Titel: Ueber galvanische Messingreduction; von M. H. Jacobi.
Fundstelle: Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XIX., S. 55
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XIX. Ueber galvanische Messingreduction; von M. H. Jacobi. Aus dem Bulletin de St. Pétersbourg Bd. II, Nr. 19. Jacobi, über galvanische Messingreduction. Hr. Ruolz hat (polyt. Journal Bd. LXXXVI S. 64) ein Verfahren mitgetheilt, um galvanische Ueberzüge von Bronze auf andern Metallen hervorzubringen. Es besteht darin, daß er Cyankupfer und Zinnoxyd in gewissen Verhältnissen in Cyankalium auflöst und auf diese Auflösung eine Batterie mit constantem Strome wirken läßt. Da dieses Verfahren manches Unpraktische hat, besonders weil die Flüssigkeit, wenn sie erschöpft ist, immer beinahe gänzlich erneuert werden muß, so bediene ich mich schon seit längerer Zeit des folgenden Verfahrens, um statt der Legirung von Kupfer und Zinn, eine Legirung von Kupfer und Zink oder gewöhnliches Messing auf galvanischem Wege darzustellen. Ich nehme zu diesem Ende eine ziemlich concentrirte Auflösung von Cyankalium, eine Anode von Kupfer und eine Kathode von irgend einem andern Metall und lasse den Strom einer mindestens aus zwei Elementen bestehenden Daniell'schen Batterie darauf wirken. Indem die Flüssigkeit hierdurch zersezt wird, verwandelt sich das Kupfer allmählich in Cyankupfer und löst sich in Cyankalium auf. Der Auflösung wird dadurch ein Kupfergehalt ertheilt, und sobald dieser reichhaltig genug ist, beginnt das Kupfer sich auf der Oberfläche der Kathode metallisch zu reduciren. Sobald man die erste Spur einer solchen Reduction wahrnimmt, wird der Proceß unterbrochen und statt der Kupferplatte eine Zinkplatte als Anode in die Flüssigkeit gehängt. Auch jezt wird noch Kupfer reducirt werden, das aber allmählich vom Röthlichbraunen in Messinggelb übergeht. Hat man die gewünschte Messingfarbe erhalten, so kann man die Anode von Zink entfernen und eine Anode von gewöhnlichem Messing nehmen. Die Kathode, die nur zur vorläufigen Probe gedient hat, wird ebenfalls beseitigt und durch den Gegenstand ersezt, den man mit einem Messingüberzuge zu versehen beabsichtigt. Die auf diese Weise auf rein galvanischem Wege bereitete Messinglauge, wie ich sie nennen will, kann auf unbestimmte Zeit dienen, und es ist nur nöthig, hin und wieder etwas Cyankalium hinzuzusezen. Es ist gleichgültig, ob man zuerst die Kupferanode und dann die Zinkanode nimmt, oder ob man umgekehrt verfährt. Ich habe mich auch öfters sogleich einer Messinganode bedient, aber nur selten die gewünschte Farbe sogleich erhalten; es reducirte sich immer entweder Kupfer oder Zink im Ueberschuß. Ist der Gegenstand glänzend und polirt, so wird auch der erste Ueberzug so erscheinen; nur wenn derselbe diker wird, erhält er das Matt, welches den meisten galvanischen Ueberzügen eigenthümlich ist. Die Bereitung der obigen Lauge geht um so schneller vor sich, je concentrirter die Cyankaliumauflösung ist. Bei verdünnterer Auflösung bedarf man auch, sowohl beim Beginne des Processes, als auch bei den späteren Reductionen einer stärkern Batterie, bis zu vier oder noch mehr Plattenpaaren. Man kann die Farbe des Messings beliebig modificiren und einen sehr schönen tombakähnlichen Ueberzug erhalten, wenn man mit der Messinganode zugleich eine Kupferanode von größerer oder geringerer Oberfläche anwendet. Das so eben beschriebene Verfahren, das, so viel ich weiß, noch nicht bekannt ist, kann mit Nuzen angewandt werden, um das galvanisch reducirte Kupfer noch mit einem Messingüberzuge zu versehen. Es wird dadurch erleichtert, den galvanoplastischen Gegenständen eine der antiken Patina ähnliche Bronzirung zu ertheilen, welche, wie man weiß, das reine Kupfer sonst nur schwer annimmt. Besonders vortheilhaft wird dieses Verfahren aber werden, wenn es sich darum handelt eiserne Gegenstände des Luxus oder der Bedürfnisse mit Messing zu überziehen, was sonst gewöhnlich durch eine Art Plattirung mit dünnem Messing geschieht, die bei etwas complicirten Formen sehr mühsam und kostspielig ist. Es ist bekannt, daß aus elektrolytischen Flüssigkeiten, die mehrere Sauerstoffsalze mit metallischen Basen, z.B. schwefelsaures Kupfer und schwefelsaures Zink oder salpetersaures Silber und salpetersaures Kupfer, zugleich aufgelöst enthalten, die negativern Metalle sich viel leichter und in viel größerer Quantität reduciren als die positivern. Aus Kupfervitriollösungen, die stark mit Zink oder Eisen verunreinigt sind, wird das Kupfer bei Anwendung einer schwachen Batterie beinahe bis auf das lezte Atom ausgezogen werden können, ohne fremde Beimischungen zu verrathen. Es scheint mir unzweifelhaft, daß bei den gemischten Cyanüren verschiedener Metalle ein entgegengeseztes Verhalten stattfindet, so daß z.B. das Zink, obgleich es das positivere Metall ist, sich ungleich leichter reducirt als das Kupfer. Um dem reducirten Messing eine röthlichere Farbe zu ertheilen, muß daher immer ein größerer Ueberschuß an Kupfer vorhanden seyn und eine längere Einwirkung stattfinden als im umgekehrten Falle. Da genaue Untersuchungen über die verschiedenen Umstände, die hierbei stattfinden, noch nicht gemacht worden sind, so mag diese vorläufige Bemerkung genügen, die für die praktische Ausübung des beschriebenen Verfahrens nüzlich seyn dürfte. Hr. Becquerel hat Hrn. Ruolz gegenüber seine Priorität in Bezug auf galvanische Reduction der Legirungen in bestimmten Mischungsverhältnissen geltend gemacht und führt zu diesem Ende einen Versuch an, der eigentlich nichts beweist. Mir scheint es, als dürfe man eine Entdekung nicht anticipiren, die für die Theorie und Praxis auf diesem Gebiete sehr wichtig, aber erst noch zu machen wäre. Vernünftigerweise nämlich kann man die nach diesem oder jenem Verfahren reducirten Metalllegirungen nur als einigermaßen homogene Gemenge ansprechen, wie es übrigens in den meisten Fällen auch die durch Schmelzung erhaltene Legirungen sind. Bei diesen aber hat man ein bestimmtes Verhältniß der Bestandtheile viel mehr in seiner Gewalt als bei den galvanischen Legirungen, bei denen man von Gesezen ihrer Bildung durchaus noch nichts kennt. Bei der Reduction des Goldes und Silbers bediene ich mich schon seit längerer Zeit eines ähnlichen Verfahrens, d.h. ich bereite mir keine chemische Gold- oder Silberauflösung, sondern erhalte dieselbe bei Anwendung des Cyankaliums auf galvanischem Wege, indem ich mich der Anoden von diesen Metallen bediene. Auch ähnliche Gold- und Kupferlegirungen, wie die oben beschriebene Messinglegirung, kann man durch Anwendung von Kupferanoden in Cyan-Goldauflösungen, oder umgekehrt von Goldanoden in Cyan-Kupferauflösungen erhalten. Bei gleichzeitiger Anwendung von Cyangold- und Cyansilberauflösungen findet aber, wie die Erfahrung schon vielfach gemacht worden ist, der sehr merkwürdige Umstand statt, daß selbst bei einem äußerst geringen Antheil Silber und einem großen Ueberschuß Gold das Silber, obgleich es das positivere Metall ist, sich viel leichter reducirt und, bis es ganz erschöpft ist, dem Golde eine merklich blaßgelbe, mitunter ins Grünliche spielende Färbung ertheilt. Aehnlich scheint sich also, wie oben erwähnt, auch das Zink zu verhalten. Die hiebei der Akademie vorgezeigten Gegenstände sind theils von Zinn gegossen, theils von Eisen angefertigt und mit starken Messingüberzügen versehen, bei denen die verschiedenen Farbenabstufungen, welche man ihnen gleich bei der Reduction gegeben hat, auf ein verschiedenes Verhältniß der die Legirungen constituirenden Metalle schließen lassen.