Titel: Ueber die Alpaga, ferner den Bastard derselben und der Vicunne.
Fundstelle: Band 112, Jahrgang 1849, Nr. XVI., S. 70
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XVI. Ueber die Alpaga, ferner den Bastard derselben und der Vicunne. Im Auszug aus den Comptes rendus, Jan. 1849, Nr. 3 und 4. Ueber die Alpaga. Wir theilten bereits im polytechn. Journal Bd. CVII S. 308 Bemerkungen des Hrn. Geoffroy Saint-Hilaire über die Acclimatisirung der Alpaga (Kameelziege) mit. Beispiele aus Schottland, England, Holland und Frankreich stellen dieselbe außer Frage. Die franz. Regierung und eine von Hrn. Röhn gebildete Gesellschaft betreiben die Einführung derselben in Frankreich in großem Maaßstabe. Die Einfuhr der Wolle von diesem Thier stieg in England vom J. 1835 bis 1839 von 8000 Ballen (à 80 bis 90 Pfd. engl.) auf mehr als 34,500 Ballen. Seit dem J. 1840 wird sie in Frankreich, in den Departements des Nordens und der Saonne, versponnen, und ihr Preis ist in England, woher sie bezogen wird, auch höher gestiegen. Er wird noch mehr steigen, weil Peru die Ausfuhr dieser Wolle sehr zu erschweren beginnt. Glücklicherweise aber besitzt auch Bolivia diese Thiere. Besondere Aufmerksamkeit aber verdient die Wolle der Alpa-Vicunne, des Bastards der Alpaga und der (a. a. O.) ebenfalls erwähnten Vicunne (Schafkameel). Schon vor Jahren in Spanien eingeführte Individuen der genannten verschiedenen Species hatten sich auf der lange dauernden Reise gekreuzt. Die Wolle der erhaltenen Bastarde ließ sich nicht nur verspinnen und sehr gut zu Tuch und Stoffen verarbeiten, sondern konnte auch von Hutmachern wie der Castorfilz verarbeitet werden. Merkwürdig ist, daß die Alpa-Vicunnen auch fruchtbar sind. Berichte, welche in der jüngsten Zeit von Hrn. Castelnau aus Peru eingingen, bestätigen diese ihm unbekannt gebliebenen Erfahrungen des Spaniers Fr. de Theran. Von einem männlichen Alpaga und vier weiblichen Vicunnen hatte ein Einwohner des Städtchens Macucani in Peru 23 Bastarde erhalten, schöne Thiere von der Größe zwischen ihren Eltern. Ihre Wolle ist 14–15 Centimeter lang, sehr fein und der Seide ähnlich; ein einziges Männchen war kaffeebraun. Diese ihre Fruchtbarkeit, sowie mehrere Beispiele der Fruchtbarkeit der Bastarde verschiedener Säugethiere und Vögel widerlegen also die bisherige Meinung, als gäben die Kreuzungen zweier Thierspecies nur unfruchtbare Individuen. Auch Dr. Weddell, ein Naturforscher welcher Hrn. Castelnau auf seiner Expedition begleitete, bezeugt die Fortpflanzung dieser Bastarde. Die Wolle derselben vereinigt die außerordentliche Länge der Alpagawolle mit der Feinheit der Vicunnenwolle, beide Eigenschaften in fast gleichem Grade wie bei der ursprünglichen Species, was beim Zusammenbringen der beiden Species beabsichtigt wurde. Das Bastardthier gleicht mehr dem gemeinen Lama als einem seiner Eltern. Auf eine Bemerkung Boussingault's, daß die Lamas seit der Einführung der Schafrace sich in Peru sehr vermindert haben, erwidert Hr. Geoffroy de St. Hilaire, daß wenn dem auch so wäre, dieß gegen ihre Einführung in Europa nichts beweisen würde, die dortige Bevölkerung wisse eben die herrliche Wolle nicht gehörig zu benutzen. Allerdings haben sich die Lamas daselbst vermindert; wenn in ein Land neue Species von Hausthieren eingeführt werden, müssen aber die frühern ihnen immer in gewissem Maaße Platz machen. Dessenungeachtet gibt es nach der Aussage mehrerer Reisenden deren daselbst in Unzahl. (Das Fleisch des Lama soll dem Hammelfleisch ähnlich schmecken und sein Mist das einzige Brennmaterial der Bewohner der hochgelegenen Theile Peru's und Bolivia's seyn.) Nicht in den Ebenen und niedern Bergen, sondern auf unsern Hochgebirgen ist die Einführung dieser Thiere anzuempfehlen; dort können sie eine Quelle von Reichthümern für die Bewohner werden.