Titel: Ueber das Säen und das sogenannte Ueberziehen des Saatkorns; von Lebel, Director des Pachthofes zu Bechelbronn.
Fundstelle: Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XVI., S. 71
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XVI. Ueber das Säen und das sogenannte Ueberziehen des Saatkorns; von Lebel, Director des Pachthofes zu Bechelbronn. Aus dem Moniteur industriel, 1850, Nr. 1432. Lebel, über das Säen etc. Das Ueberziehen (Umgeben mit einer Hülle, le pralenage) des Getreides hat zum Zweck, bei dem im Kleinen (mit Ochsen) getriebenen Feldbau die Säemaschine entbehrlich zu machen, ohne auf die Vortheile, welche letzteres Instrument gewährt, verzichten zu müssen. Die erste Frage, über welche man sich noch nicht vereinigt hat, ist: wie viel soll auf die Hektare gesäet werden? Bei ihrer Beantwortung hat der Landwirth die mehr oder weniger große Fruchtbarkeit des Bodens, die wahrscheinliche Witterung, die Strenge des Winters, die Früh- oder Spatsaat und die Größe des Saatkorns zu berücksichtigen. Auf dem Gute Bechelbronn und in der Umgegend werden im Durchschnitt zwei Hektoliter per Hektare gesäet. Der Ertrag ist im Maximum 24 Hektoliter, im Minimum 8 Hektoliter, also im Mittel 16 Hektoliter. Dieß ist auch der mittlere Ertrag des nicht besonders cultivirten Lehm- und Thonbodens. Das am dichtesten besäete Feld gibt nicht immer am meisten Korn, weil auf einer gewissen Fläche nur eine gewisse Menge Körner oder Getreidestöcke wachsen können. Wenn man auf die Hektare zwei Hektoliter säet, so kommen aus den Quadratdecimeter 4 Körner, oder 40,000 Körner auf das Are; das Liter enthielte demnach ungefähr 20,000 Körner. Je nach dem Jahrgang ist das Getreidekorn mehr oder weniger entwickelt, wonach auf das Liter zwischen 17 oder 18 und 20,000 Körner treffen; schon dadurch hat man nach den Umständen eine mehr oder weniger reichliche Saat. Man hat sich überzeugt, daß wenn man vier Körner auf den Quadratdecimeter säet und alles gut aufgeht, man um ein Drittel oder gar um die Hälfte zuviel gesäet hat; denn ein Samenkorn, welches gut aufgeht, nimmt mehr Raum ein, als einen Quadratdecimeter. Berücksichtigt man auch die Witterungseinflüsse, die Insecten und sonstigen Diebe aller Art, so ergibt sich doch, daß wir wenigstens zweimal so viel einsäen als erforderlich ist. Man suchte diesen Verlust des Säemanns zu vermeiden, indem man Maschinen erfand, die sehr regelmäßig säen. Die Hugues'sche Säemaschine säet sehr gut, wobei 192 oder in runder Zahl 200 Körner auf den Quadratmeter treffen, d. i. die Hälfte dessen, was wir zu säen pflegen. Diese allerdings sehr sinnreiche Maschine wird beim kleinen Landwirth schwerlich Eingang finden, theils schon weil sie zu kostspielig ist (ihr Preis ist 300 Franken), und dann weil wenigstens ein Pferd und zwei Mann zu ihrer Bedienung erforderlich sind. Wenn man das Saatkorn bestens zubereitet und dabei noch dafür sorgt, daß der Säer nicht zu dicht säen kann, so kann man eine Hektare mit 1 1/2 Hektoliter (150 Liter) recht gut ansäen. Einige Versuche, die ich anstellte, ergaben daß wenn man ein Hektoliter Getreide durch Ueberziehung präparirt, es aufschwellt, und voluminöser wird. 100 Liter werden zu 180; 200 Liter so zubereitetes Saatkorn entsprechen 133 Liter nicht präparirten Samens. Folglich werden per Hektare 67 Liter erspart. Um 100 Liter Getreide zu überziehen, löst man 1/2 Kil. Leim in 20 Liter (Kilogr.) Wasser auf und setzt 1/2 Kil. Kochsalz zu; man verschafft sich 20 Liter Holzasche und 20 Liter (an der Luft) zerfallenen Kalk, den man durch ein feines Sieb schlägt. Man bringt nun das Getreide in einen geräumigen Kasten, um es recht gut befeuchten und umarbeiten zu können, besprengt es mit den 20 Litern Leimwasser und siebt darüber halb Asche, halb Kalk, bis die Körner an Dicke nicht mehr zunehmen. Besser ist es noch nach dem Umrühren im Leimwasser die Körner auf ein großes Sieb zu bringen, und mit halb Asche, halb Kalk zu bestreuen; man schüttelt sie um, bis sie nicht mehr anschwellen und läßt sie auf einem Haufen 24 Stunden lang trocknen. Die 100 Liter entwickeln sich dadurch zu 145 und sogar 150 Liter. Das mit dieser Masse zu überziehende Getreide muß vorher mit Kupfervitriol präparirt worden seyn. Das Ueberziehen eines Hektoliters kömmt höchstens auf 2 Franken zu stehen. Wenn man das in Frankreich erzeugte Getreide als für 35 Mill. Menschen hinreichend annimmt und auf 5 Individuen jährlich 10 Hektoliter rechnet, so ergeben sich 70 Millionen Hektoliter. Nimmt man ferner für die Hektare einen mittlern Ertrag von 16 Hektoliter an, so sind zur Erzeugung obigen Bedarfs 4,370,500 Hektaren und zur ihrem Besäen mit 2 Hektoliter per Hektare 8,741,000 Hektoliter erforderlich. Wird hiervon durch oben angegebenes Verfahren nur ein Viertel erspart, so werden 2,185,250 Hektoliter, also ein solches zu 20 Fr. gerechnet, 43,705,000 Franken gewonnen.