Titel: Ueber die Pflanzung von Obstbäumen auf einem künstlichen Unterboden von Ziegelsteinen; von dem Gärtner Paquet.
Fundstelle: Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XLI., S. 148
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XLI. Ueber die Pflanzung von Obstbaͤumen auf einem kuͤnstlichen Unterboden von Ziegelsteinen; von dem Gaͤrtner Paquet. Aus dem Moniteur industriel, 1845, No. 943. Paquet, über Pflanzung von Obstbäumen. In England, vorzüglich aber in Schottland, bedient man sich länglicher Ziegelsteine, um sie auf den Boden der Abflußfurchen der Felder zu legen. Auf diese Ziegelsteine (semelles genannt) werden Ziegelplatten auf ihrer schmalen Seite aufgestellt, damit das durch die vereinte Wirkung der Luft und des laufenden Wassers erweichte Erdreich einen zum Gesundmachen (Austroknen) eines feuchten Bodens überaus nüzlichen Graben nicht verstopfen kann. Dieses in allen Beziehungen sehr empfehlenswerthe Verfahren führte auf den Gedanken, die Ziegelsteine zu einem andern nicht minder der Nachahmung werthen Gebrauch, beim Anbau der Obstbäume, anzuwenden. Es ist allgemein bekannt, daß bei einem schlechten Unterboden die Obstbäume zu Grunde gehen, sobald die Hauptwurzeln sich in denselben zu erstreken anfangen. Ein Baum, dessen noch junges Laub gelb wird, dessen junge Triebe verdorren, zeigt dadurch an, daß seine Wurzeln auf einen, sey es durch stehende Feuchtigkeit, oder durch eine übergroße Dichtigkeit oder Porosität, ihnen nicht zusagenden (Unter-)Boden gelangt sind. Wenn man also die Wurzeln des Baums auf irgend eine Weise verhindert, in diesen verderblichen Boden zu gelangen, so sichert man dem Baum das Leben und seinem Besizer den Ertrag reicher Frucht. Hiezu sollen hier die Mittel angegeben werden. Man führe von der Spaliermauer ungefähr 6 Fuß weit einen 14 bis 18 Zoll, oder wenn es der Raum gestattet noch breiteren Graben, dessen Grund vollkommen geebnet wurde, um ganz flach und troken einen Boden von aneinanderstoßenden Baksteinen auf denselben zu legen; man bedeke dieses trokne Pflaster ein paar Zoll hoch, oder wenn es die Tiefe des Grabens gestattet, in einer noch dikern Schicht mit Erde; bringe den Baum auf diese Erdschicht, entferne die senkrecht treibenden (Pfahl-)Wurzeln, gebe den andern eine möglichst horizontale Richtung und bedeke nun den Fuß des Baums wie gewöhnlich mit Erde. Diese Erde muß möglichst nahrhaft, und so loker seyn, als die Natur und Kraft der Bäume es erheischen, die Begießung so oft und in dem Maaße stattfinden, als die Beschaffenheit des Baums und des Bodens und die Jahreszeit es erforderlich machen, und ein guter, frischer Rasen den Fuß der Bäume frisch erhalten; es werde, wie sonst, zwekmäßige Düngung gegeben und Insecten möglichst abgehalten und entfernt, und ohne Zweifel wird unter solcher Pflege eine junge Pflanzung gedeihen. Allerdings werden die im Wachsthum begriffenen Wurzeln bald dem schlechten Unterboden nahe kommen, allein die Baksteinfläche zwingt sie, eine horizontale Richtung zu nehmen und in der obern Bodenschicht zu bleiben; sie entwikeln hier ein dichtes Faserwerk, welches die nährenden Säfte des guten Bodens sich aneignet, dessen Fruchtbarkeit auf oben angegebene Weise sorgfältig unterhalten werden muß. Ich empfehle dieses unterirdische Steinpflaster nicht, ohne mich durch eigene Erfahrung und anderwärts von seinem guten Erfolg überzeugt zu haben. Zu Soisysous-Etioles, bei Corbeil, sieht man auf dem Landgut des Hrn. Galliani ein schönes Spalier alter, schon vor mehr als 30 Jahren auf obige Weise gepflanzter Pfirsichbäume. Zwei PfiirsichbäumePfirsichbäume (Peruvianer-Frühvarietät), die ich im Jahr 1831 in der Normandie pflanzte und erst vor Kurzem wieder sah, zeichnen sich noch heute durch eine Kraft, eine Ausdehnung und gleichmäßige Vegetation aus, die ihre, zur selben Zeit, aber nicht unter diesen Vorsichtsmaaßregeln, gepflanzten Nachbarn nicht besizen. In der That sind die tiefwurzelndsten Bäume nicht die stärksten und kräftigsten. Der Kirschbaum z. B. ist niemals schöner, als wenn seine Wurzeln in der obern Schicht eines frischen, nahrhaften Humus, wie dem eines Waldes, horizontal laufen. Der Apfelbaum ist nie schöner, als wenn seine Wurzeln unter dem grünen Rasen der fetten Weiden des Auge-Landes (Normandie) horizontal hinlaufen. Im Akerland, wo der Pflug die Wurzelfaser vernichtet, welche an die Oberfläche des Bodens dringt, um die darin enthaltenen Saͤfte aufzusaugen, müssen sich die Wurzeln des Apfelbaums wohl in die Erde hineingraben; hier lebt dann der Baum um ein Viertheil weniger lang, als auf einer Wiese, und seine Existenz ist die lezten 10–15 Jahre seines Lebens höchst hinfällig. Es leuchtet ein, daß wenn man die Wurzeln eines Baums zwingt, sich in der obern Schicht eines Bodens zu befestigen, sie dadurch in den Stand gesezt werden, alle Säfte und Salze, welche Dünger und Atmosphäre dem Boden zuführen, in sich aufzunehmen; hieraus ist auch erklärlich warum sowohl Zier- als Obstbäume und Straͤucher, welche in der Baumschule öfters versezt wurden, beim Einsezen viel leichter gedeihen, und zwar weil das mit dem Ausreißen der Bäume verbundene Abreißen der Extremitäten der Hauptwurzeln zur Folge hat, daß statt sehr langer Wurzeln, die sich mehr oder weniger tief in die Erde senken, und schwieriger wieder anwurzeln würden, ein dichter Fasernschopf zur Entwiklung gebracht wird, welcher allen obenerwähnten Anforderungen entspricht; denn das Erdreich ist bekanntlich nicht nur ein Medium, in welchem die Pflanze sich festzuwurzeln hat, um ihre verticale Stellung zu behalten und dem Wind zu widerstehen; es ist auch eine reiche Vorrathskammer, woraus die Wurzeln die zum Wachsthum der Pflanzen nöthigen Stoffe schöpfen müssen; dieser Zwek kann aber nicht anders erreicht werden, als durch Vermehrung der Sauggefäße der Pflanzen, nämlich der Wurzelfasern.