Titel: Ueber die Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe; von Hrn. A. Mallet.
Fundstelle: Band 106, Jahrgang 1847, Nr. XXVIII., S. 116
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XXVIII. Ueber die Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe; von Hrn. A. Mallet. Aus dem Dictionnaire des arts et manufactures par M. Laboulaye. Mit einer Abbildung auf Tab. II. Mallet, über die Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe. Die Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe, welche wir im Artikel „Beleuchtung mittelst derselben“ schon besprachenS. 416 im vorhergehenden Band des polytechn. Journals., ist etwas ganz Neues, kaum einige Jahre alt. Auch verbessert man noch täglich die Verfahrungsweisen, welche Verbesserungen jedoch von mehreren Fabrikanten mit der größten Sorgfalt geheim gehalten werden. Die flüssigen Kohlenwasserstoffe, welche zur Beleuchtung dienen – denn nur von diesen soll hier gesprochen werden – haben ziemlich dieselben Eigenschaften wie die aus Pflanzen gezogenen ätherischen Oele. Zweierlei Urstoffe bediente man sich bis jetzt, um flüssige Kohlenwasserstoffe zu bereiten, oder vielmehr aus ihnen zu ziehen: 1) der Steinkohle, entweder der natürlichen, oder des in den Gasanstalten daraus bereiteten Theers; 2) des Brandschiefers (bituminösen Schieferthons). Vom Terpenthin sprechen wir nicht; denn das daraus gewonnene Oel, dessen Gewinnung übrigens längst bekannt ist, vermag weder mit dem Steinkohlenöl, noch mit dem Schieferöl im Preise zu concurriren. Auch gestehen die Erfinder der neuen Beleuchtungssysteme offen, daß sie an jeder wohlfeileren Beleuchtung verzweifeln würden, wenn sie auf das Terpenthinöl beschränkt wären. Folgendes ist im Wesentlichen das zur Gewinnung des flüssigen Kohlenwasserstoffs oder ätherischen Oels aus dem Gastheer übliche Verfahren. Der Destillir-Apparat besteht aus einem Kessel (einer Blase) von Eisenblech, welcher von unten und an den Seiten durch Feuercanäle erhitzt wird, die bis zum niedrigsten Niveau der Flüssigkeit hinaufreichen. Der obere, gewöhnlich hauben- oder kuppelförmige Theil dieses Kessels wird mit schlechten Wärmeleitern umgeben, um zu verhindern, daß die Luft durch Abkühlung der obern Wände die Dämpfe condensirt, deren specifische Wärme sehr gering ist. Ein von dem Gipfel der Kuppel ausgehendes Rohr leitet die Dämpfe in eine mit kaltem Wasser umgebene Schlangenröhre, aus welcher sie vollkommen condensirt in dazu bestimmte Gefäße ablaufen. Vor ihrem Eintritt in den Kamin erhitzen die Verbrennungs-Producte einen Kessel mit beweglichem Deckel, welcher höher als der Destillirkessel angebracht ist, so daß er diesen mit seinem Inhalt speisen kann. In diesen Nebenfessel gibt man den Theer kalt, um ihn mittelst der verlorengehenden Wärme vorzuwärmen, vorzüglich aber, damit bei seiner Erwärmung das in mehr oder weniger großer Menge in seiner Masse eingeschlossene ammoniakalische Wasser sich absondern kann. Diese Trennung erklärt sich sehr leicht durch den flüssigen Zustand, in welchen der erhitzte Theer versetzt wird; das Wasser steigt wegen seiner geringeren Dichtigkeit leicht an die Oberfläche des Theers, wo es, wenn nicht gänzlich, doch zum Theil verdampft. Wenn es nicht gänzlich verdampft, so gibt man die obenschwimmende Wasserschicht nicht mit dem Theer in den Destillirkessel; nach einer gewissen Anzahl von Operationen ist diese Schicht jedenfalls dick genug, um auf irgend eine Weise entfernt werden zu können. Diese Anordnung ist in Fig. 24 nicht angezeigt, sondern eine andere sogleich zu besprechende. Käme das zwischen dem Theer gelagerte Wasser mit demselben in die Destillirblase, welche rasch geheizt wird, so würde es sich inmitten der Masse in Dampf verwandeln und ein so starkes Aufsteigen derselben verursachen, daß die Mischung aus der Blase stiege, obgleich deren Inhalt zweimal so groß als das Volum des Theers ist. In der Leitung von der Blase zur Schlangenröhre vermeide man jedes Zinnloth, weil die hohe Temperatur der letzten Dämpfe es unfehlbar zum Schmelzen bringen würde. Die Destillirblase kann mittelst eines Ventils oder eines Hahns ausgeleert werden, um den Destillationsrückstand zu entfernen. Wenn sich in dem Local, wo diese Destillation vor sich geht, Feuer oder nur ein Licht befindet, so muß man den Theer in der Blase auf 180° C. (144° R.) abkühlen lassen, ehe man ihn abläßt, weil die in demselben zurückbleibenden Oele sich unfehlbar entzünden, und mit der Luft ein detonirendes Gemisch bildend, Brand und Explosion zugleich hervorbringen würden. Die während der Destillation entweichenden Dämpfe haben in verschiedenen Zeitpunkten des Processes verschiedene Dichtigkeiten. Das zuerst übergehende, mit Wasser vermischte ätherische Oel hat, wenn man den besten Theer (crème) destillirt, 28 bis 35° an Baumé's Aräometer. Allmählich wird es minder leicht, und zuletzt, wenn man 25 Procent des angewandten Theers übertreibt, ist das Oel dichter als Wasser. Vorzüglich ist dieß der Fall, wenn man fetten Theer (brai-gras), den Hauptbestandtheil des künstlichen Erdharzes oder Asphalts, zu erhalten beabsichtigt. Ehe man die flüssigen Kohlenwasserstoffe zum Beleuchten anwandte und namentlich zur Zeit des Erdharz-Speculations-Fiebers, vor zehn Jahren, wo man die Steinkohle lediglich zur Gewinnung des Theers destillirte und der Theer aus den Gaswerken zu 10–12 Fr. per 100 Kilogr. verkauft wurde, verwendete man höchstens das leichteste Oel aus demselben zum Auflösen des Kautschuks; alles übrige bildete einen Rückstand, welchen der Theerfabrikant oft nicht los zu werden wußte, so daß er sich glücklich schätzte ihn zu 2–5 Fr. per 100 Kilogr. zur Verwendung als Brennmaterial oder zur Fabrication von Kienruß verkaufen zu können. Bei der Fabrication von fettem Theer werden in der Regel 17–20 Proc. ätherisches Oel von der Dichtigkeit des Wassers und 2 Procent Wasser abgezogen; 75 Proc. beträgt der Theer, und der Verlust 5–8 Proc. Um trockenen Theer (Pech) zu erhalten, müssen 30 Proc. flüchtiger Substanzen ausgetrieben werden. Der fette Theer wird beim Herausnehmen aus der Blase Z (Fig. 24) von einem untern Kessel aufgenommen, wo er mit einer gewissen Menge Kalk oder Kreide vermengt und dann der Einwirkung der Wärme ausgesetzt wird. In den letztern Jahren fingen einige Fabrikanten sogar bei der Fabrication von fettem Theer die Destillationsproducte gebrochen auf. So sammeln sie die zuerst übergehenden Oele, welche gemischt ungefähr 16° am Baumé'schen Aräometer zeigen, wo dann alles, was später übergeht, zu den schweren Oelen gehört. Die leichten Oele werden, als zu Leuchtspiritus bestimmt, besonders behandelt. Dieses Destillir-Verfahren ist unseres Erachtens einiger Verbesserungen fähig. Die Schlangenröhre sollte statt mit Wasser, mit Theer umgeben seyn, welcher sich in einer Eisenblechtonne befindet, die oben mit einer Röhre behufs des Dampfaustritts versehen ist. Diese Abkühlungs-Vorrichtung würde obenerwähnten Nebenkessel überflüssig und folglich die Arbeit einfacher machen. Wegen der geringen specifischen Wärme der ätherischen Oele dürfte es unnöthig seyn, auf den Abkühler mit Theer noch einen zweiten mit Wasser folgen zu lassen. Die aus dem Theerabkühler entweichenden Dämpfe wären Wasser und das leichteste Oel. Gegen das Ende der Destillation würde der am Fuße des Refrigerators ankommende kalte Theer den heißen, beinahe kochenden Theer in die Blase (den Kessel) übertreiben, so daß die Destillation eine ziemlich ununterbrochene wäre. Die zuletzt übergehenden schweren Oele sind sehr reich an Naphthalin; ein Fabrikant fetten Theers sagte uns, daß das Naphthalin sich manchmal gegen das Ende der Operation verflüchtigt, in der Schlangenröhre krystallisirt und dieselbe verstopft. Wir haben nun noch von der Rectification und Reinigung entweder des gesammten Destillations-Productes, oder des leichten, 15° Baumé wiegenden Oels zu sprechen. Abgesehen nämlich, daß diese Producte bei weitem den für die Beleuchtungs-Apparate erforderlichen Grad noch nicht haben, sind sie auch noch unrein und enthalten erstens eine geringe Menge ammoniakalischer Verbindungen aus dem Condensationswasser, ferner einen Farbstoff, der ihnen eine braune Farbe ertheilt, welche dem Licht ausgesetzt an Intensität so zunimmt, daß die beinahe weiß erhaltenen Oele in durchsichtigen, bisweilen sogar in undurchsichtigen Gefäßen sich sehr bald merklich färben. Durch Destillation mit gebrochener Aufsammlung der Producte werden die Kohlenwasserstoffe sehr leicht von der zur Beleuchtung sowie zu andern Zwecken, z.B. zum Auflösen des Kautschuks, erforderlichen Dichtigkeit gewonnen; das Reinigen dieser Substanzen war aber lange Zeit mit Schwierigkeiten verbunden, welche gegenwärtig überwunden zu seyn scheinen. Hr. Barral ist, wie ich glaube, der erste, welcher ein zweckmäßiges Verfahren dazu angegeben hat. Als Ingenieur der Compagnie, welche die Privilegien der HHrn. Busson und Rouen ausbeutete und dabei nicht nur die betreffenden Lampen lieferte, sondern auch die Flüssigkeit bereiten, oder doch ihre Bereitung den Fabrikanten angeben mußte, war er zum Studium dieses Gegenstandes veranlaßt. Folgenden Verfahrens bediente er sich hiezu. Das ganze, 1000° (die Dichtigkeit des Wassers) am Densimeter (Dichtigkeitsmesser) wiegende Oel von der Destillation des Theers, wie wir sie bei der Fabrication des fetten Theers angegeben haben, wird mit 1/100 Schwefelsäure von 66° Baumé behandelt. Nachdem die Säure hineingegossen ist, wird die Masse eine Stunde lang mittelst irgend eines Rührers, z.B. eines Besens, stark umgerührt. Man kann auch ohne Nachtheil zwei Stunden lang damit fortfahren und läßt die Masse hierauf in Ruhe; die Säure setzt sich dann ab und reißt die von ihr angegriffenen und verkohlten Theile mit sich nieder. Hr. Barral setzt hierauf (nach dem Verfahren bei der Reinigung der zum Brennen bestimmten Samenöle) eine gewisse Menge Wasser zu, rührt ein zweites Mal um, läßt ruhen und gießt dann ab. Wegen der vorhandenen ammoniakalischen Producte wäre es meines Dafürhaltens gut, diese Flüssigkeit vor der Einwirkung der Säure mit einer neutralen Metallauflösung zu behandeln. Nach der Behandlung mit Säure destillirt Hr. Barral die Kohlenwasserstoffe über Kalk, wovon er 4 Proc. anwendet. Diese Destillation nimmt er mit kleinen Quantitäten der Flüssigkeit in eisernen Retorten vor, welche nur einige Liter fassen und in zwei parallelen Reihen in einem länglichen Ofen eingesetzt sind. Bei mäßiger Feuerung hat das erste Drittel des zuerst übergehenden Oels eine Dichtigkeit von 840 bis 850°; diese Dichtigkeit nimmt aber bald zu, denn das zweite Drittel hat schon eine Dichtigkeit von 900 bis 950°. Das dritte Drittel hat 1000° und wird bei Seite gethan, um noch einmal mit Schwefelsäure behandelt zu werden, durch welche die Dichtigkeit wieder auf 970° zurückgeführt wird. Der Verlust bei dieser Rectification beträgt ungefähr 20 Proc. Die Mischung der beiden ersten Drittel hat etwas unter 900° Dichtigkeit, oder ungefähr 26° am Baumé'schen Aräometer. Kleinere Retorten zieht Hr. B. wegen des Aufstoßens bei größeren Massen vor, durch welches Aufstoßen Flüssigkeit weggeschleudert werden und bei ihrer großen Brennbarkeit Feuer entstehen könnte. Bei dieser Destillation gelangen die Kohlenwasserstoffe aus den Retorten in eine Schlangenröhre, um sie gehörig abzukühlen. Gut ist es, wenn diese Röhre außerhalb des Locals, worin sich der Ofen befindet, ausmündet, denn die nicht vollständig condensirten Dämpfe könnten sich am Herde entzünden. Eine zweite Destillation wird von Barral für nothwendig erachtet, um ein sehr gutes Product zu erhalten; diese findet ohne Kalk statt. Der Verlust bei dieser zweiten Operation ist unbedeutend. Der Rückstand der Destillationen über Kalk ist eine Verbindung dieses Alkalis mit einer Fettsubstanz, welche Verbindung viele Aehnlichkeit hat mit dem schwarzen Fett, welches man seit mehreren Jahren aus ähnlichen Rückständen von der Destillation der Harzöle erhält. Die neue fette Verbindung ist wie letzteres zum Schmieren der Wägen sehr geeignet; sie riecht zwar sehr unangenehm, was aber ihrer Anwendung hiezu nicht schadet. Das Verfahren des Hrn. Barral scheint uns sehr zweckmäßig zu seyn; nur glauben wir, daß die Destillation in kleinen Retorten bei der Fabrication im Großen ein Uebelstand ist, wegen der Menge der zur Rectification einer etwas beträchtlichen Menge von Kohlenwasserstoffen erforderlichen Geräthschaften; da das Aufstoßen wahrscheinlich vom Kalk herrührt, so könnte demselben vielleicht durch Anwendung einer mit Rührvorrichtung versehenen Destillirblase begegnet werden; auch könnte man sich statt des freien Feuers wohl eines Metall- oder Oelbades bedienen, oder auch den Kohlenwasserstoffen eine gesättigte Auflösung einer geeigneten Salzsubstanz zusetzen, so daß das Kochen bei einer Temperatur stattfände, die den Siedepunkt der salzigen Flüssigkeit nicht überstiege, während bei der Destillation der bloßen Kohlenwasserstoffe, der Siedepunkt in den verschiedenen Epochen der Operation verschieden ist. Man erhielte dadurch nur Kohlenwasserstoffe, deren Siedepunkt unter dem Siedepunkt der Salzauflösung läge. Dieses Mittels bediente sich Selligue bei seiner Fabrication von Kohlenwasserstoffen aus dem Schiefer, von welcher wir sogleich sprechen werden. Es wurde vorgeschlagen, den Theer mittelst Dampfs zu destilliren; dieses Verfahren wäre aber kostspieliger als die Destillation über freiem Feuer und zwar ohne Nutzen; man müßte, um 25 Proc. Oel zu erhalten, ungefähr bis auf 300° C. erhitzen, welche Temperatur der auf gewöhnliche Weise erzeugte Dampf nicht erreicht, daher man den Dampf überhitzen müßte. Hr. Kuhlmann glaube ich, war es, welcher vorschlug, die Rectification der Kohlenwasserstoffe im luftleeren Raum vorzunehmen; ich kann mir die damit zu erreichenden Vortheile nicht wohl denken. Auch muß ich die von Hrn. Payen empfohlenen Abänderungen im System der Theerdestillation anführen, obgleich ich nicht weiß, ob sie von seiner eigenen Erfindung sind und schon in Anwendung kamen. Erstens, sagt er, können schon bei der Destillation des Theeres selbst, ohne Unkosten die verschiedenen Kohlenwasserstoffe sogleich getrennt werden, indem man den gewöhnlichen Condensator durch drei bis vier mit Wasser umgebene Gefäße ersetzt. Das erste, von der Destillirblase am weitesten entfernte Gefäß würde durch beständig erneuertes kaltes Wasser abgekühlt; das zweite Gefäß hätte kein anderes Kühlmittel als das erwärmte Wasser des ersten Condensators; das durch den zweiten Condensator erwärmte Wasser ginge in den dritten über u.s.f. Auf diese Weise würde eine Trennung der Kohlenwasserstoffe bewerkstelligt, welche sonst einen besondern Apparat erfordert. Ob diese Vorrichtung sich bewährte, ist mir nicht bekannt. Da nach Hrn. Barral die Behandlung der durch die unmittelbare Destillation des Theers erhaltenen Kohlenwasserstoffe mit Schwefelsäure, von sehr großem Einfluß auf das quantitative Ergebniß an Oelen von geringer Dichtigkeit ist, nämlich dasselbe erhöht, so dürfte die von Hrn. Payen empfohlene unmittelbare Absonderung der Kohlenwasserstoffe dieses Ergebniß wohl verringern. Die durch die Destillation des Theers erhaltenen Producte sind bis jetzt noch nicht genau untersucht und das Studium derselben ist den Chemikern sehr zu empfehlen; man weiß aber, daß die einen sich bei einer 70° C. nicht übersteigenden Temperatur verflüchtigen, daß andere bei 100 bis 120° C. zum Sieben kommen und wieder andere erst bei 180° C. Es scheint gewiß, daß es dieser Kohlenwasserstoffe sehr viele, nicht nur durch den Siedegrad, sondern auch in andern Eigenschaften von einander verschiedene Arten gibt. Bekannt ist ferner, daß es nicht die Kohlenwasserstoffe von der geringsten Dichtigkeit, also die bei der Rectification zuerst erhaltenen sind, welche sich am besten zum Auflösen des Kautschuks eignen, wogegen sie zur Beleuchtung von sehr großem Vortheil sind. Diese Bemerkung gilt nicht nur für die Destillationsproducte des Theers, sondern auch für diejenigen des Terpenthinöls. Folgendes sind nach Hrn. Barral die Siedegrade der Oele von verschiedener Dichtigkeit: Siedegrad. Dichtigkeit bei 8° C. Temperatur.   130° C. 0,885   150° 0,894   140° 0,900 Das bei 140° C. siedende Oel ist beinahe geruchlos und eignet sich sehr gut zum Auflösen des Kautschuks. Auf diese abweichenden Siedegrade der verschiedenen Kohlenwasserstoffe gründet sich nach Hrn. Payen ein Apparat zur Rectification und Trennung dieser Producte, welcher auf einem ähnlichen Principe beruht wie der soeben beschriebene. Nach dem Theer-Destillir-Apparat (Fig. 24) wird ein Dampfkessel A angebracht, welcher durch die verlorengehende Wärme des Feuerraums Y erhitzt wird. Dieser Dampfkessel verlängert sich in eine Röhre oder Säule B von 3–4 Meter Länge, die mit einem Reservoir D endigt, in welchem man die Temperatur der Flüssigkeit und des Dampfes, welchen sie etwa erzeugt, mittelst eines Ventils reguliren kann, das einen constanten Druck, nämlich von 4 Atmosphären bei 140° C. unterhält. Der durch eine Erhöhung des normalen Drucks etwa in Ueberschuß erzeugte Dampf entweicht, nachdem er das Ventil a hob, durch einen kleinen Kamin C. Vom Reservoir D geht eine Röhre b aus, welche mit dem doppelten Boden oder vielmehr dem Gehäuse (Mantel) eines Dampfkessels E in Verbindung steht, welcher ein Fünftel der Oberfläche des Haupt-Dampfkessels A hat. Zwei andere ähnliche und gleichgroße Dampfkessel F und G folgen nach diesem ersten. Ihre Gehäuse und dasjenige des Dampfkessels E stehen unter sich durch die Röhren c und d in Verbindung, so daß der Dampfkessel A, die Röhre B, das Reservoir D und die Gehäuse der Dampfkessel einen zusammenhängenden, mit heißem Wasser gefüllten Raum bilden, worin die Circulation von oben nach unten je nach Verschiedenheit der Temperatur stattfinden kann. Die zu rectificirenden Producte kommen in den Dampfkessel E; der sich in diesem erzeugende Dampf geht durch die Röhre b in den zweiten F über und verdichtet sich darin zum Theil; der dieser Condensation entgehende Theil enthält die flüchtigsten Kohlenwasserstoffe, welche sich dem Kessel G zuwenden, worin wieder eine Verdichtung stattfindet. Die aus dem Kessel G entweichenden Dämpfe, welche die Quintessenz der Kohlenwasserstoffe enthalten, gehen in einen mit sich beständig erneuerndem Wasser gefüllten Schluß-Condensator H über. Dieses Wasser wird von einem oben angebrachten Reservoir L geliefert und entweicht, wenn es heiß geworden, durch die Röhre M. Der Kohlenwasserstoff wird in einem Recipient i aufgefangen und die nicht condensirbaren Gase, wenn solche vorhanden sind, entweichen durch eine über dem Dach ausmündende Röhre K. Man sieht, daß nach jeder Operation die Gefäße E, F, G, i je weiter sie von der Säule B, D abstehen, immer flüchtigere Kohlenwasserstoffe enthalten; die beabsichtigte Trennung ist somit bewirkt. Hr. Delafont, Fabrikant einer Leuchtflüssigkeit, theilt folgendes Recept der dazu dienenden Mischung und des darauf folgenden Reinigungsverfahrens mit: Kartoffelspiritus oder Weingeist von 37° Baumé   400 Liter Holzgeist von 30° B.   100   „ Theeröl von 26° B.   400   „ Terpenthinöl   100   „ ––––––––– 1000 Liter. Diese 1000 Liter werden mit 10 Kilogr. Schwefelsäure von 66° B. versetzt; man rührt alles wohl durcheinander und läßt dann die Flüssigkeit unter zeitweisem Umrühren 12 Stunden lang stehen. Hierauf wird sie mit einem Gemenge von Kalk, salzsaurem und kohlensaurem Ammoniak behandelt, abgegossen, wiederholt destillirt und man hat die Leuchtflüssigkeit. Dieses Reinigungsverfahren hat viel Aehnlichkeit mit dem Barral'schen. Nur machen wir darauf aufmerksam, daß das Gemenge von Kalk und den Ammoniaksalzen flüchtiges Alkali entbinden muß, welches sich zum Theil wenigstens in der überdestillirenden Flüssigkeit vorfinden wird. Es ist uns nicht genau bekannt, was dieses Gemenge für einen Zweck hat; vielleicht die Säuerung eines oder mehrerer der vier Bestandtheile zu verhindern, welche die Delafont'sche Leuchtflüssigkeit ausmachen. Diese Flüssigkeit liefert er zu 1 Fr. 20 Cent. per Liter, welches höchstens auf 20 Stunden zur Beleuchtung ausreicht. Da die gasförmigen Kohlenwasserstoffe, welche man durch Destillation der Steinkohle in den Gasanstalten erhält, zum Theil wenigstens durch Zersetzung der in der Steinkohle enthaltenen eigentlichen Kohlenwasserstoffe mittelst Erhitzens entstehen, so werden, wenn die Zersetzung wegen zu niederer Temperatur nicht stattfinden kann, die Kohlenwasserstoffe lediglich verdampft und verdichten sich beim Erkalten; in diesem Falle erhält man beinahe gar kein Gas, aber viel leichten Theer, der reich ist an flüchtigen Oelen, welche man, nachdem sie gehörig gereinigt und rectificirt sind, zur Beleuchtung brauchen kann. Man kann also durch Destillation von Steinkohlen unter gewissen Umständen flüssige Kohlenwasserstoffe in einer viel größeren Menge gewinnen, als sie im Gastheer enthalten sind. Ehe ich von dem dabei zu beobachtenden Verfahren spreche, muß ich bemerken, daß bei dieser Behandlung der Steinkohle das werthvollste Product unstreitig die Kohks sind, deren Güte und quantitatives Ergebniß man daher vorzüglich im Auge hat. Unstreitig können bei der Kohksbereitung die Oefen so eingerichtet werden, daß ein sehr großer Theil der gegenwärtig noch verloren gehenden flüchtigen Producte verdichtet und dadurch nutzbar gemacht wird; vor Allem kommt es darauf an, den Kohks ihre Eigenschaften zu erhalten und nebenbei möglichst viel von den flüchtigen Producten zu gewinnen, die dann reiner Gewinn sind. Wollte man aber, um das zweite Resultat zu erzielen, die Kohks in Beschaffenheit und Güte modificiren, so daß die Consumenten sie nicht mehr tauglich finden, so würde man, meiner Meinung nach, einen großen Fehler begehen und dieser Industriezweig, als in seiner Basis verfehlt, in Gefahr gerathen. Von den an Zahl und Ausdehnung täglich zunehmenden Gasanstalten lassen aber auch viele Theer ausfließen, entweder weil sie ihre Kohks schwer verkaufen, oder weil sie ihren Theer nicht verbrennen können oder wollen, wegen des schnellen Verderbens der Oefen durch das Brennen desselben, besonders wenn diese nicht zweckmäßig construirt sind. Jedenfalls ist es unbestrittene Thatsache, daß viele Gasanstalten in Paris sowohl als den Departements, aus dem einen oder andern Grunde ihren Theer in Paris gelegt, zu 6 Fr. per 100 Kilogr. verkaufen. Diese Theere geben, wenn sie noch frisch sind, ungefähr 10 Proc. zum Beleuchten taugliche KohlenwasserstoffeDiese Zahl gibt Hr. Barral an; die Dichtigkeit der Kohlenwasserstoffe ist: 0,900. Die Fabrikanten sagen, sie erhalten nur 6–7 Proc. Wir sind nicht im Stand zwischen beiden Behauptungen zu entscheiden.; sind sie aber alt, so können ihre flüchtigsten Bestandtheile sich an der Luft theilweise verflüchtigt haben; daher fällt auch manchmal das Ergebniß viel geringer aus. Deßhalb könnte es gegenwärtig zur Gewinnung der Kohlenwasserstoffe wohl vortheilhafter seyn, den Theer, dessen viele Gaswerke los zu werden suchen, zu destilliren, als die Steinkohle direct in Behandlung zu nehmen. Endlich erhält man bei der Fabrication der Kohlenwasserstoffe, selbst ohne die Gasfabrication durchzumachen, Producte, die man ablassen muß, nämlich: 1) fetten Theer (brai-gras), welcher zur Bereitung der künstlichen Erdharze und Asphalte dient, bisher aber für geringer als die natürlichen Erdharze und Asphalte zur Herstellung von Trottoirs und hydraulischen Arbeiten betrachtet wurde. Nun erhält man beim Destilliren des Gastheers 70 bis 75 Proc. fetten Theers, wovon gegenwärtig 100 Kil. 8 Fr. kosten, dessen Preis aber bald auf 4–5 Fr. heruntergehen würde, wenn er in großer Menge erzeugt würde; 2) Kohlenwasserstoffe von einer Dichtigkeit, welche derjenigen des Wassers nahe kommt (man nennt sie häufig schwere Oele), die man aber bisher noch nicht zum Beleuchten verwenden konnte und deren Anwendung überhaupt sehr beschränkt ist. Man sieht bei diesem Gegenstand wieder deutlich, daß neben der technischen Frage auch die commercielle ein bedeutendes Gewicht hat, indem hier neben dem beabsichtigten Product noch andere gewonnen werden, die hinsichtlich ihres Preises von großem Belang sind, obgleich sie zur Zeit noch sehr wenig Anwendung finden. Wir wollen nun noch Einiges über die bis jetzt vorgeschlagenen Verfahrungsweisen zur Gewinnung der Kohlenwasserstoffe aus der Steinkohle (ohne Benutzung des bei der Gasfabrication gewonnenen Theers) sagen. Die HHrn. Thomas und Laurens nahmen im J. 1839 ein Patent auf die Destillation von Brennstoffen mittelst überhitzten Wasserdampfs (oder heißer Gase die keinen freien Sauerstoff enthalten). Der überhitzte Wasserdampf dringt, nachdem er sich unter 400° C. gebildet hat, unter dem Druck von 1/4 bis 1/2 Atmosphäre in einen geschlossenen Raum, in welchem Brennmaterial angehäuft ist. Besondere Vorrichtungen sind nicht vorhanden; doch müssen die Oeffnungen zum Eintritt und Austritt des Dampfs so angebracht seyn, daß er überallhin circulirt. Die von dem Strome mitgerissenen Kohlenwasserstoffe werden durch die gewöhnlichen Condensationsmittel verdichtet. Alle Brennstoffe werden auf diese Weise bei kaum 300° C. verkohlt. Nichts ist leichter zu leiten als dieser Proceß; man regulirt den Druck mittelst Hähnen. Der Dampf wird in einem eisernen Schlangenrohr erhitzt, das sich sehr wenig abnützt und sehr lange brauchbar bleibt, wenn man durch einige Vorkehrungen den nachtheiligen Einfluß der Ausdehnung und Zusammenziehung aufhebt. Die Brennmaterialien werden auf diese Art bei viel niedererer Temperatur verkohlt als mittelst des Erhitzens von außen.Schon im Jahr 1833 hatten die HHrn. Thomas und Laurens die Anwendung des überhitzten Dampfs bei den Dampfmaschinen in Vorschlag gebracht. Im J. 1838 wurde die erste Anwendung des überhitzten Wasserdampfs zum Wiederbeleben der Knochenkohle in Zuckerfabriken gemacht. Nachdem das Problem gelöst war, gaben sich die HHrn. Th. und L., durch den Erfolg ihrer Anwendung der Hohofengase in den Hütten abgehalten, nicht mehr damit ab. Sie sagen, daß die erhaltenen Kohks sich für Schmelzhütten und Hohöfen eignen, wenn man den Proceß vorsichtig leitet.Polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S. 347. Wenn dieß der Fall ist, so scheint uns die Ausbeutung dieses Verfahrens guten Erfolg zu versprechen. Die Praxis allein kann darüber entscheiden.Sie hat entschieden, daß dieses Verfahren wenigstens zum Verkohlen des Torf nicht anwendbar ist, weil einerseits eine gleichförmige Verkohlung der ganzen Torfmasse mit zu großen Schwierigkeiten verbunden ist und andererseits die Erzeugung des überhitzten Wasserdampfs die Kosten zu sehr erhöht. A. d. R. Dieses Heizen mit überhitztem Dampf könnte, wie wir glauben, mit Vortheil sowohl zum Destilliren des Theers, als zum Rectificiren der Kohlenwasserstoffe angewandt werden, umsomehr als sich dabei die Destillir-Locale von den Feuerherden trennen lassen, wodurch alle Feuersgefahr verschwindet. In neuerer Zeit war Hr. Rouen, welcher die Nothwendigkeit einsah, wohlfeile Kohlenwasserstoffe zu liefern, um seinem Beleuchtungssystem Ausdehnung zu verschaffen, darauf bedacht, diese Kohlenwasserstoffe an den Gruben selbst zugleich mit den Kohks zu fabriciren. Zuerst begnügte er sich, die aus den Kohksöfen entweichenden Dämpfe zu condensiren; alsdann, wenn wir recht unterrichtet sind, wollte er die Destillation in Retorten bewerkstelligen; zuletzt, hörten wir, kam er auf die Oefen zurück und erhielt zu St. Etienne gute Resultate. Wir kennen die Details seines Verfahrens nicht; wahrscheinlich stimmen sie größtentheils mit den in diesem Artikel angegebenen überein. Ich hörte nur so viel von Hrn. Rouen, daß je frischer die Steinkohle extrahirt wird, desto bedeutender das Ergebniß an flüssigem Kohlenwasserstoff ist und daß ein großer Unterschied obwalte zwischen dem Ergebniß frischer und alter Kohlen. Jedenfalls eine nützliche Beobachtung; doch halte ich den Unterschied nicht für so groß als ihn Hr. Rouen angibt. Uebrigens wurde diese Beobachtung schon längst gemacht, nicht hinsichtlich der Kohlenwasserstoffe, sondern hinsichtlich des Ergebnisses an Leuchtgas, und es ist allgemein bekannt, daß die Steinkohle durch Liegen an der Luft, durch den Einfluß von Wärme und Feuchtigkeit, an Güte verliert. Hr. Rouen gibt an, daß er durch sein Verfahren von 1 Hektoliter Steinkohle 10 Liter roher Kohlenwasserstoffe erhalte, welche sich durch die Reinigung und Rectification im Maximum auf 5 Liter reduciren. Die mir von Hrn. Barral nach seinen Versuchen mitgetheilten Resultate sind folgende: Durch eine ziemlich lebhafte Destillation, welche für 261 Kilogr. 8 Stunden dauerte, erhielt er aus 100 Kil. Steinkohlen von Douchy: Kohks   70 Wasser und Gas     7 Theer   23 –––– 100. Dieser Theer war jenem aus den Gasanstalten ähnlich, enthielt aber weniger Wasser. Eine langsame, für 300 Kil. 3 Tage dauernde Destillation ergab auf 100 Kilogr. Steinkohlen: Kohks   82 Wasser und Gas     8 Oelige Flüssigkeit   10 –––– 100. Diese ölige Flüssigkeit hatte eine Dichtigkeit von 1,050 und lieferte 5 Theile Oel von 0,900 Dichtigkeit und 5 Theer oder schweres Oel. Hei einer Destillation der Kohle von Anzin erhielt Hr. Barral nur 3,75 Proc. Oel von 0,900 Dichtigkeit. Sollte aber auch die Destillation der flüssigen Kohlenwasserstoffe in den Kohksfabriken selbst in Aufnahme kommen, so ergibt sich eine neue Schwierigkeit, nämlich hinsichtlich des Transports dieser Substanzen. Kann der Transport nicht in Fässern stattfinden, wegen des Verlustes an Flüssigkeit, so hat auch der in Krügen Uebelstände. Der Bruch an Krügen beim Transport ist im Durchschnitt zu 3 Proc. anzunehmen; ferner ist ihre Tara, wegen des Korbs und der nothwendigen Ausfüllung, für einen Inhalt von 50 Kilogr. auf 25 Kilogr. anzuschlagen, was die Frachtspesen der Waare um 50 Proc. vermehrt, vorausgesetzt daß die Emballage nicht wieder zurückgeschickt werden muß, wodurch sie um 100 Proc. erhöht würde; letzteres ist aber gerade das Wahrscheinliche, weil die Krüge, welche diese Kohlenwasserstoffe enthielten, wohl zu nichts anderm mehr tauglich sind. Hinsichtlich der Kohlenwasserstoffe aus Steinkohlen sey noch bemerkt, daß ihr Preis vorerst nicht unter 60 bis 70 Fr. per 100 Kil. herabzugehen scheint, wie im Artikel über Beleuchtung mit flüssigen Kohlenwasserstoffen schon gesagt wurde. Wir haben nun noch von den Kohlenwasserstoffen aus dem bituminösen Thonschiefer zu sprechen. Diesen Industriezweig verdankt man einzig dem verstorbenen Hrn. Selligue. Bekanntlich erhielt derselbe beim Destilliren des Schiefers aus der Gegend von Autun 1) flüchtige ätherische Oele; 2) fixe Oele; 3) mit Paraffin verbundene Oele, womit er Wagenschmiere bereitete; 4) Paraffin, welches sich nach ihm zur Fabrication von Kerzen eignet; 5) einen FarbstoffEin ähnlicher ist auch im Theer enthalten.; 6) Ammoniak; 7) Theer; 8) eine kohlige Substanz, die sich zum Entfärben des Syrups und zum Desinficiren der Abtrittgruben eignet und dafür bis zu einem gewissen Grade die vegetabilische und thierische Kohle zu ersetzen vermag. Von allen diesen Körpern haben wir es nur mit den flüchtigen Oelen zu thun, deren man sich zur Beleuchtung bedienen kann. Selligue destillirte anfangs den Schiefer in gußeisernen cylindrischen Retorten, welche vertical eingesetzt wurden; jeder Ofen enthielt sechs solcher Cylinder, welche 1 Kubikmeter faßten und war so gebaut, daß der mittelst Karren an den obern Theil der Cylinder hin geführte Schiefer am Ende der Operation auf einem eisernen Wagen, der ihn bei seinem Austritt am untern Theil der Retorten aufnahm, wieder hinweggeführt wurde. Die Heizung der Retorten war sehr zweckmäßig und gestattete die bestmögliche Benutzung des verbrauchten Brennmaterials. Die Destillationsproducte entwichen oben aus den Retorten und wurden auf gewöhnliche Weise verdichtet. In einem neuen, etwa vor einem Jahr genommenen Patent gab Selligue einen neuen Destillir-Apparat zu diesem Zweck an. Statt in Retorten, bringt er den Schiefer in den Raum zwischen zwei umgekehrten abgestumpften Kegeln (Trichtern) von Eisenblech, so daß der Schiefer eine dünne Schicht bildet und die Hitze die ganze Masse ziemlich gleichförmig durchdringt, was bei den Retorten nicht der Fall war, wo sie schwer bis in die Mitte eindrang, weil der Schiefer ein schlechter Wärmeleiter ist. Die Flamme der rings um den Apparat angebrachten Herde erhitzt zuerst die äußere, dann die innere Oberfläche des doppelten Trichters. Die Destillationsproducte entweichen am obern Theil des conischen Raums, um dann wie gewöhnlich verdichtet zu werden. Da die flüchtigsten, condensirbarsten und besten Producte sich in den ersten Augenblicken der Destillation entwickeln, so leitet man in einem gewissen Zeitpunkt der Operation die nicht condensirbaren Gase unter die Herdroste zurück, wodurch bedeutend an Brennmaterial erspart wird. Die ohne alle Trennung condensirten Producte bilden das rohe Bitumen, von welchem 1000 Kilogr. Schiefer nur 60 bis 65 Kilogr. liefern. Destillirt man dieses Bitumen, so geben 1000 Kilogr. desselben 365 Kilogr. (d. i. 2 Proc. vom Schiefer) eines sehr leichten flüssigen Bitumens, dessen Dichtigkeit zwischen 0,760 und 0,810 wechselt und 258 Kil. (d. i. 1 bis 2 Proc. vom Schiefer) eines mineralischen Oels, welches sich zum Brennen in Lampen eignet. Selligue bediente sich zum Reinigen dieser Oele eines ähnlichen Verfahrens wie Barral. Er behandelte sie zuerst mit Schwefelsäure, dann mit Natronlauge und destillirte hierauf, um die leichtesten Kohlenwasserstoffe zu verflüchtigen. Um sicher zu seyn solche Oele zu erhalten, die sich bei einer gewissen Temperatur, nämlich bei 140° C., ganz verflüchtigen, setzte er der zu destillirenden Portion eine Salzlösung zu, welche erst bei dem gewünschten Grade ins Sieden kommt; alle condensirten Producte mußten dann nothwendig einen niedrigem Siedegrad gehabt haben. Bis jetzt konnten, wie gesagt, die aus dem Schiefer gewonnenen Kohlenwasserstoffe keine Anwendung finden, theils wegen ihres unerträglichen Geruchs, wenn sie nicht gereinigt sind; theils wegen ihres hohen Preises, wenn eine solche Reinigung stattfand, nämlich 100 Fr. für 100 Kilogr. Es ist möglich, daß durch die oben besprochenen, von Hrn. Selligue vorgenommenen Verbesserungen dieses Verfahrens, reinere oder wohlfeilere Producte erzielt werden. Es ist übrigens augenscheinlich, daß die Destillation des Schiefers, den Kostenpunkt anlangend, mit der Destillation der Steinkohle zur Kohksfabrication nicht zu concurriren vermag, denn der feste Rückstand von der Destillation des Schiefers beträgt etwa 70 Proc. desselben und hat gar keinen oder einen höchst unbedeutenden Werth; die Heizung des Destillirapparats kostet überdieß Brennmaterial, während sie beim Verkohlen der Kohks nichts kostet; endlich sind die Kohlenwasserstoffe im Schiefer in geringerer Menge enthalten als in der Steinkohle.

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Tafel Tab. II
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