsals günstig angesehen werden. Bronze der Reiter-Statue Ludwig des XV. 82,45 Kupfer10,30 Zink  4,10 Zinn  3,15 Blei    Liegt mit Ausnahme des Bleies ganz in derGränze der Tabelle V. Französische Statuen-Bronze neuerer Zeit. 84 Kupfer11 Zink  2 Zinn  3 Blei    Der Bronze Nr. 1 in Tabelle V mitAusnahme des Bleies sehr nahe. Bronze zur Minerva-Statue in Paris. 83 Kupfer14 Zink  2 Zinn  1 Blei    Der Bronze Nr. 2 in der Tabelle V mitAusnahme des Bleies sehr nahe. Bronze zur Napoleon-Statue. 75 Kupfer20 Zink  3 Zinn  2 Blei    Sehr gelb und gehört schon zu den Bronzen,welche sich für zu vergoldende Sachen eignen. Bronze, welche in Paris zu Gegenständen, welche vergoldet werden sollen, meist genommen wird. 78 Kupfer18 Zink  2 Zinn  2 Blei    Sehr nahe der Bronze Nr. 4 in Tabelle V mitAusnahme des Bleies. Zu Beschlägen wendet man in Paris die sogenannte ordinäre Bronze an, bestehend aus: 64,5 Kupfer32,3 Zink  1,6 Zinn  1,6 Blei   Sie steht allgemein der Bronze Nr. 7 in Tabelle Vnahe, wenn man den Bleigehalt abrechnet, gewißaber dürfte das dort angegebene Verhältniß besserals das Pariser zu benuzen seyn. Es ist auffallend, daß alle Analysen von Statuen- und Bild-Bronze einen ansehnlichen Bleigehalt ergeben, und wir haben uns früher zu der Meinung ganz entschieden bekannt, daß dieser Bleigehalt kein absichtlich beigefügter, sondern ein zufällig in den einzelnen Bestandtheilen der Bronze vorhandener sey, um so mehr, als in der That dem Kupfer sehr häufig absichtlich Blei auf den Kupferwerken zugesezt wird, und zwar oft 1 bis 1 1/2 Proc., um es dehnsamer, wohl auch mehr ins Gewicht fallend zu machen; wir haben uns aber überzeugt, daß mehrere Gießer wirklich der Bronze noch Blei zusezen, hauptsächlich um sie dichter zu erhalten und gegen das Aufreißen an einzelnen Stellen beim Zusammenziehen (Schwinden) des Gußstüks während des Erkaltens zu sichern. Diese Ansicht mag an und für sich nicht ganz unrichtig seyn, es ist aber der Bleizusaz, besonders in Quantitäten von 3 und mehr Proc. immer ein sehr bedenklicher, da leicht an einzelnen Stellen des Gußstükes beim Erkalten ein Ausscheiden des Bleies eintreten kann, was besonders an den während des Gießens zu unterst stehenden Theilen der Form gern stattfindet, wodurch das Gelingen und noch mehr die Dauer des Kunstwerks sehr gefährdet wird; jedenfalls ist zu rathen, entweder das Blei mit dem zuzusezenden Zink und Zinn vorher zu legiren, und diese Legirung in dem nöthigen Verhältniß dem flüssigen Kupfer oder der alten Bronze zuzusezen, oder das Blei wenigstens zuerst in das Metallbad einzutragen und dann erst Zink und Zinn folgen zu lassen, da uns die Erfahrung hinlänglich gelehrt hat, daß nur auf diesem Wege eine gleichförmige Vertheilung und Verbindung zu hoffen ist, während wenn bereits Zink, hauptsächlich aber Zinn in nur irgend bedeutender Quantität in dem Metallbade aufgelöst ist, das dann noch zugesezte Blei fast jedesmal sich beim Gießen von der Legirung absondert. So viel ist gewiß, daß das Blei durchaus nicht nöthig ist, und daß man aus den drei in Tabelle V angegebenen Elementen eine vorzügliche Statuen-Bronze herstellen kann; es wird dieß in der neuesten Zeit in recht großem Maaßstabe dargethan durch den Guß der colossalen Reiter-Statue Friedrichs des Großen, welche, von Professor Kiß modellirt, in Breslau durch den königlichen Stükgießerei-Director Klagemann und dessen Sohn geformt und gegossen wird und auch in Breslau aufgestellt werden soll. Wir haben nicht allein mehrfache kleinere Gußstüke als Metallproben, die uns höchst bereitwillig mitgetheilt wurden, näher untersuchen können, sondern auch einen großen Theil der Statue selbst theils fertig gegossen und theils auch schon ciselirt gesehen, und müssen gestehen, daß alle Forderungen, welche man nur irgend an eine gute Statuen-Bronze machen kann, bei diesem Guß im höchsten Grade erfüllt sind, dagegen die Untersuchung sowohl als auch die Mittheilung des Directors Klagemann selbst bestimmt ergeben, daß kein Blei absichtlich zugesezt ist, vielmehr liefert die Analyse eine Zusammensezung in dieser vorzüglichen Statuen-Bronze, welche der Nr. 1 in der Tabelle V sehr nahe liegt.