Titel: Ueber die Bereitung eines schmelzbaren Gelb für die Porzellanmalerei; von Salvetat, Gehülfen in dem analytischen Laboratorium der königl. (franz.) Porzellan-Fabrik zu Sèvres.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XXXI., S. 125
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XXXI. Ueber die Bereitung eines schmelzbaren Gelb fuͤr die Porzellanmalerei; von Salvetat, Gehuͤlfen in dem analytischen Laboratorium der koͤnigl. (franz.) Porzellan-Fabrik zu Sèvres. Aus den Comptes rendus, Jun. 1845, Nr. 22. Salvetat's Bereitung eines schmelzbaren Gelb für die Porzellanmalerei. Die Porzellanmalerei unterscheidet sich von der Oehlmalerei wesentlich durch ihre Mittel und Methoden. Der Künstler muß mit Talent für Composition und Ausführung lange Erfahrung und eine tiefe Kenntniß der Veränderungen verbinden, welche das zur Befestigung seines Werks erforderliche Einbrennen in den Nüancen einiger Farben, namentlich der Goldfarben, hervorbringen kann. Harmonie ist eine Hauptbedingung, welche sich die HHrn. Jaquotot, Bèranger, Georget, Robert etc. nur durch eine lange Ausübung ihrer Kunst eigen machen konnten; allein auch die schönsten ihrer frühern Producte ermangeln dieses gleichförmigen Schmelzes, welcher den neuern Arbeiten, die sie mit Beihülfe des zu besprechenden schmelzbaren Gelb ausführten, einen solchen Reiz verleiht. Die Schwierigkeit, der ersten dieser Bedingungen zu genügen, rührt von der wechselseitigen Reaction der verschiedenen in die Mischung der Farben eingehenden Elemente her, welche Einwirkungen sich durch Veränderungen wahrnehmen lassen, die dem ungeübten Auge allerdings nicht sehr auffallen, dem wahren Künstler aber zu wichtig sind, als daß er sie übersehen könnte. Der seiner Kunst mächtige Maler kennt die Farben, welche sich mischen lassen. Uebrigens dürfte die Chemie mit der Zeit die Anzahl der einfachen und zusamengesezten Körper vielleicht noch vermehren, welche feuerbeständig genug sind, um selbst nach dem Vermischen mit andern den Ton, welchen sie vor dem Einbrennen besizen, beizubehalten. Der Erzeugung eines recht gleichförmigen Schmelzes scheint die Zusammensezung der verglasbaren Farben hinderlich zu seyn, wenigstes bei den aus reinem Feldspathgestein (Pegmatit) bestehenden Glasuren. Ich sage den bloß aus Feldspathgestein bestehenden Glasuren; denn das Berliner Porzellan, auf welchem die Farben so gleichförmig verglasen, hat eine eigenthümliche, von dem Sèvres-Porzellan ganz verschiedene Glasur. Der Schmelz einer Farbe hängt großentheils von dem Verhältniß des Oxyds zum Flußmittel ab, mit welchem es gemengt ist. Wenn Flußmittel genug vorhanden ist, damit sich die Farbe in den dünnen Schichten glasirt (verglast, Schmelz annimmt), so können die Stellen, wo die Farbe diker aufgetragen ist, sich in Blättchen ablösen. Ist hingegen nur so viel Fluß zugegen, als nöthig ist, damit sich die Farbe bei einer gewissen Dike nicht mehr abblättert, dann bleiben die dünnen Stellen matt und troken. Ferner gibt es gewisse Oxyde, welche wie die des Eisens verschwinden, wenn sie mit einer gewissen Quantität Fluß vermengt werden. Ich ging in vorstehende Details ein, um die Vorzüge der Farbe, deren Zusammensezung ich mittheile, einleuchtender zu machen. Diese Farbe, in Sèvres als Nr. 47, Gelb für die Fleischtöne (jaune pour les chairs) bekannt, muß hinlänglich schmelzbar seyn, um die Schmelzbarkeit derjenigen, welche nur bei einer gewissen Dike einen guten Glanz erhalten, zu erhöhen; sie muß sich mit ihnen mischen, indem sie ihnen Körper gibt und sie dabei verdünnt, ohne sie auf andere Weise zu verändern, als wie es ihr eigener Ton mit sich bringt; ferner muß sie möglichst blaß seyn. In der Porzellan-Fabrik zu Sèvres bereitete sie der geschikte Landschaftmaler H. F. Robert um das Jahr 1816 zum erstenmal. Im Jahr 1821 wurde sie unter die Farben des Sèvres-Sortiments förmlich eingereiht. Erst später gelang es den Pariser Fabrikanten sie durch ihr Elfenbeingelb (jaune d'ivoire) nachzuahmen. Seit dem Jahr 1823 versahen die Hörn. P. und L. Robert, die Vorstände der Glasmalerei, zu gleicher Zeit mit Hrn. Bunel, dem Chemiker der Anstalt, die Manufactur damit. Allein ihr Verfahren blieb geheim, bis Hr. Brongniart sein wichtiges Werk Traité des arts céramiques herausgab. Der Güte des Hrn. F. Robert verdanke ich es, die Analyse und Synthese dieser Farbe mittheilen zu können. Ein Muster der im Jahr 1821 von ihm bereiteten Farbe ergab bei der Analyse folgende Zusammensezung:      I.    II. Berechnet Kieselerde   19,23 19,40   19,29 Bleioxyd   57,64 57,80   57,88 Natron     3,08    –     2,98 Boraxsäure     7,09    –     6,66 Eisenoxyd     6,12    –     6,03 Zinkoxyd     2,99    –     3,00 Antimonsäure     3,41    –     3,63 Kali     0,44    –     0,51 –––––– ––––––– 100,00   99,98 Die Boraxsäure wurde durch Gewichtsdifferenz bestimmt. Das Antimon ist wahrscheinlich als Antimonsäure, das Eisen jedenfalls als Oxyd darin enthalten. Die Kieselerde, das Bleioxyd, die Boraxsäure und das Natron als bin Fluß betrachtend, stellte ich folgende Synthese aufTraité des arts céramiques, tome II, p. 570. Durch einen Drukfehler wurden die Quantitäten des Eisenoxyds und des antimonsauren Kali's verwechselt.; die hienach berechnete Zusammensezung stimmt mit den Resultaten der Analyse hinreichend überein. Fluß fuͤr graue Farben (aux gris)   84 Kohlensaures Zinkoxydhydrat     4 Eisenoxydhydrat     8 Saures antimonsaures Kali     4 –––– 100 Der Fluß besteht aus: Glashuͤttensand 22 Geschmolzenem Borax 11 Mennig 66 ––– 99 Nach neuern von mir angestellten Versuchen erhält man eine in allen Beziehungen bessere Farbe, wenn man nimmt: Fluß fuͤr graue FarbenZinkblumenEisenoxydhydratSaures antimonsaures Kali 88,02  3,52  7,04  1,42 100,00 Diese Substanzen werden gut zerrieben, dann zweimal bei starkem Feuer geschmolzen; das Product der Schmelzung ist eine Masse, welche man auf eine eiserne Schaufel ausgießt; in Stüken hat sie das Ansehen des Bouteillenglases; zerrieben wird sie blaßgelb. Die Zinkblumen bereite ich selbst durch Calciniren des käuflichen Zinks; die lezten Portionen, welche ein wenig Eisenoxyd enthalten und etwas gelblich sind, sind recht gut zu brauchen. Das antimonsaure Kali erhält man durch Verpuffen von metallischem Antimon mit 3 Theilen Salpeter; es ist dieß das saure antimonsaure Kali nach Berzelius. Es wird mit kaltem Wasser gut ausgewaschen. Das Eisenoxydhydrat erhält man durch Zersezung des schwefelsauren Eisenoxyduls mittelst einer großen Menge lufthaltigen Wassers; nach ziemlich langer Zeit sezt sich ein braungelbes Pulver ab, welches 27–28 Proc. Wasser enthält, wenn es aus käuflichem Eisenvitriol bereitet und mittelst Brunnenwasser gefällt wurde. Es löst sich in Salzsäure auf und wird von Ammoniak braun gefällt; Chlorbaryum erzeugt keinen Niederschlag in der Lösung; ein basisch-schwefelsaures Salz kann es daher nicht seyn. Aus reinem Eisenvitriol erhielt ich durch Zersezung desselben mittelst destillirten Wassers ein vollkommen reines Hydrat, welches bestund aus: Wasser   25,30 Eisenoxyd   74,70 –––––– 100,00 Berechnet 3 Atome Wasser   25,24 1 Atom Eisenoxyd   74,76 –––––– 100,00 Um diese Berechnung zu machen, nahm ich als Aequivalent des Wasserstoffs nach Dumas die Zahl 12,5 an und für das Eisen die Zahl 359, welche die neuesten Untersuchungen von Svanberg und Norling ergaben, die von Berzelius bestätigt wurden. Diese Verbindung entspricht demnach der Formel Fe²O³ + 3 H²O. Es enthält sonach dieses Hydrat 1 1/2 Aequivalente Wasser mehr als das natürliche Hydrat Fe²O³ + 3 H²O und 1 Aequivalent mehr als der Oker von Artana Fe²O³ + 2 H²O. Identisch ist es hingegen mit demjenigen, welches Hr. Soubeiran durch Fällen von Eisenoxydulsalzen mittelst kohlensaurer Alkalien und Liegenlassen des erhaltenen Niederschlags an der Luft erhielt; nur ist es reiner; das Soubeiran'sche enthält bekanntlich immer noch Antheile vom Fällungsmittel. Durch Betrachtung der Rolle, die jeder Bestandtheil der gelben Farbe spielt, gelang es mir, ihre Darstellung bedeutend zu verbessern. Das Antimonoxyd hat keinen andern Zwek, als der Farbe eine gewisse Undurchsichtigkeit zu verleihen, wodurch sie etwas Körper erhält; auch trägt es zur Verbesserung des ziegelrothen Tons bei, welchen ein Fluß von Eisenoxyd und Zinkoxyd im Feuer oft annimmt. Die Gegenwart des Antimonoxyds ist daher nicht unerläßlich für ein lediglich schmelzbares Gelb, wie dieß Versuche auch bestätigten. Das Zinkoxyd, welches man dem Eisenoxydhydrat zusezt, bildet mit demselben wahrscheinlich eisensaures Zink; zusammengebracht, geben sie immer ein Gelbbraun; dieser Ton, durch das Gemisch von kieselsaurem Eisenoxyd und Bleioxyd verdünnt (heller gemacht), wobei man Elfenbeinfarbe erhält, ist es, welchen die Figurenmaler dem schwefelgelben Ton dieser leztern Verbindung vorziehen. Dem Eisenoxyd verdankt das Gelb für Fleischfarben die schäzbare Eigenschaft, daß man das Roth glasiren kann, ohne es zu zerstören. Dieses Oxyd besizt die merkwürdige Eigenschaft, mit dem kieselsauren Bleioxyd Doppelsilicate von Eisenoxyd und Bleioxyd zu bilden, welche entweder farblos oder schwach hellgelb gefärbt sind. Haben sich diese Doppelsilicate einmal gebildet, so kann man dem bleihaltigen Fluß eine höchst kleine Menge orangefarbiges, rothes, karminrothes, lakrothes oder violettes Eisenoxyd zusezen, damit diese Färbung bleibt. Es muß folglich vortheilhaft seyn, dieses Gelb mit Eisenoxyd im Zustand eines leicht angreifbaren und in Kieselsäure löslichen Oxyds zu sättigen; der geeignetste Zustand scheint das unausgeglühte Hydrat zu seyn. Bekanntlich wird das Eisenoxyd durch Ausglühen von Säuren schwer angreifbar. Die eben gegebene Erklärung könnte man in Widerspruch finden mit der von Brongniart und Dumas aufgestellten Theorie der verglasbaren Farben, welche nur eine innige Mischung des Flußmittels mit der färbenden Substanz annimmt; untersucht man aber den wirklichen Vorgang, so findet man darin eine Bestätigung dieser Theorie. Bei den durch Eisen erzeugten rothen Farben zerfällt das Oxyd in zwei Theile: der eine Theil, welcher mit dem Bleisilicat ein basischeres Blei- und Eisensilicat bildet, welches sich in der Schmelzhize mit Eisenoxyd sättigt, ist nicht die färbende Substanz; diese Verbindung ist farblos oder gelb, je nach ihrem Eisengehalt. Der andere Theil verbleibt im Oxydzustand: er gibt den Ton, welchen die Farbe nach dem Einbrennen behält und der von der Nuance abhängt, welche das Qxyd im isolirten Zustand hatte. Man erhält auf diese Weise alle Eisenfarben, vom Orangeroth angefangen bis zum ganz dunkeln Violett, welche Töne man dem reinen Oxyd (wie man es durch Ausglühen von Eisenvitriol erhält) durch langsames Calciniren bei immer höher steigender Temperatur geben kann. Ich konnte diese Theilung des Eisenoxyds durch das Experiment leicht nachweisen, indem ich in der Muffel, worin die Gemälde eingebrannt werden, eine Quantität zum Malen ganz präparirtes Roth schmelzen ließ. Das Product dieser Schmelzung zerrieb ich, und durch Behandlung mit Salpetersäure wurde ein rothes Pulver abgesondert, welches aus beinahe reinem Eisenoxyd und aus einem auflöslichen Theil bestund, in welchem die Reagentien Kieselerde, Blei, boraxsaures Natron und eine beträchtliche Menge Eisenoxyd anzeigten. Das Eisenoxyd hatte vor dem Schmelzen mit dem Fluß durch dieselbe Behandlung mit Säure nicht bedeutend an Gewicht verloren. Auf diese Betrachtungen glaubte ich die Aufmerksamkeit der Chemiker lenken zu müssen. Sie erklären das verschiedene Verhalten gewisser Farben, bezüglich der Unveränderlichkeit durch Säuren, welche Farben doch aus gleichen Quantitäten desselben Flusses und im isolirten Zustand gleichmäßig widerstehenden Oxyden bestehen. Wenn sich ein Theil des Oxyds im Flusse auflöst, so wird es schwerer angreifbar; auch sind die Eisenfarben sehr dauerhaft. Wir lernen dadurch eine Farbe kennen, welche der Kunstmalerei so zu sagen als Basis dient und deren Anwendung statt eines Flusses ich bei allen schmelzbaren Farben anempfehlen muß, durch welche man andere verglast, die nur bei gewisser Dike Glanz erhalten. Alle Gemälde in der Fabrik zu Sèvres, welche ausgeführt wurden, ehe man diese Farbe kannte, sind in Figuren und Fleischtönen matt und troken. Um diesem Uebelstand abzuhelfen unternahm eben Hr. F. Robert die Versuche, deren Nothwendigkeit er vollkommen erkannte. Sie bestätigen endlich die Theorie der HHrn. Brongniart und Dumas, wonach zwischen den färbenden Elementen und den schmelzbaren Bestandtheilen, wodurch jene dem Porzellan anhaftend gemacht werden, keine chemische Verbindung stattfindet.