Titel: Ueber eine Methode Gefäße aller Art hermetisch zu verschließen, besonders die zum Aufbewahren der Nahrungsmittel nach Appert's Methode bestimmten, und über ein Verfahren die mit Zucker eingemachten Früchte zu conserviren; von Hrn. Maissiat, außerord. Professor der Medicin zu Paris.
Fundstelle: Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LVI., S. 268
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LVI. Ueber eine Methode Gefäße aller Art hermetisch zu verschließen, besonders die zum Aufbewahren der Nahrungsmittel nach Appert's Methode bestimmten, und über ein Verfahren die mit Zucker eingemachten Früchte zu conserviren; von Hrn. Maissiat, außerord. Professor der Medicin zu Paris. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Aug. 1847, S. 412. Maissiat, über eine Methode Gefäße aller Art hermetisch zu verschließen. Verfahren die Glasgefäße zu verschließen. Zurichten der Gefäße. Jedes gewöhnliche Glasgefäß mit weitem Hals, wie groß auch seine Oeffnung seyn mag, kann man nach meinem Verfahren mit geringen Kosten eben so dicht verschließen, als dieß bei einem Flacon mit engem Hals und eingeschmirgeltem Glasstöpsel der Fall ist. Es besteht in der Hauptsache darin, daß man sich auf den Glashütten convexe Deckel verfertigen läßt und dann auf einer Drehscheibe entweder das Glas oder den Deckel sich um seine Achse drehen läßt, indem man das andere Stück in der erforderlichen Stellung darauf hält, nachdem man zwischen beide Schmirgel gebracht hat. Hiebei werden die ersten Berührungspunkte schnell zerstört, die Berührung breitet sich allmählich aus und wird endlich eine ununterbrochene und sehr genaue. So erhält man einen wahren aufgeschmirgelten Glasstöpsel. Die Berührungsflächen werden also auf dieselbe Art erzeugt, wie für die gewöhnlichen Flacons mit engem Hals, nur befinden sie sich auf dem Rand des Gefäßes anstatt im Hals desselben. Das Resultat ist dasselbe, nur kommt die Handarbeit für die genaue Verschließung viel wohlfeiler zu stehen. Bei solchen Gefäßen dringt also der Deckel nicht kegelförmig ein, wie ein Pfropf in den Hals, und wird nicht durch Reibung an seiner Stelle erhalten, sondern er liegt bloß durch sein eigenes Gewicht auf den Berührungsflächen auf. Kitt zur Vereinigung. Damit der Deckel an seiner Stelle kleben bleibt (aber auch zum genauen Verschließen des zwischen einem eingeschliffenen Pfropf und seinem Hals gewöhnlich vorhandenen ringförmigen Spalts) kann man einen Verbindungskitt anwenden, welcher in der Hauptsache aus aufgelöstem und zum Theil mit Kalk verbundenem Kautschuk besteht. Man löst zuerst den Kautschuk mittelst der Wärme auf (ein fünfzehntel Talg oder Wachs, gleich anfangs zugesetzt, begünstigt das Schmelzen und scheint nicht zu schaden); das Feuer muß nach und nach verstärkt und die Masse unaufhörlich umgerührt werden; daß die Temperatur zu sehr gesteigert worden ist, erkannt man an einem reichlichen Rauch. Sobald das Schmelzen eingetreten ist, setzt man in kleinen Portionen nach und nach an der Luft zerfallenen und gesiebten Kalk zu, indem man den Teig mit einem starken Spatel umrührt. Der starke Geruch des Kautschuks nimmt dadurch ab und verschwindet bald vollständig. Es stellt sich dafür ein eigenthümlicher schwacher Geruch ein, welcher den guten Gang der Operation und die innige Verbindung einer Portion Kalk mit dem Kautschuk anzeigt. Der überschüssige Kalk spielt die Rolle eines trägen Pulvers, welches dem Kitt Consistenz verleiht. Wenn man annehmen kann, daß der Kitt dick und zäh genug ist, setzt man keinen Kalk mehr zu, nimmt das Gefäß vom Feuer und der Kitt ist fertig. Dieser Kitt ist ausgezeichnet plastisch; er scheint nicht auszutrocknen, wenigstens langsam. Ich habe solchen angewandt, welcher selbst nach einem Jahr seine physischen Eigenschaften beibehalten hatte, obgleich er der freien Luft ausgesetzt war. Durch Zusatz von Mennig kann man ihm die Eigenschaft ertheilen mit der Zeit mehr oder weniger zu erhärten. So bewirkt ein fünftel Mennig nach Verlauf eines Jahrs bei einer dünnen Schicht dieses Kitts schon eine bedeutende Cohäsion; solcher Kitt ist in Wasser, verdünntem Altohol etc. unauflöslich. Um ihn anzuwenden, braucht man ihn nur vorher einige Augenblicke zu kneten, worauf man ihn gerade so mit einem Messer aufträgt, wie weiches Wachs, Glaserkitt etc. Um ein Gefäß zu verschließen, trägt man also auf den abgeschmirgelten Rand seiner Oeffnung eine dünne Schicht dieses Kitts auf, legt hierauf den Deckel ganz genau auf, drückt mit einem Finger auf seinen Mittelpunkt und dreht ihn mit der anderen Hand um, was hinreicht um den Kitt gleichförmig zu verbreiten. Obgleich dieser Kitt weich ist, so hat er doch eine große Adhärenz am Glase und eine bedeutende Zähigkeit. Wenn man z.B. ein cylindrisches Standglas von mehreren Litern Hohlraum und 5 1/2 bis 7 1/2 Zoll Durchmesser mit Flüssigkeit fast ganz anfüllt und es dann auf beschriebene Weise verschließt, so kann man es sogleich umstürzen, die Oeffnung nach unten, ohne daß der Deckel durch die auf ihn drückende Flüssigkeitssäule sich ablöst oder Flüssigkeit entweicht. Anwendung dieses Verschlusses der Gefäße zum Conserviren der Nahrungsmittel nach Appert's Methode. Appert bemerkt an mehreren Stellen in seinem Werke über das Einmachen der Nahrungsmittel,Livre de tous les ménages. 1810. wie nothwendig und schwierig es ist die Gefäße hermetisch zu verschließen, wovon der ganze Erfolg der Operation abhängt. Gegenwärtig benutzt man hiezu entweder Büchsen aus Weißblech welche verlöthet werden, oder Glasgefäße die man mit Korkstöpseln verschließt, welche nachher mit Theer überzogen werden. Die Blechbüchsen schließen allerdings luftdicht, ertheilen aber gewissen Conserven einen Metallgeschmack. Ueberdieß sind sie schwer zu öffnen und werden dabei meistens beschädigt. Andererseits sind die Nahrungsmittel darin nicht sichtbar, der Kaufmann kann sie also nicht überwachen und der Consument muß sie kaufen ohne sie gesehen zu haben. Die Anwendung von Glasgefäßen mit Korkstöpseln hat wieder andere Nachtheile. Der Kork ist ein poröser Körper und kann daher nicht lange Zeit hermetisch schließen. Allerdings wenden wir ihn für unsere Weine mit gutem Erfolg an, allein hiebei vereinigen sich Umstände, welche bei den Conserven nicht stattfinden, denn 1) verderben die Weine und Liqueure nicht leicht; 2) haben die Flaschen einen sehr engen Hals, so daß man feine und stark zusammengedrückte Korkstöpsel anwenden kann; 3) bewahrt man die Weinflaschen liegend auf, weßhalb der Kork nicht austrocknen kann, sondern beständig aufgeschwellt bleibt; 4) endlich dringt in Folge der Exosmose aus einer Mischung von Wasser und Alkohol fast bloß Wasser durch eine vegetabilische Scheidewand. Dagegen ist es kaum möglich, Gasarten genau und auf die Dauer mit großen Korkstöpseln zu verschließen; gerade darum handelt es sich aber, streng genommen, bei den Conserven. Ferner kann man nur Gefäße mit engen Oeffnungen durch Korke verschließen, daher man bei ihrer Anwendung die Conserven mit Mühe und Schaden in kleine Stücke zertheilen muß. Endlich scheint es, daß bei der Versendung von Früchten aus Europa nach Amerika etc. der Kork durch klimatische Einflüsse eine Veränderung erleiden und von gewissen Insecten durchbohrt werden kann. Wir wollen nun die verschiedenen Methoden Nahrungsmittel zu conserviren, speciell durchgehen, um zu zeigen, welche Verbesserungen durch Anwendung unserer Gefäße in diesem Industriezweig erzielt werden können. Abgesehen von den ausgetrockneten, geräucherten und gesalzenen Conserven, bei welchen der natürliche Geschmack des Nahrungsmittels ziemlich verändert ist, werden die gewöhnlichen eingemachten Nahrungsmittel im Wesentlichen nach folgenden Methoden conservirt: 1) Man hat Fleischconserven nach Hildebrand's Methode, wo bei man das Fleisch in Gasarten bringt, worin keine Gährung des selben stattfinden kann, z.B. Kohlensäure, schweflige Säure, Salpeter gas etc. Für diese Methode sind hermetisch verschlossene Gefäße unentbehrlich, denn bekanntlich findet ein schneller Austausch der Gasarten selbst durch die feinsten Spalten der Gefäße statt. 2) Eine andere Methode besteht im Ausschließen des Sauerstoffs derjenigen Gasart, welche die Fäulniß einleitet. Hier wird das Nahrungsmittel in dem Stickgas conservirt, welches von der atmosphärischen Luft zurückblieb, die anfangs im Gefäß eingeschlossen war. Hieher gehört das Säckchen mit Einfach-Schwefeleisen, welches die Mexicaner mit den Früchten einschließen, die sie aufbewahren wollen, insbesondere aber die so verbreitete Appert'sche Methode, welche bekanntlich darin besteht, das Nahrungsmittel vorerst genau einzuschließen und es so ein geschlossen der Wärme auszusehen, welche je nach den Substanzen bis auf 80° Reaumur getrieben werden muß. Die Wärme bewirkt nach Gay-Lussac die Verbindung des Sauerstoffs der eingeschlossenen Luft mit dem Nahrungsmittel, so daß in dem Gefäß kein freier Sauerstoff zurückbleibt, welcher darin die Fäulniß einleiten könnte. Auch hiebei ist ein hermetischer Verschluß unumgänglich nöthig. 3) Bei den Conserven in Branntwein, mit oder ohne Zusatz von Zucker, wäre ein hermetischer Verschluß gewiß vortheilhaft, weil man dabei eine Flüssigkeit von geringerem Alkoholgehalt anwenden könnte, was abgesehen von der Verminderung der Kosten, den Vortheil gewähren würde, daß die conservirte Frucht weniger einschrumpft und ihren Geschmack weniger verändert. 4) Endlich hat man Zuckerbackwerk, welches so zu sagen an freier Luft oder bloß unter Papier aufbewahrt wird. Auch für diese Sorte wäre die Anwendung meiner Gefäße wahrscheinlich eine große Verbesserung. Ein Gelée-Confect, Zuckermus etc. bereitet man gewöhnlich aus gleichen Theilen Zucker und Frucht. Man kocht dieses Gemenge meistens einige Stunden lang, wenn man beabsichtigt daß es sich gut conservirt. Dieses Verfahren hat den Nachtheil, daß der Geschmack der Frucht immer mehr verschwindet, je länger das Kochen fortgesetzt wird, daß sie ihre natürliche Farbe verliert und eine Art braunes Extract entsteht, welches sich in Aussehen, Geschmack und Geruch, bei verschiedenen Früchten wenig unterscheidet. Zuckert man verschiedene Früchte, z.B. Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen, Johannisbeeren, Aepfel, Birnen etc., so ändern sich in der Kälte Geschmack, Geruch und Farbe derselben durchaus nicht; läßt man aber dieses gezuckerte Obst kochen, so ändert sich alles, die Farbe wird braun, der Geschmack nähert sich dem Weinbeermus und der Geruch dem gebrannten Zucker. Es ist daher wünschenswerth, die mit Zucker eingemachten Früchte nur wenig kochen zu lassen, damit sie Geruch, Geschmack und Farbe beibehalten. Wenig gekochter Confect hält sich aber nicht lange, sondern geht bald in Gährung über. Dieß ist der Fall, wenn man die Gefäße wie bisher mit Kork, Pergament, überhaupt porösen Körpern verschließt; würden die gezuckerten Früchte aber auch bei hermetischem Verschluß gähren? Folgender Versuch, den ich im vorigen Jahr bei einem Zuckerbäcker anstellen ließ, macht es wahrscheinlich, daß sich mittelst meines hermetischen Verschlusses schwach gekochte, mit Zucker eingemachte Früchte ohne eintretende Gährung aufbewahren lassen. Neues Verfahren die mit Zucker eingemachten Früchte zu conserviren. Es wurde Aprikosenbrei im gewöhnlichen Verhältniß mit Zucker versetzt und dann auf das Feuer gebracht, um ihn auf gebräuchliche Weise zu kochen, jedoch wieder weggezogen, als die Temperatur erst 40° Reaumur betrug; man goß dann dieses Confect in zwei Gefäße, welche man sogleich verschloß. Der Zuckerbäcker versicherte, daß dasselbe, auf gewöhnliche Weise aufbewahrt, in acht Tagen gähren und verderben würde. Eines dieser Gefäße wurde neulich geöffnet und der Inhalt hatte sich in Geruch, Geschmack und Farbe gar nicht verändert. Die Gefäße mit meinem Verschluß gewähren noch den Vortheil, daß sie das Austrocknen des eingemachten Obsts verhindern, wobei der Zucker häufig krystallisirt. Bei Anwendung von Korkstöpseln findet dieses Austrocknen immer statt, und nicht nur bei Gefäßen mit weiter Oeffnung, sondern sogar bei Weinflaschen die man aufrecht stehen läßt; die Luft dringt durch den ausgetrockneten Stöpsel ein, Dämpfe treten aus und mit der Zeit bildet sich Schimmel.Hr. Becquerel bemerkt in einem der Société d'Encouragement über Maissiat's Erfindung erstatteten Bericht, daß das beschriebene Verfahren schon seit einigen Jahren mit bestem Erfolg zum Verschließen von Glasgefäßen angewandt wird, welche anatomische Präparate enthalten. – Wenn die Oeffnungen der Gläser nicht groß sind, benutzt man als Deckel eine ebene Glasscheibe; für große Oeffnungen soll der Deckel aber von außen nach innen etwas convex seyn, damit er in Folge der meistens eintretenden Luftverdünnung im Gefäß, nicht zerbricht. Legt man den Deckel auf das Gefäß bloß auf, so ist dasselbe nach einiger Zeit doch verschlossen, weil durch die Absorption der Gase eine Luftverdünnung im Innern desselben entstand und der Deckel durch die äußere Luft aufgedrückt wurde. Ist der innere Druck größer als der äußere, so hebt sich der Deckel, fällt dann zurück und das Gefäß verschließt sich wieder von selbst, wenn der Kitt klebrig blieb.