Titel: Schönbein's Bereitungsart der Schießbaumwolle.
Fundstelle: Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XXXII., S. 139
Download: XML
XXXII. Schönbein's Bereitungsart der Schießbaumwolle. Schönbein's Bereitungsart der Schießbaumwolle. Die Augsb. Allgem. Zeitung vom 16. April d. J. enthält folgenden Auszug aus der Beschreibung des Patents, welches Hr. Professor Schönbein auf den Namen John Taylor's in England sich ertheilen ließ. Der Patentirte definirt seine Erfindung dahin: Zubereitung explodirender Stoffe, die als Ersatzmittel für Schießpulver und beim Sprengen und Schießen gebraucht werden mögen. Man gewinnt sie durch Behandlung von Stoffen aus dem Pflanzenreich mittelst Salpeter- und Schwefelsäure. Er zieht Baumwolle zu diesem Zweck andern Stoffen vor, da sie ohne fremde Beimischung eingeführt wird. Die Salpetersäure von 1,45 bis 1,50 specifischer Schwere wird mit Schwefelsäure von 1,85 specifischer Schwere im Verhältniß von 1 zu 3 in einem passenden, von den Säuren nicht angreifbaren Gefäße gemischt. Da durch die Mischung eine große Hitze erzeugt wird, so läßt man die erstere bis 60 oder 50° Fahrenh. abkühlen. Dann taucht man die trockene Baumwolle hinein und rührt sie mit einem Glasstäbchen oder einem andern durch die Säuren nicht leidenden Instrumente um. Die Säuren werden alsdann abgelassen und die Baumwolle zusammengepreßt, um die Säuren zu entfernen, worauf man die Baumwolle etwa eine Stunde in dem Gefäß stehen läßt. Sie wird nun mit frischem Wasser so lange ausgewaschen, bis die gewöhnliche Probe mit Lackmus-Papier kein Anzeichen mehr von dem Daseyn der Säuren kundgibt. Um etwa noch zurückgebliebene unverbundene Theilchen der Säuren fortzuschaffen, taucht der Erfinder die Baumwolle in eine schwache Auflösung kohlensauren Kali's (1 Unze kohlensaures Kali auf 4 engl. Quart Wasser) und trocknet sie durch Pressung wie zuvor. Die Baumwolle besitzt jetzt eine stark explodirende Kraft und kann in diesem Zustande benutzt werden. Um ihre Explosivkraft aber noch zu erhöhen, wird sie in eine schwache Auflösung von salpetersaurem Kali gethan und endlich in einem Zimmer getrocknet, das mittelst Dampf oder heißer Luft auf etwa 150° Fahrenh. erhitzt ist. Der Erfinder bemerkt, daß Salpetersäure allein schon zur Verfertigung der vegetabilischen Schießstoffe hinreicht; daß aber, seiner Erfahrung nach, der so fabricirte Artikel kostspieliger und weniger gut ist. Für den Gebrauch der Schießbaumwolle ist zu bemerken, daß drei Gewichtstheile derselben die nämliche Wirkung hervorbringen als acht Gewichtstheile des bei der englischen Artillerie üblichen Schießpulvers. Die in der obigen Art zubereitete Baumwolle kann sogleich in ein Geschütz, eine Muskete oder Vogelflinte geladen oder zu Patronen verarbeitet oder in Zündhütchen angewandt werden. Hr. Schönbein will sein Patent keineswegs auf Baumwolle beschränkt haben, da auch andere vegetabilische Stoffe sich auf gleiche Weise behandeln lassen; was er für sich als ausschließliches Recht in Anspruch nimmt, ist, um seine eigenen Worte zu gebrauchen „die Fabrication einer explodirenden Masse durch Anwendung der Salpeter- oder der Salpeter- und Schwefelsäure auf Materien, die im Pflanzenreich ihren Ursprung haben.“ (Wir kommen auf Schönbein's Patent zurück, nachdem es im Repertory of Patent-Inventions oder London Journal of arts vollständig mitgetheilt ist. Die Redact.)