Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XXII., S. 73
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XXII. Miszellen. Miszellen. Ueber den Arsenikgehalt der verschiedenen Sorten von Smalte (blauen Kobaltfarben). Bei der jaͤhrlichen Visitation der Conditoreien in Paris kam Hr. Chevallier, da er wußte, daß die Zukerbaͤker sich der Smalte bedienen, um gewisse Fruͤchte behufs des sammtartigen Aussehens damit zu bestreuen, auf die Befuͤrchtung, daß diese Farbe Arsenik enthalten moͤchte. Es wurden deßhalb folgende Versuche angestellt. Das unter dem Namen Smalte (Azur) bekannte, aus Kobaltoxyd, Kieselerde, Eisenoxyd und Kali bestehende Glaspulver wird im Handel nach dem Grad seiner Farbe und der Feinheit des Pulvers, welches es liefert, classificirt. Die zahlreichen Sorten werden durch die Benennungen: Smalte, Feuer 1, Feuer 2, 3 u.s.f. (azur un feu, deux feu etc.) bezeichnet, indem Feuer er Ausdruk fuͤr Glanz ist. Die Sorten, welche wir im Handel vorfanden, waren uͤbrigens nur die Smalte, Feuer 8, 6, 4, 3, 2, 1 und die blasse Smalte. Man benuzt diese Pulver zum Appretiren der Leinen- und Baumwollzeuge, zum Faͤrben des Papiers, der Staͤrke, des Emails, des Glases. Versuche mit diesen Pulvern. – 1) Smalte, Feuer 8. Ein feines, etwas dunkles, schoͤn himmelblaues Pulver. 50 Gramme desselben wurden mit destillirtem Wasser behandelt, die organische Materie, welche sich durch das Schaͤumen zu erkennen gab, mittelst Schwefelsaͤure verkohlt und die Fluͤssigkeit hierauf in den Marsh'schen Apparat gebracht, mit welchem eine mit Amianth versehene Roͤhre verbunden wurde, die man mit der Weingeistflamme erhizte. Es wurde auf diese Weise ein glaͤnzender Ring von metallischem Arsenik erhalten, der, genau gewogen, 0,125 Gr. Arsenik in 100 Gr. der Smalte nachwies. 2) Smalte, Feuer 6. Feines Pulver, von ziemlich reinem Himmelblau, jedoch etwas weniger dunkel als das erstere. Im Marsh'schen Apparat eben so behandelt, ergab es einen Arsenikgehalt von 0,120 Procent. 3) Smalte, Feuer 4. An Farbe weniger rein und dunkel. Eben so behandelt, ergab es 0,09 Proc. Arsenik. 4) Smalte, Feuer 3. Blasser und zarter anzufuͤhlen als die obigen; mit ihr beginnen die sogenannten hellern Nuͤancen; enthaͤlt Gyps. Arsenikgehalt 0,50 Procent. 5) Smalte, Feuer 2 und 1 und blasse Smalte. Die durch Auswaschen dieser Pulver erhaltenen Fluͤssigkeiten verriethen keinen Arsenikgehalt; die ersten zwei davon gaben zwar einige, jedoch kaum waͤgbare Fleken. Es folgt aus Vorstehendem: 1) daß das im Handel unter dem Namen Smalte vorkommende blaue Pulver vom Feuer 8, 6, 4 und 3 waͤgbare Mengen Arsenik enthaͤlt, welcher ihm durch Auswaschen leicht benommen werden kann; 2) daß diese Pulver von Conditoren und zu verschiedenem haͤuslichen Gebrauch ihrer Gefaͤhrlichkeit wegen nicht angewandt werden sollten. Oct. Briffaud. (Journal de Chimie médicale, Jun. 1845, S. 321.) Ueber den Arsenikgehalt der Harzer Schwefelsäure. Vor einiger Zeit ist im XXXVIII Bandes des Archivs der Pharmacie von Hrn. Dr. Meurer auf den starken Arsenikgehalt der auf der Oker Huͤtte bei Goslar am Harz fabricirten Schwefelsaͤure aufmerksam gemacht und vor ihrem Ankauf gewarnt worden. Um dieselbe Zeit hatte bereits die Behoͤrde, unter deren Verwaltung jene Fabrik steht (das koͤnigl. hannover'sche und herzogl. braunschweigische Communion-Bergamt zu Goslar), diese unangenehme Entdekung gemacht und hatte sogleich den fernern Verkauf dieser arsenikhaltigen Saͤure einstellen lassen. Zugleich hatte sie aber auch Versuche zur Ausmittelung eines Verfahrens veranstaltet, wodurch diese schaͤdliche Verunreinigung sicher und wohlfeil entfernt werden koͤnnte. Diese Versuche haben vollkommen den Erwartungen entsprochen. Mit Vergnuͤgen kann ich den Wunsch der genannten Behoͤrde erfuͤllen und hier, durch oͤffentlich bezeugen, daß die Schwefelsaͤure, welche jezt von der Oker Fabrik producirt und in den Handel gegeben wird, die meisten andern im Handel vorkommenden Schwefelsaͤuresorten an Reinheit uͤbertrifft. Nach den in meinem Laboratorium von Dr. Schnedermann angestellten quantitativen Analysen ist der Arsenikgehalt in einem Centner dieser Harzer Saͤure so verschwindend klein, daß er bei den meisten Anwendungen nicht in Betracht kommen kann. Er betraͤgt auf 10,000 Pfund Saͤure nur 3/10 Pfd., also bei weitem weniger als in fast allen uͤbrigen Schwefelsaͤuresorten. Ohne Zweifel wird es den fortgesezten Bemuͤhungen jener Behoͤrde bald gelingen, auch noch diese kleine Verunreinigung zu entfernen. Hervorzuheben ist auch noch der Umstand, daß diese Saͤure durchaus frei von Salpetersaͤure und Stikoxyd ist – Verunreinigungen, die in andern Schwefelsaͤuresorten so haͤufig und fuͤr manche Anwendung so unangenehm sind. Fr. Woͤhler. (Erdmann's Journal 1845, Nr. 11.) Ueber Vergiftung durch Schweinfurtergrün. Dieses Farbmaterial, eine Verbindung von essigsaurem und arsenigsaurem Kupferoxyd wird in Tapetenfabriken in der Art angewandt, daß man einen gruͤnen Grund aufdrukt und das bedrukte Papier durch Losmachen des arsenikalischen Staubes mittelst einer Buͤrste satinirt. Diese Behandlung, so wie das Durchschlagen dieser Farbe durch feine Siebe in den Farbenfabriken, ziehen sehr nachtheilige Wirkungen und Krankheiten nach sich, die sich zuerst aͤußerlich durch Oedeme (Wassergeschwuͤlste) und Reizung der Schleimhaͤute etc. offenbaren, spaͤter aber auch innerlich als Kolik, heftige Kopfschmerzen, gaͤnzliche Erschlaffung auftreten. Besonders schaͤdlich sind alle Arbeiten bei der Bereitung und Verarbeitung dieses Gruͤn, welche ohne Befeuchtung desselben geschehen, wo es also, wie beim Sieben, staubt. Nichtsdestoweniger waͤre es sehr unklug, die Haͤnde, an welchen sich Frostbeulen oder Schrunden befinden, in die arsenikhaltigen Fluͤssigkeiten zu tauchen, da der Arsenik auch aͤußerlich aͤzend wirkt, wie das sogenannte Cosmische Pulver beweist, welches wegen seines Arsenikgehalts zum Zerstoͤren der Krebsgeschwuͤre dient. Es sind mehrere zufaͤllige Beschaͤdigungen und Vergiftungen von Menschen und Thieren bekannt, welche ihre Gliedmaßen aͤußerlich arsenikhaltigen Fluͤssigkeiten ausgesezt hatten. – Ueberhaupt sollte die Verarbeitung des Schweinfurtergruͤn in Tapetenfabriken hoͤchst sorgfaͤltig uͤberwacht werden, sowohl um Verbrechen zu erschweren, als der Sorglosigkeit und Nachlaͤssigkeit entgegen zu treten; so breiteten vor kurzem in einer Tapetenfabrik die Arbeiter irrthuͤmlich einen großen Haufen arseniger Saͤure statt Talk auf ihren Papierrollen aus; gluͤklicherweise wurden sie noch bei Zeiten ihren Irrthum gewahr, gleichwohl erkrankten sie. Dr. Blandet empfiehlt, die Arbeiter bestaͤndig Eisenoxydhydrat einnehmen zu lassen, um den vom Organismus absorbirten Arsenik unaufhoͤrlich zu neutralisiren. (Journal de Pharmacie, Jun. 1845, S. 470.) Neue Bleichart ohne Lauge, Seife, Licht, Chlor und Säuren. Die Allgemeine polytechnische Zeitung von Leuchs enthaͤlt hieruͤber in Nr. 18 folgende Notiz: „Bei dieser so eben entdekten neuen Art zu bleichen wird weder Sonnenlicht, noch Chlor- oder Schwefeldampf, oder kalische und seifige Fluͤssigkeit angewandt, sondern das Bleichen durch bloße atmosphaͤrische Luft bewirkt, die in einen andern (elektrischen?) Zustand versezt ist. Die Vorzuͤge dieser Bleichart sind: 1) Außerordentliche Wohlfeilheit. Der Stoff, welcher noͤthig ist, um 100 Pfd. Seide zu bleichen, kostet z.B. hoͤchstens 10 Sgr. oder 35 Kreuzer. 2) Beseitigung jeder Schwaͤchung, Beschaͤdigung oder anderweitigen Veraͤnderung der zu bleichenden Stoffe (Seide verliert daher nicht einmal an Gewicht). 3) Vollkommene Zersezung der faͤrbenden Theile, daher diese nicht, wie z.B. beim Schwefeln, nur verdekt sind und mit der Zeit wieder zum Vorschein kommen. 4) Ersparung der vielen Handarbeit, welche bei den andern Arten zu bleichen das oͤftere Waschen, Buͤken, Auslegen u.s.w. verursacht. Es genuͤgt Aufhangen in die galvanisirte Luft und ist Wischen nur noͤthig, wenn der Stoff an sich Unreinigkeiten hat, die dadurch zu entfernen sind. 5) Ersparung der Feuerung und der Apparate. 6) Unschaͤdlichkeit fuͤr die Gesundheit. Ein sehr wesentlicher Punkt, da bekannt ist, wie schaͤdlich namentlich die Chlorbleiche auf die Lungen der Arbeiter wirkt. 7) Schnelligkeit im Vergleich mit der Rasenbleiche. Vor der Chlorbleiche hat sie diesen Vorzug nicht (da die Stoffe einige Tage in der zubereiteten Luft bleiben muͤssen), wenn man das Bleichen allein und nicht die bei diesem noͤthigen Nebenarbeiten in Betracht zieht. Besonders anwendbar ist die neue Bleichart auf Seide, Wolle und Wollenstoffe (fuͤr diese ist sie die erste wahre Bleichart, da die bisher bekannten die Farbe nur verdekten, nicht zerstoͤrten), ferner fuͤr Baumwolle, Leinen u.s.w. Die Mittheilung dieser Bleichart soll erfolgen, so wie sich 100 Uebernehmer gefunden haben, deren jeder 100 Gulden Augsb. Cour, oder 68 preuß. Thaler zahlt. Fuͤr Laͤnder, wo geordnete Patentgesezgebung besteht, also fuͤr Frankreich, England, Nordamerika, Oesterreich und Rußland, wird gewuͤnscht, daß ein Uebernehmer sie sich erwerbe und sein Recht durch ein Patent sichere. Anmeldungen sind bei C. Leuchs u. Comp. in Nuͤrnberg zu machen.“ Decaisne, über eine neue spinnbare Pflanze, Ramie (Urtica [Boehmeria] utilis, Bl.). Im vorigen Jahre erhielt das (Pariser) Museum von Hrn. Leclancher, Chirurg am Bord der Corvette Favorite, einige Zweige in China als spinnbare Pflanzen cultivirter Nesselarten. Bei naͤherer Untersuchung dieser, auf den ersten Anblik unter sich sehr ähnlichen Pflanzen fand ich einen Theil derselben der Urtica nivea, einen Theil der U. utilis Bl. angehörig; beide waren mit auf der untern Seite weißen Blättern versehen. Einem Muster der U. utilis, welches Hr. Leclancher in einer Entfernung von 120 Kilometern von der Mündung des Yang tse‐Kiang, von Nanking herunterkommend, sammelte, war folgende Notiz beigelegt: „Nessel, die in Reisfeldern benachbartem, jedoch nicht trokenem Boden, in kleinen Quadraten angebaut wird. Jede Familie baut dieselbe zu ihrem eigenen Gebrauche an. Die gar nicht fest anhaftenden Blätter werden abgepflükt und die Stengelbündel läßt man in einem Zuber rösten; das Wasser nimmt eine braune Farbe an; die Frauen nehmen den Bast (la peau) ab, welchen man. ich weiß nicht wie lange, jedenfalls aber nur kurze Zeit, noch einmal rösten läßt; indem sie nun jeden Büschel (lanière) über ein eisernes Instrument von der Gestalt eines großen Zimmermanns‐Hohleisens ziehen, entfernen sie die äußere Haut (den Bast); der grünlichweiße Faserbüschel wird auf einem Bambusrohr getroknet. Zu seinen Geweben, welche in Macao unter dem Namen Graßclot oder Lienzo verkauft werden, wird diese Art Hanf wahrscheinlich gehechelt. Gesponnen muß sie mit Bambusrädchen werden, wie man sich deren auch zur Baumwolle bedient. Im getrokneten Zustande ist dieser Hanf perlmutterweiß, sehr schön und stark. Die Pflanze würde auf den Abhängen der Gräben in der Umgegend von Cherbourg in Frankreich, vielleicht auch im Süden recht gut fortkommen.“ Diese Notiz und eine aufmerksame Untersuchung der sie begleitenden Pflanzen erinnerten mich an gewisse Pflanzenfasern, die mit ihrem natürlichen Weiß eine sehr große Zähigkeit verbanden, und welche die Aufmerksamkeit der holländischen Regierung im Jahr 1844 in hohem Grade auf sich zogen, indem sie auf ihren Besizungen im indischen Archipel die Cultur einer Pflanze zu verbreiten suchte, deren Faser zur Verfertigung von Segeltuch, Tauwerk etc. geeignet wäre. Diese Nesselart, auf Java Ramie genannt, wird 1 bis 1½ Meter hoch; ihre dünnen, von langen Stielen getragenen Blätter erinnern an die der Urtica nivea, sind aber größer, länglich zugespizt und unterhalb von graulicher Farbe. Die Stengel sind unten kleinfingerdik und gleichen hierin dem Hanf. Es ist diese Pflanze keine neue, ihre Faser wurde vielmehr im 16ten Jahrhundert schon häufig angewandt. Lobel, welcher unter Elisabeth lebte, wußte schon, daß in Indien, in Calicut, Goa etc. aus der Rinde verschiedener Urticeen sehr feine Gewebe verfertigt und nach Europa eingeführt wurden; daß in den Niederlanden diese Substanz bezogen wurde, um Stoffe daraus zu bereiten, die den leinenen vorgezogen wurden, indem der holländische Name Neteldoek (deutsch: Nesseltuch), wie heutzutage der Musselin benannt wird, davon herrührt.Zu St. Quentin, in Frankreich selbst, werden oder wurden rohe Batistleinen unter dem Namen toile d'ortie verfertigt.– x. Die damals dazu angewandte Nesselart scheint die Urtica utilis und nicht U. nivea gewesen zu seyn; die gehechelte Faser finde ich nicht so steif wie die der leztern, weißer, zart anzufühlen und sie scheint zwischen dem Lein und den Fasern mehrerer in China und Japan so beliebten Daphnen die Mitte zu halten. Die aus dem Ramie verfertigten Zeuge und Tauwerke scheinen vor den Leingeweben und dem Seilwerk von Hanf den Vorzug zu verdienen. Wenigstens wird er ihnen auf den Molukken und den großen Inseln des indischen Archipels unbedingt vor jedem andern Faserstoff zur Verfertigung der Neze zuerkannt, welche, wie man behauptet, einer andauernden Einwirkung der Nässe viel länger widerstehen. Im Innern von Sumatra weben sich die Einwohner nach Hrn. Korthals aus U. utilis einen Zeug, der sich durch seine Dauerhaftigkeit empfiehlt, dessen Gebrauch sich jedoch jezt verliert, in Folge des geringen Preises, zu welchem die Eingebornen sich jezt die englischen Gewebe verschaffen. Auch die Eingebornen von Java ziehen, nach Crawford und Raffles, die Fasern dieser Nessel zur Verfertigung ihrer Neze und ihres Tauwerks vor, und machen auch sehr feine Stoffe daraus. Diese Nessel (von Marsden unter dem Namen Calovée erwähnt und von den Einwohnern von Rungpur Kunkomis genannt) befindet sich in den Herbarien des Museums unter der Aufschrift Urtica tenacissima, von ausgezeichneter Feinheit.“ Auch Roxbourg und Lechesnault stimmen in dem Lobe der U. utilis als Faserpflanze mir den erwähnten Schriftstellern überein. Es frägt sich nun nur noch, ob sie in Europa mit gutem Erfolge und Nuzen angebaut werden kann. Jedenfalls erheischt die Cultur derselben ein heißes (tropisches) Klima. Das Hanftuch für die französische Armee wird gegenwärtig mit dem Hanf von Calcutta (Corchorus olitorius) verfälscht, der aber viel weniger dauerhaft ist als der gewöhnliche Hanf; statt dessen könnte aber in dem Ramie eine ihn übertreffende Sorte eingeführt werden. Die in den Niederlanden mit Berichterstattung an die Regierung beauftragte Commission zur Prüfung der Ramiefasern erhielt nach deren sorgfältigem Bürsten vor dem Hecheln, an Fasern 700 Gramme, 75 Gramme Werg und 187 Gramme Abgang, also ein Resultat an Fasern, welches den besten Lein übertrifft, dieselben waren schon so fein, daß sie am Spinnrad gesponnen werden konnten und 12 Reisten (peignées) gaben, die zu 1,80 Meter eines Tuchs von 1 Fr. 50 Cent. Werth hinreichten. Durch die Zähigkeit dieser Fasern waren wir im Stande, sie in einer Länge von 55 Metern verspinnen zu lassen, ohne aufzuwikeln. Einen 9,300 Meter langen dünnen Faden erhielten wir von 500 Grammen gehechelter Faser. Von derselben Quantität erhielten wir auch eine 3,000 Meter lange gedrehte Schnur. Eine viel größere Feinheit könnte wahrscheinlich noch erreicht werden, wenn es gelänge, die Fasern von der harzigen Substanz zu befreien, welche ihr anzuhangen scheint. Unsere Versuche ergaben ferner, daß der Ramiefaden im trokenen Zustande an Zähigkeit den besten europäischen Hanf übertrifft, in feuchtem Zustande ihm gleich kömmt; daß endlich seine Dehnkraft die des besten Leins um 50 Procent, wohl auch mehr, übertrifft. Auf den europäischen Märkten dürfte diese Fasersubstanz bei ihren vortrefflichen Eigenschaften, indem sie, gehörig zubereitet, den Lein an Schönheit, namentlich an Weiße und Zähigkeit übertrifft, einen leichten Absaz zu 00 bis 80 Centimes das ½ Kilogr. (Preis des besten Leins) finden. (Echo du monde savant 1845, No. 34.) Buttersäure in der ausgegerbten Lohe. Der der Valeriansäure und Buttersäure sehr ähnliche Geruch der ausgegerbten Lohe veranlaßte Hrn. Iul. Chautard zu untersuchen, ob sich nicht bei der Gährung, welche die Lohe in Berührung mit den thierischen Stoffen besteht, eine ähnliche Säure bildet. Wenn die Lohe aus den Gruben kömmt, werden einige Eimer Wasser darüber geschüttet und die von ihr abfließende Flüssigkeit wird aufgefangen, um Häute in Kufen damit stehen zu lassen. Von 40 Liter dieser Flüssigkeit, worin, wie Hr. Ch. vermuthete, die fragliche auflösliche Säure enthalten seyn muß, wurden 35 Liter abdestillirt und eine außerordentlich saure Flüssigkeit erhalten, die er mit Kalk sättigte; beinahe zur Trokne abgedampft, behandelte er sie mit Schwefelsäure, welche mit ¼ ihres Gewichts Wasser verdünnt war. Die in der Flüssigkeit zurükgebliebene Schwefelsäure wurde durch wiederholte Destillation abgeschieden und so eine völlig farblose Flüssigkeit erhalten, welche mit der fraglichen Säure gesättigt war und worauf eine große Menge einer öhlartigen Flüssigkeit schwamm, die Lakmus röthete und stark wie ranzige Butter roch. Leztere wurde von der wässerigen Flüssigkeit, die zu diesem Behufe mit salzsaurem Kalk gesättigt wurde, mittelst eines Trichters getrennt. Hierauf noch einmal durch Destillation gereinigt, besaß sie alle Eigenschaften der Buttersäure, ihren Geruch, ihren Geschmak. ihre Brennbarkeit; eben so wie diese hinterließ sie einen weißen Flek auf der Zunge. Mit Kali, Kalk, Baryt, Zinkoxyd lieferte sie dieselben Salze; eben so mit dem Aethyloxyd. Es ist um so weniger zu bezweifeln, daß diese Säure mit der Buttersäure identisch ist, da sie sich unter denselben Umständen erzeugt, welche bei der Gährung gewisser zukerhaltiger Stoffe, des Fibrins, der Kartoffelkleien, der Eibischwurzel etc. stattfinden. (Journal de Pharmacie, Jun. 1845, S. 454) Kaffeeblätter als Ersazmittel der Theeblaͤtter. Ein Journal berichtet, daß die Blaͤtter des Kaffeebaumes als Surrogat des Thees dienen koͤnnen. Der Verf. des Artikels beruft sich auf Mulder, welcher nachwies, daß die Theeblaͤtter Caffeïn enthalten (oder mit andern Worten, daß Caffeïn, und Theïn identisch seyen). Ferner sollen auf Java in Gegenwart von Theekostern angestellte Versuche bewiesen haben, daß der Kaffeeblaͤtter-Aufguß fuͤr das Infusum des Souchong-, Pekin-, Kongo-, Schin-Thees etc. genommen werden kann; auch sollen der Geruch, der Geschmak und das Aussehen der praͤparirten Kaffeeblaͤtter jenen des Thees ganz gleich seyn; endlich ist auf Java und Sumatra der Gebrauch der Kaffeeblatter als Surrogat des Thees in den niedern Classen allgemein. (Journal de Chimie médicale, Jun. 1845, S. 347.) Neues weinartiges Getränke. Man nehme Blaͤtter und junge Stengel der Weinrebe 10 Pfd. Mais- (Tuͤrkischkorn-) Stengel 20  – Man zerquetscht alles unter dem Stein einer Oehlmuͤhle, bringt es in ein Faß mit Thuͤre, schuͤttet 400 Pfd. warmes Wasser darauf und schuͤttelt wohl um. Diese Mischung wird bald in Gaͤhrung kommen und eine weinige Fluͤssigkeit erzeugen. Das Weinblatt enthaͤlt Ferment, die Maisstengel Zuker; diese beiden Substanzen mit Wasser verduͤnnt und von Waͤrme unterstuͤzt, gaͤhren und liefern Alkohol im Verhaͤltniß des vorhandenen Zukers. – Will man dem Getraͤnke eine rothe Farbe geben, so erreicht man diesen Zwek mittelst im Bakofen gebratener und geriebener rother Ruͤben, die zugleich mit der Farbe auch Zuker liefern. Wachholderbeeren gaben Zuker und Aroma. Gequetschtes Obst (Birnen und Aepfel) wuͤrden Zuker und eine angenehme Saͤure geben. – Nach Ablauf der Gaͤhrung und der Abfuͤllung der Fluͤssigkeit in Faͤsser wuͤrde der ausgepreßte Ruͤkstand zum Futter fuͤr das Vieh oder zur Branntweinbereitung durch Destillation taugen. (Journal de Chimie médicale, Jun. 1845, S. 351.) Opium-Cultur in Algier. Nach den Versuchen der HHrn. Simon und Lardy wuͤrde eine Hektare mit Mohn, behufs der Gewinnung des Opiums, angebauten Bodens kosten: Umgraben 192 Fr. Saat   88  – Umhaken der Erde 118  – Einsammlung des Opiums 458  –       –             des Samens   74  – –––––– Summa 930 Fr. Der Anbau truͤge: Opium   698 Fr. Mohnsamen   330  – Stengelbuͤndel     69  – ––––––– Summa 1097 Fr. Auslagen 930 Fr.; Product 1097 Fr.; reiner Nuzen 167 Fr. (Journal de Chimie médicale, Jun. 1845, S. 348.) Ueber Erhöhung der Kraft des Düngers. Wie nuͤzlich der Mergel, der Kalk, der Gyps, der Menschenkoth, die Asche etc. in der Landwirthschaft als Duͤnger auch seyn moͤgen, so sind sie doch oft an und fuͤr sich zu theuer, oder werden es durch den Transport, was mit dem Staubmist (der Poudrette) um so mehr der Fall ist, weil er nur in der Naͤhe großer Staͤdte mit Voltheil angeschafft werden kann Ueberdieß sind diese Duͤngerarten stets bloß Aushuͤlfsmittel, die sich nur fuͤr gewisse Bodenarten und gewisse Arten des Anbaues eignen und koͤnnen den aus dem Betrieb der Landwirthschaft selbst hervorgehenden Duͤnger nie ganz ersezen. Lezteren muß man daher moͤglichst zu verbessern und zu vermehren suchen. Nun besteht derselbe aus einem festen und einem fluͤssigen Theil; der leztere aber, gerade der nuͤzlichste, geht beim Ausbreiten des Duͤngers auf den Hoͤfen, durch die Einwirkung der Waͤrme und der Luft einerseits und des Regens andererseits, verloren. Auch die Bildung von Haufen aus dem Duͤnger, obgleich sie besser ist, hat ihre Nachtheile) die Fluͤssigkeit senkt sich allmaͤhlich zu Boden, so daß der Duͤngerhaufen in einer Pfuͤze schwimmt, die von dem Regenwasser noch vergroͤßert wird, wirklich wird diese Jauche von Zeit zu Zeit mittelst hohler Schaufeln aufgeschoͤpft und oben wieder auf den Haufen gegossen. – Folgenden bessern Verfahrens bedienen sich drei geschikte Landwirthe, welche im Indre-Departement das 1730 Hektaren große Gut St.-Cyran bewirthschaften. Dieses Gut enthaͤlt eine große Anzahl Teiche, an deren Ufer große Rasenhuͤgel sich erheben, die sich entweder mit Heidekraut oder Rietgras (roseaux) bedeken. Diese Rasen werden mittelst besonderer Werkzeuge dem Boden gleich abgestochen und an der Luft getroknet. Hierauf bildet man bei trokener Witterung mittelst eines Geruͤstes von Eisenstangen aus diesen Rasen eine Art Ofen, welchen man mit trokenem Heidekraut oder anderm leicht brennbarem Material anfuͤllt, sezt das Ganze in Feuer, als wollte man einen Kohlenmeiler anzuͤnden und erhaͤlt so eine große Menge Asche, die man in einem Schoppen aufhebt. – Alle Tage wird dem Vieh frische Streu gegeben und jeden Sonnabend der Stall von Grund aus gereinigt. Ehe man frische Streu gibt, bestreut man den Boden mit einer 1 1/2 Zoll diken Schicht jener Asche, welche die Feuchtigkeit und den Harn des Viehs absorbirt, dieselben gleichsam mit der Streu verbindet und deren Verdunstung oder Verlust verhindert. Man faͤhrt jede Woche so fort, so lange man Asche haben kann. Auf jenem Gut erhaͤlt man durch einen Tagloͤhner im Accord 1000 solche Rasenstoͤke um 6 Francs. Seitdem dieses Verfahren angewandt wird, bemerkt man, daß der Duͤnger viel fetter und schwerer wird als vorher. Es gibt kein Gut, wo man sich desselben nicht bedienen koͤnnte; uͤberall finden sich Rasen mit Gras und holzartigen Pflanzen. Wo es Kohks – oder Steinkohlenasche gibt, kann diese dazu gebraucht werden, so wie uͤberhaupt jede Asche. (Moniteur industriel 1845, No. 920.) Anwendung der Elektricität beim Feldbau. Daß große elektrische Entladungen schaͤdlich auf die Pflanzen wirken, sieht man, wenn der Bliz manchmal Jahrhunderte alte Eichen zersplittert. Ob aber die latenten Entladungen oder Elektricitaͤtsbaͤder, in welchen sich die Pflanzen waͤhrend eines Gewitters befinden, dieselben in ihrer Lebenskraft kraͤftig anregen, wie schon oft behauptet wurde, und der Weinstok, wenn die Atmosphaͤre mit Elektricitaͤt uͤbersaͤttigt ist, gleichsam zusehends wachse, wie ein ausgezeichneter Oekonom beobachtet haben will, ist nicht ausgemacht indem man andererseits die gesteigerte Lebenskraft andern atmosphaͤrischen Einfluͤssen, wie der Waͤrme. Feuchtigkeit, Zusammensezung der Luft etc. zuschreibt. In den leztern Jahren glaubt Becquerel sogar nachgewiesen zu haben, daß die Anwendung eines, wenn auch noch so schwachen ununterbrochenen Stroms Elektricitaͤt sich der Keimung der Pflanzen widerseze. – In England wurden fruͤher schon Versuche hieruͤber im kleinen angestellt; das Journal the Economist aber erzaͤhlt einen auf einem Felde in Schottland angestellten großen Versuch mit folgenden Details. „Um ein vierekiges Feld der Elektricitaͤt zu unterwerfen, verfaͤhrt man folgendermaßen. An den vier Eken werden vier eiserne Bolzen fest eingestekt, die man mittelst eines Eisendrahts verbindet. welcher eine ununterbrochene Einfassung herstellt; man befestigt diesen Draht 2 Zoll uͤber der Bodenflaͤche. Nun bringt man in der Mitte einer der Seiten des Viereks ein 1 Fuß hohes galvanisches Element und ihm gegenuͤber auf der entgegengesezten Seite das andere Element an, welches man mit dem erstern mittelst eines unter dem Boden laufenden Eisendrahts in Verbindung sezt. Diese die beiden Pole vereinigende Linie muß mit dem Aequator einen rechten Winkel bilden. Es wird versilbert, daß eine zweite Batterie von Zink und Kohle auf den beiden andern Seilen des Feldes, deren Leitungsdraht sich rechwinklig mit dem ersten kreuzt, vortheilhaft ist.“ Die Errichtung eines solchen elektrischen Systems soll ungefaͤhr auf 50 Frcs. per Hectare zu stehen kommen und dasselbe 10–15 Jahre dauern, wenn man jedes Jahr nach der Ernte die Eisendraͤhte wegnimmt und erst zur Saatzeit wieder hinbringt. Ein Gerstenfeld, womit dieser Versuch im Großen angestellt wurde, trug 37 Hektoliter Koͤrner per 40 Acres, waͤhrend ein anderer eben so angebauter der Elektricitaͤt aber nicht unterworfener Theil desselben Feldes nur 15 Hektoliter trug. Dieses Resultat verdient alle Beachtung von Seite der Landwirthe. (Echo du monde savant, 1845 Nr. 38.) Versuche, durch Tränkung mit verschiedenen Flüssigkeiten die Haltbarkeit des Holzes zu vermehren, sind bei dem Bergbaue in Clausthal gemacht worden und haben sich dabei folgende Resultate herausgestellt. Es ist naͤmlich fluͤssiges holzsaures Eisen und eine Loͤsung des Abfallsazes der Salpetersiedereien (salzsaures Kali): I. bei auf dem Stamme stehenden Baͤumen – Fichten – diesen zugeleitet worden: a) nach der Boucherie'schen Methode durch horizontalen Schnitt; b) durch in den Stamm eingebohrte Loͤcher und zwischen denselben herausgesaͤgte Ausschnitte; c) allein durch in den Stamm gebohrte Loͤcher, oder d) durch Anbohren der Wurzeln. II. Bei gefaͤllten Baͤumen: a) im Liegen der Staͤmme vermittelst Anbohrung und eines normal gegen die Achse des Baumes und an der Rinde wieder verkitteten Schnittes; b) dadurch, daß der Baum mit seinem Stammende in ein die Fluͤssigkeit enthaltendes Gefaͤß gestellt wurde, und c) vermittelst Einseihung, und zwar einmal, indem das Stammende zur Aufnahme von der Fluͤssigkeit ausgehoͤhlt und nach Oben gerichtet, aufgestellt; zweitens: indem man das obere Ende ausgehoͤhlt, mit Fluͤssigkeit gefuͤllt und in seine natuͤrliche Lage aufgerichtet hatte. Dabei ist nun im Allgemeinen beobachtet worden: 1) Die Aufsaugung der Fluͤssigkeit ist uͤberall nur im Splinte des Stammes erfolgt und gewoͤhnlich auf einer Seite vollkommener als auf der andern. 2) Nur uͤber den Flaͤchen oder Querschnitten des Splintes hat die Aufsaugung stattgefunden, welche unmittelbar mit der Fluͤssigkeit in Beruͤhrung gekommen sind, so daß demnach das Aufsaugen nur nach den Laͤngengefaͤßen des Baumes stattfindet. 3) Bei einer einzigen 14 Schuh hohen Fichte hat die Fluͤssigkeit den Gipfel des Baumes erreicht und ist in die Aeste eingedrungen, immer aber nur im Splinte. Junge Baͤume saugen die Fluͤssigkeit immer leichter und vollstaͤndiger auf. 4) Die groͤßte Hoͤhe hat sie bei einem durch 6 Loͤcher angebohrten Baum erreicht, worin sie binnen 12 Tagen bis zur Hoͤhe von 70 Fuß hinaufstieg. 5) Die Traͤnkung der liegenden Staͤmme ist sehr unvollkommen erfolgt. 6) Bei der Einseihung der Fluͤssigkeit in aufrechtstehende Stammstuͤke hat sie auch nur den Splint durchdrungen, und bei dem aufgerichteten Stammende nur in dem der Rinde zunaͤchst befindlichen Splinte, dagegen, wenn das schwaͤchen Ende nach Oben stand, mehr die dem Kerne naͤher liegenden Jahresringe des Splintes. Die Versuche haben außerdem ergeben, daß die Arbeit bei dem stehenden Holze zu schwierig und kostbar seyn wuͤrde, um sie im Großen auszufuͤhren, dagegen aber das Infiltriren der Fluͤssigkeit, welches nach der Anfuhr des Holzes auf den Werken stattfinden kann, wenn es uͤberhaupt vortheilhaft erscheint, ausfuͤhrbar seyn wuͤrde. Dieses leztere soll daher fortgesezt werden, und es werden zugleich Versuche uͤber den Einfluß der Infiltration der verschiedenen Fluͤssigkeiten, auf die Dauer der Hoͤlzer angestellt werden. (Behlen's Allgem. Forst- und Jagd-Ztg., Sept. 1844.)