Titel: Verfahren Schwefelsäure zu fabriciren und die schädlicher Gase und Dämpfe der chemischen Fabriken und Hütten öfen zu verdichten, worauf sich Dr. George Turner in Gateshead, Grafschaft Durham, am 22. August 1844 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XXIX., S. 101
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XXIX. Verfahren Schwefelsaͤure zu fabriciren und die schaͤdlicher Gase und Daͤmpfe der chemischen Fabriken und Huͤtten oͤfen zu verdichten, worauf sich Dr. George Turner in Gateshead, Grafschaft Durham, am 22. August 1844 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Jun. 1845, S. 371. Mit Abbildungen auf Tab. II. Turner's Verfahren Schwefelsäure zu fabriciren und die Dämpfe der Sodafabriken etc. zu verdichten. Die Erfindung besteht in der Anwendung eines durch mechanische Vorrichtungen bewirkten Zugs statt des durch einen Schornstein erzeugten Zugs, um die schädlichen Dämpfe zu verdichten, welche bei der Fabrication von Schwefelsäure, Salzsäure und Glaubersalz, so wie beim Rösten und Schmelzen von Erzen in die Luft entweichen und der Vegetation in der Umgebung so nachtheilig sind. Die sauren Gase, welche bei der Fabrication von Schwefelsäure, Salzsäure und Glaubersalz erzeugt werden, lassen sich leichter verdichten als die metallhaltigen Dämpfe, welche beim Rösten und Schmelzen der Erze, so wie beim Fein- oder Gahrmachen der Metalle entweichen. Beim Verdichten der sauren Gase wendet man nämlich Substanzen an, zu welchen dieselben eine chemische Verwandtschaft haben, so daß sie durch bloße Berührung damit absorbirt werden; bei den metallhaltigen Dämpfen hingegen, wo sich bloß Wasser als Verdichtungsmittel benuzen läßt, findet keine solche Verwandtschaft statt und die Dämpfe werden nicht absorbirt, sondern nur ganz befeuchtet, wodurch sie aber so schwer werden, daß sie durch die sie begleitenden Gase nicht mehr fortgeführt werden können und folglich im Verdichter zurükbleiben. Um die Verdichtung der sauren Gase zu bewirken, genügt es folglich die Luft, womit sie vermischt sind in das verdichtende Agens zu leiten; während die Luft, welche metallhaltige Dämpfe enthält, mit dem verdichtenden Agens durch mechanische Vorrichtungen geschüttelt werden muß, so daß jedes Rauchtheilchen ganz durchnäßt wird und folglich ein größeres specifisches Gewicht bekommt. Ich benuze ein horizontales Gefäß A, B, C, D (wovon Fig. 17 die Seiten- und Fig. 18 die Endansicht ist), welches entweder aus Eisenblech oder aus feuerfesten Steinen hergestellt wird, je nachdem die darin anzuwendenden Substanzen zerfressender Natur sind oder nicht. In diesem Gefäß bringe ich eine endlose Schraube (aus geeignetem Material) an, welche um die Achse E, F rotirt, wie aus Fig. 19 ersichtlich ist; ich verbinde diese Achse E, F mit einer Dampfmaschine, einem Wasserrad oder sonstigen Triebwerk in der Art, daß sie sich schnell genug umdreht, um den erforderlichen Zug hervorzudringen; in Zwischenräumen bringe ich auf der Achse H, K der schraube Arme b an, welche beiläufig so lang als der Halbmesser des Schraubengangs sind; das Gefäß A, B, C, D verbinde ich dann mit dem Ofen, aus welchem die Dämpfe durch den Canal P entweichen und lasse durch den Speisehahn Q (Fig. 17 und 18) so viel Wasser in das Gefäß laufen, daß der untere Rand der Schraube drei bis vier Zoll tief hineintaucht. Der untere Theil des Gefäßes A, B, C, D bildet einen Trog für das Wasser von der aus Fig. 18 ersichtlichen Form; man versieht ihn mit einem Zapfen R, um das Wasser beliebig abziehen zu können. Nachdem der Apparat so vorgerichtet ist, sezt man die Schraube mit solcher Geschwindigkeit in Umdrehung, daß ein guter Zug in der Richtung vom Ofen her erzeugt wird. Das Wasser im Gefäß A, B, C, D wird dabei durch die Wirkung der Schraube gegen B, D getrieben und durch die Arme, womit die Achse H, K versehen ist, in eine Schaummasse verwandelt, welche die zugelassenen Dämpfe Vollkommen befeuchtet, indem sie dieselben mit dem Wasser stark herumschlägt, wodurch sie so schwer werden, daß sie nicht mehr mit dem Zug fortstreichen können, sondern auf den Boden des Trogs niederfallen. Man begreift nun, weßhalb der untere Theil des Gefäßes A, B, C, D eine erweiterte Gestalt haben muß. Das Wasser, welches durch die schraube gegen B, D getrieben wird, muß nämlich wieder zurükfließen können, sonst würde es sich bei B, D anhäufen und durch N in den Schornstein getrieben werden; der erweiterte untere Theil dient auch als Behälter für eine hinreichende Menge Wasser. Wenn man diesen Apparat zum Verdichten von Dämpfen benuzt, welche Blei oder andere Metalle enthalten, so muß das Wasser von Zeit zu Zeit in geeignete Reservoirs abgezogen werden, worin sich die Metalle durch Stehen absezen. Fig. 19 zeigt eine Schraube von drei Fuß Durchmesser, welche, wenn sie vierhundert Umdrehungen in der Minute machte, den aus einem gewöhnlichen Blei-Feinbrennofen entweichenden Rauch gehörig verdichtete. In diesem Fall verfertigt man das Gefäß und die Schraube aus Eisen, weil im Rauch keine äzenden Gase enthalten sind. Wenn der Rauch aber beim Rösten oder Schmelzen von Erzen erzeugt wird, welche dabei äzend Gase entwikeln, so muß man das Gefäß und den Trog aus Steinen herstellen und mit feuerfestem Thon verkitten, die Schraube aber von Blei verfertigen oder wenigstens damit überziehen. Ich will nun die Anwendung meiner Erfindung bei der Schwefelsäure-Fabrication beschreiben, um die sauren Gase vollständig zu verdichten und sowohl an Schwefel als Salpeter zu ersparen. Dabei benuze ich verdichtende Agentien, zu welchen die sauren Gase eine chemische Verwandtschaft haben; ich wende nämlich eine Reihe luftdichter Behälter an, welche ich Verdichter nenne (sie sind in Fig. 21 und 22 mit I, J, O bezeichnet) und leite das Zugrohr Z der Schwefelsäure-Kammer X, X (Fig. 21 und 22) auf den Boden des ersten Verdichters (wie man bei I, Fig. 21, sieht); diese Verdichter werden aus Holz verfertigt, mit Blei ausgeschlagen und müssen so stark seyn, daß sie einen beträchtlichen Druk aushalten. In diesen Verdichter I bringe ich sogenannte Kammersäure, so daß die Oeffnung des Zugrohrs Z von der Schwefelsäure-Kammer zwei bis drei Fuß tief darin stekt; ich verbinde dann den oberen Theil dieses Verdichters mit Luftpumpen Y, Y, welche 162,000 Kubikfuß Luft auf je 100 Pfd. verbrannten Schwefels hindurchzuziehen vermögen und unterhalte ein theilweises Vacuum im oberen Theil des Verdichters I. Bei dieser Anordnung werden die Gase der Schwefelsäure-Kammer gezwungen in einem ununterbrochenen Strom durch die Säure im Verdichter I zu ziehen, wodurch ein Zug von der Schwefelsäure-Kammer aus hergestellt wird. Ich lasse die Gase durch drei solche Verdichter I, J und O ziehen (wie aus Fig. 21 und 22 ersichtlich ist), und damit sie länger in der Flüssigkeit, welche in den Verdichtern enthalten ist, verweilen müssen, lasse ich sie mittelst der Bleiplatten d, e und g, f (Fig. 21) diagonal durch dieselbe streichen. Die Anwendung der Verdichter J und O werde ich später besonders erklären; zum besseren Verständniß meiner Erfindung will ich aber hier bemerken, daß bei dem gegenwärtigen Verfahren Schwefelsäure zu fabriciren, aus drei Ursachen Verlust an Salpeter stattfindet; die erste ist die vollständige Zersezung eines Theils der Salpetersäure, welche bei der Bildung der krystallinischen Verbindung von Schwefelsäure und Untersalpetersäure stattfindet; die zweite die Absorption eines Antheils Salpetersäure durch die Schwefelsäure in der Kammer; und die dritte das Entweichen von Salpetergas aus der Kammer durch das Zugrohr. Den Verlust an Salpeter aus diesen drei Ursachen vermeide ich gänzlich oder vermindere ich wenigstens sehr, durch meinen verbesserten Zug und die Behandlung der schädlichen Dämpfe, indem ich 1) die Erzeugung der krystallinischen Verbindung von Schwefelsäure und Untersalpetersäure in der Schwefelsäure-Kammer vermeide. Ich leite nämlich leinen Wasserdampf in dieselbe und wende Salpetersäure in der Säurekammer anstatt Salpeter im OfenMan vergl. Birkmyre's Patent S. 65 in diesem Bande des polytechn. Journals.A. d. R. an, wodurch ich die Wirkung, welche die Schwefelsäure hervorbringt, auf die Absorption der schwefligen Säure durch die Kammersäure beschränke, so daß die große Höhe der jezt gebräuchlichen Schwefelsäure-Kammern unnöthig wird. Ich construire die Kammer von der Form X, X (Fig. 21) und empfehle ihr eine hinreichende Grundfläche zu geben, sie aber nicht über drei Fuß hoch zu machen, wobei die Säure einen Fuß hoch auf dem Boden stehen soll; 2) Verdichter und Luftpumpen auf folgende Weise anwende: an der Schwefelsäure-Kammer X, X bringe ich wie gesagt drei luftdichte Verdichter I, J, O und zwei Luftpumpen Y, Y an. Der Verdichter O hat nur einen halb so großen Kubikinhalt wie jeder der beiden anderen; die Anordnung der lezteren ersieht man aus Fig. 21 und 22 und ich will sie nun näher beschreiben. Die Verdichter I und J sind mit einer bleiernen Röhre versehen, welche im Innern des Verdichters einmal herumgeht; das eine Ende dieser Röhre ist in Verbindung mit einem Dampfkessel, das andere aber mündet in die freie Luft aus. Dadurch, daß ich Wasserdampf aus dem Kessel durch diese Röhre leite, bin ich im Stande die Temperatur der Säure in den Verdichtern I und J auf beiläufig 140° F. (48° R.) zu erhalten; dieß ist durch punktirte Linien in Fig. 22 angedeutet. Nachdem der Apparat so vorgerichtet und die Schwefelsäure-Kammer mit Säure von 1,5 bis 1,6 spec. Gew., welche man mit 3–4 Proc. Salpetersäure versezte, beschikt ist, bringt man in die Verdichter I und J eben solche Säure, in den Verdichter O aber Schwefelsäure von 1,7 spec. Gew., sezt dann die Luftpumpen Y, Y in Gang und verbrennt nun den Schwefel wie gewöhnlich im Ofen, jedoch ohne Zusaz von Salpeter. Die Dämpfe des brennenden Schwefels streichen in die Schwefelsäure-Kammer X, X, werden von der Kammersäure absorbirt und in Schwefelsäure verwandelt; ein Antheil des schwefligsauren Gases entweicht jedoch unverdichtet durch das Zugrohr Z in den Verdichter I, worin es bei seiner Berührung mit der Salpetersäure sogleich in Schwefelsäure verwandelt wird, und zwar unter Entbindung von Stikoxydgas, welches sich, sobald es aus der Flüssigkeit tritt, mit der Luft vermischt und als Salpetergas durch die Röhre W in den Verdichter J streicht, worin es verdichtet wird. Auf diese Art verliert die Säure im Verdichter I bald alle ihre Salpetersäure, welche man ihr wieder ersezen muß, durch man von Zeit zu Zeit zwei bis drei Procent Salpetersäure durch den Sperrhahn am Obertheil des Behälters hineinfließen läßt. Den beschriebenen Proceß kann man fortsezen, bis die Schwefelsäure in I kalt ein specif. Gewicht von 1,7 zeigt. Wenn sie sich diesem hohen specif. Gewicht nähert, wirkt sie nicht mehr genügend auf die schweflige Säure, von welcher daher ein Antheil im Verdichter I nicht mehr in Schwefelsäure verwandelt wird, sondern in den Verdichter J übergeht, wo die Umänderung bewirkt wird, mit Entbindung von Stikoxyd, welches Salpetergas bildet, das durch die Röhre V in den Verdichter O übergeht. Zu derselben Zeit muß man auch das Speisen des Verdichters I mit Salpetersäure unterbrechen, damit man eine von Salpetersäure vollkommen freie Schwefelsäure erhält. Man begreift nun den Zwek des Verdichters J; derselbe muß die Verrichtungen des Verdichters I in derjenigen Periode des Processes übernehmen, wo lezterer seine Wirkung nur zum Theil ausüben kann, weil er nur wenig Salpetersäure und dabei starte Schwefelsäure enthält. Sobald man bemerkt, daß alle Salpetersäure aus dem Verdichter I entwichen ist, läßt man die Säure vom Verdichter O, welcher nun salpetrige Säure enthält, in die Schwefelsäure-Kammer durch die Röhre U, Fig. 22 (Grundriß von Fig. 21) laufen. Es wird nun eine neue Beschikung vom Verdichter I genommen, indem man den Hahn T öffnet, worauf eine Portion Säure im Verdichter J durch atmosphärischen Druk in den Verdichter O getrieben wird; die übrige Säure im Verdichter I wird durch den Sperrhahn s zum Gebrauch abgezogen und dieser Verdichter von der Kammer aus durch die Röhre r wieder beschikt. Die Verdichter J und O haben Röhren t, t (Fig. 22), welche mit Sperrhähnen versehen sind, so daß man sie beliebig in die Schwefelsäure-Kammer entleeren kann; da die Säure im Verdichter J (welche natürlich eben so gut an Stärke zunimmt, wie die im Verdichter I) ebenfalls in einem wirksamen Zustand erhalten werden muß, so ist in der Deke dieses Verdichters eine Röhre angebracht, durch welche man Wasser hineinlassen kann. Die Kammersäure sollte man auf einem spec. Gewicht von beiläufig 1,6 erhalten. Die Säure im Verdichter I sollte man niemals stärker werden lassen als 1,7; bei einer größeren Concentration enthält sie nämlich kein Wasser in ungebundenem Zustand mehr, um die salpetrige und untersalpetrige Säure in Salpetersäure und Stikoxyd zu zersezen; die beiden ersteren reagiren aber nicht auf die schweflige Säure. Wenn es erforderlich ist den Inhalt der Verdichter in die Schwefelsäure-Kammer zu entleeren, muß man die Pumpen außer Thätigkeit sezen und Luft in die Verdichter J und O zulassen, um das Gleichgewicht herzustellen. Durch den schwefligen Geruch, welcher aus den Pumpen austritt, erfährt der Arbeiter, daß der Verdichter J mehr Salpetersäure oder mehr Wasser erfordert; und durch den salpetrigen Geruch, welcher aus den Pumpen sich verbreitet, daß der Verdichter 0 nachgefüllt werden muß. Um die Salzsäure bei der Glaubersalz-Fabrication zu verdichten, benuze ich den beschriebenen Schraubenzug-Apparat; der Behälter A, B, C, D sollte in diesem Fall aus feinkörnigem Sandstein hergestellt und mit feuerfestem Thon verkittet seyn; die Schraube von beiläufig drei Fuß Durchmesser, welche mit einer hölzernen Achse versehen wird, sollte ebenfalls aus Thon verfertigt oder wenigstens damit überzogen seyn. Auch thut man in diesem Falle gut, die Gase durch zwei solche Cylinder mit Schraubenzügen streichen zu lassen.

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