Titel: Ueber das Bleichen der Baumwollenzeuge für den Krappfarben-Druck, und über die Anwendung der Harzseife dabei.
Autor: Emil Dingler
Fundstelle: Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XXX., S. 133
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XXX. Ueber das Bleichen der Baumwollenzeuge für den Krappfarben-Druck, und über die Anwendung der Harzseife dabei. Ueber das Bleichen der Baumwollenzeuge für den Krappfarben-Druck. Das Bleichverfahren der Kattundruckereien bestand noch im Jahre 1837 in folgenden Operationen: 1) Einweichen der Zeuge in kaltem Wasser und Walken; 2) Kochen in Kalkmilch, beiläufig 8 Stunden; 3) und 4) zweimaliges Laugen mit kaustischer Soda, jedesmal 10 bis 12 Stunden; 5) Auslegen auf den Bleichplan während 6 bis 8 Tagen, oder Passiren durch Chlorkalk und Schwefelsäure; 6) Laugen mit kaustischer Soda wie früher; 7) Auslegen auf den Bleichplan oder Passiren durch Chlorkalk und Schwefelsäure; 8) Laugen mit kaustischer Soda wie vorher; 9) Passiren durch Chlorkalk und Schwefelsäure und dann Reinigen im Wasser. Bei diesem Verfahren zeigte sich die Schwierigkeit, die für Krappfarben, besonders Weißböden, bestimmten Zeuge vollkommen von dem Fett zu reinigen, welches der Weber angewandt hatte. Hr. Eduard Schwartz in Mülhausen, welcher eine Reihe von Versuchen über die Wirkung der Fette beim Bleichen anstelltePolytechn. Journal Bd. LVII S. 290., überzeugte sich dabei, daß die Behandlung der Zeuge mit Kalk die Entfernung fettiger Theile aus denselben keineswegs erleichtert, und daß das Laugen mit Kalk im Gegentheil sogar nachtheilig wirkt, wenn man auf dasselbe nicht unmittelbar ein Säurebad folgen läßt; es gelang ihm so wenig als Andern, den Zeugen die befestigten Fette vollständig zu entziehen. Man war daher auf dem Punkt, den Kalk, das wohlfeilste und kräftigste Agens zum Verseifen der Fette, aus den Bleichen zu verbannen, und wenn mit Talg imprägnirte Zeuge lange in den Magazinen aufbewahrt worden waren, so daß sich der Talg in fette Säuren verwandelt hatte, konnte man nicht mehr darauf zählen, sie selbst durch häufiges Laugen für den Krappfarben-Druck rein genug gebleicht zu erhalten. Im genannten Jahre wurden aber auf unerwartete Weise alle diese Schwierigkeiten beseitigt, indem Hr. Dana, Chemiker in der Kattundruckerei von Prince in Lowell bei Boston, die sehr wichtige und neue Beobachtung machte, daß gerade die Anwendung des Kalks vor der Behandlung mit Alkalien das sicherste Mittel zur Entfernung aller beim Weben in den Zeug gekommenen fettigen Theile ist, vorausgesetzt daß man zu den Laugen nicht ätzendes, sondern kohlensaures Natron oder Kali anwendet, in welchem Falle die gebildeten Kalkseifen vermittelst des kohlensauren Alkalis durch doppelte Wahlverwandtschaft zersetzt werden. Hr. Dana theilte sein Verfahren der Mülhauser Industriegesellschaft mit, welche es veröffentlichtePolytechn. Journal Bd. LXIV S. 448., nachdem sie sich durch Versuche von der Richtigkeit der neuen Entdeckung überzeugt hatte, daß nämlich frische oder auch vollkommen befestigte Fettflecken durch kohlensaures Natron den Baumwollenzeugen vollständig entzogen werden, wenn man dieselben vorher mit Kalk gelaugt hatte, ohne sie zwischen beiden Operationen durch ein Säurebad zu Passiren. Dana's Bleichverfahren (das sogenannte nordamerikanische) besteht aus folgenden Operationen: Für 500 Stücke, 30 Yards lang, 30 Zoll breit und 5–6 Pfd. (av du pd) schwer. 1) 24–36stündiges Einweichen in lauem Wasser; 2) 12stündiges Kochen mit 60–70 Pfd. Kalk; 3) 20stündiges Laugen mit 80 Pfd. Potasche oder der entsprechenden Menge Soda; 4) 6stündiges Chlorkalkbad von 1/2° Baumé, Abtropfen und 6stündiges Schwefelsäurebad von 2 1/2° B.; 5) 15stündiges Laugen mit Potasche oder Soda wie vorher; 6) Säurebad wie Nr. 4; 7) 10stündiges Laugen mit halb so viel Potasche oder Soda als früher; 8) Chlorkalkbad von 2 1/2° B., Auswaschen und Passiren durch Schwefelsäure von 3° B. Dieses Verfahren scheint ohne wesentliche Abänderung in fast allen Kattundruckereien, namentlich des Elsasses, bis jetzt beibehalten worden zu seyn; wenigstens gibt Persoz in seinem Traité théorique et pratique de l'impression de Tissus, Paris 1816, keine andere Bleichmethode für die zu Krappartikeln bestimmten Baumwollenzeuge an. Er bemerkt, daß man für 10,000 Meter 3/4 breite Kattune 60 Kilogramme Kalk, 55 Kilogr, calcinirte Soda und 5 1/2 Kilogr. Chlorkalk braucht; dabei ist jedoch vorausgesetzt, daß man zur ersten Sodalauge die Flüssigkeit von der zweiten Sodalauge einer früheren Bleichoperation nochmals verwendet, was in Bezug auf Ersparniß allerdings eine wichtige Verbesserung des ursprünglichen Verfahrens ist. Die dritte Sodalauge von Dana bleibt weg; dagegen gibt man zwei Kalklaugen, zwischen welchen die Stücke gewaschen und gewalkt werden. Zu den sauren Bädern, welche auf das Chlorkalkbad folgen, benutzt man jetzt häufig Salzsäure statt der Schwefelsäure; man ging dabei wohl nur von der Absicht aus, ein sehr leicht auflösliches Kalksalz zu erzeugen und auf das Gewebe eine weniger zerstörende Wirkung auszuüben. Der Nutzen der Salzsäure beschränkt sich aber nach Persoz hierauf nicht allein; denn wenn man von einer Auflösung von Chlorkalk, welche nicht frisch ist, zwei gleiche Volume abmißt, um sodann ihren chlorometrischen Gehalt mittelst zweier Auflösungen von arseniger Säure zu bestimmen, welche gleichviel Arsenik enthalten, wovon aber die eine mit Salzsäure und die andere mit verdünnter Schwefelsäure gemacht wurde, so wird man den Gehalt des Chlorkalks beim Probiren mit der erstern dieser arsenikalischen Auflösungen immer höher finden. Der Grund davon ist, daß der Chlorkalk eine gewisse Menge chlorsauren Kalk enthält, welcher sich durch die Salzsäure in Chlorcalcium und bleichendes Chloroxyd zersetzt. In der letzten Zeit verbreitete sich von England aus in Deutschland ein Verfahren zum Bleichen der Baumwollenzeuge, welches sich von der bisherigen Methode hauptsächlich dadurch unterscheidet, daß der ersten Sodalauge eine Gummiharz-Seife beigegeben wird, welche man durch Auflösen von Weihrauch in Soda bereitet. Der Weihrauch (Olibanum, Gum thus) enthält bekanntlich in 100 Theilen 56 Harz, 30 Gummi, 6 Bassorin. Es wurde behauptet, daß durch diesen Zusatz die Wirkung der Laugen bedeutend erhöht wird, so daß dann beim Ausfärben der bedruckten Stücke in Krapp oder Garancin ihr weißer Grund viel weniger Farbstoff anzieht. Folgendes sind zwei Vorschriften zum Bleichen nach diesem Verfahren: Vorschrift A . Für 200 Stücke 7/4 breite Kattune von 34–36 Meter Länge. 1) Kalklauge mit 100 Pfd. Kalk; 2) Putzen; 3) Schwefelsäurebad von 1 1/2° Baumé, wenn die Waare über Nacht darin bleibt; oder von 2° wenn sie nur 6 Stunden darin bleibt; 4) Putzen; 5) Laugen mit 60 Pfd. calcinirter Soda und einer Auflösung von 2 Pfd. Weihrauch in 1 1/2 Pfd. krystallisirter Soda (durch halbstündiges Kochen bereitet). Man laugt 8 Stunden; 6) Putzen; 7) Chloren; 8) Putzen; 9) Laugen mit 40 Pfd. calcinirter Soda. Man läßt 5 Stunden lang kochen; 10) gut putzen; 11) Chloren; 12) Putzen; 13) Säuren wie bei Nr. 3. Vorschrift B . Für 200 Stücke 7/4 breite Kattune von 34–36 Meter Länge. 1) Kalklauge mit 66 Pfd. Kalk, man läßt 6 Stunden lang kochen, 2) Putzen; 3) Schwefelsäurebad von 3 1/2° B.; 4) Putzen. 5) Erste Sodalauge mit 43 Pfd. calcinirter Soda, worin man 2 Pfd. Weihrauch aufgelöst hat; man läßt 8 Stunden lang kochen; 6) Putzen; 7) Chlorpassage; 100 Maaß Chlorkalkauflösung von 5° Baumé werden mit 1200 Maaß Wasser verdünnt. 8) Zweite Sodalauge mit 33 Pfd. calcinirter Soda; man läßt 4 Stunden lang kochen; 9) Putzen; 10) Chlorpassage wie unter Nr. 7; 11) Schwefelsäurebad von 3° Baumé; 12) Putzen. Es ist jedoch durchaus nicht wahrscheinlich, daß der Weihrauch, wovon bei diesem Bleichverfahren im Verhältniß zur Anzahl der Stücke eine nur unbedeutende Menge zugesetzt wird, die Wirkung der ersten Sodalauge einigermaßen erhöhen kann. Zugegeben, daß man in einigen Kattundruckereien bei Anwendung des neuen Bleichverfahrens mit Zusatz von Weihrauch bessere Resultate erzielte, so dürfte das Gummiharz doch nur indirect zu diesem Erfolg beigetragen haben. Wenn nämlich die Stücke nach beendigtem Laugen wegen Mangels geeigneter Vorrichtungen nicht schnell nach einander ausgewaschen werden können, so kann sich ein Antheil der durch die Lauge ausgezogenen Stoffe wieder in dem Gewebe fixiren; die Gummiharz-Seife aber dürste durch ihre Zwischenlagerung dieses verhindern oder wenigstens verzögern. Daraus folgt, daß wenn man die Stücke an den Enden zusammengenäht in die Laugkufe bringt und sie nach dem Laugen sogleich in der neuen Waschmaschine mit WalzensystemBeschrieben im polytechn. Journal Bd. XCV S. 350. putzt, das fragliche Bleichverfahren mit Hinweglassung des Weihrauchs dieselben Resultate geben muß wie bei Anwendung desselben; dieß war auch wirklich bei mehreren Probeversuchen, welche in einer ausgezeichneten süddeutschen Kattundruckerei in dieser Hinsicht angestellt wurden, stets der Fall. Der allerdings sehr bedeutende Vortheil, welchen die Bleicher aus dem neuen Verfahren ziehen können, ist die Lehre, daß man bisher die Kalk- und Sodalaugen viel zu lange andauern ließ und folglich eine Menge Brennmaterial verschwendete, während man in kürzerer Zeit ein eben so gutes, wo nicht besseres Resultat erzielt hätte. Viele Fabrikanten dürften auch zum Laugen weit mehr Alkali angewandt haben als erforderlich ist, was ihnen ebenfalls unnöthige Kosten verursachte. Emil Dingler.