Titel: Ueber die Kartoffelkrankheit; von Bonjean, Apotheker zu Chambéry.
Fundstelle: Band 98, Jahrgang 1845, Nr. LXXXVIII., S. 322
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LXXXVIII. Ueber die Kartoffelkrankheit; von Bonjean, Apotheker zu Chambéry. Aus den Comptes rendus, Sept. 1845, No. 12. Bonjean, über die Kartoffelkrankheit. Hr. Bonjean theilt die krankhafte Affection der Kartoffeln in zwei Kategorien, je nachdem sie tiefer eingreift oder nur eine theilweise ist. Im erstern Fall ist die Kartoffel ganz oder beinahe ganz desorganisirt zu einem Brei geworden, wie er schon wiederholt beschrieben wurde. Derselbe reagirt schwach sauer und enthält noch das chemisch unveränderte Stärkmehl, welches aber, in Folge seiner innigen Vermischung mit der aufgeweichten Faser, schwer daraus zu gewinnen seyn dürfte. Sie können zu nichts verwendet werden; glüklicherweise verderben aber nur wenige Kartoffeln so weit. Im zweiten Falle, bei der theilweisen Anstekung, hat die Kartoffel da und dort dunkelgelbe bis kastanienbraune Fleken, welche nur 2–4 Millimeter tief gehen. Der Geruch des verdorbenen Theils ist nur etwas fade, der Geschmak aber faulig. Selten erstrekt sich. diese Erweichung und Zersezung auf größere Flächen. Nach Hrn. Bonjean sind die in diesem Jahrgang so außergewöhnlichen Witterungsverhältnisse die einzige Ursache des Uebels; der häufige Wechsel von Regen, Sonnenschein und Kälte genügen, um bei einer Pflanze, welche ohnedieß so viel wässerige Flüssigkeit enthält, die Desorganisation der Gewebe zu erklären. Auf den ergriffenen Kartoffelstengeln konnte der Verf. keinerlei Pilz oder sonst kryptogamische Vegetation finden. Nach ihm sollen die Kartoffeln baldigst herausgenommen und die guten und schlechten ausgesucht werden; wenn die verdorbenen Theile mit dem Messer ausgeschnitten sind, wasche man sie nicht, um die Fäulniß nicht zu befördern. Vor dem Ausschneiden werfe man sie nicht in Haufen und auch dann bringe man sie, bis sie völlig troken sind, nur in dünne Schichten. Hr. Bonjean ließ verdorbene und als Ausschuß auf dem Felde liegen gelassene Kartoffeln ohne Auswahl auflesen und verwendete solche drei Tage nacheinander beinahe ausschließlich zu seiner Nahrung, ohne von den verdorbenen Theilen etwas wegzunehmen, aber nach Entfernung der der ersten Kategorie angehörenden Kartoffeln; er aß 4 Kilogr. der Kartoffeln mit Butter zugerichtet, als einfach in Wasser gekochte Suppe, ohne eine andere üble Folge zu verspüren, als eine etwas schwere Verdauung. Ja er trank sogar eines Morgens nüchtern ½ Pfd. Wasser, womit vorher 5 Pfd. gefaulte Kartoffeln abgekocht worden waren; dieses Wasser war dik, schmuzig und ekelhaft; er empfand keine Folgen als ein Gefühl von Schärfe im Schlund, verbunden mit 2 Stunden andauernder Hize in der Brust, worauf alles vorüber war. Zwei Gehülfen und ein Diener befolgten sein Beispiel zwei Tage lang ohne üble Folgen.