Titel: Ueber den Kaffee und seine Bestandtheile; von Payen.
Fundstelle: Band 113, Jahrgang 1849, Nr. LXXI., S. 298
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LXXI. Ueber den Kaffee und seine Bestandtheile; von Payen. Im Auszug aus den Annales de Chimie et de Physique, Mai 1849, S. 108. Payen, über den Kaffee und seine Bestandtheile. Payssé, Chenevix, Cadet de Vaux und Cadet de Gassicourt untersuchten den Kaffee hinsichtlich seiner Zusammensetzung, ohne einen seiner näheren Bestandtheile isolirt darzustellen; Runge entdeckte das Caffeïn, eine stickstoffhaltige, krystallisirbare Substanz, welche dann Robiquet näher untersuchte, der auch zwei Fettsubstanzen im Kaffee fand, wovon eine ihm harzähnlich erschien. Rochleder untersuchte im J. 1844 die Fettsubstanzen des Kaffees; er zog aus denselben Palmitinsäure und Oleïnsäure; er zeigte, daß der Kaffee kein Harz enthalte, dagegen eine stickstoffhaltige Substanz, das Legumin. Das feste Gewebe schien ihm aus einer der von mir näher bestimmten Holzsubstanzen zu bestehen. Trotz aller dieser Arbeiten schien mir die Kenntniß des Kaffees noch nicht erschöpft zu seyn und ich suchte sie etwas weiter zu fördern. Organographische Untersuchung. – Die feste, hornartige Masse, welche den Eiweißkörper (Perisperm oder Endosperm) dieser, ihrer Fruchthülle beraubten Körner bildet, zeigt unter dem Mikroskop ein aus nebeneinander liegenden Zellen bestehendes Gewebe mit dicken Wänden, worin sich unregelmäßige Höhlungen befinden, welche unter sich durch kleine Oeffnungen in Verbindung stehen. Die bei Gegenwart von Jod durch Schwefelsäure ihres Zusammenhangs beraubten dicken Wände nehmen jene indigblaue Färbung an, welche die Zellsubstanz (Cellulose) charakterisirt, und lösen sich alsdann zu einer gummiartigen Flüssigkeit auf, die das Dextrin enthält. Die zusammengehäuften organischen Körperchen, durch diese Reagentien orange gefärbt, zeigen bei ihrer stickstoffhaltigen Zusammensetzung: 1) ein peripherisches Oberhäutchen, welches die Oberflächen des Eiweißkörpers in allen seinen Falten bedeckt; 2) schwammige stickstoffhaltige Substanzen, welche die epidermischen Zellen ausfüllen und ölartige Substanzen einschließen; 3) in den mehr nach innen gelegenen Zellen ähnliche körnige Körperchen, welche Fettsubstanzen enthalten; 4) endlich blätterige Membranen, die in den Gängen zwischen den Zellen mit stickstoffhaltigen Substanzen erfüllt sind. Nähere Analyse. – Man pulverisirt zuerst den Kaffee mittelst der Feile oder im Mörser und erschöpft ihn alsdann im Apparat zum Verdrängungs- und ununterbrochenen Destillations-Proceß durch Aether. Die ätherische Solution gibt durch Abdampfen zur Trockne eine Fettsubstanz, welche durch Auswaschen mit kochendem Wasser gereinigt wird. Die wässerigen Lösungen hinterlassen beim Abdampfen einen fahlgelben oder braunen Rückstand, welcher mit wasserfreiem Alkohol behandeltDer in diesem sich nicht auflösende Theil des wässerigen Extracts, enthält eine kleine Menge einer neuen krystallisirbaren Substanz, ferner Legumin und noch eine andere stickstoffhaltige Substanz., nach der Verdampfung einen krystallinischen Absatz gibt, der nur mit kaltem Alkohol ausgewaschen, in kochendem Alkohol aufgelöst und zum Krystallisiren gebracht zu werden braucht, um nach zweimaliger solcher Behandlung das Caffeïn in dünnen, weißen, glänzenden Nadeln zu erhalten. Das so zum erstenmal direct dargestellte Caffeïn schmilzt in der Wärme und verflüchtigt sich ohne Rückstand; seine verdichteten Dämpfe liefern in farblosen, durchscheinenden Prismen sublimirte Krystalle. Dasselbe ergab bei vier Analysen eine atomistische Zusammensetzung, welche von der bisher angenommenen wenig abweicht; sie entspricht der Formel: 16C, 10H, 4N, 3O. Die procentische Zusammensetzung ist hienach = C 50,855, H 5,085, N 30,000, O 14,060. Der durch Aether erschöpfte Kaffee wird mit Alkohol von 60 Volumsproc. bis zur Erschöpfung ausgewaschen; die zur dünnen Syrupsconsistenz eingedickten Lösungen werden mit ihrem dreifachen Volum Alkohols von 85 Volumsproc. vermischt. Die Flüssigkeit scheidet sich nun in zwei Theile; der eine, klebrige, bleibt unten, der andere, sehr flüssige, bleibt darüber stehen. Letzteren, welcher den neuen krystallisirbaren Körper zum größten Theil enthält, gießt man ab. Von seinem Gehalt daran kann man sich dadurch überzeugen, daß man eine kleine Portion davon in eine Röhre bringt und einen Tropfen Ammoniaks zusetzt; eine gelbe, ins Grüne ziehende Färbung, welche immer intensiver wird, ist ein sicheres Anzeichen; sie führte zu dem Verfahren, welches ich beschreibe, und gibt auch einen Anhalt bei den weitern Operationen, wenn man bei Behandlung der Mutterlauge die dem Caffeïn fremdartigen Substanzen auszuscheiden sucht. Um ferner aus den verschiedenen Niederschlägen einen Theil des krystallisirbaren Körpers wieder aufzunehmen, brauchen sie nur mit wenig Wasser wieder aufgelöst und mit Alkohol von 85 bis 90 Volumsproc. niedergeschlagen zu werden; die überstehende Flüssigkeit enthält das Caffeïn aufgelöst. Alle alkoholischen Lösungen werden im Wasserbad destillirt. Der syrupdicke Rückstand wird mit ein Viertel seines Volums Alkohol von 90 Volumsproc. angerührt. An einen kühlen Ort gestellt, gibt er nach 24 bis 48 Stunden körnige Krystalle, die man auf einem Filter sammelt und durch Anrühren mit Alkohol von 65 Volumsproc. reinigt; nun werden sie mit Alkohol von 70–85 Proc. ausgewaschen. Sie werden hierauf im Wasserbade in Alkohol von 60 Proc. bis zur Sättigung aufgelöst. Beim Erkalten erhält man reichlich beinahe reine prismatische Krystalle. Man vollendet ihre Reinigung durch Wiederauflösen in Alkohol und zweimaliges Krystallisirenlassen; zuletzt läßt man sie abtropfen und im luftleeren Raum bei 110° C. trocknen.Zu allen, die Gewinnung und Reinigung der neuen krystallisirbaren Verbindung bezweckenden Operationen muß man sich reinen, luft- und von jeder Spur Ammoniaks freien, destillirten Wassers bedienen; so auch zum Verdünnen des reinen Alkohols auf verschiedene Grade; endlich ist es gut, die Lösungen im luftleeren Raum oder unter Glocken neben Schwefelsäure stehen zu lassen. Eigenschaften und Zusammensetzung der krystallinischen Substanz des Kaffees. – Das Verhalten dieser Substanz zu einigen Körpern könnte man ohne die Kenntniß ihrer Zusammensetzung nicht erklären. Der die reiche grüne Färbung hervorbringende farblose Stoff ist die von mir aus diesem Grunde so genannte Chlorogensäure. Die krystallisirbare Verbindung oder das natürliche Kaffeesalz ist das chlorogensaure Caffeïnkali. Nach dem Trocknen, noch warm gerieben, wird es so elektrisch, daß es sich einer hingehaltenen Messerklinge anhängt. In der Wärme verändert es sich bis zu 150° C. nicht; gegen 185° hin aber schmilzt es, nimmt eine schön gelbe Farbe an, kömmt ins Sieden, schwillt bis zu seinem fünffachen Volum auf und bleibt schwammig, gelblich, fest und zerreiblich. Bis 250° erhitzt, bräunt es sich und zersetzt sich zum Theil. Die sich entwickelnden Dämpfe geben, indem sie sich verdichten, nadelförmige Caffeïnkrystalle. Bei noch weiterer Erhitzung wird die braune Farbe noch intensiver, die Masse wird neuerdings flüssig, es verflüchtigen sich reichliche alkalische Dämpfe, sie schwillt wiederholt so auf, daß sie nun das vierfache Volum, oder das 20fache der ursprünglichen trockenen Krystalle einnimmt; die so erhaltene sehr leichte Kohle reflectirt auf ihrer Oberfläche Regenbogenfarben. Sicherlich ist dem zwischen der Zellensubstanz des Eiweißkörpers gelagerten chlorogensauren Salze das Aufschwellen der Kaffeebohnen beim Rösten (Brennen) derselben zuzuschreiben. Dieses Doppelsalz ist in wasserfreiem Alkohol, selbst in der Wärme, kaum löslich. Aus der mit Beihülfe der Wärme gesättigten Auflösung in Alkohol von 95 Proc. scheidet es sich beim Erkalten in strahlig zusammenlaufenden Prismen aus. Die Auflöslichkeit desselben nimmt zu, je mehr Wasser dem Alkohol zugesetzt wird. Reines Wasser löst noch mehr auf und die warm gesättigte Auflösung gesteht beim Erkalten zu einer Masse. Die wässerige Lösung färbt sich an der Luft gelblich und dann grünlichbraun. Die Krystalle dieses Salzes, mit Kali etwas erwärmt, färben sich zinnober- oder orangeroth. Mit concentrirter Schwefelsäure erwärmt, wird das Salz intensiv violett und bildet eine Bronzehaut. Aehnlich verhält es sich mit Salzsäure; mit Salpetersäure färbt es sich orangegelb. Essigsaures Blei bringt in seiner Lösung einen blaßgrünlichgelben, stockigen, der Bleiessig einen rein gelben Niederschlag hervor. Nur salpetersaures Silber bewirkt keine Veränderung, außer wenn ihm vorher ein wenig Ammoniak zugesetzt wurde, wo dann eine gelbe, ins Braune ziehende Färbung entsteht. Die Flüssigkeit trübt sich und bald zeigt sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit ein Häutchen reducirten Silbers, welches sich allmählich über die Wände des Glases verbreitet. Behufs der Analyse dieses Salzes wurde die Säure an Bleioxyd gebunden, was auf verschiedenen Wegen bewerkstelligt werden kann. Das Caffeïn wurde aus den Rückständen durch Alkohol ausgezogen und aus diesem in Krystallen gewonnen. Die Chlorogensäure wird durch Fällen des Bleies aus dem chlorogensauren Blei mittelst Schwefelwasserstoff abgeschieden und die beim Abdampfen erhaltenen Krystalle durch wasserfreien Alkohol gereinigt. Die weiße Säure löst sich in Alkohol und zwar um so leichter auf, je mehr Wasser ihm zugesetzt ist. Die wässerige Auflösung krystallisirt sehr schwierig; sie reagirt entschieden sauer und die Säure ist die Ursache der verschiedenen obenerwähnten farbigen Reactionen. Die Chlorogensäure ist nach Atomen zusammengesetzt = 14C 8H 7O; nach Procenten = 56C 5,6H 38,4O. Das chlorogensäure Caffeïnkali besteht in 100 Theilen aus 63,5 Chlorogensäure, 7,5 Kali und 29,0 Caffeïn, und hinsichtlich seiner Elemente aus 50,74 Kohlenstoff, 5,38 Wasserstoff und 9,12 Stickstoff, welche mit den 7,50 Kali verbunden sind. Die chemischen Formeln der Chlorogensäure und ihrer Salze lassen sich, bevor noch weitere Analysen damit angestellt wurden, endgültig nicht angeben; folgende Sätze aber sind als nachgewiesen zu betrachten: 1) Nur ein Theil des Caffeïns befindet sich im Kaffee im freien Zustande und kann unmittelbar, ohne Anwendung von Wärme, sehr rein daraus gezogen werden; 2) das Caffeïn spielt in der Zusammensetzung des natürlichen Doppelsalzes die Rolle einer Basis; 3) sowohl die in der organischen Säure von selbst eintretenden Veränderungen, als die durch die Temperatur-Erhöhung hervorgebrachten, setzen das Caffeïn in Freiheit und lassen eine braune Säure, Product der letzten Umbildung, mit dem Kali verbunden zurück. 4) das Doppelsalz präexistirt im Eiweißkörper der Früchte des Kaffeebaums in ihrem natürlichen Zustande; 5) unter den merkwürdigen Eigenschaften der Chlorogensäure verleiht ihre Eigenschaft, eine sehr intensive grüne Färbung hervorzubringen, der Entdeckung der krystallisirbaren Verbindung, deren schnelle und mannichfaltigen Umbildungen ihre Erkennung bisher verhinderten, ein besonderes Interesse. Aromatisches Oel des Kaffees. – Der Kaffee enthält aromatische Oele, welche von dem fetten Oel, das man durch obiges Verfahren aus ihm erhält, stark zurückgehalten werden; die aromatischen Eigenschaften desselben werden durch den Einfluß einer selbst schwachen Röstung modificirt. Es galt nun, diese geruchgebenden Körper, in Hinblick auf die Anwendung des Kaffees im gerösteten Zustand auszuziehen, zu studiren und zu wägen. Ich nahm zu diesem Behufe eine Reihe von Destillationen mit mehreren Kaffeesorten, die in verschiedenen Graden geröstet waren, in Glasapparaten vor, wobei die Producte gebrochen aufgefangen wurden; dieselben wurden bei verschiedenen Temperaturen von + 90° C. bis 2 oder 3° unter 0 verdichtet. Als Resultat geht aus diesen Versuchen hervor, daß die aromatischen Bestandtheile eines Kaffee-Aufgusses größtentheils in einem auf etwa 1/100 reducirten Volum isolirt dargestellt werden können; sie sind complicirter Art, und es können zweierlei wohlriechende ätherische Oele daraus gewonnen werden. Man braucht zu diesem Behufe nur das sie enthaltende Wasser mit 1/20 seines Volums Aether stark zu schütteln; man läßt 15 Minuten ruhig stehen und nimmt dann mittelst eines Tropfhebers die obenaufschwimmende Aetherlösung ab. Man wiederholt diese Operation viermal und nach dem Verdampfen des Aethers bleibt ein orangegelbes Oel zurück, dessen starker Geruch an einen Theil des in allen Kaffeesorten mehr oder weniger vorherrschenden Aroma's erinnert. Dieses ätherische Oel besteht aus zwei Theilen, wovon der eine minder flüchtige und minder flüssige durch eine Veränderung zu entstehen scheint, welche das mit dem angenehmsten aromatischen Geruch begabte Oel erleidet. Im mit Aether geschüttelten Wasser blieb eine ätherische Lösung des zweiten Oels zurück, welches einen höchst angenehmen aromatischen Geruch besitzt; die Menge desselben, in geringen Kaffeesorten unbedeutend, im Mokkakaffee groß, scheint den hauptsächlichen Unterschied zwischen den im Handel vorkommenden Sorten zu begründen. Es läßt sich leicht aus dem Kaffee ziehen, indem man Stücke von Chlorcalcium (salzsaurem Kalk) in die beiden ersten Recipienten des oben erwähnten Apparats bringt; die Auflösung desselben erhöht die Temperatur in diesen Gefäßen in dem Maaße, als der Dampf sich darin verdichtet. Ein dritter Recipient, über welchem sich eine mit Chlorcalcium gefüllte Röhre befindet, und der auf 20° C. abgekühlt ist, hält dann mit der Salzlösung beinahe alles durch den Aether ausgezogene aromatische Oel. Das auf diese Weise gewonnene Oel beträgt im Ganzen höchstens zwei Zehntausendstel vom Gewicht des Kaffees, was auch begreiflich ist, da ein Tropfen dieses Oels in der ganzen Stube einen starken Kaffeegeruch verbreitet. Wird das Brennen oder Rösten des Kaffees so weit getrieben, daß sein Gewichtsverlust 18 Proc. beträgt, so entwickeln sich außer den Oelen auch sehr flüchtige, empyreumatische Kohlenwasserstoffe von unangenehmem Geruch, deren Menge mit der bis zu 25 Proc. Gewichtsverlust fortgesetzten Röstung immer zunimmt. Die Verschiedenheit der im Handel vorkommenden Kaffeesorten beruht ohne Zweifel auf der Verschiedenheit der angebauten Varietäten, und den Umständen während ihres Wachsthums, durch Lage, Boden, Pflege und atmosphärische Einflüsse. Ich bemühte mich, in der Hauptsache die Verschiedenheiten zwischen zwei Handelssorten, über deren Ursprung mir kein Zweifel blieb, dem Martinique- und dem Mokka-Kaffee, zu ermitteln. Ersterer besteht in der Regel aus großen Bohnen mit eingedrückter Oberfläche; einige zu Ellipsoïden gerollte Bohnen stammen von Früchten, deren eines Eichen nicht zur Reise gelangte; noch seltener kommen Bohnen vor von etwas eckiger Gestalt, welche vom wechselseitigen Druck dreier in einer Frucht vorhandenen Eichen herrührt. Der Mokka-Kaffee unterscheidet sich vom vorigen durch die gelblichgraue Farbe seiner Bohnen, die auch kleiner sind; ihre minder regelmäßige Gestalt ist auf der Seite, welche der zweiten Bohne in jeder Frucht gegenüber liegt, gewöhnlich sehr abgeplattet; nur hie und da finden sich abgerundete Bohnen, die sich in einer Frucht, deren eines Eichen nicht zur Entwickelung kam, allein entwickelten. Mehrere Eigenschaften unterschieden den Mokka-Kaffee von allen andern; die etwas reichlicher vorhandene Fettsubstanz beträgt 23/100 seines ganzen Gewichts; sie war von gelblicher Farbe und flüssiger; ich vermochte sie nur in zwei Bestandtheile von verschiedenen, jedoch schwer zu bestimmenden Schmelzpunkten zu zerlegen. Ein Theil des aromatischen ätherischen Oels, welches übrigens ein angenehmeres war und mehr betrug, wurde von ihr stärker zurückgehalten. Die Fettsubstanz des Martinique-Kaffees, ebenso ausgezogen und durch kochendes Wasser erschöpft, ist brauner, minder flüssig; sie kann in vier Fette zerlegt werden, deren Schmelzpunkte 5, 20, 50 und ungefähr 90° C. waren. Letzteres war dem Wachs der Blätter ähnlich. Das Vorhandenseyn einer wachsartigen Substanz und die grüne Farbe der Bohnen könnten von der Zeit der Ernte und dem Augenblick der Entschälung abhängen. Es leuchtet ein, daß wenn man das von Saft erfüllte Fruchtmark entfernt, der ganz feuchte Eiweißkörper an der Luft durch den Sauerstoff eine gewisse Veränderung erleiden muß und daß das chlorogensaure Salz dabei theilweise grün wird, daß auch die Fettsubstanzen sich verändern, und das minder reichlich secernirte ätherische Oel sich ebenfalls verändern oder gar verflüchtigen kann. Diese den Resultaten der Analyse entsprechenden Hypothesen könnten auf die Vermuthung führen, daß sich manche Kaffeesorten verbessern ließen, indem man sie zu einer vollkommenern Reife gelangen läßt, ehe man sie entschält. Vielleicht würde man, wenn man einen Theil der Ernte zur Reife kommen und trocknen ließe, eine Sorte erhalten, die jenen Gemengen von Mokka-Kaffe mit grünen Sorten ähnlich wäre, deren Mischgeruch Viele dem allerdings lieblichem Geruch des reinen Mokka's vorziehen. Es verdiente diese Hypothese durch Versuche in den Colonien geprüft zu werden. Der Einfluß der Erntezeit und eines besondern Schälverfahrens scheint sich auch bei dem sogenannten Yungaskaffee in Bolivien zu zeigen. Diese Sorte bildet große, gelblichgraue, regelmäßige Bohnen; sie bestehen aus einer leichten Hülle, in welcher sich ein Eiweißkörper von gleicher Gestalt mit gleicher Furche bewegt, der aber, durch das Trocknen stärker eingeschrumpft, viel kleiner ist als die gewöhnlichen Kaffeebohnen. Dieser Kaffee muß lange Zeit vor seiner Reife geerntet und geschält worden seyn. Es ist dieß ein Luxuskaffee, welchem die Bolivier gewiß nur aus Gewohnheit den Vorzug geben, obwohl er wenig von dem lieblichen Aroma besitzt, das den Mokka und mehrere allgemein geschätzte Kaffeesorten auszeichnet. Nach meinen analytischen Resultaten ist der Kaffee im normalen Zustand annäherungsweise folgendermaßen zusammengesetzt: Zellensubstanz 34 hygroskopisches Wasser 12 Fettstoffe 10 bis 13 Traubenzucker, Dextrin, unbestimmte Pflanzensäure    15,5 Legumin, Caseïn 10 chlorogensaures Caffeïn-Kali 3,5 bis 5 stickstoffhaltige organische Substanz   3 freies Caffeïn      0,8 festes, in Wasser unlösliches ätherisches Oel          0,001 aromatisches, flüssiges, lieblich riechendes, in Wasser lösliches       ätherisches Oel und ein deßgleichen minder lösliches          0,002 mineralische Substanzen: Kali, Kalk. Talkerde, Phosphorsäure,       Schwefelsäure, Kieselerde, Spuren von Chlor          6,697 ––––––––– 100 Von hohem Interesse wäre es, die speciellen Wirkungen der dem Kaffee eigenthümlichen und in allen seinen Surrogaten fehlenden Bestandtheile auf die thierische Oekonomie kennen zu lernen, z.B. die des so wenig veränderlichen Caffeïns, des chlorogensauren Doppelsalzes mit seinem bitterlichen Geschmack im Schlund, welches durch den Sauerstoff so leicht verändert wird, endlich seiner aromatischen Oele. Hierüber können uns nur die Aerzte Aufklärung verschaffen. Man kann jedoch annehmen, daß die Hauptursache der speciellen Wirkungen des Kaffees nicht in dem so angenehmen und flüchtigen Aroma liege, welches allerdings einen großen Einfluß auf seinen commerciellen Werth hat, der sich nach der mehr oder minder großen Stärke und Lieblichkeit des Aroms jeder Sorte richtet.