Titel: Ueber die Vorrichtung des Hrn. Porte zur Seidenwürmerzucht.
Fundstelle: Band 92, Jahrgang 1844, Nr. CIX., S. 469
Download: XML
CIX. Ueber die Vorrichtung des Hrn. Porte zur Seidenwuͤrmerzucht. Aus dem Echo du monde savant 1844, No. 29. Ueber Porte's Vorrichtung zur Seidenwürmerzucht. Die Vorrichtung des Hrn. Porte, welche an die Stelle der horizontalen, übereinander befindlichen Gestelle (Etagères) treten soll, ist ein aus Weidenschößlingen verfertigter abgestuzter Kegel von 3,96 Meter (11' 14'' Par. Maaß) unterm, 66 Centimeter (2') oberm Durchmesser, und 1,32 Meter (4') Höhe, unten mit einer Oeffnung versehen, damit eine Person in den Kegel einschlüpfen kann, und außen mit einer ringsherumgehenden horizontalen Gallerie von 40 Centimetern (1' 2'') Breite. Hr. Porte versichert, daß die auf diese Vorrichtung gelegten Seidenwürmer leichter zu ziehen sind, daß ihnen das Heidekraut leichter gegeben werden kann und daß sie besser gedeihen, als diejenigen auf horizontalen Gestellen. Ich habe mich hievon noch nicht thatsächlich überzeugt, halte es aber für möglich und zwar aus folgenden Gründen: 1) Wenn man die horizontale Gallerie mit Papier belegt, so kann man auf derselben die Würmer aus 31 Grammen (1 Unze) Eier bis zum dritten Tag nach dem Austritt aus der dritten Häutung aufziehen, wie auf horizontalen Gestellen, mit dem Vortheil aber, daß man sie diese ganze Zeit hindurch von ihrem Miste reinigen kann, ohne sie von dieser Gallerie wegzunehmen; denn bis zur dritten Häutung nehmen sie nur einen schmalen Streif des Kreises ein, welchen man bis zum dritten oder vierten Tag nach der dritten Häutung allmählich erweitert. Bis dahin ist dann die ganze Gallerie besezt und um sie allmählich weiter auseinander zu bringen, hat man nur einen Kreis von Blättern um den Kegel zu legen, welcher nicht mit Papier belegt zu werden braucht, weil Würmer von mittlerer Größe nicht durch das Geflechte kriechen, sondern auf den Blätterkreis klettern; man muß natürlich stets Blätter auf die Gallerie legen; diese Blätterkreise werden bis zum siebenten Tag nach der vierten Häutung immer höher gelegt, so daß der ganze Kegel und die Gallerie von ihnen überzogen werden. Zu dieser Zeit müssen die Würmer daran seyn, ihre Cocons zu machen; man muß ihnen Heidekraut geben, was mir hier leichter erscheint, als auf Etagères. Auf die obere Oeffnung des abgestuzten Kegels bringt man eine dem Rand des Kegels sich genau anschmiegende Platte aus Weidengeflecht; diese Platte oder Scheibe besezt man mit Heidekraut, welches man sehr hoch lassen kann, indem man nur die zartesten Spizen desselben abschneidet; man verfertigt dann Geflechte von Heidekraut, welche in die Zwischenräume des Weidengeflechts den Kegel hinab leicht einzusteken sind; dieß ist hinreichend; man braucht dann die Gallerte nicht mit Heidekraut zu besezen und es ist auf diese Weise nicht einmal das Hinunterfallen eines einzigen Wurmes zu befürchten. 2) Die Würmer auf einem solchen Kegel haben natürlich eine bessere Lüftung als die auf bretternen Etagères horizontal liegenden; der auf Weidengeflecht befindliche Mist kann nicht so feucht seyn, weil er von Unten besser austroknen kann; viele Excremente von der Größe der Senfkörner gehen durch dieses Geflecht und fallen ohne Nachtheil in das Innere des Kegels, aus welchem sie mit ein paar Besenstrichen fortgeschafft und so die Veranlassungen zur Fäulniß vermindert werden können. 3) Da die Seidenwürmer kletternder Natur sind und ihre Füße sich wo sie hinkommen anklammern, so daß sie sich wie die Fliegen auf einer senkrechten, ja sogar auf einer abwärtsgerichteten Ebene erhalten; da sie sich ferner mittelst ihrer vielen Ringeln mehr aufsteigend als horizontal zu bewegen Pflegen, so glaube ich daß, wenn man die Natur oder den Instinct des Wurms einerseits und andererseits das Verhältniß des Züchters, welcher ihm Blätter reichen muß, zu vereinigen trachtet, es bei weitem vorzuziehen seyn muß, sie auf einer geneigten Ebene zu füttern, als auf einer horizontalen Fläche. Die Porte'sche Vorrichtung unterscheidet sich in der Hauptsache vor den bisherigen bloß dadurch, daß die Würmer, statt auf einer horizontalen Ebene, auf einer geneigten gezogen werden. Obgleich Hr. E. Beauvais sie als eine unbegründete und nuzlose Neuerung ansieht, gewährt sie doch Vortheile, vorzüglich bei der Zucht im Kleinen, wie bei den Bauern. Mit dieser Vorrichtung kann man sich in der Größe nach dem verfügbaren Raum richten. Hr. Porte verfertigt sie in vier Abtheilungen, ich verfertige sie aus sechs, die Basis des Kegels 2 Met. (6' 2''), die Spize desselben 33 1/3 Centimeter (13'' 4''') breit. Jede kreisrunde Abtheilung von Weidengeflecht kann auf 1 1/2 Fr., mit der Gallerte auf 2 Fr. zu stehen kommen, was im Ganzen 12 Fr. ausmacht, während das geringste Etagèregestell für eben so viel Oberfläche ungefähr 55 Fr. kosten würde; da ferner die Bauern sich diese Vorrichtung selbst verfertigen können, dürfte sie ihnen noch wohlfeiler als auf 12 Fr. zu stehen kommen. Obgleich diese Vorrichtung sich sehr gut zum Betrieb im Kleinen mit 31 bis 124 Grammen (2–8 Loth) Eiern eignet, ist sie dennoch für den größern Betrieb nicht zu empfehlen, wegen des außerordentlich großen Locals, dessen man bedürste; denn es dürften in demselben Local auf Kegeln nur halb so viel Würmer aufzuziehen seyn, als auf horizontalen, übereinanderstehenden Etagères unterzubringen sind. Da die Seidenwürmer aber nur etwa vierzehn Tage lang einen großen Raum erfordern und während dieser Zeit beinahe niemals künstlicher Wärme bedürfen, so können diese Kegel in jedem beliebigen Local, z.B. in Speichern oder Dachstuben, aufgestellt werden; endlich lassen sich diese Kegel noch verbessern, indem man ihnen eine größere Oberfläche geben und sie um vieles höher verfertigen kann, ohne befürchten zu müssen, daß die Neigung zu stark sey. Auch könnte man bei ihrer Errichtung zwei bis drei Gallerten machen und auf diese Weise die Oberfläche übereinanderliegender Etagères erhalten. Die erste Gallerie würde ich nicht im Niveau mit dem Stubenboden machen, sondern 62 Centimeter (2' 7'') hoch über demselben, von wo aus erst der Durchmesser des Kegels und seine Höhe zu rechnen wäre; was darunter ist, würde einen cylindrischen Sokel bilden.