Titel: Ueber die Bereitung der Schießbaumwolle, des Collodions und über Kapseln aus letzterem; von Hrn. Sourisseau.
Fundstelle: Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XCII., S. 435
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XCII. Ueber die Bereitung der Schießbaumwolle, des Collodions und über Kapseln aus letzterem; von Hrn. Sourisseau. Aus dem Journal de Pharmacie, December, 1848, S. 417. Sourisseau, über die Bereitung der Schießbaumwolle, des Collodions und über Kapseln aus letzterem. Das Gaudin'sche Verfahren zur Bereitung der Schießbaumwolle (polytechn. Journal Bd. CIII S. 44 und 216) liefert selten ein befriedigendes Resultat; das Product löst sich beinahe niemals in einer Mischung von Aether mit Alkohol auf; bei folgender Abänderung des Verfahrens kann man sich, selbst bei Anwendung käuflicher Schwefelsäure, auf das Gelingen verlassen. Die von Gaudin vorgeschriebenen Mengenverhältnisse werden beibehalten; man zerschneidet die kardirte Baumwolle mittelst einer Schere möglichst fein; wascht sie in Wasser aus, welches mit ein wenig kohlensaurem Natron versetzt ist und trocknet sie; hierauf erhitzt man einen großen Porzellanmörser mittelst siedenden Wassers, trocknet ihn gut ab, vermengt darin den Salpeter mit der Schwefelsäure und setzt gleich darauf die Baumwolle zu. Nach Verlauf von drei Minuten gießt man das Gemenge in ein mit Wasser gefülltes Gefäß und zerrührt die Masse darin gut. Ist dieß geschehen, so gießt man das Ganze in eine große umgestürzte Bouteille ohne Boden, deren Hals mit Leinentuch zugebunden ist, um das Wasser hindurchzulassen. Auf diese Weise geschieht das Auswaschen sehr gut, schnell und ohne allen Verlust an Product. Nachdem das Product gesammelt ist, drückt man es stark aus und trocknet es. Von 2 Grammen Baumwolle erhielt ich 4 3/10 getrocknete, in einer Mischung von Aether und Alkohol vollkommen auflösliche Schießbaumwolle. Durch das Erhitzen des Mörsers wird das außerdem teigige Gemenge von Schwefelsäure und Salpeter flüssig, die Baumwolle daher gleichmäßig benetzt und die Reaction lebhafter. Durch die unmittelbare Berührung und die gleiche Länge der Fäden kann man die Reaction in dem Augenblick, wo alle Wolle in den explodirenden Zustand übergegangen ist, aufhalten; außerdem wäre einerseits eine unvollkommene Umbildung oder andererseits eine zu lange andauernde Einwirkung zu befürchten. Das Collodion suchte ich in Blättern darzustellen, und goß es zu diesem Behufe auf eine Glasscheibe. Das Häutchen, welches sich bildete, machte sich vom Glase los, zog sich stark zusammen und schrumpfte ein. Um dieß zu verhindern, klebte ich ein Viereck aus schmalen Papierstreifen auf das Glas und goß das Collodion in das Viereck, von welchem das Blatt zurückgehalten wurde. Nach dem völligen Trocknen schnitt ich es mit einem Federmesser von dem innern Rande des Vierecks ab; es machte sich los, wurde aber von der Glasfläche stark angezogen; ferner wurde es von in die Nähe gebrachten Körpern angezogen. Dieser elektrische Zustand ist ohne Zweifel Folge der Verdampfung des Aethers. So erzeugte Collodionblätter sind sehr dünn, sehr leicht, durchsichtig, gegen Feuchtigkeit empfindlich und scheinbar wasserdicht; sie fangen leicht Feuer, wozu ein einziger Funke hinreicht; bei den damit getränkten Zeugen ist dieß nicht der Fall. Die Wasserdichtheit des Collodions erwies sich durch Versuche als eine sehr unvollkommene. Wegen der Unauflöslichkeit des Collodions in Wasser dürften davon verfertigte Kapseln sich zum Einschließen flüssiger Arzneimittel eignen, welche unangenehm schmecken und die Gallertekapseln auflösen würden. Man kann solche auf zweierlei Weise verfertigen. Die eine Methode besteht darin, daß man Wachsformen von der gewünschten Gestalt macht, die man, an Stricknadeln gesteckt, zwei- bis viermal in Collodion taucht; man zieht hierauf die Nadeln heraus, legt die Kapseln in die Löcher einer Eisenplatte und stellt solche in die Trockenkammer; durch die Wärme schmilzt das Wachs und läuft aus den Kapseln. Das zweite Verfahren besteht darin, Formen aus Kreide und Pfeifenerde zu verfertigen, um der Masse Körper zu geben; man steckt sie an Stricknadeln und läßt sie trocknen; hierauf kann man sie, wenn man will, mit einer Schicht Gummi überziehen, durch welche eine glatte Oberfläche erhalten wird und die Kapseln schöner und durchsichtiger ausfallen; hierauf taucht man sie in das Collodion; man braucht sie dann nur in verdünnte Salzsäure zu halten, oder besser noch in jede von den Nadeln gelassene Oeffnung ein fein ausgezogenes Röhrchen zu stecken, durch welches die Säure ausfließt, von der die Masse, welche die Form bildete, in wenigen Augenblicken aufgelöst wird. Die auf letztere Weise verfertigten Kapseln lassen hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit und Wasserdichtheit noch einiges zu wünschen übrig, weßhalb die erstern den Vorzug verdienen.