Titel: Speisungsapparat für Dampfkessel; von Higginbotham und Gray.
Fundstelle: Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XIX., S. 85
Download: XML
XIX. Speisungsapparat für Dampfkessel; von Higginbotham und Gray. Aus dem Practical Mechanic's Journal, April 1851, S. 8. Mit Abbildungen auf Tab. II. Higginbotham's und Gray's Speisungsapparat für Dampfkessel. Die gewöhnlich gebräuchlichen Methoden, den Dampfkesseln das Wasser zuzuführen, lassen sich in zwei Classen theilen; es werden nämlich entweder Speiseröhren mit Füllköpfen angewandt, bei denen der hydrostatische Druck wirksam ist, oder einfache Druckpumpen. Da wo Hochdruckdampf gebraucht wird, steht der erstgenannten Vorrichtung die Höhe der Füllröhren und der nöthigen Wassersäule entgegen, während bei Anwendung der Pumpe viele Kraft dadurch verloren geht, daß das Wasser den bedeutenden Gegendruck im Kessel überwältigen muß, wobei es noch immer sehr schwierig ist, den Wasserstand im Kessel auf der nöthigen Höhe zu erhalten. Die vorliegende Erfindung, welche kürzlich Hrn. Matthew Gray in Glasgow patentirt wurde, vermeidet die beiden letztgenannten Uebelstände, indem bei derselben der Wasserstand des Kessels beständig durch abwechselnde Condensation von Dämpfen in dem Speisegefäße regulirt wird. Fig. 18 ist ein verticaler Durchschnitt des Speisungsapparates, wie derselbe oben auf dem Dampfkessel aufgesetzt ist; Fig. 19 ist ein Grundriß desselben.Maaßstab: 1½ Zoll = 1 Fuß. Ein kurzer Condensationscylinder A ist auf den Boden des oben offenen Behälters B für das Speisewasser aufgeschraubt, und dieser Behälter ruht auf der Flansche C der beiden verticalen Röhren D, E. Diese beiden Röhren sind in einem Stücke gegossen, und reichen in den Kessel F hinab, auf dessen Oberfläche sie durch Schrauben befestigt sind, welche durch die Flansche G gehen. Das offene untere Ende der Röhre D erstreckt sich gerade nur bis zur Oberfläche H des Wassers im Kessel, wenn derselbe bis zur richtigen Höhe gefüllt ist; und das obere Röhrenende schließt sich an die Röhre I an, welche mit dem Cylinder A aus einem Stücke gegossen ist. Dieselben Schrauben dienen sowohl um die beiden Röhren D und E, als auch um den Cylinder A mit dem Boden des Wasserbehälters B zu verbinden. Die zwei Röhren D und I bilden so einen einzigen ununterbrochenen Canal, welcher vom Kessel aus oben in den Cylinder A führt. Das obere Röhrenende ist mit einem conischen Ventil J versehen, welches sich nach unten zu öffnet. Die zweite Röhr E reicht beinahe bis zum Boden des Kessels hinab, und ist unten ebenfalls offen, während ihre obere Mündung durch ein ähnliches, nach unten sich öffnendes Ventil K, welches nur größer ist, verschlossen wird. Die beiden Ventile sind mit Verbindungsstangen L, M versehen, welche durch am Cylinderdeckel angebrachte Stopfbüchsen gehen, und oben mit durchbrochenen Köpfen N, O versehen sind, die dieselben mit dem Hebel P zusammenhängend machen. Dieser Hebel dreht sich um eine Achse Q, welche von einer Stütze getragen wird, die oben auf den Wasserbehälter B aufgeschraubt ist. Der kürzere Hebelarm ist mit einem verstellbaren Gegengewichte R versehen. Der längere Hebelarm bildet einen rechtwinkeligen Rahmen S, welcher zur Aufnahme eines im Gleichgewicht gehaltenen Kastens T von Eisenblech bestimmt ist. Dieser Kasten läßt sich um die Achse U in dem Rahmen drehen. Das Wasser wird durch die Röhre V zugeführt, in welcher sich ein Hahn W befindet, der durch einen Hebel mit dem Schwimmer X gedreht wird. Der Hahn ist so gestellt, daß er auch dann noch eine ganz geringe Wassermenge durchfließen läßt, wenn der Schwimmer X zu seiner größten Höhe gestiegen ist; mit anderen Worten, der Wasserzufluß aus der Röhre V kann nie gänzlich unterbrochen werden, wie hoch auch der Wasserstand in dem Behälter B steigen mag. Das Ende der Röhre V ist so gebogen, daß die Ausflußmündung über den Kasten T zu liegen kommt. Um die Wirkung dieses Apparates zu erklären, wollen wir annehmen daß der Wasserstand im Kessel ein wenig unter die Mündung der Röhre D gefallen ist, und daß sich folglich in der Röhre D, I Dampf befindet. Da beständig Wasser in den Kasten T zufließt, so bekommt derselbe endlich das Uebergewicht über das Gewicht R; das lange Hebelende nimmt bei seiner Abwärtsbewegung die Stangen L, M mit sich, und öffnet so die Ventile J, K, die dann den Dampf aus dem Kessel in den Cylinder A strömen lassen. Zu gleicher Zeit trifft der vorstehende Winkel Y an dem Kasten T auf den an dem Wasserbehälter B befestigten Aufhälter Z, so daß der Kasten eine schiefe Lage annimmt, und seinen Inhalt in den Behälter B ausgießt. Nachdem das Wasser ausgeflossen ist, bekommt das Gewicht R wieder die Oberhand, hebt den leeren Kasten, und schließt so die beiden Ventile wieder. So lange die Ventile offen waren, konnte sich der Cylinder A mit dem Dampf füllen, welcher aber, nachdem sich die Ventile geschlossen haben, augenblicklich condensirt wird, da der Cylinder A außen mit kaltem Wasser umgeben ist. Das auf diese Weise hervorgebrachte Vacuum veranlaßt das mit einer Feder versehene Ventil a sich nach einwärts zu öffnen, so daß sich der Cylinder A mit Wasser aus dem Behälter B füllt. Die nachfolgende Bewegung des Hebels öffnet die beiden Ventile I, K wieder, und der Dampf steigt wie vorhin wieder in der Röhre D, l in die Höhe, drückt auf die Oberfläche des Wassers im Cylinder A, und zwingt dasselbe durch die Röhre E in den Kessel abzufließen. Diese Wirkung erneuert sich periodisch, bis der Wasserspiegel im Kessel über die Mündung der Röhre D steigt, wodurch der Zutritt des Dampfes in diese Röhre abgesperrt, und der abwechslungsweisen Condensation im Cylinder Einhalt gethan wird. In den Kessel gelangt dann kein Wasser mehr, obgleich sich die Ventile J, K zeitweise öffnen, bis endlich wieder Dampf durch die Röhre D, I in die Höhe steigt, wodurch dann dem Kessel wieder wie vorhin Wasser zugeführt wird. Eine Eigenthümlichkeit dieses Speisungsapparates ist, daß das Spiel der Ventile genau nach dem Wasserbedarf im Kessel langsamer oder schneller vor sich geht. Sollte z. B. einmal das Wasser in dem Kessel tief stehen, so werden die periodischen Dampfcondensationen in dem Cylinder A rasch vor sich gehen, da das Wasser im Behälter schnell abnimmt, und der Schwimmer X folglich den Zuflußhahn weiter öffnet. Der Kasten T wird sich deßhalb schneller füllen, und in gleichem Verhältnisse das Dampf- und Wasserventil häufiger öffnen. Damit sich die Ventile leicht öffnen lassen, ist der Schlitz im Kopfe der Ventilstange M etwas länger gemacht, als der Hebel hoch ist, so daß, wenn letzterer anfängt sich zu bewegen, er allein auf das kleine Ventil I wirkt. Da dieses Ventil nahe am Drehungspunkte des Hebels liegt, so kann der gefüllte Kasten T dasselbe leicht öffnen, und ist es einmal offen, so hebt der einströmende Dampf den Druck auf das große Ventil auf, welches alsdann von selbst niedersinkt. Um die zu rasche Entleerung des Gefäßes T und das zu schnelle Indiehöhesteigen desselben zu verhüten, ist eine verstellbare Deckelplatte b quer über die Gefäßmündung geschraubt. Durch dieselbe wird der Wasserausfluß verzögert, und der Hebel lange genug niedergedrückt erhalten, um dem Wasser im Cylinder A die gehörige Zeit zu lassen, in den Kessel übergehen zu können. Aus dem eben Beschriebenen ist ersichtlich, daß bei dieser schätzbaren Erfindung die Speisung des Kessels nicht von der Wirkung eines im Kessel angebrachten Schwimmers, oder einer ähnlichen Vorrichtung abhängig ist, sondern daß sie durch Oeffnen und Schließen einer offenen Röhre und zwar durch das Steigen und Fallen des Wassers selbst bewerkstelligt wird. Stellt man den Apparat gesondert auf, und versieht man denselben mit mehreren Röhrenpaaren, die mit ebenso vielen Dampfkesseln in Verbindung sind, so kann derselbe zur Speisung mehrerer Kessel verwendet werden. Der beschriebene Apparat ist seit einiger Zeit in der großen Zeugdruckerei der HHrn. Todd und Higginbotham zu Glasgow mit dem besten Erfolg im Gebrauch. Der Erfinder, Hr. Gray, schlug noch zwei Modificationen vor, wovon die eine durch eine sich beständig drehende Kurbel, welche auf den Ventilhebel wirkt, thätig ist, während die andere den Hebel gar nicht hat, sondern ihre Bewegung von Schwimmern erhält, die sich auf einer verticalen Spindel befinden, welche in dem Condensationscylinder untergebracht ist.

Tafeln

Tafel Tab.
									II
Tab. II