Titel: Ueber das schmiedbare Gußeisen; von Hrn. Goldenberg.
Fundstelle: Band 98, Jahrgang 1845, Nr. LX., S. 218
Download: XML
LX. Ueber das schmiedbare Gußeisen; von Hrn. Goldenberg. Aus dem Moniteur industriel, 1845 No. 958. Goldenberg, über das schmiedbare Gußeisen. Bringt man Gußeisen mit gepulvertem Eisenerze oder Hammerschlag (Glühspan) in verschlossene Gefäße und sezt dieselben einige Tage lang einem continuirlichen Feuer aus, so absorbirt das Erz oder der Hammerschlag den Ueberschuß an Kohlenstoff, welcher das Gußeisen spröde machen würde. Durch dieses Verfahren wird das Gußeisen hämmerbar bis zu einem Grade, welcher von dem mehr oder weniger langen Ausglühen abhängt; es kann auf diese Weise so weich gemacht werden, daß es sich schmieden und zu sehr dünnen Stäbchen ausstreken läßt. Dieser Industriezweig kam in England schon am Anfange dieses Jahrhunderts auf, gelangte aber erst seit zwanzig Jahren zu einiger Entwikelung, zum Nachtheil jener Gewerbe, welche sich mit dem Schmieden derselben Artikel abgeben. Diese Art Gußeisen wird nämlich hauptsächlich zu Sattelzeugbeschlägen, Schloßtheilen, Messerschmiedwaaren etc. etc. verarbeitet, welche auf diese Weise wohlfeiler kommen, als wenn sie durch Schmieden des Eisens oder Stahls verfertigt würden; allein sie sind auch von geringerer Güte, haben nicht so viel Körper oder Zähigkeit und sind nicht von so gleichartiger Masse. Vergleicht man solche Gegenstände aus Gußeisen mit den entsprechenden, aus Stabeisen verfertigten, so zeigen sie sich nicht so fest und brechen leicht, weil ihnen der erforderliche Nerv fehlt. Im Vergleich mit den Gegenständen, welche man gewöhnlich aus Stahl verfertigt, fehlt ihnen die feine Schneide des leztern und die Reinheit seines Korns; und da es schwer ist, das Gußeisen homogen anzulassen, so fällt überdieß ein Theil desselben sehr ungleich aus, vorzüglich bei Gegenständen von bedeutend verschiedener Dike. Da jedoch dieses Gußeisen ohne Gefahr zu vielen Dingen angewandt werden kann, so hat es die Verfertigung mancher Gegenstände erleichtert und vervollkommnet, theils wegen seines relativ geringen Preises, theils weil es wegen seiner größern Hämmerbarkeit das gewöhnliche Gußeisen vortheilhaft ersezen konnte, welches bei der Verfertigung vieler Artikel zerbrechlicher ist. Dagegen aber hat es viele Industriezweige sehr beeinträchtigt, namentlich die Messerschmiedarbeit. So läßt sich z. B. eine gegossene und polirte Schere von einer aus Stahl geschmiedeten nicht mehr unterscheiden, und da sie wohlfeiler verkauft wird, so kann sie leicht Käufer finden, welche sich oft selbst betrügen. Derselbe Fall ist es mit Sattelzeugbeschlaͤgen. Hier ist der Gebrauch des Gußeisens nur noch gefährlicher, weil das Leben des Menschen oft von der Güte eines Gebisses oder einer Schnalle abhängt. Es wäre mithin im Interesse der allgemeinen Sicherheit zu wünschen, daß diejenigen, welche solche Gegenstände verfertigen, ihre Erzeugnisse mit dem Worte: Gußeisen bezeichnen; in England und Deutschland konnte dieß bis jezt noch nicht durchgesezt werden.Ueber die Anwendung des schmiedbaren Gußeisens und die Ausdehnung seiner Fabrication wurden bereits im polytechn. Journal Bd. XCVII S. 312 einige Notizen mitgetheilt.A. d. R.