Titel: Ueber die Entsilberung der Erze, des Kupfersteins etc. durch Kochsalzlaugung.
Fundstelle: Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XXVIII., S. 148
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XXVIII. Ueber die Entsilberung der Erze, des Kupfersteins etc. durch Kochsalzlaugung. Ueber die Entsilberung der Erze etc. durch Kochsalzlaugung. Bei der Theuerung der Brennmaterialien und des Quecksilbers ist das neue Verfahren bei der Silberextraction von großer Wichtigkeit, und obgleich eine genauere Beschreibung des Verfahrens noch nicht bekannt ist, da es für jetzt noch als Fabrikgeheimniß angesehen wird, so theilt ein Hüttenmann den Lesern des polytechnischen Journals dasjenige darüber mit, was er aus eigenen Erfahrungen und durch die Mittheilungen anderer darüber weiß, was aber jedenfalls hinreichend ist, um einen richtigen Begriff davon zu bekommen. Der Erfinder dieses Verfahrens ist der Berggeschworne Augustin zu Eisleben, der sein Geheimniß der Mannsfelder Gewerkschaft für 50,000 Thlr. überließ. Der Proceß wird auf dem Amalgamirwerk zur Gottesbelohnung bei Hettstedt im Großen angewendet und hat durch den sehr tüchtigen Dirigenten dieser Hütte, den Hüttenmeister Ziervogel, noch Verbesserungen erlangt. Das dort angewendete Verfahren besteht im Wesentlichen aus folgende: Der zu entsilbernde Kupferstein wird möglich sein durch Pochwerke, Mühlen und Siebe aufbereitet und hierauf ohne alle Zuschläge geröstet, erst schwach, damit sich keine Klümper bilden, dann immer stärker und stärker. In der stärkern Gluth wird das sich anfangs erzeugende schwefelsaure Kupferoxyd größtentheils wieder zerlegt. Glühet endlich der Stein roth, so wirft man circa 2 Procent Kochsalz darauf, rührt dasselbe ein und fährt überhaupt mit dem Durchkrählen so lange fort, bis deutlich ein reiner Chlorgeruch hervortritt. Der Kupferstein ist nun zur Extraction vorbereitet und kömmt jetzt, noch ziemlich heiß, in hölzerne Auslaugebottiche. Dort wird er mit Kochsalzsolution, welche zuvor in einer Bleipfanne kochend gemacht wurde, übergossen. Es ist zu vollständiger Auflösung des Hornsilbers ganz nöthig, daß die Lauge kochend heiß angewendet wird; auch ziemlich concentrirt muß sie seyn, doch will das Letztere sein Maaß haben, denn zu große Concentration soll nicht gut seyn. Die Auslaugebottiche in denen die Extraction vorgenommen wird, haben die Form eines verkehrten, abgestumpften Kegels, doch ist der Durchmesser des Bodens nicht viel kleiner, als die obere Bottichöffnung. Auf dem Boden liegt ein hölzernes Kreuz, auf diesem eine hölzerne, durchlöcherte, genau aufpassende Scheibe, über dieser Scheibe Leinwand, welche scharf durch einen hölzernen Ring ausgespannt ist, und auf der Leinwand befindet sich wieder ein geflochtenes hölzernes Sieb. Diese ganze Vorrichtung bildet das Filtrum. Ganz unten am Boden, wo das Kreuz liegt, ist ein hölzerner Hahn angebracht, durch welchen die Lauge abläuft. Der geröstete Kupferstein wird in Posten zu circa 1 Centner in das geflochtene Holzsieb gebracht, dort ausgebreitet und mit einem hölzernen Deckel bedeckt, welcher wie ein Sieb durchlöchert ist. Auf diesen Deckel nun läßt man die kochende Salzlauge laufen, die sofort durch die Löcher gleichförmig vertheilt auf den Stein gelangt, diesen durchdringt und sich durch den offenen Hahn wieder aus dem Bottich entfernt. Mit dem Laugenzufluß wird so lange fortgefahren, bis die durch den Hahn ununterbrochen ablaufende Lauge auf blankem Kupferblech kein Silber mehr absetzt. Man kann mehrere Laugenfässer treppenartig unter einander stellen, und die noch heiße Solution aus dem obersten Fasse erst nochmals ein tiefer stehendes passiren und mehr anreichern lassen, bevor man zu ihrer Zerlegung schreitet. Der auf dem Filter zurückbleibende Stein ist nun zum größten Theile entsilbert und gelangt zur Schwarzkupferarbeit, die abgelaufene Lauge aber, welche das ausgezogene Silber als Chlorsilber aufgelöst enthält, wird mit Kupfergranalien oder mit Cementkupfer in Berührung gebracht, decomponirt sich bei dieser Gelegenheit und wird zu regulinischem Silber, welches man vollends in Tiegeln umschmilzt und reiniget. Durch einige Ansäuerung der Lauge kann man die Silberpräcipitation beschleunigen. Die durch Filtration von dem präcipitirten Silber getrennte Kochsalzlauge hat jetzt – statt Chlorsilber – Kupferchlorür aufgenommen und kömmt in Gefäße, in denen sich altes Schmiedeisen befindet, durch welches das aufgelöste Kupfer metallisch niedergeschlagen wird. Nach Abtrennung desselben setzt man die im Laufe der Processe durch Glaubersalz und Eisen sehr verunreinigte Kochsalzsolution erst einige Zeit der Luft aus, wobei sich eine Menge basisch schwefelsaures Eisen ausscheidet und engt sie dann so weit ein, daß eine Auskrystallisation des schwefelsauren Natrons erfolgen kann. Die Mutterlauge enthält nun fast bloß noch Kochsalz und wird aufs neue zur Silberextraction verwendet. Die eben beschriebene Extraction durch Kochsalz, welche besonders für reine, bleifreie Kupfersteine geeignet erscheint, kann durch Bleigehalte sehr erschwert werden. Schon darin liegt ein Erschwerungsgrund, daß bleiische Steine weit behutsamer geröstet seyn wollen, weil sie zu leicht sintern und Sinterungen stets eine unvollkommene Chlorbildung und reiche Rückstände zur Folge haben. Es tritt aber auch noch die besondere Störung ein, daß durch heiße Kochsalzlauge zugleich das gebildete Chlorblei mit aufgelöst wird und es nun neuer Processe bedarf, um Blei und Silber zu trennen. Am besten soll es noch gehen, wenn man die Flüssigkeit erkalten läßt, wobei das Chlorblei in Nadeln herauskrystallisirt. Auch Wismuth, wenn es mit im Steine oder in der Speise vorkömmt, verhält sich ähnlich und kann die Darstellung reinen Silbers ungemein erschweren. Auf dem Halsbrücker Amalgamirwerk bei Freiberg im sächsischen Erzgebirge sind seit dem Jahre 1847 Extractionsversuche mit obergebirgischen und Freiberger Silbererzen, so wie mit reichen Amalgamirrückständen angestellt worden. Es wurde gearbeitet: a) mit reichen nickel- und kobalthaltigen Silbererzen von Gottesgeschick Fundgrube und Wolfgang Maßen in dem Schneeberger Bergamtsreviere; b) mit currenten Amalgamirbeschickungen und c) mit reichen Rückständen von den sub a extrahirten Erzen. Die obergebirgischen Erze, welche der Extraction unterworfen wurden, hielten im Centner 119,95 Pfundtheile, und hat die Entsilberung unter folgenden Modificationen stattgefunden: 1) mit Kochsalz als alleinigem Zuschlag, 2) mit Kochsalz- und Kupferkieszuschlag, 3) mit Kochsalz- und Braunsteinzuschlag und 4) mit Kochsalz-, Eisenvitriol- und Schwefelkieszuschlag. Als am beachtenswerthesten hat sich bei den sub 1 unternommenen Versuchen ergeben, daß die Bildung von Chlorsilber bei einem nicht zu niedrigen, bis zu 19 Procent gesteigerten Kochsalzzuschlag dann von statten ging, wenn solcher schon vor dem Rösten dem Erze untergemengt wurde, indem hiernach – da also kein Verrösten stattgefunden – beim Mangel eines Rohsteingehalts die sich bildende arsenige und Arsensäure, bei einem gleichzeitigen Erhitzen des Salzes und Erzes am besten auf die Zerlegung des Kochsalzes einwirkte. Die Rückstände sind hierbei bis auf 10 Pfundtheile Silbergehalt herabzubringen gewesen. Bei den Zuschlägen von Kupferkies, Schwefelkies, Eisenvitriol etc. sind stets günstigere Resultate als die obigen erhalten worden, je bedeutender diese Zuschläge waren. Dieß war jedoch andererseits nicht allein ökonomisch unvortheilhaft, sondern führte auch den Nachtheil mit sich, daß durch die große Vermehrung des Hauswerkes das später aus diesen Rückständen durch Schmelzen darzustellende Nickel zu sehr ins Weite gebracht und eine an diesem Metall nur arme Speise erzeugt wurde. Die bei den verschiedenen Verfahren sub 2) bis 4) ausgeführten Laugungen lieferten bei mehr und weniger Kochsalz-, Kupferkies-, Schwefelkies- und Eisenvitriol-Zuschlägen nach vorangegangener 6- bis 10stündiger Röstzeit und bis zu 40stündiger Laugezeit außer einigen auch hohen Gehalten 6- bis 10pfundtheilige Rückstände. Am befriedigendsten sind die Extractionsversuche mit currenter Amalgamirbeschickung ausgefallen. Auch dabei hat sich übrigens wieder gezeigt, daß das Verrösten einer Beschickung ohne Kochsalzzuschlag nachtheilig auf den guten Erfolg einwirkte. Die vollständigste Entsilberung ist erreicht worden bei Verarbeitung einer gewöhnlichen AmalgamirbeschickungAmalgamirbeschikung von 16,1 Pfundtheilen Silber und 29 Pfund Rohsteingehalt, welche, mit 10 Procent Kochsalz beschickt, 3 1/2 Stunden geröstet worden war. Nach circa 60 Stunden Laugezeit waren die Rückstände bis auf 0,75 und 1 Pfundtheil Silber pro Centner herabgebracht. Die Bearbeitung der von der Extraction obergebirgischer Erze erhaltenen Rückstände zu weiterer Entsilberung auf gleichem Wege, hat bei Zuschlägen von 5 Procent Kochsalz und 2,5 Proc. Eisenvitriol, 3 bis 4 Stunden Röstzeit und 25- bis 27stündiger Auslaugung auch sehr befriedigende Resultate ergeben. Die Rückstände kamen hierbei im Durchschnitt bis zu 1,12 Pfundtheile Silber herab. Hiernach stehen im Vergleich zur Amalgamation die Ergebnisse der Extraction, bezüglich der Rückstandsgehalte, fast auf gleicher Stufe und muß sich bei länger fortgesetzten und größeren Versuchen ergeben, welchem Proceß an Wohlfeilheit und Schnelligkeit des Ausbringens der Vorzug zu geben ist. Endlich wollen wir noch der versuchsweisen Zugutemachung eines silberhaltigen Fahlerzes zu La Motte bei Cambery in Savoyen durch Kochsalzauslaugung erwähnen: 600 Kilogr. zu feinem Schliech aufbereitetes Erz wurden mit einer Soole, die 10 Procent oder 60 Kilogr. Kochsalz enthielt, begossen und dann in einem Flammofen geröstet. Der geröstete Schliech wurde nun auf folgende Weise ausgelaugt: Man brachte 500 Kil. davon in eine Tonne von 8 Kubikmeter Inhalt, die sich um eine horizontale Achse drehen konnte, goß Wasser hinzu und ließ sie 1/2 Stunde umgehen. Dann ließ man sie ruhig stehen und zapfte das, schwefelsaures Kupfer enthaltende klare Wasser in Kästen mit Brucheisen ab. Man erhielt auf diese Weise Cementkupfer, welches man in einem Krummofen mit Kohks verschmolz, und eine Eisenvitriollauge von 36° bis 38° B., die man krystallisiren ließ und grünen Vitriol gewann. Der Rückstand wurde auf dem Herde des Flammofens getrocknet und bis zur dunkeln Rothglühhitze erhitzt; dann wurde er in einen großen Bottich geworfen, der eine gesättigte Kochsalzsoole von 60 bis 80° C. Wärme und mit etwas Schwefelsäure gesäuert, enthielt. Man rührte die Flüssigkeit um, ließ sie ruhig stehen und goß sie alsdann ab. Darauf machte man drei andere Kochsalzlaugungen von 80° C. und eine fünfte mit Wasser. Das Wasser von den beiden ersten Laugungen wurde in ein Gefäß abgezapft und das metallische Silber mittelst Kupfer gefällt. Das Wasser von den übrigen Laugeprocessen war zu arm und wurde nochmals zur Laugung benutzt. Die Rückstände enthielten nur noch 0,00007 Silber.