Titel: Ueber ein gefahrloses und einfaches Verfahren um die Gase und insbesondere die Kohlensäure in flüssigen Zustand zu versetzen; von Hrn. Berthelot.
Fundstelle: Band 117, Jahrgang 1850, Nr. X., S. 58
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X. Ueber ein gefahrloses und einfaches Verfahren um die Gase und insbesondere die Kohlensäure in flüssigen Zustand zu versetzen; von Hrn. Berthelot. Aus den Comptes rendus, Mai 1850, Nr. 21. Berthelot, über das Versetzen der Gase und besonders der Kohlensäure in flüssigen Zustand. Man hat die Gase sowohl durch Abkühlen als durch Druck oder auch durch Vereinigung beider in flüssigen Zustand zu versetzen gesucht. Um ohne Gefahr Pressionen hervorzubringen, welche keine anderen Gränzen haben als diejenigen des Widerstands der Gefäße, befolgte ich eine Methode, welche zuerst die Akademiker von Florenz bei ihren Untersuchungen über die Zusammendrückbarkeit des Wassers benutzten; sie gründet sich auf die Anwendung der Ausdehnung einer Flüssigkeit als Druckmittel. Ich verfahre folgendermaßen: ich nehme Glasröhren von großer Dicke im Verhältniß zu ihrem inneren Canal; ich schmelze sie an einem Ende zu, fülle sie mit reinem, trockenem und luftfreiem Quecksilber und ziehe dann ihr offenes Ende an der Lampe zu einem vollständigen Haarröhrchen aus, ohne das Verhältniß zwischen der Dicke und dem inneren Durchmesser zu verringern. Alsdann erwärme ich die Röhre in einem Wasserbad, während ihre trockene Spitze in einem Strom des Gases steckt, das ich comprimiren will. Das Quecksilber dehnt sich hiebei aus, und es tritt bald ein Theil desselben aus der Röhre. Wenn die Temperatur des Bades z. B. 50° C. erreicht hat, so kühle ich die Röhre allmählich bis auf 0° ab; das Quecksilber zieht sich nun zusammen und das Gas nimmt wieder die Stelle der in Folge der Ausdehnung ausgetretenen Flüssigkeit ein. Ich nehme alsdann die Spitze aus dem Gasstrom und verschließe sie sogleich, indem ich sie an ihrer Oeffnung um einige Millimeter ausziehe. Nun bringt man die Röhre in das Bad zurück, dessen Temperatur man neuerdings auf 50° erhöht, hierauf allmählich höher, und beobachtet den Zustand des Gases in dem Haarröhrchen, welches sich außerhalb des Bades befindet, bei der umgebenden Temperatur. Ich habe auf diese Weise das Chlor und das Ammoniakgas verdichtet; bei letzterem war das Bad auf derselben Temperatur wo das Quecksilber die Röhre füllte; das Chlor wurde bei einer etwas niedrigeren Temperatur in einer mit Schwefelsäure gefüllten Röhre verdichtet. Die Kohlensäure wird in einer mit Quecksilber von 50° C. gefüllten Röhre bei 55° Temperatur des Bades flüssig, wenn die Röhre sehr dick ist, außerdem bei 59°; man kann sie bei einer niedrigeren Temperatur verdichten, indem man auf die Spitze einige Tropfen Aether gießt. Bei wiederholten Versuchen wurde stets alles kohlensaure Gas in flüssigen Zustand versetzt. Ich steigerte den Theil welcher das flüssige Gas enthielt (es war bei einer Temperatur des Bades von 55° erzeugt) auf 100° C., während die Röhre auf 58° erwärmt war; in diesem Augenblick nahm die Flüssigkeit einen mehr als zweimal so großen Raum ein als sie bei der gewöhnlichen Temperatur hatte, ohne die geringste Spur theilweiser Verdampfung zu zeigen. Schon Thilorier hat auf diese große Ausdehnbarkeit der flüssigen Kohlensäure aufmerksam gemacht. Diese Versuche bieten keine Gefahr dar: man hat nur die Vorsichtsmaaßregel zu beobachten, daß man die Röhren gut auszieht; sie spalten sich dann stets in dem weiteren mit Quecksilber gefüllten Theil, und zwar ohne Explosion und ohne daß Quecksilber weggeschleudert wird. Mittelst dieser Methode kann man also die Verflüssigung der Gase leicht im Kleinen zeigen; etwas starke Barometerröhren und concentrirte Schwefelsäure (in Ermangelung von Quecksilber) reichen vollkommen hin. Ich habe diese Methode auch bei Gasen anzuwenden versucht, welche bisher nicht in flüssigen Zustand versetzt werden konnten. Ich füllte nämlich von drei Röhren die erste mit Stickoxyd, die zweite mit Kohlenoxyd und die letzte mit Sauerstoff. Die Röhren waren mit Quecksilber von 50° C. angefüllt; als das Bad auf 60° erwärmt wurde, spaltete sich die erste Röhre, die zwei anderen bei 70°; es wurde keine Spur Gas in flüssigen Zustand versetzt. Nach der Dicke der Sauerstoffröhre (40 Millimeter äußerer Durchmesser, 3 Millemeter innerer Durchmesser) und der Widerstandskraft der Glassorte, konnte diese Röhre nur unter einem Druck von beiläufig 780 Atmosphären zerreißen.