Titel: Ueber das beim Eisenbahnwesen verwendete Eisen. Bericht der zur Untersuchung dieses Gegenstandes von der englischen Regierung angeordneten Commission.
Fundstelle: Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XXVI., S. 121
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XXVI. Ueber das beim Eisenbahnwesen verwendete Eisen. Bericht der zur Untersuchung dieses Gegenstandes von der englischen Regierung angeordneten Commission. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Febr. u. März 1850. Ueber das beim Eisenbahnwesen in England verwendete Eisen. Aus den uns bis jetzt gewordenen Belehrungen scheint hervorzugehen, daß die jetzt angewendeten Verhältnisse und Formen bei eisernen Constructionen, im Allgemeinen aus vielen und sorgfältigen Versuchen entnommen worden sind. Diese Untersuchungen über die Festigkeit der Eisensorten bestehen darin, daß man Stäbe von Schmiede-Der Uebersetzer bezeichnet mit Schmiedeisen alles Eisen, welches kein Gußeisen ist, mag es nun seine Form durch Hämmer oder Walzen erhalten haben. oder Gußeisen von verschiedener Gestalt der Einwirkung von Gewichten unterwirft und dann durch die Theorie und durch den Calcul Grundsätze und Regeln ableitet, die alsdann auf bestimmte Fälle in der Architektur und im Maschinenwesen angewendet werden können. Jedoch sind diese Versuche mit einer todten Belastung angestellt worden und lassen sich daher nur auf die Einwirkung eines ruhenden Gewichts anwenden. – Beim Eisenbahnwesen dagegen sind die Structuren im Allgemeinen Stößen, Erschütterungen und Torsionen, sowie einem momentanen ungeheuren Druck ausgesetzt, der durch den schnellen und wiederholten Uebergang schwerer Trains veranlaßt wird. Im geringern Grade finden sich diese störenden Ursachen mehr oder weniger bei allen Maschinen. Ihre Stabilität wird jedoch durch Vergrößerung ihrer Dimensionen nicht verstärkt, wenn nicht die Grundsätze, nach denen die Verstärkung gemacht werden muß, genau beachtet worden sind. So wissen wir, daß die Dimensionen gußeiserner Balken, welche eine ruhende Belastung, wie Wasserbehälter und Böden tragen sollen, solche Verhältnisse haben müssen, daß die sie zerbrechende Belastung dreimal so groß ist, als diejenige, welche sie tragen sollen, ja in manchen Fällen vier und fünfmal so groß. Sollen aber die Balken zu Eisenbahnbrücken dienen und sind sie vielen Stößen und Erschütterungen ausgesetzt, so ertheilt man ihnen eine größere Stärke dadurch, daß man die obigen Verhältnisse verändert und das zerbrechende Gewicht, je nach der Ansicht verschiedener Ingenieure, sechs- bis zehnmal bedeutender annimmt, als die Belastung. Manche Ingenieure sind dagegen der Meinung, daß in dem einen, wie in dem andern Falle ein Drittel von dem zerbrechenden Gewicht eine hinreichend sichere Belastung sey. Wir fanden in dem Verlauf unserer Untersuchungen sehr bald, daß die Einwirkung schwerer, sich mit großer Geschwindigkeit auf verschiedenen Constructionen bewegender Körper nie der Gegenstand directer wissenschaftlichen Untersuchungen gewesen sey. Da aber nach der Meinung aller praktischen und wissenschaftlichen Techniker solche Untersuchungen sehr wünschenswerth waren, so war unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Ausführung solcher Versuche gerichtet, die den Zweck hatten den gedachten Gegenstand zu erläutern. Die zu untersuchenden Fragen sind zweifacher Art: 1. Ob die Substanz des Metalls, welches eine lange Zeit hindurch Stößen und Erschütterungen unterworfen gewesen ist, in der Anordnung seiner Theilchen irgend eine Veränderung erlitten hat, um dadurch geschwächt werden zu können? 2. Welches sind die mechanischen Wirkungen der Stöße und des Ueberganges schwerer Lasten auf Stäbe und Balken, auf welche sie durch Biegen und Zerbrechen einwirken konnten? Es gibt unter den Technikern sehr verschiedenartige Ansichten über die erste von diesen Fragen. Es sind von uns manche bemerkenswerthe Thatsachen nachgewiesen, welche zeigen, daß Stücke von Schmiedeisen, die Erschütterungen ausgesetzt waren, wie die Achsen von Eisenbahnwagen und Locomotiven, die Ketten von Krahnen u.s.w., die zum Heben sehr schwerer Lasten angewendet wurden, nach einem längeren Gebrauch zerbrachen. Sie zeigten alsdann einen eigenthümlichen krystallinischen Bruch und eine geringere Festigkeit, welche nach der Meinung einiger Techniker als das Resultat einer stufenweisen Veränderung der Textur des Metalls durch die Erschütterungen angesehen wurde. Zur Bestätigung dieser Annahme werden mehrere Thatsachen angeführt, z.B. daß wenn ein gutes Stück fadiges Eisen mit einem Schraubengewinde mittelst einem Schneidzeug versehen wird, wobei stets eine erschütternde Bewegung einwirkt, der Querbruch da wo die Gewinde vorhanden sind, stets krystallinischer ist, als an andern Stellen des Stabes. Andere sehen diese eigenthümliche Textur als das Resultat einer fehlerhaften Behandlung bei der Darstellung des Eisens an, und läugnen solch eine Wirkung der Erschütterungen gänzlich. Anerkannt ist es aber, daß fadiges Eisen durch wiederholtes Rothglühen und Ablöschen, sowie durch anhaltendes Kalthämmern körnig gemacht werden kann. Hr. Brunel ist der Meinung, daß das verschiedenartige Ansehen des Bruches sehr viel von der Art und Weise des Zerbrechens des Eisens abhängt. Ein und dasselbe Stück Eisen zeige durch einen langsam wirkenden, schweren Schlag zerbrochen einen fadigen, und bei einem heftigen kurzen Schlage einen körnigen Bruch. Es hat also die Temperatur allein einen entschiedenen Einfluß auf den Bruch; in einem kalten Zustande zerschlagenes Eisen zeigt einen körnigern Bruch, als wenn es etwas gewärmt worden ist. Manche Techniker nehmen an, daß sich dieselben Wirkungen auch auf das Gußeisen ausdehnen lassen. Wir haben nun diese Frage durch verschiedene Versuche zu erläutern gesucht: Ein 3 Zoll im Quadrat starker Gußeisenstab wurde auf zwei Unterlagen gelegt, die etwa 14 Fuß von einander entfernt lagen. Nun wurde eine schwere Kugel an einem 18 Fuß langen Draht so aufgehängt, daß die Mitte der Kugelperipherie auf die Mitte von der Seite des Stabes traf. Zieht man nun die Kugel aus der verticalen Lage unter rechten Winkeln zur Länge des Stabes, wie ein Pendel, bis auf irgend eine Entfernung ab und läßt sie plötzlich fahren, so führt sie einen horizontalen Schlag gegen den Stab, dessen Stärke durch die Größe der Kugel und durch die Entfernung, aus welcher man sie fallen läßt, verändert werden kann. Verschiedene Stäbe, von denen einige schwächer als der obige waren, wurden durch diesen Apparat einer Reihe von Schlägen unterworfen, deren Anzahl sich meistens auf 4000 belief. Die Stärke der Schläge bei jeder Reihe von Versuchen war größer oder geringer, je nachdem es erforderlich war. Das allgemein erlangte Resultat bestand darin, daß wenn der Schlag stark genug war, den Stab bis zu seiner stärksten Biegung, d.h. bis zu der, wobei er bei einer ruhenden Belastung bricht, durchbiegen zu können, kein Stab im Stande war 4000 solcher Schläge nacheinander zu ertragen. Alle rein und gleichmäßig gegossenen Stäbe widerstanden dagegen der Einwirkung von 4000 Schlägen, wenn sie nur auf etwa 1/3 ihrer endlichen Biegung durchgebogen wurden. Andere Gußeisenstäbe von ähnlichen Dimensionen wurden der Einwirkung eines sich drehenden Daumens ausgesetzt, der durch eine Dampfmaschine umgetrieben wurde. Dadurch wurden sie in der Mitte ruhig niedergedrückt und konnten sich dann wieder heben, und jeder Stab wurde wohl 100,000 Mal niedergedrückt und hob sich wieder, und zwar etwa 4 Mal in der Minute. Es wurde noch eine andere Vorrichtung angewendet, bei welcher der ganze Stab während des Niederdrückens einer starken Erschütterung ausgesetzt wurde. Die Resultate dieser Experimente bestanden darin, daß wenn die Depression gleich einem Drittel von der äußersten Durchbiegung war, der Stab nicht unbrauchbar oder beschädigt wurde. Dieß wurde dadurch bestätigt, daß man den Stab durch ein ruhendes Gewicht auf die gewöhnliche Weise in der Mitte zerbrach. Wenn aber die Biegung die Hälfte von der äußersten betrug, so zerbrachen die Stäbe bei weniger als 900 Depressionen. Dieß Resultat entspricht dem vorhergehenden und bestätigt es. Mittelst einer andern Vorrichtung wurde ein Gewicht, welches die Hälfte von dem betrug das den Bruch herbeiführte, von dem einen Ende des Stabes, der ähnliche Dimensionen wie der obige hatte, bis zum andern vor- und rückwärts gezogen. Ein dicht und gut gegossener Stab wurde durch 96000 Hin- und Herzüge des Gewichts nicht beschädigt. Man darf daher annehmen, daß in Beziehung auf die wiederholten Biegungen gußeiserne Balken solche Verhältnisse haben müssen, daß sie kaum ein Drittel von der äußersten Biegung durchgebogen werden können. Da nun aus unsern Versuchen hervorgeht, daß die durch eine gegebene Belastung, wenn sie ruhend auf einen Balken gelegt worden ist, hervorgebrachte Einwirkung, durch Stöße sowie durch eine Bewegung der Belastung, sehr erhöht wird; so folgt daraus daß kaum eine hinreichende Sicherheit vorhanden ist, wenn die größte Belastung ein Sechstel von der zerbrechenden beträgt, selbst wenn der Guß ganz tadelfrei war. Bei schmiedeisernen (oder gewalzten) Stäben wurde durch 10,000 aufeinander folgende Biegungen mittelst eines sich drehenden Daumens keine sehr bemerkbare Wirkung hervorgebracht. Bei jeder Depression des Daumens wurde etwa ein Druck angewendet, dessen Doppeltes als statisches Moment eine bleibende Biegung hervorbrachte. Zur Beantwortung der zweiten von den obigen Fragen, nämlich welche mechanische Wirkung die Stöße und die sich bewegenden Belastungen hätten, wurden weit mehr Versuche angestellt, um die drückende Einwirkung schwerer Körper auf Balken zu erläutern. Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, daß gußeiserne Balken von derselben Länge und demselben Gewicht, welche die horizontal wirkenden Stöße oder Schläge von der weiter oben beschriebenen schweren Kugel erhielten, denselben Widerstand gegen den Druck (impact im Engl.) leisten, sey die Form ihrer Querschnittes welche sie wolle, vorausgesetzt, daß sie gleiche Oberflächengröße haben. Es bedurfte daher ein Stab von 6 × 1 1/2 Zoll im Querschnitt, der auf Unterlagen, die etwa 14 Fuß auseinander lagen, gelegt worden war, ebenso starker Stöße, um ihn in der Mitte zu zerbrechen, es mochten dieselben nun auf die breite oder auf die schmale Seite einwirken. Fast dieselben Stöße waren auch erforderlich um einen gleich langen Stab zu zerbrechen, dessen Querschnitt 3 Zoll im Quadratmaaß und der daher gleichen Querschnitt und gleiches Gewicht mit dem vorhergehenden hatte. Eine andere Reihe von Versuchen mit demselben Apparat zeigte unter andern Resultaten, daß die durch die Kugel veranlaßte Biegung schmiedeiserner Stäbe sich fast wie die Geschwindigkeit des Druckes (impact) verhalte. Die Biegung des Gußeisens ist stärker als dieß Verhältniß. Eine Reihe von Versuchen wurde in der Absicht unternommen, um die Wirkungen von Belastungen zu erfahren, welche gleichförmig auf einem Balken vertheilt sind, und um zu sehen, ob dadurch ihr Widerstand gegen den Druck derselben Kugel, die senkrecht darauf fiel, erhöht worden sey. Man fand, daß gußeiserne Balken, die der ganzen Länge nach mit Gewichten belastet worden, die jedoch so daran befestigt waren, daß sie ihre Biegung nicht verhinderten, einen doppelten Druck von dem darauffallenden Gewicht ertragen konnten, als wenn sie unbelastet waren. Die Kugel traf die Mitte der Balken, fiel senkrecht von verschiedenen Höhen herab, und die Durchbiegungen verhielten sich fast wie die Geschwindigkeit des Drucks. Eine fernere Reihe von Versuchen wurde von uns in der Absicht unternommen, um die mechanischen Wirkungen von Belastungen, die mit größerer oder geringerer Geschwindigkeit über Brücken gehen, mit denen ruhender Lasten zu vergleichen. Zu dem Ende wurde unter andern Methoden auch ein Apparat eingerichtet, mittelst welchem ein mit verschiedenen Gewichten zu belastender Wagen eine geneigte Ebene hinabgehen mußte. Die eisernen Stäbe, welche der Gegenstand der Versuche waren, wurden am Fuß der Rampe horizontal angebracht, so daß der beladene Wagen mit der auf jener erlangten Geschwindigkeit darüber hinfuhr. Es konnten daher die Wirkungen dieser verschiedenen Geschwindigkeiten beim Biegen und Zerbrechen der Stäbe beobachtet und mit den Wirkungen ruhender Lasten auf gleich starke Stäbe verglichen werden. Der Apparat war nach einem hinlänglich großen Maaßstabe eingerichtet, um den Resultaten einen praktischen Werth zu geben. Das obere Ende der geneigten Ebene lag fast 40 Fuß über dem horizontalen Theil und zur Leitung des Wagens lagen auf der ganzen Länge der Rampe Schienen mit 3 Fuß Spurweite. Der Wagen konnte eine Belastung aufnehmen, die bis 2 Tonnen oder 40 Cntr. betrug. Die zu probirenden, 9 Fuß langen Stäbe lagen in der Verlängerung der Eisenbahn auf dem horizontalen Theil, und dieser war mit dem abhängigen Theil durch eine mäßige Curve verbunden. An den Probestäben waren Vorrichtungen angebracht, durch welche die Biegungen derselben durch die belasteten Wagen gemessen werden konnten. Die dem letztern ertheilte Geschwindigkeit konnte auch gemessen werden, allein sie war durch die Höhe der Rampe beschränkt und die größte zu erreichende betrug 43 Fuß in der Secunde oder ungefähr 30 engl. (6 1/2 deutsche) Meilen in der Stunde. Es wurden mit diesem Apparate sehr viele Versuche gemacht um die Wirkungen verschiedener Belastungen, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten auf den Stäben bewegten, mit der solcher Gewichte vergleichen zu können, die auf der Mitte der Stäbe ruheten. Man erlangte dadurch das allgemeine Resultat, daß die durch eine sich bewegende Belastung hervorgebrachte Biegung bedeutender sey, als die, wenn man das Gewicht auf die Mitte der Stäbe legte und daß die Biegung mit der Geschwindigkeit der Bewegung zunahm. Stellte man daher den mit 1120 Pfd. belasteten Wagen ruhig auf ein Paar gußeiserne Schienen von 9 Fuß Länge, 4 Zoll Breite und 1 1/2 Zoll Höhe, so entstand eine Biegung von 6/10 Zoll. Ging aber der Wagen mit einer Geschwindigkeit von 10 engl. (2 1/4 deutschen) Meilen in der Stunde über die Schienen weg, so betrug die Biegung 8/10 und sie nahm mit der Geschwindigkeit des Wagens zu, so daß bei einer Geschwindigkeit von 30 engl. Meilen in der Stunde die Biegung 15/10 Zoll betrug, d.h. mehr als das Doppelte von der statischen Biegung. Da nun die Geschwindigkeit der Bewegung die Wirkungen einer gegebenen Belastung beim Durchbiegen der Stäbe so bedeutend erhöht, so folgt daraus, daß ein weit geringeres Gewicht, wenn es über die die Schienen sich schnell bewegt, dieselben zerbricht, als wenn es ruhig auf denselben liegt. In dem obigen Beispiel war zum Zerbrechen der Schienen ein ruhendes Gewicht von 4150 Pfd. und ein mit einer Geschwindigkeit von 30 engl. Meilen in der Stunde bewegtes von nur 1778 Pfd. erforderlich. Es zeigte sich, daß wenn sich die Last bewegte, die Punkte der stärksten Biegung und noch mehr die des stärksten Druckes, nicht in der Mitte der Stäbe, sondern näher an den Enden lagen. Wurden die Schienen durch eine sich bewegende Belastung zerbrochen, so waren die Brüche in der Mitte, und es erfolgten oft vier bis fünf Bruchstücke, ein Beweis des bedeutenden Druckes dem sie ausgesetzt gewesen waren. Wir haben den Versuch gemacht, die Gesetze zu bestimmen, welche diese Resultate untereinander und mit den praktischen Erfolgen verbinden, und es wurde zur Erreichung dieses Zwecks ein kleinerer und genauerer Apparat vorgerichtet, um die Erscheinungen in ihrer einfachsten Form zu untersuchen, besonders den Fall, in welchem ein einziges Gewicht über einen leichten elastischen Stab weggeht. Das Gewicht biegt den Stab auf seinem Wege und es ist letzterer keine horizontale gerade Linie, wie es der Fall seyn würde, wenn der Stab ganz steif wäre, sondern eine Curve, deren Form von dem Verhältniß zwischen der Länge, Elasticität und Trägheit des Stabes, der Größe des Gewichts und der ihm ertheilten Geschwindigkeit abhängt. Könnte die Form dieser Curve in allen Fällen genau bestimmt werden, so würde man die Wirkungen sich bewegender Gewichte auf die Stäbe kennen; allein unglücklicher Weise ist die fragliche Aufgabe so verwickelt, daß ihre vollständige mathematische Lösung nur in dem einfachsten Fall mit den jetzigen Kräften der Analyse bewirkt werden kann. Dieser Fall ist der, wenn die Belastung so eingerichtet ist, daß sie bloß an einem Punkt auf den Stab drückt, oder mit andern Worten, wenn die Belastung als ein schwerer, beweglicher Punkt betrachtet wird. In der Praxis dagegen berührt jeder vierrädrige Wagen jeden Stab an zwei und jede sechsrädrige Locomotive mit ihrem Tender jede Schiene sogar an sechs Punkten. Dadurch ist die Aufgabe sehr verwickelt. Der obige kleinere Apparat ist so eingerichtet, daß die Belastung nur auf einen Punkt des Stabes drückt, und ist auch mit einer Vorrichtung versehen, durch welche die Wirkungen verschiedener Verhältnisse des Stabes zu der Belastung untersucht werden können. Wegen der Beschaffenheit der Aufgabe ist es zweckmäßig, daß zuvörderst die Formen der Curven und die entsprechenden Biegungen des Stabes unter der Voraussetzung betrachtet werden, daß der Stab im Verhältniß zu der Belastung eine sehr kleine Masse darbietet. Nachdem wir nun diese Data unter verschiedenen Verhältnissen der Länge der Brücken, ihrer statischen Biegung und der Geschwindigkeit der sich bewegenden Belastung, erlangt hatten, gingen wir zu der Untersuchung der Einwirkungen über, welche eine verhältnißmäßig größere Masse des Stabes oder der Brücke auf die Biegung hatte. Auf Ersuchen der Mitglieder der Commission erhielten wir bei diesen Untersuchungen eine sehr wesentliche Hülfe durch Hrn. Prof. Georg Stokes in Cambridge. Zu bedauern ist es, daß die außerordentliche Schwierigkeit der Aufgabe ihre vollständige Lösung unmöglich gemacht hat, so daß sie nur in demjenigen Falle gelungen ist, in welchem die Masse der Belastung im Vergleich zu der Masse der Brücke gering ist, und im entgegengesetzten Fall, in welchem die Masse der Brücke im Vergleich zu der der Belastung sehr klein erscheint. Die in der Praxis vorkommenden Beispiele liegen in der Mitte zwischen beiden Extremen. Bei den von der Commission zu Portsmouth mit der bereits beschriebenen geneigten Ebene angestellten Versuchen, war das Gewicht der Belastung das 3 bis 10fache von dem des Stabes. Dieß ist aber ein weit größeres Verhältniß als das bei unsern Brücken wirklich vorhandene, zum Theil wegen der Nothwendigkeit, bei den Versuchen sehr biegsame Stäbe anzuwenden, um die Veränderungen durch die Biegung gehörig deutlich zu machen, und theils wegen des großen Unterschieds der Länge. Denn wenn Stäbe von demselben Gewichtsverhältnisse zu dem der Belastung bei den Versuchen angewendet worden wären, so mußte die Biegung so gering seyn, daß sie kaum zu bemerken war. Man wird dieß leicht begreifen, wenn man als bekannt annimmt, daß bei einer 33 Fuß langen Brücke gewöhnlich nur eine Biegung von 1/4 Zoll gestattet ist, d.h. nur 1/1440 Theil von ihrer Länge, wogegen bei Versuchen Biegungen von 2 und mehr Zollen erforderlich sind. Bei den jetzt vorhandenen Brücken von ungefähr 40 Fuß Spannung beträgt das Gewicht der Locomotive und des Tenders fast die Hälfte von dem Gewicht der Brücke, über welche sie gehen sollen; und bei großen Brücken ist das Verhältniß des Gewichts der Belastung zu dem der Brücke noch geringer. Prof. Stokes hat gezeigt, daß wenn die Trägheit der Brücke als gering angenommen wird, die Curven der Belastung und die entsprechende Biegung der Brücke von einer gewissen Größe abhängen, die er mit β bezeichnet. Diese Größe verändert sich im geraden Verhältniß wie das Quadrat der Länge des Stabes, und umgekehrt wie das Product der mittleren statischen Biegung (d.h. wie die, welche durch eine Belastung hervorgebracht wurde, die man ruhig auf den Mittelpunkt der Brücke setzte) und des Quadrats der Geschwindigkeit mit welcher die Belastung über die Brücke geht. Wenn β klein ist, so wird die Zunahme der Biegung durch die Geschwindigkeit der Belastung sehr groß, um soviel, daß wenn β = 1,3, die statischen Biegungen verdoppelt werden, und verdreifacht, wenn β = 0,8; sie wird noch bedeutender, je geringere Werthe von β man nimmt. Größere Werthe von β entsprechen dagegen geringen Biegungen; und es ist durch unsere Untersuchungen nachgewiesen worden, daß bei den vorhandenen Brücken β selten geringer und gewöhnlich weit größer als 14 ist; und daß folglich die größte Zunahme der Biegung durch die Geschwindigkeit nach dieser Theorie nie größer als 1/10 und geringer als 1/100 seyn könne. Da β sich wie das Quadrat der Länge der Brücke verändert, so ist es klar, daß die 9füßigen Stäbe bei den zu Portsmouth unternommenen Versuchen weit geringeren Werthen von β entsprechen werden, als die 20 bis 30 Fuß langen wirklichen Brücken; während die Werthe von β in den frühern Fällen, durch die bei den Versuchen nothwendig angewendeten stärkeren Biegungen, wie weiter oben bemerkt, noch mehr vermindert werden müssen. Es ist daher bewiesen, daß die ungeheure Zunahme der Biegungen bei den Versuchen zu Portsmouth, welche durch die Geschwindigkeit veranlaßt worden waren, bei den wirklichen Brücken nicht vorkommen können, da es sich herausgestellt hat daß die fraglichen Erscheinungen bei Verminderung der Größe der Constructionen sehr vergrößert wurden. Jedoch sind diese Berechnungen unter der Annahme angestellt worden, daß die Trägheit der Brücke sehr gering sey; und Versuche mit den oben erwähnten kleinen Apparaten haben gezeigt, daß während β geringer als die Einheit ist, die Trägheit der Brücke die Biegung zu vermindern strebt; daß hingegen, wenn β größer als die Einheit (alle praktischen Fälle berücksichtigt) ist, die Trägheit der Brücke die Biegungen zu erhöhen strebt. Endlich ist die ganze Zunahme der statischen Biegung, bei Berücksichtigung der Trägheit der Brücke, bei kurzen Brücken weit bedeutender gefunden worden, als bei langen. Nehmen wir z.B. an, daß die Masse der sich bewegenden Belastung und das Gewicht der Brücke einander fast gleich sey, so wird die Zunahme der statischen Biegung bei den größten Geschwindigkeiten, bei Brücken von 20 Fuß Länge und von dem gewöhnlichen Grade der Steifheit, mehr als 1/2 betragen; wogegen bei 50 Fuß langen Brücken die Zunahme nur 1/7 beträgt, und sich mit zunehmenden Längen rasch vermindert. Da aber bewiesen worden ist, daß die Zunahme bei übrigens gleichen Verhältnissen durch die größere Steifheit der Brücken vermindert worden ist, so haben wir es stets in unserer Gewalt, ihre Größe innerhalb gefahrloser Gränzen anzunehmen. Wollen wir daher die Stärke einer Eisenbahnbrücke bestimmen, so muß die Zunahme der statischen Biegung berücksichtigt werden, indem man sie nach der größten Belastung, die über die Brücke gehen könnte, sowie nach der größtmöglichen Geschwindigkeit berechnet. Es muß aber auch bemerkt werden, daß diese Biegung durch Stöße vergrößert werden kann, Stöße, die beim Uebergange der Wagenzüge über die Schienenwechsel veranlaßt werden. Wir machten auch mit Hülfe des vorhin erwähnten großen Apparats einige Versuche mit gekrümmten Stäben, die bei großen Geschwindigkeiten weit größere Lasten trugen als gerade Stäbe; allein die Biegungen derselben waren im Verhältniß zu ihrer Länge sehr bedeutend. Indem wir die Aufmerksamkeit auf diese Versuche zu richten suchen, müssen wir bemerken, daß bei den jetzigen Structuren, bei denen die Biegungen so sehr gering sind, die Wirkungen bogenförmiger Balken, und folglich eines bogenförmigen Weges für die Lasten von verhältnißmäßig geringer Wichtigkeit sind und Veranlassung zu praktischen Unbequemlichkeiten geben. Die allgemeine Meinung der meisten Ingenieure weicht von den hier mitgetheilten Resultaten ab. Die meisten behaupten nämlich, daß die durch einen sehr schnellen Uebergang von Lasten über Balken hervorgebrachte Biegung geringer als die sey, welche dieselbe, aber ruhende Belastung hervorbringt. Selbst dann wenn sie eine Zunahme beobachteten, so haben sie dieselbe lediglich den Stößen der Locomotive oder des Wagenzuges bei dem Uebergange über die Schienenwechsel, oder ähnlichen Ursachen zugeschrieben. Zur Untersuchung dieser Frage haben wir zwei vorhandene Brücken zu unsern Experimenten benützt. Die eine derselben, die Ewellbrücke, liegt auf der Croydon-Epsom-Bahn, und die andere, die Godstone-Brücke auf der Südwest-Bahn, und beide haben den Zweck, die Bahn über die Landstraße zu führen. Es wurde auf der Straße ein Gerüst erbaut, welches daher von den Bewegungen der Brücke unberührt blieb. An der untern Seite von einem der Brückenbalken wurde ein Schreibstift angebracht, so daß, wenn die Brücke durch das Gewicht der Locomotive oder des Wagenzuges gebogen wurde, oder wenn diese Biegung durch ein ruhiges Haltenbleiben auf der Brücke erfolgte, der Schreibstift die Größe der Biegung auf einem Brette, welches an dem Gerüst angebracht worden war, durch Striche anzeigte. Eine zu unserer Benutzung dienende Locomotive nebst Tender fuhr mit verschiedenen Geschwindigkeiten über die Brücke oder blieb ruhig darauf halten. Die Spannung der Ewellbrücke beträgt 48 Fuß, und die statische Biegung durch die obige Belastung belief sich auf mehr als 1/5 Zoll. Diese Biegung wurde wenig, aber ganz bestimmt vergrößert, wenn die Maschine über die Brücke ging, und diese Zunahme der Biegung betrug bei einer Geschwindigkeit von 50 engl. Meilen in der Stunde 1/7 Zoll. Da nun bekanntlich der Druck auf einen Brückenbalken der Biegung fast proportional ist, so muß daraus gefolgert werden, daß in diesem Fall die Geschwindigkeit der Belastung denselben Druck ausübte, als wenn sie ruhig auf der Mitte des Balkens stehend, um 1/7 vermehrt worden wäre. Das Gewicht der Maschine und des Tenders betrug 39 Tonnen und die Geschwindigkeit setzte es in den Stand, auf dem Balken einen Druck von etwa 45 Tonnen auszuüben. Aehnliche Resultate wurden bei der Godstonebrücke erlangt. Außer den erwähnten Versuchen haben wir manche deßhalb angestellt, um Data zur Vervollständigung der mechanischen Theorie elastischer Balken zu erlangen. Wird ein Balken auf irgend eine Weise gebogen, so wird seine concave Seite zusammengepreßt und seine convexe ausgedehnt. Einer genauen Kenntniß der Gesetze, welche die Zusammendrückung und Ausdehnung beherrschen, muß eine genaue und allgemeine Theorie von den Biegungen, Erschütterungen und Brüchen vorhergehen. Das Gesetz, welches bei mathematischen Untersuchungen gewöhnlich angenommen wird, und nach welchem die Längen-Zusammendrückungen und Ausdehnungen, innerhalb gewisser Gränzen, als im geraden Verhältniß zu den Kräften stehend angenommen werden, welche diese Wirkungen hervorbringen, kommt bei manchen Körpern der Wahrheit ziemlich nahe, ist aber für kein Material genau richtig. Es wurden daher Versuche angestellt, um mit möglichster Genauigkeit die directen Längen-Ausdehnungen und Zusammendrückungen langer guß- und schmiedeiserner Stäbe zu bestimmen. Die Ausdehnungen wurden dadurch bestimmt, daß man einen 50 Fuß langen und 1 Zoll im Quadrat starken Stab an der Decke eines hohen Gebäudes befestigte und an seinem untern Ende Gewichte anbrachte. Die Zusammendrückung wurde dadurch bestimmt, daß man einen 10 Fuß langen und 1 Zoll im Quadrat starken Stab in eine Vertiefung legte, die in einem gußeisernen Gestell angebracht war, und die dem Stab erlaubte frei und ohne Reibung zu gleiten, aber doch keine Seitenbiegung zuließ. Der Stab wurde alsdann mittelst eines Hebels der mit verschiedenen Gewichten belastet war, zusammengedrückt. Zur Erlangung von Genauigkeit waren alle möglichen Vorsichtsmaßregeln getroffen. Es wurden daraus die nachstehenden Formeln abgeleitet, um das Verhältniß zwischen der Ausdehnung oder Zusammendrückung eines 10 Fuß langen und 1 Zoll im Quadrat starken Stabes, und den diese Wirkungen hervorbringenden Gewichten auszudrücken: Ausdehnung, w = 116117 e – 201905 e² Zusammendrückung, w = 107763 d –   36318 d² w bezeichnet das Gewicht in Pfunden, welches auf den Stab wirkt e die Ausdehnung und d die Zusammendrückung in Zollen. Und die hieraus für einen Stab von 1 Zoll im Quadrat und von irgend einer Länge abgeleiteten Formeln sind: für die Ausdehnung, w = 13934040 e/l – 2907432000 e²/l² für die Zusammendrückung, w = 12931560 d/l –   522979200 d²/l² l ist die Länge des Stabes in Zollen. Diese Formeln wurden aus den mittleren Resultaten abgeleitet, die wir von vier Gußeisen-Sorten erlangt hatten. Die mittlere Spannungsfestigkeit (tensile strength) des Gußeisens, die aus diesen Versuchen abgeleitet worden ist, beträgt 15711 Pfd. auf den Quadratzoll, und die äußerste Ausdehnung 1/600 der Länge, und dieß Gewicht würde einen Eisenstab von demselben Querschnitt um 1/775 seiner Länge zusammendrücken. Für Schmiedeisen kommt das gewöhnliche und bekannte Gesetz der Wahrheit sehr nahe. Es sind manche Bezeichnungen von Gußeisen-Sorten in allgemeinen Gebrauch gekommen, deren Eigenschaften noch nicht genau bestimmt sind. Es wurden von denselben 17 Sorten ausgewählt, um das Modul ihrer Ausdehnung und Zusammendrückung zu bestimmen. Es wurden auch Versuche angestellt, um den nach der Querrichtung wirkenden Widerstand von schmied- und gußeisernen Stäben, auf welche horizontalehoriozntale und verticale Kräfte einwirken, zu bestimmen. Diese Versuche zeigen sehr vollständig die Biegung und Zusammendrückung des Gußeisens, so wie den Mangel an Elasticität. Die Stäbe, mit denen man die Versuche mit dem der Quere nach wirkenden Druck anstellte, hatten Querschnitte von 1 bis 3 Zoll im Quadrat, sowie auch noch verschiedene andere Querschnitte, und die Gewichte, die einen Bruch herbeiführten, zeigten daß die Stärke eines Stabes von 1 Zoll im Quadrat nicht als die Einheit zur Berechnung der Stärke größerer gußeiserner Körper angenommen werden darf, obgleich dieß der herrschende Gebrauch ist. Es scheint nämlich, daß das krystallinische Gefüge in demjenigen Theile des Gusses, der sich zuerst abkühlt, klein und dicht ist, während der mittlere Theil von Balken, von 2 und von 3 Zoll im Quadrat, aus verhältnißmäßig großen Krystallen besteht; daß ferner Gußstücke, die einen Querschnitt von 3 Quadratzoll haben, die aber nur 3/4 Zoll dick sind, sowohl der Quere nach, als auch gegen Zerdrückung, nur einen geringen Widerstand leisten. Daher erscheint es wünschenswerth, um eine Einheit für die Stärke des Eisens bei großen Gußstücken zu suchen, daß der gebrauchte Stab in der Stärke gleich dem dicksten Theil des beabsichtigten Gusses sey. Von mehreren Hüttenbesitzern haben wir sehr werthvolle Mittheilungen über die verschiedenen Processe erhalten, durch welche ihr Eisen dargestellt wird, sowie auch über die Einwirkungen dieser Processe auf die Stärke und die Eigenschaften des producirten Materials. Wir haben ferner genaue Erkundigungen von Ingenieuren und Eisengießern über die Eigenschaften und Mischungen des von ihnen zum Guß großer Stücke angewendeten Eisens, welches hauptsächlich zu Eisenbahnbrücken benutzt wird, sowie über die Eigenschaften des bei warmem und kaltem Winde erblasenen Roheisens eingezogen. Ueber die besten Eigenschaften und die besten Mischungen des Roheisens zum Guß herrschen sehr verschiedene Meinungen, und hauptsächlich scheint es, daß bei dem zu großen Güssen angewendeten Eisen ganz besonders der Preis berücksichtigt wird, und sehr viele Gießereien selten im Stande sind das beste Material dazu auszuwählen. Es ist eine ganz allgemeine Annahme, daß die Ingenieure gar keine Garantie haben, daß die Mischung der verschiedenen Roheisensorten, die der Contract mit der Gießerei anzuwenden vorschreibt, auch wirklich genommen worden sey, und daß es auch kein gewisses Zeichen gibt, durch welches es sich bestimmen läßt, ob ein gegebenes Gußstück oder ein Stück von Schmiedeisen, aus kalt oder warm erblasenem Eisen fabricirt worden sey. Ein sehr gutes und zweckmäßiges Auskunftsmittel besteht darin, den Contract mit der Gießerei so zu stellen, daß Brückenbalken und andere dergl. Stücke, ohne zu brechen, eine gewisse Belastung aushalten müssen, und dem Gießer die Qualität des Roheisens zu überlassen. Auf diese Weise ist die Gießerei im Interesse, und wird dafür sorgen, daß gutes Roheisen zum Guß genommen und derselbe möglichst tadelfrei ausgeführt wird. Als die Eisenbahnen erst ins Leben traten, wurden dabei nöthige Brücken nach denselben Grundsätzen gebaut, wie sie bei Straßen und Canälen construirt worden waren. Einige von diesen gewöhnlichen Constructionen haben sich als ganz unzweckmäßig gezeigt, um die ungeheuren Lasten und die Erschütterungen der Eisenbahnzüge zu tragen. Einige andere Constructionen wurden als zu kostbar angesehen, und noch andere, wie z.B. die Hängebrücken, waren bei Eisenbahnen gar nicht anwendbar. Außer der Nothwendigkeit, daß das Niveau der Eisenbahnen so viel als möglich gleich gehalten wird, verbunden mit dem Umstande, daß man mit solchen Brücken unter und über vorhandenen Canälen, Flüssen oder Straßen durchgehen muß, sind beim Eisenbahnwesen hauptsächlich solche Brücken nothwendig, welche einen möglichst flachen Bogen haben, da dieß die Localumstände in sehr vielen Fällen erfordern. Aus diesen Gründen, in Verbindung mit den unzähligen Gelegenheiten neue Brücken zu erbauen, welche die ausgedehnte Verbreitung des Eisenbahnwesens und das stete Bestreben, möglichst wohlfeil zu bauen, herbeigeführt haben, sind eine Menge neuer Constructionen vorgeschlagen und versucht worden, von denen jedoch viele gar keinen Werth haben. Kurz die Kunst des Eisenbahn-Brückenbaues ist durchaus noch nicht auf feste Grundsätze zurückgeführt, weßhalb wir uns auch bemüht haben, durch unsere Versuche zur Feststellung dieser Grundsätze möglichst beizutragen. Hauptsächlich haben wir die Form und die Verhältnisse einfacher gußeiserner Balken, die praktischen Gränzen, innerhalb welcher solche Balken angewendet werden können, die Art und Weise ihrer Verbindung mit dem übrigen Theil der Structur, die verschiedenen Formen zusammengesetzter Brückenbalken und die Zweckmäßigkeit verschiedener Combinationen von Schmiedeisen mit Gußeisen zum Gegenstande unserer Untersuchungen gemacht. Endlich haben wir auch die gegenseitigen Vorzüge und Nachtheile gerader Balken und anderer Formen in Betracht gezogen, bei denen die Grundsätze des Bogens oder andere Methoden, um die gehörige Festigkeit zu veranlassen, angewandt sind. Die einfachsten Brücken, welche bei gegebener Höhe über der Sohle den besten Weg gestatten, sind ohne Zweifel die mit geraden Balken. Die Länge eines einfachen gußeisernen Balkens scheint einzig und allein durch die Kunst recht dichte und fehlerfreie Balken zu gießen, so wie durch die Schwierigkeit große Massen zu bewegen, beschränkt zu werden. Auf diese Weise ist man zu verschiedenen Längen, von 40, 50 und 60 Fuß gelangt. Die beste Form ist die, welche die größte Festigkeit gewährt, wiewohl auch hierin sehr verschiedenartige Ansichten herrschen. Ohne allen Zweifel zweckmäßig ist es, die Schienen so niedrig als möglich an den Balken anzubringen, weßhalb der beste Unterstützungspunkt die untere Verstärkungsrippe ist. Der Druck der Bahn und der auf derselben sich bewegenden Lasten ruht alsdann gänzlich auf der einen Seite des Balkens, wodurch eine Torsion hervorgebracht wird, welche man nicht immer bei Bestimmung der Verhältnisse der Brückenbalken berücksichtigt. Ihr Vorhandenseyn erleidet gar keinen Zweifel, und man hat mehrere Regeln um ihr entgegen zu wirken und sie zu vermindern. Eine Form der Brückenbalken aber, welche den Einwirkungen der Torsion widersteht, ohne andere Nachtheile zu veranlassen, gehört jedoch bis jetzt noch zu den frommen Wünschen. Die erforderliche Länge der Brückenbalken wird sehr bedeutend durch die häufige Nothwendigkeit von schiefen Brücken gesteigert, und es ist sehr zu bedauern, daß die oft erforderliche Veränderung der Richtung der Eisenbahnlinie die Veranlassung gibt, daß vorhandene Landstraßen und Canäle in einem schiefen Winkel überbrückt werden müssen. So kommt es denn, daß die Spannung der Brücken hin und wieder das Doppelte von dem beträgt, was erforderlich wäre, wenn die Canäle oder Straßen in gerader Linie überspannt werden könnten. Wenn die zu überbrückenden Vertiefungen eine zu große Spannung erfordern, oder wenn andere Umstände es unmöglich machen, einfache gerade Balken anzuwenden, so schraubt man sie aus mehreren Stücken zusammen und erhöht ihre Festigkeit durch schmiedeiserne Spannstäbe. Auf diese Weise kann man 120 Fuß weite Oeffnungen überbrücken. Wenn Schmiedeisen mit Gußeisen verbunden ist, so entstehen mehrere Schwierigkeiten aus der verschiedenen Ausdehnung beider Metalle, sowie auch daraus, daß das Schmiedeisen weit eher von dem plötzlichen Temperaturwechsel angegriffen wird als das Gußeisen. Fortwährende Einwirkung von Lasten auf das Schmiedeisen veranlassen dessen Ausdehnung, weßhalb es nothwendig ist, Spannstäbe zuweilen durch Schrauben anzuziehen. Wir haben über alle diese Fragen verschiedene Meinungen und Mittheilungen zu vernehmen gesucht, und werden sie im Verfolg unseres Berichts mittheilen. Es geht daraus hervor, daß bei Anwendung solcher Combinationen aus Guß- und Schmiedeisen die größte Geschicklichkeit und Sorgfalt angewendet werden muß. Besonders ist es zu vermeiden, daß die Erschütterungen der Eisenbahnzüge die Schraubenbolzen oder Niete locker machen. Man hat daher auch Holz, Filz oder andere ähnliche Substanzen zwischen die Oberflächen gelegt, um die Uebertragung der Erschütterungen zu vermindern. Es scheint eine allgemeine Ansicht der Ingenieure zu seyn, daß der gußeiserne Bogen die beste Form für eine eiserne Brücke sey, wenn die Kosten und die örtlichen Verhältnisse dessen Anwendung gestatten. Bei niedrigen Brücken scheinen gitterartige Balken die zweckmäßigsten zu seyn. Neuerlich hat man eine Construction als sehr zweckmäßig erkannt, welche darin besteht, daß man Platten von Kesselblech, wie beim Schiffsbau, mit einander vernietet und diese schmiedeisernen Balken mit gußeisernen verbindet. Es entstehen auf diese Weise hohle Balken, welche entweder so groß sind, daß die Wagenzüge hindurchgehen können, wie bei den Conway- und Britannia-Brücken; oder die röhrenförmigen Balken werden nach einem kleinern Maaßstabe angefertigt und auf dieselbe Weise wie die gewöhnlichen Balken angewendet. Die erstere Art gestattet außerordentliche Spannungen wie die eben erwähnten Brücken beweisen, die respective 400 und 462 Fuß lang sind. Die zweite Art soll wohlfeiler und elastischer als andere Formen, bei Spannungen über 40 Fuß seyn. Combinationen dieser Art haben und versprechen manche Vortheile, sind aber noch zu neu, um die erforderlichen Erfahrungen über ihre Widerstandsfähigkeit gegen plötzlichen Temperaturwechsel, gegen Schwankungen, Erschütterungen und andere Ursachen der Zerstörung gewährt haben zu können. Wir haben es für unsere Pflicht erachtet, möglichst genaue Untersuchungen darüber anzustellen, zumal sich sehr viele Techniker günstig darüber aussprechen; es ist uns aus den obigen Gründen jedoch nicht gelungen, bestimmte Meinungen über diese Arten von Brücken aussprechen zu können. Zu gleicher Zeit können wir uns nicht lobend genug über die große Sorgfalt und die praktische Benutzung wissenschaftlicher Grundsätze aussprechen, welche bei den Formen und Verhältnissen der großen Röhren, aus denen die Conway- und Britannia-Brücken construirt worden sind, angewendet wurden. Unsere Untersuchungen haben uns überzeugt, daß die Neuheit des ganzen Eisenbahnwesens eine große Verschiedenheit von neuen mechanischen Ursachen eingeführt hat, deren Wirkungen gar noch nicht Zeit hatten, sich wegen der Ausdehnung und Anzahl neuer Eisenbahnen, und der Geschwindigkeit, mit welcher dieselben erbaut wurden, vollständig zu entwickeln, so daß die Ingenieure kaum einmal Zeit zu der erforderlichen Ueberlegung hatten, um über die Vorzüge oder Nachtheile dieser oder jener neuen Construction die erforderlichen Erfahrungen zu machen. So ist es denn gekommen, daß manche Mechanismen und Constructionen viel zu schwach gemacht, oder unter ungünstigen Umständen angewendet worden sind, und daher zu sehr beklagenswerthen und hin und wieder viele Menschenleben kostenden Unglücksfällen Veranlassung gegeben haben. Der große Mangel an einer gleichartigen Praxis bei den wichtigsten Punkten des Eisenbahnwesens beweisen ebenfalls noch, wie mangelhaft und unvollkommen die leitenden Grundsätze dabei bis jetzt sind. Wir sind aber auch im Verlauf unserer Untersuchungen zu der Ueberzeugung gelangt, daß Erfahrung die Architekten veranlaßt hat, den Eisenbahnbrücken die gehörige Festigkeit zu ertheilen, daß früher zu schwach gemachte Brücken später so verstärkt worden sind, um jede mögliche Gefahr zu verhindern. Diese Erfahrung trifft überall jeden Punkt des Eisenbahnwesens, indem sich die Ingenieure theils auf dem Wege wissenschaftlicher, theils auf dem Wege empirischer Grundsätze veranlaßt gefunden haben, die Kosten oder Unglücksfälle veranlassenden Schwächen der Constructionen möglichst zu vermeiden. Wir wollen übrigens auf die allgemeinen Folgerungen, zu denen wir durch unsere eigenen Untersuchungen, sowie durch die Erfahrungen Anderer gelangt sind, aufmerksam machen, namentlich: daß es nothwendig sey, bei Contracten auf Gußeisenstücke eine gewisse Festigkeit des Gußeisens, welches sich durch das Tragen eines bestimmten Gewichtes ausweist, zur Bedingung zu machen, indem dieß weit zweckmäßiger ist, als die Roheisensorte zu dem Guß vorschreiben zu wollen; daß zur Berechnung der Stärke eines bestimmten Gußeisenstücks stets der stärkste Theil als Einheit angenommen werde; daß, weil nachgewiesen worden ist, daß man dem Eisen für wiederholte Biegungen kaum 1/3 von der äußersten Biegung, bei welcher der Bruch erfolgt, gestatten darf; daß, da diese Biegung durch eine sich bewegende Belastung, durch Stöße und Erschütterungen, noch erhöht wird, Eisenbahnbrücken so construirt werden müssen, daß die durch die größte Belastung veranlaßte Biegung nur 1/6 von derjenigen betrage, welche durch ein ruhendes Gewicht den Bruch des Stabes veranlassen würde; daß, da es sich gezeigt hat, daß die Wirkung der Geschwindigkeit einer Last die Biegung vergrößert; daß, da die dynamische Steigerung bei Brücken unter 40 Fuß Länge, eine hinreichende Wichtigkeit hat, um die besondere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und sie bei Längen von 20 Fuß mehr als die Hälfte von der statischen Biegung bei bedeutenden Geschwindigkeiten betragen, aber durch Zunahme der Festigkeit der Brücken vermindert werden kann, es rathsam ist, hauptsächlich bei kurzen Brücken, die größere Biegung nach der größten Belastung und der größten Geschwindigkeit, denen die Brücke ausgesetzt wird, zu berechnen, und daß eine Belastung, welche statisch dieselbe Biegung hervorbringen würde, bei Bestimmung der Stärke der Structur als die größte Belastung angesehen werden muß, der die Brücke unterworfen werden kann. Endlich ist der Widerstand eines Balkens gegen Druck mit seiner Masse verschieden, mag der den Druck ausübende Körper seyn welcher er wolle. Auch mit zunehmender Trägheit des Balkens steigt dessen Widerstandsfähigkeit. Es folgt daraus, daß das Gewicht bei Structuren, die Stößen unterworfen sind, eine große Wichtigkeit habe. Wenn wir nun auch wegen beschränkter Hülfsmittel und wegen der bedeutenden Zeit, die zu Untersuchungen dieser Art erforderlich ist, keine absolute Vollständigkeit und Vollkommenheit zu erreichen vermochten, so haben unsere Untersuchungen dennoch für die Technik großes Interesse und große Wichtigkeit; auch haben die verschiedenen Meinungen sehr tüchtiger Techniker über den vorliegenden Gegenstand, die wir in dem nun folgenden Theile unseres Berichtes mittheilen, nebst den Resultaten unserer Untersuchungen, jedenfalls dazu beitragen müssen, manche bis jetzt noch dunkle Punkte beim gesammten Eisenbahnwesen und hauptsächlich bei dem Bau einzelner Brücken, aufzuklären. Whitehall, den 26. Juli 1849.         Douglas Galton, Lieutenant im königl. Ingenieur-Corps,                  Secretär. Namensunterschriften der Commissäre: Wrottesley.           Robert Willis.           Henry James.           George Rennie.           W. Cubitt.           Eaton Hodgkinson.          (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)