Titel: Ueber Bierkühlen aus Eisenblech; von Gabriel Sedlmaier, Bierbrauer in München.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XV., S. 51
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XV. Ueber Bierkuͤhlen aus Eisenblech; von Gabriel Sedlmaier, Bierbrauer in Muͤnchen. Aus dem Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins fuͤr Bayern, Juniusheft 1845, S. 387. (Nachtrag zu des Verfassers Abhandlung „uͤber das bayerische Bierbrauerei-Verfahren“ im polytechn. Journal Bd. XCVI S. 478.) Sedlmaier, über Bierkühlen aus Eisenblech. Die vortheilhafte Anwendung gußeiserner Kühlschiffe in vielen Bierbrauereien Englands und Schottlands und die dabei beobachtete gänzliche Schadlosigkeit der Einwirkung des Eisens auf die Bierwürze veranlaßt vor einigen Jahren meinen Freund Ant. Dreher, Verkühlen von Eisenblech in seiner Brauerei in Klein-Schwechat bei Wien einzuführen. Die Resultate waren ganz günstig, daher sie in und um Wien jezt mehrere Nachahmung finden und auch mit bestimmten, vor zwei Jahren eine, und voriges Jahr zwei der gleichen Kühlschiffe anfertigen zu lassen, wovon in Folge äußern Anregung das Nähere mitgetheilt werden soll. Die Form dieser Bierkühlen ist ganz so wie die der gewöhnlichen hölzernen; die hiezu verwendeten Eisenbleche, welche 6 Fuß lang 3 Fuß breit und beinahe eine Linie dik sind, und wovon der bayerisch Quadratfuß 3 1/4 Pfd. wiegt, werden ganz einfach nur mit eine Nietenreihe über einander genietet, und an den Enden zur Bildung der Seitenwände aufgebogen. Es versteht sich von selbst, daß die Vernietungen wasserdicht und die Nietenreihen so wie überhaupt die ganzen Bleche so viel wie möglich eben gerichtet seyn müssen. Die auf solche Art gebildete Kühle liegt auf einem sogenannten Roste von hinlänglich starken, 14 Zoll von einander entfernten Eisenstangen, der gerade so beschaffen ist, wie der Rost bei einer Malz dörre, auf dem die Horde liegt. Dieser Rost wird zuvor auf hölzerner Querschwellen, die das Ganze tragen, nach dem gewünschten Gefäll der Kühle möglichst flach gerichtet und darauf dann oben beschrieben Bleche mittelst vieler Haften niedergenietet, um die mancherlei Biegungen, die durch das Zusammennieten mehrerer Bleche entstehen wieder flach zu machen – ist daher der Rost gehörig flach, so wird es auch die ganze Kühle. Durch diese Construction und Dike des Bleches ist die Kühlfläche so stark, daß man ungescheut darüber hingehen und jede nöthige Arbeit darauf verrichten kann, ohne das Verbiegen des Blechs befürchten zu müssen. Die Innenseite, worauf die Bierwürze zu liegen kommt, will so gut es thunlich ist blank gescheuert und vom Zunder befreit, die Außenseite aber mit einer Oehlfarbe angestrichen, um sie vor Rost zu schüzen. Auf den ersten Blik ist der gewöhnliche und allgemeine Einwurf den man gegen die Anwendung des Eisens zu diesem Zwek, wo die Bierwürze so lange und in so großem Maaße damit in Berührung steht, richtet, daß sich dasselbe leicht oxydirt, und in diesem Zustand sich der Bierwürze mittheilen und dem Bier nachtheilig seyn könnte. Diese Befürchtung wäre allerdings einigermaßen begründet, wenn nicht die Bierwürze selbst die Eigenschaft hätte, diesem Uebelstand in kürzester Zeit abzuhelfen. Wirklich ist es beim ersten, zweiten und selbst öfteren Gebrauch einer neuen eisernen Kühle der Fall, daß sich die Bierwürze und das Kühlgeläger, unzweifelhaft in Folge des entstehenden Eisenoxyds, schwärzlich färbt, und daher Nachtheil für das daraus zu bereitende Bier befürchten läßt, aber auffallend ist es, wie dann bei richtig vollendeter Gährung die schwärzliche Färbung aus dem Bier gänzlich verschwindet, und auch in Bezug auf Geschmak nichts Unangenehmes hinterläßt, während das, was durch die Gährung ausgeschieden wird, nämlich die Hefe und die obere Schaumdeke, schwärzlich gefärbt bleibt, was zu der Annahme berechtigen dürfte, daß das Eisenoxyd nicht chemisch verbunden, sondern nur mechanisch aufgelöst war. Dieses Färben der Bierwürze durch das Eisen wäre zwar verschiedener Ursachen halber nicht angenehm, wenn es lange Zeit Fortbestand hätte, es vermindert sich aber bei jedesmaligem Gebrauch mehr, und zwar in dem Maaße, als an dem Eisen sich der sogenannte Bierstein ansezt, der anfänglich die ganze Oberfläche wie mit einem braunen Lak überzieht, immer dunkler wird, und zulezt eine Kruste bildet. Bei jeder gewöhnlichen hölzernen Vierkühle kann dieses allmähliche Ansezen der Kruste oder des Biersteins bemerkt werden, und ist besonders bei alten sehr gebrauchten Kühlen sichtbar; bei den eisernen Kühlen aber geht die Bildung desselben viel schneller, und dieß höchst wahrscheinlich der plözlicheren Abkühlung der Würzen wegen. Schon beim ersten Gebrauch überzieht sich das Eisen mit jener Lakhaut, das fünfte und sechstemal ist die Färbung der Bierwürze nur mehr unbedeutend, und bei circa zehnmaligem Gebrauch hört alle Färbung und alle Einwirkung des Eisens auf die Bierwürze gänzlich auf. Noch einige Zeit länger wird das Kühlgeläger afficirt, aber auch dieses verliert sich nach und nach, und sodann scheint mir eine derartige Bierkühle für jede Brauerei von großem Werth zu seyn. Ein weiterer Einwurf, den man gegen die metallenen Kühlschiffe als gute Elektricitätsleiter und ihrer deßfallsigen Schädlichkeit wegen erheben will, kann durch die bisherigen Erfahrungen sowohl in Wien als hier widerlegt werden. Ist man über den nachtheiligen Einfluß des Eisens auf die Bierwürze beruhigt, so dürften die Vortheile der eisernen Bierkühlen von selbst einleuchten, und diese bestehen im Vergleich zu den hölzernen: 1) in der schnelleren Abkühlung der Bierwürze, 2) in der größeren Reinlichkeit, und 3) in der größeren Dauerhaftigkeit. Ad 1) Man hat schon hie und da versucht das Abkühlen der Bierwürzen auf schnellerem Weg als auf die gewöhnliche Art auf Kühlschiffen zu bewerkstelligen, nämlich durch Refrigeratoren etc. etc. Immer aber hat man meines Wissens gefunden, daß Bierwürzen durch leztere allein gekühlt, nie ein günstiges Resultat lieferten, und überall hat man diese nur in Verbindung mit Kühlschiffen angewendet. Es scheint daraus die Nichtigkeit der Theorie hervorzugehen, daß in der Bierwürze auf dem Kühlschiffe durch die vielseitige Berührung der atmosphärischen Luft eine chemische Veränderung vorgehe, die wohlthätig auf den künftigen Gährungsproceß einwirkt. Man hat daher auch von praktischer Seite schon die Nothwendigkeit eingesehen, daß die Bierwürze auf dem Kühlschiffe eine gewisse Zeit, und zwar nicht allein zum Zwei des Abkühlens, der Einwirkung der Atmosphäre ausgesezt sey, weßwegen man die zu schnelle Abkühlung bei sehr strenger Kälte nicht liebt und durch dikere Schichten zu verhindern sucht. Schon dieserhalb und dann der jedenfalls wohlfeilsten Abkühlungskosten wegen werden Kühlschiffe stets im Gebrauch bleiben. – Selten kommt es vor, daß die Abkühlung zu schnell, wohl aber häufig, daß dieselbe zu langsam und nicht bis auf den gehörigen Grad erfolgt, und die Nachtheile, die durch zu langes Liegenbleiben auf der Kühle bei warmem Wetter der Bierwürze zugehen, sind jedem Bierbräuer zu bekannt, und äußern sich sogleich bei eintretender Gährung. Es ist daher bei wärmerem Wetter und sobald die Temperatur der Luft über 0° R. ist, eine möglichst schnelle Abkühlung etwas sehr wünschenswerthes, und daß hiezu, abgesehen von allen Refrigeratoren, welche die zur Untergährung passende Temperatur nur nothdürftig und mit größeren Kosten bezweken – die metallenen Kühlschiffe jedenfalls geeigneter sind als die hölzernen, ist einleuchtend, weil Metall ein weit besserer Wärmeleiter als Holz ist, dabei bei unsern eisernen Kühlen die Abkühlung von der Oberfläche der Würze und von unten durch das Metall zu gleicher Zeit vor sich geht, wobei sich von selbst versteht, daß die Kühle von unten wie von oben dem Luftzug ausgesezt seyn muß. Erfahrung hat mich gelehrt, daß bei zwei neben einander stehenden Kühlen, wovon die eine von Holz, die andere von Eisenblech war, die Bierwürze, welche auf beide Kühlen zu gleicher Zeit geschöpft wurde, und auf beiden gleich hoch lag, bei einer Temperatur der Luft von + 6° R. und bei geringem Luftzug auf ersterer in 11 Stunden auf + 8° R. und auf lezterer in 9 Stunden auf + 6 1/2° R. abgekühlt wurde. Ad 2) Der Vorzug der größeren Reinlichkeit des Metalls ist nicht unbedeutend, wenn man bedenkt, daß die Würze in das Holz durch das lange Liegen auf demselben immer bis auf eine gewiß Tiefe eindringt, beim Leerstehen der Kühlen diese eingesaugte Flüssigkeit dann durch den Zutritt der Luft eine Veränderung und zwar keine vortheilhafte eingeht, und so sich der zunächst darauf kommenden Würze wieder mittheilt. Es wird dieser Uebelstand um so größer bei warmem Wetter, wenn diese Kühlen nicht sehr häufig benüzt werden, und wenn im Holz sich etwa faule oder halbfaule Stellen befinden, die nicht immer sogleich entdekt werden können. Das Uebel, das in der Brauerei unter dem Namen Muff, Fuchs etc. bekannt ist, rührt unter anderm sehr oft von dergleichen Ursachen her, und ist dieses einmal vorhanden und ins Holz eingedrungen, so weiß man, welche Sorgfalt und Mühe man darauf verwenden muß, um selbes wieder zu entfernen. Bei den metallenen Kühlen fällt dieses alles begreiflicherweise hinweg, und sollte sich auch hier ein Muffig- oder Fuchsigwerden der Bierwürze aus andern Ursachen einmal ereignen, was mir aber nicht wahrscheinlich und auch meines Wissens noch nicht vorgekommen ist, so ist dabei keinenfalls für die zunächst darauf kommende Würze ein Nachtheil zu befürchten, weil ins Eisen nichts eindringen kann, und daher bei nur gewöhnlicher Reinigung eine Fortpflanzung nicht möglich ist. Da, wo wie hier der Betrieb der Brauerei den Sommer über ruht, ist das Verlechzen der hölzernen Kühlen und die damit verbundenen kleineren Mißstände eine sehr unangenehme Sache, und das Wiederdichtmachen derselben nicht ohne Unkosten. Die eisernen Kühlen hingegen stehen jeden Augenblik zum ungehinderten Gebrauch bereit. Ad 3) Auch die große Dauerhaftigkeit einer eisernen Kühle wird kaum in Zweifel zu ziehen seyn, da dieselbe von Innen durch die eigenthümliche Kruste (Bierstein) und von Außen durch einen Anstrich von Oehlfarbe, der von Zeit zu Zeit erneuert werden kann, vor dem Rosten geschüzt, eine andere Abnüzung aber nicht denkbar ist. Und diese große Dauerhaftigkeit ist es, was sie auch wegen des Kostenpunkts empfehlenswerth macht, denn die allerdings höheren Anschaffungskosten werden bei den hölzernen Kühlen durch öftere Nachschaffung der Reparaturen so ziemlich aufgewogen und dieß für die Zukunft um so mehr, wenn der Preis des Holzes noch immer steigt, oder in Gegenden, wo dasselbe bereits einen sehr hohen Preis erreicht hat. Zur Beruhigung der Aengstlichen und Aufmunterung der Zweifelhaften diene zum Schlusse hier noch die Thatsache, daß ich im Vorigen Jahr einen Theil meines Sommerbiers ausschließlich auf meiner eisernen Kühle gekühlt, dann eigens gegohren und eigens gelagert habe. Es wurde im Monat September verkauft, und konnte in Bezug auf Geschmak, Farbe und Haltbarkeit von meinem übrigen Sommerbier, das allgemein als gut anerkannt wurde, nicht unterschieden werden. Ich meinerseits betrachte die Anwendung eiserner Kühlen als eine nicht unwesentliche Verbesserung in der Brauerei und als einen Schritt weiter zur sicherern Erzeugung guten Biers.